Fertighaus

Als Fertighaus wird ein Haus bezeichnet, das industriell vorgefertigt, in Teilen an die Baustelle geliefert und dort endmontiert wird. Dies erfordert im Vorfeld einen erhöhten Planungsaufwand, der oft durch Standardisierung aufgefangen wird.
Entwicklung
In Deutschland hatten Fertighäuser lange Zeit ein eher negatives Image. Das mag auch an den Negativerfahrungen mit industriell vorgefertigten Plattenbauten der 70er Jahre liegen. Auch gab es einige schwarze Schafe in der Branche.
Inzwischen werden Fertighäuser aber besonders bei Einfamilienhäusern immer beliebter. Es findet laufend eine Marktbereinigung statt, einige Firmen haben großen Erfolg, andere gehen in die Insolvenz. Es ist ein Trend festzustellen, dass sich der Markt auf wenige überregionale Anbieter verjüngt.
Auch im größeren Maßstab gibt es Fertighäuser, zum Beispiel bei Industrie-Hallen.
Ablauf eines Bauvorhabens
Bauplanung
Der Bauherr wendet sich für die Bauplanung an einen Architekten oder direkt an die Fertighausfirma seiner Wahl.
Ein beauftragter Architekt entwickelt nach den Bedürfnissen des Bauherren und seiner finanziellen Vorstellungen einen Entwurf. In der Praxis werden Fertighausproduzenten häufiger direkt angesprochen, was mit einem Kostenvorteil verbunden sein kann. Die Kooperation mit einem Architekten bietet die Chance und Sicherheit einer individuellen Planung und begleitenden Kontrolle des Bauvorhabens, insbesondere des Bauablaufes (sofern beauftragt).
Kriterien bei der Auswahl sind Bauart und Ausführungsqualität. Von den Anbietern gibt es oft Kataloge oder Musterhäuser, aus denen man sich ein Haus aussuchen kann. Natürlich muss sich dieses hinsichtlich des Bebauungsplanes für das Grundstück eignen, bzw. entsprechend angepasst werden. Die Haustypen der Hersteller bilden gelegentlich ein „Baukastensystem“ und lassen sich zu unterschiedlichen Varianten zusammensetzen.
Dann muss – wie bei jedem Bauvorhaben – eine Baugenehmigung eingeholt werden.
Bemusterung
Bevor es an die Produktion des Hauses geht, findet eine Bemusterung statt. Bei diesem Treffen wird die individuelle Ausstattung wie Fassadengestaltung und Innenausstattung, Farbe und Form des Daches und seiner Bedeckung, Art und Herrichtung der Fenster und Haustüren, Art und Umfang der Haustechnik, des Heiz- und Klimasystems und vieles andere mehr festgelegt. Die Planung und Auswahl sollte sehr sorgfältig erfolgen, denn spätere Änderungen sind bei Fertighäusern aufwändiger und somit oft teuer.
Vorfertigung und Bauvorbereitung
Dann werden die Fertigteile vom Hersteller produziert. Parallel wird das Grundstück vorbereitet und Grundbauarbeiten durchgeführt. Gegebenenfalls wird die Baugrube ausgehoben und der Keller gebaut oder eine Sohlplatte gegossen.
Bauablauf
Dann kann das Haus innerhalb kurzer Zeit aufgestellt werden. Bei anspruchsvollen Fertighausbauvorhaben muss mit etwa 10 bis 12 Wochen reiner Bauzeit gerechnet werden. Kürzere Bauzeiten sollten die besondere Aufmerksamkeit des Bauherrn finden.
Varianten
Fertighäuser gibt es in verschiedenen Varianten.
Bausatzhaus
Bei einem Bausatzhaus handelt es sich um ein Fertighaus, bei dem die Bauelemente vom Hersteller an die Baustelle geliefert werden. Die Montage liegt dann in der Eigenverantwortung des Bauherrn. Viele Hersteller liefern Teilleistungen an, die paketweise beauftragt werden können. Ansonsten wird das Haus in Eigenleistung und mit vom Bauherren direkt beauftrageten Handwerkern errichtet.
Ausbauhaus

Bei einem Ausbauhaus handelt es sich um ein Fertighaus, bei dem der Bauherr selbst den Innenausbau übernimmt. In der Regel wird die äußere Hülle des Hauses komplett vom Anbieter fertiggestellt, inklusive Dach, Fenstern und Außenputz. Alle weiteren Arbeiten des Innenausbaus liegen in der Hand des Bauherren.
Ausbauhäuser werden häufig in verschiedenen Ausbaustufen angeboten, beispielsweise mit oder ohne Elektroinstallation, Fußböden oder Sanitärinstallation. Je nach Fähigkeiten und handwerklichem Geschick kann der Grad des Innenausbaus gewählt werden. Einige Anbieter bieten auch in Kooperation mit Baumärkten fertige Ausbaupakete an, die jeweils individuell auf das Haus zugeschnitten sind. Die Pakete beinhalten unterschiedliche Materialien, die der Bauherr für den Innenausbau seines Hauses benötigt. Der Vorteil besteht darin, dass im Paket bereits alle Komponenten enthalten sind, die für den jeweiligen Bauabschnitt benötigt werden. So ist zum Beispiel beim Tapetenpaket nicht nur die Tapete dabei, sondern auch Malerweiß, Tapetenkleister und Tiefengrund.
Natürlich wirkt sich die Eigenleistung je nach Umfang auch dementsprechend positiv auf den Preis aus. Außerdem kann der Ausbau des Hauses in beliebig langer Zeit erfolgen, da es aufgrund der fertigen Außenhülle vor der Witterung geschützt ist.
Schlüsselfertiges Haus
Beim schlüsselfertigen Haus wird auch der gesamte Ausbau vom Anbieter durchgeführt. Dabei wird entweder das Haus vom Anbieter vor Ort schlüsselfertig gemacht (Wasser-, Heizungs- und Elektroinstallation etc.) oder weitestgehend vorgefertigt angeliefert. Der Grad der Vorfertigung hängt von den Fähigkeiten, Wünschen und Vermögensverhältnissen der Bauherren ab.
Man sollte den Leistungsumfang in der Baubeschreibung genau studieren. Bei manchen Firmen sind Kanal- und Versorgungsanschlüsse nicht berücksichtigt, teilweise sind Bodenbeläge ausgenommen. Unklare Sachverhalte sollten vorher schriftlich geklärt werden.
Vorteile
Die Vorteile der Bauweise sind der schnelle Bauverlauf, die Präzision bei der Herstellung und eine bessere Kostenkontrolle. Dadurch, dass das Haus schnell aufgebaut wird, kann nur wenig Feuchtigkeit in den Bau eindringen. Außerdem werden so Lohnkosten gespart, die in Deutschland der wesentliche Kostenfaktor beim Bauen sind. Die Häuser können auch preiswerter sein, jedoch werden Kostenvorteile gegenüber konventionellen Bauweisen von Fertighausproduzenten in aller Regel in eine höhere Wertigkeit (z.B. optimierte Wärmedämmung) umgesetzt. Ein weiterer Vorteil ist die bessere Raumausnutzung durch dünnere Wände als bei einem Massivhaus bei gleicher oder besserer Wärmedämmung. Aktuelle Fertighäuser stehen auch optisch ihren gemauerten Pendants in nichts nach.
Nachteile
Standardisierte Haustypen bieten weniger Raum für Individualität als ein Entwurf, der gemeinsam mit einem Architekten entwickelt und auf die Bedürfnisse des Bauherren zugeschnitten wird. Für den „Häuslebauer“ ist das eigene Haus ein Lebenstraum, weshalb abgewägt werden sollte, ob man nicht besser in einen individuellen Entwurf investiert. Andererseits realisieren immer mehr Fertighausanbieter Architektenhäuser - Voraussetzung ist, dass der Architekt mit den Produktionsmethoden und der Bauweise des Herstellers vertraut ist. Wird vom Hersteller ein Architekt empfohlen, so sollte man diesen Architekt sorgfältig prüfen, indem man sich realisierte Projekte benennen lässt und besichtigt bzw. mit den Eigentümern über deren Erfahrungen spricht. Siehe auch Bautagebuch
Der schnelle Bauablauf kann auch ein Nachteil sein, da der Bauherr sich schon früh bei der Bemusterung über vieles klar werden muss. Bei manchen Herstellern ist dies beispielsweise die Lage der Steckdosen. Dies auf einem Plan festzulegen, fällt einigen Bauherren schwer. Andere Hersteller bieten wiederum eine Installationsebene an, die die Verlegung von Leitungen und Dosen erleichtert.
Individuelle und nachträgliche Wünsche der Bauherren (die bei jedem Bauvorhaben entstehen) werden oft unverhältnismäßig teuer. Die als Vorteil gepriesene Preissicherheit ist daher oft trügerisch.