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Niederbarnimer Eisenbahn

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Logo der Niederbarnimer Eisenbahn
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Talent-Triebwagen der NEB im Bahnhof Berlin-Lichtenberg

Die Niederbarnimer Eisenbahn AG (NEB) ist eine nichtbundeseigene Eisenbahn mit Sitz in Berlin und Teil des Verkehrskonzerns Veolia Verkehr. Sie betreibt seit Dezember 2005 wieder schienengebundenen Personennahverkehr im nördlichen Berliner Umland auf ihren eigenen Strecken Berlin-KarowBasdorfKlosterfeldeGroß Schönebeck (Schorfheide) und Berlin-Karow–Basdorf–Schmachtenhagen. Die NEB benutzt den im Volksmund gebräuchlichen Namen für die Strecke, „Heidekrautbahn“.

Seit Dezember 2006 betreibt sie zusätzlich die Linie NE 26 auf der Ostbahnstrecke Berlin-LichtenbergStrausbergKüstrin, eines der wenigen täglichen Nahverkehrsangebote zwischen Deutschland und Polen. Die NEB vermarktet diese Strecke unter dem Namen „Oderlandbahn“.

Die Stammstrecke der NEB ab Basdorf ist seit 1901 Eigentum der Gesellschaft, welche die Anrainergemeinden der Strecke zunächst unter dem Namen Reinickendorf-Liebenwalder-Groß-Schönebecker Eisenbahn AG gründeten. Seit 1927 heißt die Gesellschaft Niederbarnimer Eisenbahn AG. Der Gesellschaft gehören ebenso die heute nicht mehr für den Schienenverkehr genutzten Strecken Schönwalde–Berlin-Wilhelmsruh sowie seit 1925 auch die Industriebahn Tegel–Friedrichsfelde.

Regionalverkehr

Netz der Niederbarnimer Eisenbahn

Die Nierbarnimer Eisenbahn betätigt sich derzeit vornehmlich in Schienenpersonennahverkehr im Raum Berlin. Seit Dezember 2005 betreibt die NEB Betriebsgesellschaft mbH, eine Tochtergesellschaft der Niederbarnimer Eisenbahn AG, die Stammstrecke zwischen Karow über Basdorf nach Groß Schönebeck und über Basdorf nach Wensickendorf, am Wochenende verlängert bis Schmachtenhagen. Zwischen dem 16. April 2007 und dem 31. Dezember 2007 führte die NEB befristeten Probebetrieb an Werktagen mit jeweils vier Zugpaaren vormittags und nachmittags zwischen Wensickendorf und Zehlendorf (b Oranienburg) durch.[1] Mangels Nachfrage wurde dieser dann eingestellt. Die gesamte Strecke der sogenannten Heidekrautbahn trägt die Liniennummer NE27.

Ebenso betreibt die Niederbarnimer Eisenbahn, als Gewinnerin einer Betriebsausschreibung des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB), den Betrieb auf der Ostbahn zwischen Berlin-Lichtenberg und Küstrin in Polen. Die Strecke befuhr bis 2006 die DB Regio, bis 2014 übernimmt die NEB nun den Betrieb unter dem Markennamen „Oderlandbahn“ beziehungsweise der Liniennummer NE26.[2]

Auf beiden Strecken, der Oderlandbahn (NE26) und der Heidekrautbahn (NE27) setzt die NEB Triebwagen der Bauart Talent von Bombardier, die im Hauptbetriebsbahnhof Basdorf untergebracht sind. Wie die anderen Verkehrsunternehmen Brandenburgs und Berlins ist auch die Niederbarnimer Eisenbahn Partner im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), wobei dessen Beförderungsbedingungen gelten und die Fahrscheine anerkannt werden. Die NEB betreibt im gesamten VBB 1,01 Prozent aller Beförderungsleistungen in Zugkilometer.[3]

Geschichte

Zwischen Gründung und Zweitem Weltkrieg

Die firmeneigenen Strecken errichtete die im Jahre 1900 gegründete Reinickendorf-Liebenwalde-Groß Schönebecker Eisenbahn AG errichte, die seit dem 8. Januar 1925 als Niederbarnimer Eisenbahn AG firmiert. Sie eröffnete am 21. Mai 1901 den Personenverkehr zwischen Bahnhof Berlin-Wilhelmsruh (Klbf) und Liebenwalde und Groß Schönebeck. Am 1. Juli 1925 kam auch die Industriebahn Tegel–Friedrichsfelde, eröffnet 16. Dezember 1907, mit 26 Kilometer Streckenlänge in den Besitz der Gesellschaft. Der erste Betriebsführer der Bahn war Regierungsbaumeister a.D. August Steinfeld. Im Jahre 1943 war die Stadt Berlin Hauptaktionär mit rund 67 Prozent des Kapitals, weitere Aktionäre waren der Kreis Niederbarnim (26 Prozent), die Provinz Brandenburg (sechs Prozent) und anliegende Gemeinden. Sitz der Gesellschaft war bis Ende des Krieges das Bürohaus in Berlin-Wilhelmsruh, Fontanestraße 21. Betriebsstelle der Bahn war zunächst der Bahnhof Berlin-Wilhelmsruh, später der Bahnhof Basdorf. Bereits in den dreißiger Jahren hatte die Heidekrautbahn eine derartige Bedeutung, dass die Elektrifizierung der Strecke geplant war.

Enteignung durch die DDR und Mauerbau

Nach dem Krieg übernahm per Befehl der sowjetischen Besatzung die Deutsche Reichsbahn den Betrieb der Industriebahn, soweit diese in Ostberlin lag, und bezog sie in das 1945-49 bestehende Breitspurnetz der Sowjetischen Besatzungsmacht ein. Auch in Berlin (West) betrieb die Deutsche Reichsbahn die Gleise, da die alliierten Eisenbahnbetriebsrechte laut Potsdamer Abkommen der UdSSR zustanden und diese damit die Reichsbahn beauftragte.

Weil private Bahnen in Berlin (West) von dieser Regelung ausgenommen waren, verblieb die Niederbarnimer Eisenbahn im Status einer Aktiengesellschaft, die DDR enteignete diese nicht; grundsätzlich ist dieses Detail bis heute umstritten. Auf diese Weise sicherte sich die Deutsche Reichsbahn und die DDR, die, teilweise über die Gemeinden, Mitanteilseigner der Aktiengesellschaft war, vermutlich den Zugriff und die Betriebsführung des westlichen Teils der Tegeler Industriebahn. Die „Verwaltung und Nutznießung“ der Heidekrautbahn musste mit Vertrag vom 28./29. Juni 1950 zum 1. Juli 1950 auf die Deutsche Reichsbahn übertragen werden. Am 1. Juli 1959 übernahm die Reichsbahn auch das Streckennetz. Die Aktiengesellschaft musste ihr Vermögen der Reichsbahn unentgeltlich überlassen. Ein Passus im Vertrag sah vor, dass dieser nach der Wiedervereinigung neu verhandelt werden musste; dazu kam es nach der Wiedervereinigung 1990.

Der Bau der Berliner Mauer 1961 unterbrach den durchgehenden Verkehr zwischen Wilhelmsruh und Liebenwalde und Groß Schönebeck. Die DDR ließ die Verbindungen abbauen und die im Grenzstreifen befindlichen Gleisanlagen stillgelegen. Die Verbindung zur Nordbahn war nun getrennt, die Züge verkehrten zunächst noch ab Wilhelmsruh, ab dem 9. November 1961 nur noch von Schildow, später dann wieder von Berlin-Blankenfelde, bis dieser südliche Abschnitt der Bahn am 27. Mai 1983 für den Personenverkehr endgültig stillgelegt war.

Heutiger Talent-Triebzug der NEB am Haltepunkt Schönwalde (Barnim)

Kurze Zeit nach dem Mauerbau ließ die Deutsche Reichsbahn der DDR die Verkehrsführung der Heidekrautbahn über die bestehende Umgehungsbahn Berlin-Karow-Basdorf, einer Anschlussbahn der Deutschen Reichsbahn, die zum ursprünglichen Güteraußenring gehörte, wieder an das Berliner S-Bahnnetz anschließen. Zu diesem Zweck war in Berlin-Blankenburg am Gütergleis ein Behelfsbahnsteig errichtet. Seit dem 3. Februar 1976 wendeten die Züge dort und wurden direkt ab dem S-Bahnhof Karow eingesetzt. Von diesem Zeitpunkt an war es möglich, direkt aus der S-Bahn am selben Bahnsteig in die Heidekrautbahn umzusteigen. In Folge dessen ließ die Deutsche Reichsbahn auch zwei neue Unterwegsbahnhöfe, Schönwalde und Schönerlinde, errichten. Nach Norden war die Strecke über die Verbindungsbahn Wensickendorf - Oranienburg an das Netz der Deutschen Reichsbahn angeschlossen.

Der Vorstand der NEB war bereits in den fünfziger Jahren nach West-Berlin umgezogen, der Firmensitz befand sich in einem Bürohaus am Westhafen. Von dort verwaltete ein Rechtsanwalt die Gesellschaft treuhänderisch, ein Unikum in der Wirtschaftsgeschichte der DDR.

Wiedervereinigung und Betriebsaufnahme

Die Wiedervereinigung hatte große Auswirkungen auf die NEB. 1993 konnte die NEB erstmals wieder Eisenbahnaktivitäten im Güterverkehr auf der Strecke zwischen Wilhelmsruh und Basdorf durchführen. Wichtiger jedoch war, dass der zwischen der Deutschen Reichsbahn und der Niederbarnimer Eisenbahn abgeschlossene Vertrag zur Geltung kam, da ein Passus vorsah, die Enteignung der Heidekrautbahn rückgängig zu machen. Die Rückübertragung konnte nach langwierigen Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn AG als rechtliche Nachfolgerin der Deutschen Reichsbahn und der Niederbarnimer Eisenbahn zum 1. September 1998 abgeschlossen werden.

Neue Brücke über den Oder-Havel-Kanal (Zerpenschleuse)

Den Betrieb der Heidekrautbahn selbst führte weiterhin die Deutsche Bahn durch, sodass die Situation entstand, dass die Deutsche Bahn Trassengebühren an ein privates Infrastrukturunternehmen zahlen musste. Um den Betrieb selbst übernehmen zu können, erwarb die NEB zum 1. Juli 2000 die Umfahrungsbahn Karow-Basdorf als auch den Abschnitt Wensickendorf-Schmachtenhagen von der Deutschen Bahn AG. Zwischen 1999 und 2002 investierte die NEB insgesamt etwa 17 Millionen Euro in die Sanierung und den Ausbau der Heidekrautbahn, unter anderem in die die Sanierung der Brücke über die Oder-Havel-Wasserstraße bei Zerpenschleuse.

Die Niederbarnimer Eisenbahn ging aus der 2004 abgeschlossenen Betriebsausschreibung durch den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg als Siegerin hervor und konnte so, nach 55 Jahren, ab Dezember 2005 wieder selbstständig den Betrieb auf der eigenen Strecke übernehmen. Um die die gesetzlich vorgeschriebene Trennung von Fahrweg und Betrieb zu gewährleisten, trennte die NEB die Aufgabenbereich grundlegend. Während die Muttergesellschaft Niederbarnimer Eisenbahn AG für die Infrastruktur verantwortlich ist, führt die neu gegründete NEB Betriebsgesellschaft mbH den Zugbetrieb durch.

Die Industriebahn, die den gesamten Nordosten Berlins ursprünglich mit dem Hafen in Tegel, der Nordbahn sowie der Kremmener Bahn, der Stettiner Bahn und der Ostbahn verband, wurde in Teilen noch bis in die neunziger Jahre intensiv für den Güterverkehr genutzt, da an ihren Anschlussgleisen viele wichtige Industriewerke und Fabriken Ostberlins lagen, unter anderem Stern-Radio und NILES Werkzeugmaschinen GmbH. Weiterhin gab es eine Verbindung zum Magerviehhof und zum nördlichen französischen Sektor von Berlin sowie mehrere Anschlüsse an das Netz der Deutschen Bahn.[4]

Dennoch blieben die Tätigkeiten der NEB nicht auf die eigenen Strecken begrenzt. So beteiligte sich die Niederbarnimer Eisenbahn auch bei anderen Ausschreibungen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB). Bei der Ausschreibung des grenzüberschreitenden Regionalverkehrs zwischen Berlin-Lichtenberg und dem polnischen Küstrin (Kostrzyn nad Odrą) gewann die NEB die Betriebsrechte für acht Jahre, von Dezember 2006 bis Dezember 2014. Nach zahlreichen Verhandlungen mit der polnischen Eisenbahnbehörde UTK konnte die Niederbarnimer Eisenbahn den Betrieb mit Talenttriebwagen unter dem Titel „Oderlandbahn“ zum 10. Dezember 2006 aufnehmen. Die Strecke, vorher betrieben durch DB Regio, gehört der Deutschen Bahn.

Größter Aktionär der Gesellschaft ist heute mit 66,92 Prozent die zur BEHALA und zur Veolia-Gruppe gehörende Industriebahn-Gesellschaft Berlin GmbH (IGB). Ebenso Anteilseigner sind die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit 6,16 Prozent, die Landkreise die Landkreise Oberhavel, Barnim, Märkisch-Oderland und Oder-Spree mit zusammen 26 Prozent sowie zahlreiche Gemeinden entlang der Bahnstrecke mit den übrigen 0,92 Prozent.

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung Heidekrautbahn fährt wieder nach Zehlendorf bei Oranienburg, Niederbarnimer Eisenbahn AG, 13. April 2007
  2. Peter Neumann: Mehr Züge von Strausberg nach Berlin. in: Berliner Zeitung. 2. August 2005.
  3. VBB-Verbundbericht 2006/2007, Seite 28; pdf-Datei, etwa vier MB
  4. Daten nach Beefland Privat und Kleinbahnen

Literatur