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Heinrich Seuse

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Spätere Darstellung: Holzschnitt des 15. Jahrhunderts
Dominikanerkloster in Konstanz, historisierende Rekonstruktion

Heinrich Seuse (* 21. März 1295 oder 1297 in Konstanz; † 25. Januar 1366 in Ulm), auch Heinrich (von) Suso oder (weniger gebräuchlich) Heinrich von Berg ist ein mittelalterlicher Mystiker, Seelsorger und Theologe, der in Konstanz und Ulm wirkte.

Leben

Heinrich Seuse entstammt einem alten Thurgauer Adelsgeschlecht, dem niederen Adel von Berg. Das Anwesen seiner Eltern entsprach aber wahrscheinlich eher einem bäuerlichen Hof denn einer Burg. Er wuchs daher unter einfachen Lebensverhältnissen auf. Im Alter von 13 Jahren trat er in den Orden der Dominikaner in Konstanz ein. Heinrich von Berg nannte sich aus Verehrung zu seiner Mutter, einer geborenen von Seusen aus Überlingen, Heinrich Seuse, also "der Süße", in der latinisierten Form "Suso". Im Konstanzer Dominikanerkloster machte er die zu seiner Zeit übliche Ausbildung durch und war danach ein Jahr Novize, bis er seine Profess, sein Ordensgelübde, ablegte. Im Kloster erlebte er mit 18 ein mystisches Bekehrungserlebnis.

1323 wurde Seuse zum Studium Generale seines Ordens nach Köln geschickt, wo er begeisterter Schüler von Meister Eckhart und dessen negativer Theologie wurde. Seuse durfte aber nicht wie Meister Eckhart in Paris studieren. Auf Grundlage der Lehren Eckharts verfasste er die beiden Traktate "Buch der Wahrheit" und "Büchlein der ewigen Weisheit". Für das letzte Werk musste sich Heinrich Seuse vor dem Ordensgericht verantworten. Er kehrte alsbald und vor dem Tod Eckharts in die Seelsorge an den Oberrhein zurück und wurde dann nach Ulm versetzt.

Heinrich Seuses Werk ist überliefert als sogenanntes Exemplar. Es handelt sich um eine vierteilige Werkausgabe, die angeblich aus erster Hand stammt und sich zusammensetzt seiner Vita, dem Büchlein der ewigen Weisheit, Büchlein der Wahrheit und dem Briefbüchlein zusammensetzt. Dabei gibt Seuse die Dominikanerin Elsbeth Stagel als seine Schülerin aus. Mit ihr habe ihn eine tiefe, geistige Freundschaft verbunden.

Bekannt wurde Seuse auch durch die Beschreibung extremer Formen der Selbstkasteiung, die er angeblich jahrelang praktizierte. Ein Zitat aus seiner in der dritten Person verfassten 'Vita' (zitiert nach William James: Die Vielfalt religiöser Erfahrung):

„Eine Zeit lang trug er ein Hemd aus Haaren und eine eiserne Kette, bis das Blut von ihm niederrann, so daß er gezwungen war, sie abzulegen. Er sorgte heimlich dafür, daß ein Untergewand für ihn gemacht wurde, und an dem Untergewand hatte er Lederstreifen befestigt, in die etwa 150 eherne Nägel, scharf zugespitzt und gefeilt, getrieben waren, und die Spitzen der Nägel waren stets auf das Fleisch gerichtet. [...] Darin pflegte er in der Nacht zu schlafen. [...] und dann ersann er etwas anderes: zwei Lederhandschuhe, und er veranlasste einen Schmied, sie über und über mit scharf gespitzten Stiften auszurüsten, und er pflegte, sie nachts anzulegen, damit, wenn er im Schlafe versuchen sollte, das haarige Untergewand abzulegen oder sich selbst von den Stichen der ekelhaften Insekten zu befreien, die Stifte dann in seinen Körper eindringen sollten.“

Rezeption

1831 wurde Heinrich Seuse von Papst Gregor XVI. seliggesprochen. Das humanistische Heinrich-Suso-Gymnasium (Gründung: 1604) in Konstanz wurde nach ihm benannt. Am 1. Juni ist der "Verein des Gedenkens an den Mystiker und Dichter vom Bodensee Heinrich Seuse e.V." gegründet worden. Vereinssitz ist das Suso-Haus in der Suso-Gasse 10 in Überlingen am Bodensee. Gedenktag Seuses ist nach katholischer Tradition der 25. Januar, im deutschen Sprachgebiet verlegt auf den 23. Januar (Nicht gebotener Gedenktag im Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet), nach evangelischem Kirchenjahr der 25. Januar.

Literatur

Werkausgaben

  • Das Buch der Wahrheit. Mhdt.-dt., hrsg. v. Loris Sturlese. Meiner, Hamburg 1995. ISBN 978-3-7873-1235-1
  • K. Bihlmeyer (Hg.): Heinrich Seuse. Deutsche Schriften, 1907
  • P. Künzle (Hg.): Heinrich Seuses Horologium sapientiae, Freiburg: Universitätsverlag 1977.

Sekundärliteratur

  • Kurt Ruh: Geschichte der abendländischen Mystik. Bd. 3. Die Mystik des deutschen Predigerordens und ihre Grundlegung durch die Hochscholastik. München: Beck 1996, S. 415-475