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Karpatendeutsche

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Die Karpatendeutschen (auch: Slowakeideutsche) ist die Bezeichnung für die Deutschsprachigen auf dem Gebiet der heutigen Slowakei. Der Begriff Karpatendeutsche wurde durch den Geschichtswissenschaftler Raimund Friedrich Preindel geprägt, er bezieht sich oft auch auf die Deutschen in der Karpato-Ukraine.

Deutsche Siedler haben die Slowakei vom 12. bis zum 15. Jahrhundert, vor allem jedoch nach dem Mongoleneinfall von 1241, besiedelt. Im Gebiet von Pressburg (Bratislava) gab es wohl auch schon etwas früher einige Deutsche. Sie haben vor allem ältere slowakische Städte (v. a. Pressburg), Markt- und Bergbausiedlungen besiedelt und wurden meist von den Königen als Spezialisten (Handwerker, Tiefenbergbau) angeworben. Die drei Hauptsiedlungsgebiete waren Pressburg und Umgebung, einige Sprachinseln in der Zips und das Hauerland. Ungefähr bis zum 15. Jahrhundert bestand die Führungsschicht aller slowakischen Städte fast ausschließlich aus Deutschen. Die Deutschen in der Stadt Pressburg bildeten bei der Volkszählung im Sommer 1919 noch die eindeutig größte Gruppe: 36% der Bürger waren Deutsche, 33%Slowaken und 29% Ungarn.

Etwa vom 12. Jahrhundert (der Südwesten schon seit 907) bis 1918 war die Slowakei ein Teil des ungarischen Staates bzw. später der ungarischen Hälfte der k.u.k.-Monarchie. Dort waren die Karpatendeutschen genauso wie viele Slowaken in der zweiten Hälfte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einem starken Magyarisierungsdruck ausgesetzt. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges plädierten die meisten Karpatendeutschen für den Verbleib der Slowakei bei Ungarn, danach für eine slowakische Autonomie innerhalb der Tschechoslowakei. Ihre Zahl lag in der Zwischenkriegszeit bei etwa 130.000.

Allerdings waren die meisten Karpatendeutschen bereits vor dem Ende des 2. Weltkriegs aus der Slowakei nach Deutschland geflüchtet oder wurden von den deutschen Behörden evakuiert. Dies war nicht zuletzt eine Reaktion auf den slowakischen Aufstand im Spätsommer 1944, bei dessen Niederschlagung von der SS Grausamkeiten verübt wurden.

Aus der Zips sind die meisten Deutschen zwischen Mitte November 1944 und dem 21. Januar 1945 dank einer Initiative Adalbert Wanhoffs und den Vorbereitungen des Bischöflichen Amtes der deutschen evangelischen Kirche vor der heranrückenden Roten Armee nach Deutschland oder in das Sudetenland evakuiert worden. Die Deutschen von Bratislava wurden im Januar und Februar 1945 nach langen Verzögerungen evakuiert, jene des Hauerlandes flüchteten Ende März 1945 aus ihren Orten. Die Rote Armee erreichte Bratislava am 4. April 1945.

Nach dem Kriegsende (8. Mai 1945) ist zunächst etwa ein Drittel der evakuierten und geflüchteten Deutschen nach Hause in die Slowakei zurückgekehrt, verlor jedoch ab 2. August 1945 – zusammen mit den Sudetendeutschen in Tschechien und mit den Ungarn in der Südslowakei – aufgrund des Edvard Beneš-Dekrets Nr. 33 die tschechoslowakische Statsangehörigkeit und wurde in Sammellagern interniert (in Bratislava-Petržalka (dt. Engerau), Nováky, Handlová ). 1946/47 sind schließlich etwa 33.000 Deutsche aufgrund des Potsdamer Abkommens aus der Slowakei vertrieben worden, während ca. 20.000 Personen infolge besonderer Umstände in der Slowakei bleiben konnten. Von rund 128.000 Deutschen in der Slowakei im Jahre 1938, sind also 1947 etwa 20.000 (16%) geblieben.

Der Gegensatz zwischen Slowaken und Karpatendeutschen ist seit jeher weit geringer als der zwischen Sudetendeutschen und Tschechen. Man kann sagen, dass die Vertreibung der verbliebenen Karpatendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg kein slowakisches, sondern ein tschechisches Projekt war.

Heute leben nur noch weniger als 6000 Deutsche in der Slowakei, die jedoch seit der Samtenen Revolution sämtliche Rechte genießen. Die Karpatendeutsche Landsmannschaft arbeitet mit den Verbänden der Deutschen in der Slowakei und der slowakischen Regierung zusammen und betreibt u.a. Traditionspflege.

Der prominenteste Angehörige dieser Volksgruppe war der zweite slowakische Präsident Rudolf Schuster.

Siehe auch