Zum Inhalt springen

Medien (Land)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Juni 2008 um 23:58 Uhr durch 85.181.222.225 (Diskussion) (Verbindung zu den heutigen Kurden). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Ein adeliger Meder (links vorne) neben einem adeligen Perser (rechts vorne) (Illustration aus Zur Geschichte der Kostüme von Braun & Schneider, 1861-1880 München)

Medien bzw. genauer Mad/Med (persisch ماد - Mād, altpersisch Mād, babylonisch Umman-Mand, griechisch Μηδ) bestand aus iranischen Teilprovinzen, die im Altertum mehrere wechselnde Konföderationen eingingen. Die Bewohner wurden unter dem Oberbegriff Meder (Mad-ai, Mād-y, Mand-a, Μηδ-αί) zusammengefasst, der die Regionszugehörigkeit zum Irgendwo-da-Land bzw. Irgendwo-da-Land-Bewohner ausdrückte. Eine spezielle Volksbezeichnung lag nicht vor, da auch die Kimmerier und Skythen teilweise mit gleichem Namen belegt wurden.[1]


Geografie und historische Quellen

Medien (Land) (Iran)
Medien (Land) (Iran)
Urmia ohne Koordinaten
Gutium ohne Koordinaten
Medien ohne Koordinaten
Zagros ohne Koordinaten
Damavand ohne Koordinaten
Gizilbunda ohne Koordinaten
Ellipi ohne Koordinaten
Kavir-Wüste ohne Koordinaten
Medien (ursprüngliche Lage) und spätere Ausdehnung (Nachbarländer, Karte von Iran)

In Urzeiten war das Land kaum bewohnt, was vor allem an dem rauhen Wüstenklima lag. Nur im Westen, an den Hängen des Zagrosgebirges gab es dichtere Besiedlung. In Medien gab es bedeutende Goldvorkommen, die schon in der iranischen Frühgeschichte ausgebeutet wurden.

Anfang des 2. Jahrtausends v.Chr. besiedelten die iranischen Meder, die aus dem Nordosten einwanderten, das Land. Sie führten das Pferd, das später in Medien eine besondere Bedeutung bekommen sollte, ein. Zur gleichen Zeit, aber vermutlich unabhängig von dem Einfall der Iraner, begann auch die Eisenzeit in diesem Gebiet. Die Siedlungsgebiete grenzten später an die Nachbarregionen Mannäa am Urmia-See, Gizilbunda, Sargatien, Gutium, Parsua, Ekbatana, Ellipi, Zagros-Täler und über die Kavir-Wüste bis zum Damavand.

Herodot (I,74, 101-104) unterteilt die Meder in die Stämme der Busen, Paretakener, Struchaten, Arizanter, Budier und Mager. Er berichtet außerdem von zwei Schlachten, die während einer Sonnenfinsternis stattfanden.

Meder-Konföderation (715 v. Chr. bis 550 v. Chr.)

Darstellung eines Meders aus dem Palast des Xerxes in Persepolis

Kyaxares I.

Kyaxares I. gilt als Gründer einer größeren Konföderation und residierte in Ekbatana. Archäologische Untersuchungen bestätigen die Berichte der Keilschriftfunde in den Nachbarländern, die verdeutlichen, dass es einen zusammenhängenden Staat bzw. ein Königreich Medien nicht gab. Vielmehr handelte es sich um Regionen und Kleinstfürstentümer, die aus mehr als 100 Stammesverbänden bestanden und sich unter Kyaxares I. zu einer militärischen Einheit verbündeten. Wechselnde Bündnispartner veränderten im Verlauf immer wieder die Gebietsstrukturen der medischen Konföderation.

Herodot und die Erwähnung der 1. Sonnenfinsternis

Den Zeitpunkt der ersten Sonnenfinsternis beschreibt Herodot ausführlich:

„Als Phraortes tot war....und Kyaxares gegen die Lyder stritt, dazumal, als mitten im Streit Nacht ward aus dem Tag....und dann ganz Asien oberhalb des Halys unterwarf...und dabei war Ninive zu belagern, da zog wider ihn ein großes Skythenheer mit Madyas, dem Sohn des Protothyas, das die Kimmerier verfolgte. Die Meder trafen auf diese Skythen, wurden überwunden und verloren ihre Herrschaft an die Skythen, die....danach gegen Psammetich I. zogen.“

Herodot[2]

Im fraglichen Zeitraum ergeben sich Übereinstimmungen mit einer totalen Sonnenfinsternis, die am 27.Juni 661 v. Chr. stattfand sowie dem Vermerk von Assurbanipal, der den Einfall der Iškuzaia meldete und dem Regierungsantritt von Psammetich I. im Jahr 664 v. Chr..

Skythenherrschaft

Die vorübergehende Herrschaft der Skythen, von denen die Meder angeblich die Reiterkriegsführung erlernten - die Meder wurden später berühmt für ihre Pferdezucht - dauerte gemäß Herodot 28 Jahre an.[3]

Kyaxares II.

Kyaxares II. beendete schließlich die Skythenherrschaft. Danach erreichte die medische Konföderation durch weitere militärische Expansionen ihre größte Ausdehnung. Im Jahr 614 v. Chr. zerschlugen die Meder in einem Bündnis mit Babylon das Reich Assyrien und zerstörten die Stadt Assur, der 612 v. Chr. dann auch die alte assyrische Hauptstadt Ninive folgte.

Astyages

Herodot und die Erwähnung der 2. Sonnenfinsternis

Ein Krieg gegen die Lyder wurde durch die von Thales von Milet angeblich vorhergesagte Sonnenfinsternis am 28. Mai 585 v. Chr. beendet. Beide Seiten wurden von dem Naturereignis derart erschreckt, dass sie Frieden schlossen. Herodot erwähnte in diesem Zusammenhang, dass Alyattes II. dem medischen König Astyages seine Tochter Aryenis zur Frau gab, um eine Verwandtschaftslinie aufzubauen.[4]

Das Ende der Meder-Konföderation

553 v. Chr. verbündete sich der medische Adel mit den Persern, was schließlich 550 v. Chr. zum Ende der Mederherrschaft führte. Die Meder-Konföderation wurde schließlich von Kyros II. erobert, der damit den Grundstein für das Perserreich legte. Die medische Aristokratie genoss später im Perserreich der Achämeniden viele Privilegien und wurde an der Verwaltung beteiligt.

Medien wurde unter den Achämeniden zur Satrapie des Perserreichs. Herodot zufolge musste Medien dem Großkönig jährlich einen Tribut von 450 Silbertalenten, Tierhäuten, Bekleidung, Edelsteinen, Gefäßen und Waffen zahlen. Berühmt und begehrt wurden die nisäischen Pferde, die in Zentralasien später als "himmlische Pferde" bezeichnet wurden.

Nachfolge-Generationen

Unter den Seleukiden teilte sich das Land in das um Ekbatana zentrierte Medien und das nördlich davon gelegene Media Atropatene. Dabei war Media Atropatene ein Teil Mediens, der unter dem ehemaligen achämenidischen und später alexandrischen Satrap Atropates unabhängig wurde, während das südliche Medien zunächst unter seleukidischer Herrschaft blieb.

Unter den Parthern behielt Medien eine bedeutende Stellung und wurde von einem Mitglied der Königsfamilie verwaltet.

Unter den Sasaniden entstand in Adarbaigan (Aserbaidschan), einem Teil Mediens, das jetzt "Mad" genannt wurde, das bedeutendste Heiligtum der zoroastrischen Religion, der Feuertempel von Adur Guschnasp, das heutige Takht-i Suleiman. Noch während der Sasanidenzeit hörte Medien als politische und geographische Einheit auf zu existieren.

Verbindung zu den heutigen Kurden

Die allgemein vertretene Ansicht einer medischen Abstammung der Kurden beruhte auf der Annahme von Vladimir Minorsky, der seine Ergebnisse auf Grund einer angeblichen sprachlichen Verwandtschaft gründete. Diese Hypothese wird jedoch nach neueren Untersuchungen von Wissenschaftlern abgelehnt[5] und als nicht haltbare Spekulation bezeichnet.[6] die annahme, dass die Kurden von Medern abstammen, wird von keinem seriösen wissenschaftler abgelehnt, sondern kritisch betrachtet und diskutiert. Die Wahrscheinlichkeit ist gross. keine Befunde sprechen dagegen.

Medische Herrscher

Chronologie nach Herodot

Die Chronologie des Herodot weist mehrere Probleme auf. Die ursprüngliche Ansetzung des Jahres 700 v. Chr. für die Regierung von Deiokes ist zu spät, da bereits 716 v. Chr. die Verbannung durch Sargon II. erfolgte. Deiokes wird als Dynastiegründer der Meder mit einer 53-jährigen Regierungsdauer bezeichnet, was aber zwischenzeitlich widerlegt wurde. Phraortes wird mit der Regierungsdauer des Assurbanipal in Verbindung gebracht, was zwar mit der Ansetzung von 647-625 v. Chr. im Einklang steht, aber Herodot kennt nur einen Kyaxares. Bei Übernahme dieser Regierungsdaten in die tatsächliche Abfolge ergibt sich eine zeitliche Lücke, die durch Herodots Angabe einer 28-jährigen Skythenherrschaft gefüllt werden kann. Kyaxares I. erhält von den 53 Jahren des Deiokes die verbleibenden 40 Jahre.

Die 1. Meder Konföderation

  • Kyaxares I.: 715 bis 675 v. Chr. (Regierungslänge nach Herodot)
  • Phraortes: 675 bis 653 v. Chr. (Regierungslänge nach Herodot)

Die Skythen

  • Skythenkönige Arbaka, Arphaxad, Arbakes: 653 bis 625 v. Chr. (Regierungslänge nach Herodot)

Die 2. Meder Konföderation

  • Kyaxares II.: 625 bis 585 v. Chr. (Regierungslänge nach Herodot)
  • Astyages: 585 bis 550 v. Chr. (Regierungslänge nach Herodot)

Chronologie nach Ktesias

Die Chronologie des Ktesias von Knidos ist ein historisches Konstrukt, das noch weniger der historischen Wirklichkeit entspricht. Ninive wurde 612 v. Chr. eingenommen; eine Korrektur der Daten würde Astyages auf etwa 350 v. Chr. ansetzen.

  • Arbakes (833-805 v. Chr.) (Einnahme Ninive und Sieg über Assurbanipal)
  • Mandakes (805-755 v. Chr.)
  • Sosarmos (755-725 v. Chr.)
  • Artykas (725-675 v. Chr.)
  • Arbianes (675-653 v. Chr.)
  • Artaios (653-613 v. Chr.)
  • Artynes (613-591 v. Chr.)
  • Artibaras (591-551 v. Chr.)
  • Aspadas (Astyages) (551-550 v. Chr.)

Siehe auch

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Carola Metzner-Nebelsick: Kimmerier in Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band. 16 (2000), S. 505–507.
  2. Herodot 1, 103-104.
  3. Herodot 1, 104-105
  4. Herodot 1, 74-75.
  5. Vgl. dazu Harald Haarmann: Kurden in Kleines Lexikon der Völker, S. 202: „Im Rahmen der Verwandtschaftsverhältnisse der iran. Sprachen lassen sich solche Assoziationen aber nicht nachweisen.“
  6. Dr. Ferdinand Hennerbichler: Die Herkunft von Kurden, online.

Literatur

  • Hubert Cancik: Der Neue Pauly (DNP) - Enzyklopädie der Antike (16/19 Teilbände sowie 2 Supplementbände, Metzler, Stuttgart 2005, ISBN 3-476-01470-3
  • Roman Ghirshman: Iran, From The Earliest Times To The Islamic Conquest, Paris 1951.
  • Josef Wiesehöfer: Das Antike Persien, Zürich 1994.
  • Jahanshah Derakhshani: Die Arier in den nahöstlichen Quellen des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. Internat. Publ. of Iranian Studies, Teheran 1998, 1999. (2. Aufl.). ISBN 964-90368-1-4, ISBN 964-90368-6-5
  • Robert Rollinger: The Median Empire, the End of Urartu and Cyrus the Great Campaigne 547 v. Chr. in Nabonaid Chronicle II 16 in: Proceedings of the 1st International Conference on Ancient Cultural Relations between Iran and West-Asia, Teheran 2004
  • Robert Rollinger: Das Phantom des Medischen "Großreichs" und die Behistun-Inschrift in Edward Dabrowa: Ancient Iran and its Neigbours, Krakau 2005
  • Robert Rollinger: Die Meder In: Hubert Cancik DNP, Supplementband 1, Herrscherlisten, Metzler, Stuttgart 2005