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Möriken-Wildegg

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Vorlage:Ort Schweiz Möriken-Wildegg ist eine Gemeinde im Bezirk Lenzburg des Schweizer Kantons Aargau. Die Gemeinde besteht aus den zwei Ortsteilen Möriken und Wildegg und liegt an der Mündung der Bünz in die Aare, ziemlich genau in der Mitte des Kantons.

Geschichte

Auf dem Chestenberg oberhalb des Dorfes bestand in der späten Bronzezeit eine kleine Dorfsiedlung. Vom 1. bis ins 4. Jahrhundert gab es hier ein römisches Landhaus (villa); das damalige Legionslager Vindonissa lag nur ein paar Kilometer weit entfernt. Das Dorf Möriken wurde von alemannischen Siedlern errichtet. Im Jahr 1292 ist es als "Mörinkon" erstmals urkundlich erwähnt. Einen indirekten Hinweis auf die Ortschaft enthält eine Urkunde von 1283, die Ulricus de Moerinchon als Zeugen aufführt. Die Burg Wildegg wurde im 12. Jahrhundert durch die Grafen von Habsburg auf der Felsrippe über dem Engpass auf der rechten Seite der Aare errichtet; das genaue Baudatum ist nicht bekannt.

Möriken war bereits im 15. Jahrhundert eine eigenständige Gemeinde, blieb aber stets von den Inhabern der Wildegg wirtschaftlich abhängig. Diese besassen nämlich den grössten Teil des Waldes, eine Domäne mit über 100 Hektaren Wirtschaftsland, Rebberge am Berghang und eine Mühle am Talausgang. Um diese Mühle herum entwickelte sich später das Dorf Wildegg. Ab 1483 herrschte elf Generationen lang die Familie Effinger auf der Wildegg. Julie Effinger, die letzte ihrer Linie, starb ohne Nachkommen im Jahr 1912. Sie vermachte das Schloss mit der gesamten Ausstattung und die dazugehörende Domäne der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die das ganze Gut dem Schweizerischen Landesmuseum zur Verwaltung übergab. Zum Familienerbe gehört unter anderem auch ein umfangreiches Archiv mit Zeugnissen aus mehreren Jahrhunderten.

Schloss Wildegg

Wildegg entwickelte sich im 18. und 19. Jahrhundert zu einem bedeutenden Schauplatz der industriellen Revolution in der Schweiz. Vor allem die Firma Laué & Cie. trieb die Entwicklung voran, als sie begann, Baumwolltücher farbig zu bedrucken (Indienne-Druckerei). 1848 begann auch in Wildegg die im Freiamt blühende Hutflechterei. 1858 erhielt die Gemeinde den Anschluss an das Eisenbahnnetz der Schweiz. 1889 entstand eine Zementfabrik; Steinbrüche in den nahen Jurahügeln und die Aare lieferten die nötigen Rohstoffe (Kalkstein, Tonmergel, Wasser). 1895 erreichte die Seetalbahn von Lenzburg her den Bahnhof von Wildegg (1984 stillgelegt und ersetzt durch eine Busverbindung mit Lenzburg). Historisch wertvolle Teile der alten Fabrikanlagen stehen unter Denkmalschutz.

Im 20. Jahrhundert siedelten sich weitere Industrien an, unter anderem ein Kupferdraht-Isolierwerk und eine Hartweizen-Mühle. Im Gegensatz zu Wildegg blieb in Möriken der bäuerliche Charakter lange Zeit erhalten. Der Ortsteil entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten zu einer bevorzugten Wohnsiedlung; die Einwohnerzahl vervielfachte sich.

Entwicklung der Bevölkerungszahlen

Sehenswürdigkeiten

Das Schloss Wildegg besteht im Kern aus einer gut erhaltenen Burg aus dem 12. Jahrhundert mit Bergfried und Palas. Um 1700 wurde die Burg vergrössert und in ein barockes Wohnschloss umgebaut. Zum Anwesen gehören auch ein Gutshof, Gärten, Parks, Waldungen, Rebenpflanzungen und Manufakturen. Die gesamte Domäne ist eine Aussenstelle des Schweizerischen Landesmuseums und bildet eine Kulturlandschaft von nationaler Bedeutung. Zusammen mit dem Museum unterhält die Stiftung Pro Specie Rara, die sich für die Erhaltung der biologischen Artenvielfalt einsetzt, auf einer grossen Gartenterrasse beim Schloss eine Anlage mit alten Kulturpflanzen.

Kultur

Möriken-Wildegg verfügt über eine reiche Vereinskultur. Über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt ist die Operettentradition. Seit 1891 gibt es Theatervorführungen und seit 1925 Musiktheater. Der Bau eines neuen Gemeindesaals 1959 bot professionelle Rahmenbedingungen und legte den Grundstein für den nachhaltigen, bis heute andauernden Erfolg. Pro Saison gibt es jeweils 30 Aufführungen mit zusammen 20 000 Besucherinnen und Besuchern. Operettenfreunde reisen nicht nur aus der gesamten Deutschschweiz, sondern auch aus dem nahen Deutschland an. Als Besonderheit der Operette Möriken-Wildegg hat sich die Pflege eines wenig bekannten Repertoires erwiesen. So fand 2001 mit Jacques Offenbachs Die Tochter des Tambour-Majors sogar eine schweizerische Erstaufführung statt.

Behörden

Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden.

Die 5 Gemeinderäte sind:

  • Dr. Sergio Caneve-Senn (parteilos), Gemeindeammann
  • Dr. Reto Erdin (FDP), Vize-Gemeindeammann
  • Peter Bryner (SP)
  • Peter Treier-Hartmann (SVP)
  • Dr. Hans-Jürg Reinhart (SVP)

Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht Lenzburg zuständig. Möriken-Wildegg gehört zum Friedensrichterkreis Othmarsingen.

Wirtschaft

Die wirtschaftlichen Tätigkeiten und die Industrie konzentrieren sich auf den Ortsteil Wildegg. Die wichtigsten Unternehmen sind die 1920 von Karl Konrad Tobler gegründeten Kupferdraht-Isolierwerke Wildegg, die Hartweizen-Mühle der Migros und die Jura-Cement-Werke. Weitere Arbeitsplätze befinden sich in der näheren Umgebung, z.B. in [[Lenzburg], Brugg und Aarau. Der Ortsteil Möriken ist vor allem ein Wohngebiet, hat aber auch mehrere Dienstleistungsbetriebe.

Verkehr

Der Bahnhof Wildegg liegt an der Haupteisenbahnlinie Olten - Aarau - Brugg - Baden - Zürich. Zwischen den Bahnhöfen Wildegg und Lenzburg verkehrt eine Buslinie der Gesellschaft "Regionalbus Lenzburg", via Möriken und Niederlenz. Eine weitere Buslinie verkehrt von Lenzburg über Möriken nach Brunegg. Die Autobahnanschlüsse bei Lenzburg und Mägenwil sind in wenigen Minuten erreichbar.

Bildung

Möriken-Wildegg bietet alle Schulstufen bis hinauf zur Bezirksschule. Die nächste Kantonsschule (Gymnasium) befindet sich in Aarau.

Berühmte Bürger

Ein weltberühmter Bürger von Möriken-Wildegg war der Schauspieler Yul Brynner, der in Wladiwostok geboren wurde. Seine Mutter war Russin, sein Vater war Schweizer Konsul in Russland und stammte ursprünglich aus Möriken. 1956 erhielt Brynner einen Oscar als bester Schauspieler für seine Rolle im Film Der König und ich. Brynner besuchte 1967 erstmals seine Heimatgemeinde und machte eine grosszügige Spende für das gemeindeeigene Ferienhaus auf der Bettmeralp. Ein Bürgerrecht von Möriken-Wildegg besass auch Bundesrat Ernst Brugger. Der spätere Nobelpreisträger für Chemie, Paul Karrer, verbrachte seine Jugendjahre in Wildegg und besuchte die Bezirksschule in Lenzburg.