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Die Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal war die kürzeste und zudem einzige elektrisch betriebene sächsische Schmalspurbahn. Die im Volksmund auch Gitterrompel („Güterrumpel“) oder Elektrische genannte meterspurige Strecke verband von 1916 bis 1964 Klingenthal mit Sachsenberg-Georgenthal. Charakteristisch für die Bahn war ihre überwiegend straßenbündige Trassierung und der daraus resultierende straßenbahnähnliche Betrieb.
Geschichte
Vorgeschichte
Nachdem Klingenthal bereits am 24. Dezember 1875 Anschluss an die Bahnstrecke Zwotental–Klingenthal erhielt, gab es schon in den 1890er Jahren erstmals Vorschläge, von Klingenthal ausgehend auch eine Bahnstrecke ins zunehmend industrialisierte Döbratal zu errichten. Dadurch sollten auch die damals noch selbstständigen Gemeinden Brunndöbra, Untersachsenberg, Obersachsenberg und Georgenthal einen Bahnanschluss erhalten. Aber auch innerhalb Klingenthals gab es zusätzliche Verkehrsbedürfnisse, denn der peripher gelegene Klingenthaler Bahnhof konnte die Bedürfnisse der langgestreckten und bereits damals stark industrialisierten Stadt nur bedingt erfüllen. Da anfangs alle Projekte wegen zu hoher Kosten abgelehnt wurden, sollte es jedoch noch länger als ein Vierteljahrhundert dauern bis dieser Plan verwirklicht wurde. Erst 1910 wurde schließlich das Projekt einer Schmalspurbahn mit einer Spurweite von 750 mm genehmigt, diese sollte allerdings nur dem Güterverkehr dienen. Die Ständeversammlung des Königreichs Sachsen stellte für den Bau zunächst 700.000 Reichsmark zur Verfügung. Um die Strecke auch im Personenverkehr nutzen zu können, wurden von der Staatsregierung später noch weitere 90.000 Reichsmark für den Bau bewilligt.
Baubeginn und Umplanung
Am 10. Juni 1910 führten die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen bereits erste Vorarbeiten für den Bau der Bahn durch. Um die absehbaren hohen Kosten für den Bau der Trasse zu reduzieren, regten die Gemeinden Klingenthal und Brunndöbra dann jedoch für ihr Gemeindegebiet in letzter Minute eine alternative Streckenführung im bereits vorhandenen Straßenplanum an – hiervon erhoffte man sich eine entsprechende Kostenreduzierung. Um die Belästigungen für die Bewohner der durchfahrenen Straßenzüge in Grenzen zu halten sollte die Bahn jetzt jedoch entgegen den ursprünglichen Absichten elektrisch betrieben werden. Die nun erforderliche Neubearbeitung des Projekts verzögerte den Bahnbau allerdings wiederholt um etliche Jahre. Wegen der elektrischen Antriebe wurde jetzt – abweichend von der üblichen Spurweite sächsischer Schmalspurbahnen – die Spurweite von 1000 mm gewählt. Obwohl es sich betriebstechnisch gesehen bei der im Aufbau befindlichen Strecke jetzt um eine Straßenbahn im öffentlichen Straßenraum handelte, wurde sie dennoch als Eisenbahn genehmigt. Diese höhere Konzessionierung war unter anderem Voraussetzung, um überhaupt im geplanten Umfang Güter auf der Strecke transportieren zu können.
Bau der Strecke
Die Bauarbeiten begannen am 1. Juli 1913, da in Folge der vereinfachten Streckenführung jetzt kaum noch größere Kunstbauten ausgeführt werden mussten, schritt der Bau recht rasch voran. Ein Jahr nach Baubeginn war bereits ein Großteil der Gleise verlegt, ebenfalls 1914 wurden auch die ersten Oberleitungsmasten aufgestellt. Um bereits vor Abschluss der Elektrifizierungsarbeiten erste Probefahrten durchführen zu können, wurde eine Dampflokomotive der Gattung I M der von Reichenbach ausgehenden Rollbockbahn nach Klingenthal umgesetzt. Diese Lösung bot sich in zweierlei Hinsicht geradezu an: zum einen war die Rollbockbahn – außer der Klingenthaler Strecke – die einzige ebenfalls meterspurig angelegte Strecke der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, zum anderen waren die Maschinen dieser Baureihe wie Dampfstraßenbahnlokomotiven vollständig verkleidet und damit geradezu prädestiniert für den Einsatz in Klingenthal. Am 14. August 1914 traf schließlich die I M 253 in Klingenthal ein, am 21. August 1914 erfolgte mit ihr die erste Probefahrt. Der fortschreitende Erste Weltkrieg führte dann jedoch im September 1914 zur Einstellung der weiteren Bauarbeiten. Am Ende des Jahres 1914 befanden sich die beiden für den Güterzugverkehr beschafften Elektrolokomotiven bereits in der Remise der Bahn, weil aber immer noch kein Fahrdraht vorhanden war, konnten mit diesen auch keine (Probe-)Fahrten durchgeführt werden.
Eröffnung
Nach dem knapp zwei Jahre lang alle weiteren Arbeiten kriegsbedingt ruhten, gelang es schließlich im August 1916[1] die Baumaßnahmen – mit Ausnahme der Oberleitung – doch noch zu beenden und ab dem 28. Oktober 1916 wenigstens den Güterverkehr aufzunehmen, dieses Datum gilt als offizielles Eröffnungsdatum der Bahnstrecke. Gezwungenermaßen mußte dieser jedoch entgegen den ursprünglichen Planungen zunächst ebenfalls noch mit der Dampflokomotive I M 253 durchgeführt werden. Erst als die Heeresverwaltung kurz darauf das für den Fahrdraht benötigte Kupfer freigab, konnten schließlich auch die 1914 unterbrochenen Elektrifizierungsarbeiten fortgesetzt werden. Diese wurden von der Firma Siemens ausgeführt, die Stromspannung betrug 650 Volt Gleichstrom. Nach der Montage der Oberleitung wurden dann am 16. April 1917 erstmals elektrische Probefahrten mit einem der beiden neuen Triebwagen durchgeführt; am 4. Mai 1917 folgten auch erste Probefahrten mit den beiden schon seit 1914 vorhandenen Elektrolokomotiven. Nach der polizeitechnischen Abnahme wurde die Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal schließlich am 14. Mai 1917 auch für den Personenverkehr eröffnet. Zeitgleich wurde auch der Güterverkehr auf elektrische Traktion umgestellt, die Dampflokomotive war fortan entbehrlich und konnte an die Rollbockbahn zurück gegeben werden. Die Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal vereinte dabei gleich mehrere Besonderheiten auf einmal:
- sie war die erste elektrisch betriebene Eisenbahn Sachsens
- sie war die einzige elektrifizierte Strecke der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen (welche bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1920 keine weiteren Strecken mehr elektrifizierte)
- sie war die kürzeste aller sächsischen Schmalspurbahnen (und ist dies bis heute geblieben)
- sie war die einzige elektrisch betriebene sächsische Schmalspurbahn (abgesehen von den meterspurigen Straßenbahnbetrieben die nicht als Schmalspurbahnen im engeren Sinne zählen), in späteren Jahren wurden in Sachsen nur noch normalspurige Eisenbahnstrecken elektrifiziert
Betrieb
Nur vier Jahre nach der Betriebsaufnahme der Klingenthaler Bahn gingen die Sächsischen Staatseisenbahnen 1920 in der neugegründeten Deutschen Reichsbahn auf, die Strecke gehörte fortan zur Reichsbahndirektion Dresden. Zunächst bediente die Schmalspurbahn auf ihrer reichlich vier Kilometer langen Strecke neun Unterwegshaltepunkte, der mittlere Stationsabstand betrug nur 411 Meter. Mit der am 10. Juli 1920 erfolgten Neueröffnung des Haltepunkts Glaßentrempel waren es fortan sogar zehn Zwischenhalte. Zum 1. Januar 1923 wurde der Bahnhof Klingenthal Nord – der einzige Unterwegsbahnhof der Strecke – zu einem einfachen Haltepunkt abgestuft, das Ladegleis zum Güterschuppen blieb davon jedoch unangetastet. In Folge der 1929 erfolgten Zusammenlegung von Obersachsenberg und Untersachsenberg zu Sachsenberg sowie der 1934 erfolgten Zusammenlegung von Sachsenberg und Georgenthal zu Sachsenberg-Georgenthal wurden in der Zwischenkriegszeit drei Stationen wie folgt umbenannt:
alt | neu ab 6. Oktober 1929 | neu ab 4. Oktober 1936 |
---|---|---|
Untersachsenberg Glaßentrempel | Sachsenberg-Glaßentrempel | Glaßentrempel |
Untersachsenberg Bärenloch | Sachsenberg-Bärenloch | Bärenloch |
Untersachsenberg Georgenthal | Sachsenberg-Georgenthal |
Diese Umbenennung hatte auch eine Änderung der Abkürzung im sächsischen Streckenbezeichnungsschema zur Folge, statt dem zur Eröffnung eingeführten Kürzel KUG (für Klingenthal–Untersachsenberg Georgenthal) wurde ab 1933 das Kürzel KSG (für Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal) verwendet. Das Verbindungsgleis zwischen dem Klingenthaler Güterbahnhof und der Stammstrecke wurde stets mit KUGG abgekürzt, das zusätzliche G stand dabei für Güterzuggleis).
Am 1. August 1943 wurde der Haltepunkt Klingenthal Untere Marktstraße (km 0,87) aufgegeben. Laut dem Kursbuch von 1944 benötigten die Züge bergwärts 23 Minuten und talwärts 22 Minuten, dies entspricht einer mittleren Reisegeschwindigkeit von 10,7 Km/h bergwärts bzw. 11,2 Km/h talwärts. In der Nachkriegszeit wurden aus politischen Gründen weitere drei Haltepunkte umbenannt, einer davon sogar zweifach:
alt | neu ab 21. April 1946 | neu ab 17. Mai 1953 |
---|---|---|
Brunndöbra Wettinstraße | Brunndöbra Ernst-Thälmann-Straße | Brunndöbra Friedrich-Engels-Straße |
Brunndöbra Königsplatz | Brunndöbra Karl-Marx-Platz | |
Brunndöbra Reichsadler | Brunndöbra Mittelberg |
1948 wurde der Haltepunkt Klingenthal Graslitzer Straße um 100 Meter nach Norden verschoben, unter anderem auch um den fünf Jahre zuvor erfolgten Entfall des Haltepunkts Klingenthal Untere Marktstraße etwas zu kompensieren. Im Jahre 1950 wurden die Gemeinden Brunndöbra und Sachsenberg-Georgenthal nach Klingenthal eingemeindet, fortan befand sich somit die gesamte Strecke der Bahn auf dem Gemeindegebiet von Klingenthal. Nicht zuletzt deshalb wird oft auch vereinfacht von der Klingenthaler Schmalspurbahn gesprochen. 1955 wurde die Güterverladung am Haltepunkt Klingenthal Nord eingestellt, der nicht mehr benötigte Güterschuppen wurde abgerissen. Mit der zum 3. Juni 1956 europaweit erfolgten Klassenreform wurden aus den 3. Klasse-Fahrzeugen formal solche der 2. Klasse. Äußerlich wurden die auf dieser Strecke eingesetzten Straßenbahnfahrzeuge jedoch bereits von Beginn an nicht mit den entsprechenden Klassenziffern gekennzeichnet.
Stilllegung
Der zunehmende motorisierte Individualverkehr in der Nachkriegszeit machte auch der Bahn durchs Döbratal schwer zu schaffen, dies betraf insbesondere die Klingenthaler Ortsdurchfahrt. Dort wurde die Gitterrompel zunehmend als Verkehrshindernis empfunden, denn in Folge des in Seitenlage verlegten Schienenstranges kamen die Straßenverkehrsteilnehmer dort den in Richtung Sachsenberg-Georgenthal fahrenden Zügen frontal entgegen. Erschwerend hinzu kam der schlechte Gleiszustand der Strecke[2], zusätzlich machte sich auch hier die Mitbenutzung des Schienenkörpers durch den Straßenverkehr negativ bemerkbar.
Zunächst fiel der Güterverkehr auf der Bahn dem Straßenverkehr zum Opfer, dieser wurde am 9. April 1963 eingestellt. Bald darauf wurde dann jedoch auch der verbliebene Personenverkehr eingestellt, auch die wenige Jahre zuvor erfolgte umfassende Modernisierung des Fahrzeugparks konnte die Bahn nicht retten. Letzter planmäßiger Betriebstag war Samstag, der 4. April 1964. Am nächsten Tag fuhr dann als allerletzter Zug noch einmal eine der beiden Güterlokomotiven die Strecke ab, um die Einrichtungsgegenstände der Diensträume einzusammeln[3]. Die Leistungen der Bahn wurden fortan im Schienenersatzverkehr von Omnibussen des VEB Kraftverkehr erbracht.
Am 21. April 1964 wurde mit dem Abbau der Bahnanlagen im Endbahnhof begonnen, um dort den erforderlichen Platz für die benötigte Buswendeschleife zu erhalten. Offiziell wurde der Verkehr allerdings weiter im Schienenersatzverkehr erbracht. Auch im Jahr 1965 war die entsprechende Fahrplantabelle im DR-Kursbuch noch enthalten[4].
Am 28. September 1965 wurde die Stilllegung der Strecke durch die Rbd Dresden offiziell beim Ministerium für Verkehrswesen beantragt. Erst vier Monate später - am 7. Januar 1966 (!) - wurde der Verkehrsträgerwechsel rückwirkend zum 4. April 1965 genehmigt.
Die Demontage der Fahrleitung und des offenen Oberbaues zog sich dann bis in den Herbst 1966 hin, die im Straßenpflaster liegenden Gleisanlagen blieben allerdings wegen des zu großen Aufwandes vom Abbau ausgenommen. Zum Teil liegen sie noch heute unter dem 1967 aufgetragenen Straßenbelag. Im Mai 1967 wurde mit dem Abbau der Gleisanlagen im Bahnhof Klingenthal die Demontage abgeschlossen.
Denkmallokomotive
Auf Betreiben des zuständigen Kreisdenkmalpflegers wurde im März 1964 die Lokomotive 99 162 (ex IM 252) von der bei Reichenbach gelegenen Rollbockbahn nach Klingenthal gebracht. Sie sollte ursprünglich am Bahnhof als Denkmal aufgestellt werden, um dort an den in den Jahren 1914 bis 1917 erfolgten Leiheinsatz ihrer baugleichen Schwestermaschine Nr. 253 zu erinnern. Allerdings gelang es in der Folge nicht, die Unterstützung der zuständigen Klingenthaler Stadtverwaltung für das Vorhaben "Lokomotivdenkmal" zu erhalten. Daraufhin übernahm das Verkehrsmuseum Dresden das Fahrzeug als Museumslokomotive. Erst am 25. Juli 1968 wurde die Lok von Klingenthal abgefahren und ins Raw Görlitz-Schlauroth gebracht. Heute befindet sie sich - in den Ursprungszustand zurückversetzt - im Museumsbahnhof Oberheinsdorf bei Reichenbach.
Erst in jüngerer Zeit wurde durch den Verein der Eisenbahnfreunde Klingenthal e.V. ein ähnliches Vorhaben in die Tat umgesetzt: 1992/1993 wurde ein Straßenbahnzug bestehend aus Trieb- und Beiwagen der Bauart Gotha ET57 am Klingenthaler Bahnhof aufgestellt. Darunter befindet sich mit dem ehemaligen ET 198 06 auch ein Originalfahrzeug der Klingenthaler Schmalspurbahn.
Fahrzeuge
Lokomotiven
Ausschließlich für den Güterverkehr wurden 1914 zwei elektrische Lokomotiven der Gattung I ME beschafft, bei der Deutschen Reichsbahn wurden sie später als E 191 01 und E 191 02 bezeichnet. Bis 1963 bewältigten die beiden Lokomotiven den gesamten Güterverkehr der Schmalspurbahn; Einsätze im Reisezugverkehr erfolgten jedoch nicht. 1967 wurden die Lokomotiven schließlich nach mehreren erfolglosen Verkaufsversuchen ins Reichsbahnausbesserungswerk nach Dessau überführt und dort verschrottet.
Trieb- und Beiwagen
Für den Personenverkehr beschafften die Kgl. Sächs. Staatseisenbahnen 1916 bei der Waggonbau- und Maschinenfabrik, vormals Busch in Bautzen zwei Triebwagen der Gattung I MET und zwei dazu passende baugleiche Beiwagen. Triebwagen und Beiwagen waren dabei weitgehend identisch, sie unterschieden sich nur durch die elektrische Ausrüstung. Die Fahrzeuge glichen weitgehend damaligen Straßenbahnwagen, allerdings waren sie mit Druckluftbremsen und sächsischen Trichterkupplungen ausgestattet. Wie die beiden Güterzugloks waren auch sie zunächst ungenutzt in Klingenthal abgestellt, ab Mai 1917 bestritten sie dann den gesamten Personenverkehr der Schmalspurbahn. Wegen des steigenden Verkehrsaufkommens wurde schließlich 1926 noch ein dritter Beiwagen gleichen Typs nachgeliefert.
1938[5] wurde der Fahrzeugbestand erstmals ergänzt. Nach dem im gleichen Jahr erfolgten Anschluss Österreichs ergab sich für die Deutsche Reichsbahn die Gelegenheit vier seit Jahren abgestellte Triebwagen der 1932 stillgelegten Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl nach Klingenthal umzusetzen. Zwei von ihnen wurden ab 1939 unter der Bezeichnung ET 198 01 und ET 198 02 unverändert in Sachsen eingesetzt, die anderen beiden wurden in Klingenthal wegen ihrer geringen Leistung von nur 25 kW jedoch in Beiwagen umgebaut (EB 198 01 und EB 198 02). Infolge einer Kriegsbeschädigung aus dem Jahr 1944 wurde der ET 198 02 1946[6] im Reichsausbesserungswerk Dessau vollständig rekonstruiert, dabei wurde zum einen die Motorleistung von 25 kW auf 55 kW erhöht, zum anderen erhielt er einen neuen geschlossenen Wagenkasten. Als Besonderheit verfügte er nach seinem Umbau jedoch nur noch auf einer Fahrzeugseite über Türen. Dies war nur deshalb möglich weil sich bei der Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal alle Bahnsteige auf der gleichen Seite befanden (in Fahrtrichtung Sachsenberg-Georgenthal gesehen linksseitig).
In den 1950er-Jahren war der Fuhrpark der Schmalspurbahn soweit überaltert, dass eine Erneuerung der Fahrzeuge unausweichlich wurde. In den Jahren 1956 bis 1958 beschaffte die Deutsche Reichsbahn deshalb vier neue Zweiwagenzüge von der Gothaer Waggonfabrik. Hierbei handelte es sich um konventionelle DDR-Einheitsstraßenbahnwagen der Typen LOWA und Gotha, wie sie im Laufe der Jahre in fast allen Straßenbahnbetrieben der DDR zu finden waren. Für den Betrieb nach Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) wurden sie ensprechend angepasst, so erhielten sie z. B. statt der im Stadtverkehr üblichen Glocke eine Hupe und eine Signalpfeife[7]. Darüber hinaus verfügten die neuen Fahrzeuge über Scharfenbergkupplungen und waren deshalb mit den bereits vorhandenen Fahrzeugen nicht kuppelbar. Im Einzelnen handelte es sich bei den acht neuen Fahrzeugen um
- zwei 1956 gelieferte Triebwagen der Bauart LOWA ET54 (ET 198 03 und 04)
- zwei 1956 gelieferte Beiwagen des Typs LOWA EB54 (EB 198 03 und 04)
- zwei 1958 gelieferte Triebwagen der Bauart Gotha T57 (ET 198 05 und 06)
- zwei 1958 gelieferte Beiwagen des Typs Gotha B57 (ET 198 05 und 06)
Im Berufsverkehr war mit diesen recht leistungsstarken Triebwagen jetzt auch die Bildung von Dreiwagenzügen möglich, dabei kamen die LOWA- und die Gotha-Wagen häufig auch gemischt zum Einsatz. Auf die verschlissenen Altbaufahrzeuge konnte somit Ende der 1950er-Jahre verzichtet werden, sie wurden mit Ausnahme des 1946 in Dessau modernisierten ET 198 02 (der weiterhin als Reservefahrzeug diente) bis 1959 ausgemustert und verschrottet.
Nach der 1964 erfolgten Betriebseinstellung der Klingenthaler Bahn gelangten alle acht Neubaufahrzeuge zur Straßenbahn Plauen wo sie noch viele Jahre im Einsatz standen. Sieben von ihnen wurden später noch an andere ostdeutsche Straßenbahnbetriebe weitergegeben – zwei von ihnen sind sogar heute noch in Betrieb.
Ebenfalls 1964 nach Plauen abgegeben wurde der ET 198 02, allerdings wurde er in Plauen nie eingesetzt[8] und erhielt dort deshalb auch keine neue Betriebsnummer. Mangels weiterer Verwendung wurde er 1967 restauriert und kehrte – irrtümlicherweise mit der historisch falschen Betriebsnummer 22 (statt 21) beschriftet[9] – als Geschenk der Plauener Stadtverwaltung in seine österreichische Heimat zurück. Dort wurde er auf einem kurzen Schienenstück gegenüber der Pfarrkirche in Hinterbrühl als Denkmal aufgestellt[10]. Aufgrund fortlaufender Beschädigungen durch Witterungseinflüsse und Vandalismus kam er dann jedoch 1998 zum Österreichischen Omnibusmuseum (ÖOM) nach Ternitz, dort ist er seither unzugänglich in einer Halle hinterstellt[11].
Güterwagen
Insgesamt sieben vierachsige gedeckte Güterwagen der sächsischen Gattung 908 waren zur Beförderung von Stückgut vorgesehen, sie wurden 1914 von der Waggonfabrik Werdau speziell für die Klingenthaler Strecke gebaut[12]. Alle sieben Wagen waren 1949 noch vorhanden, zwei dieser gedeckten Güterwagen wurden 1950 zu offenen Güterwagen umgebaut. Bei der Betriebseinstellung 1964 waren noch drei Wagen vorhanden, einer von ihnen – der GGw 99-41-01 – überlebte bis heute. Er kam zunächst in Privatbesitz und stand jahrzehntelang im Bereich der westlichen Ausfahrt des Bahnhofs Klingenthal als Torso abgestellt. Zum 1. Januar 2008 wurde er dann von der Schmalspurbahnmuseum Radebeul gGmbH übernommen, er soll geborgen und zur Restaurierung nach Radebeul überführt werden.
Rollwagen
Zur Beförderung normalspuriger Güterwagen waren 1921 insgesamt 17 Rollwagen im Bestand, welche mit ihrer Fahrbühnenlänge von 5,5 und 7,8 Metern den entsprechenden 750 mm-spurigen Fahrzeugen glichen. 1955 erhöhte sich der Rollfahrzeugbestand durch Neubauten des VEB Lokomotivbau Karl Marx auf insgesamt 21 Stück.
Bahndienstfahrzeuge
Wie im Straßenbahnbetrieb seinerzeit üblich, existierte auch ein Salzstreuwagen mit der Nummer 31M (später Bahndienstwagen 2050, ab 1951 Nummer 99-40-91), der dank seines angebauten Schiebeschildes auch für die Schneeräumung genutzt werden konnte[13]. Da sich der Streckenrückbau bis 1967 hinzog, stand das Fahrzeug noch bis dahin im Bahnhof Klingenthal, erst am 1. August 1967 wurde er per Verfügung der Reichsbahndirektion Dresden ausgemustert[14]. Nach seiner Ausmusterung gelangte er nach Adorf, wo er fortan seiner Achsen beraubt als Lagerraum der dortigen Bahnmeisterei diente. Nach deren Auflösung wurde er 1998 vom Traditionsverein Rollbockbahn e.V. geborgen und für eine museale Erhaltung im Museumsbahnhof Oberheinsdorf sichergestellt; zur Zeit ist er jedoch noch nicht aufgearbeitet[15].
Die folgende Liste führt sämtliche in Klingenthal je eingesetzten Lokomotiven, Trieb- und Beiwagen auf. Noch existierende Fahrzeuge sind grau unterlegt.
Nummer Sachsen | Nummer DR | Baujahr | Herkunft, Verbleib und sonstige Bemerkungen |
---|---|---|---|
I M 253 | 99 163 | 1902 | Lokomotive der Rollbockbahn; im Einsatz von 1914 bis 1917; im Zweiten Weltkrieg verschollen |
I ME 1 | E 191 01 | 1914 | im Einsatz von 1917 bis 1963, 1967 im Raw Dessau verschrottet |
I ME 2 | E 191 02 | 1914 | im Einsatz von 1917 bis 1963, 1967 im Raw Dessau verschrottet |
I MET 1 | ET 197 21 | 1916 | 1959 ausgemustert und verschrottet |
I MET 2 | ET 197 22 | 1916 | 1959 ausgemustert und verschrottet |
11M | EB 197 21 | 1917 | 1963 ausgemustert und verschrottet |
12M | EB 197 22 | 1917 | 1963 ausgemustert und verschrottet |
13M | EB 197 23 | 1926 | Nachbeschaffung, 1963 ausgemustert und verschrottet |
ET 198 01 | 1903 | 1938 von der Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl (ex Tw 20), bis 1959 ausgemustert und verschrottet | |
ET 198 02 | 1903 | 1938 von der Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl (ex Tw 21), 1944 im Krieg beschädigt, 1946 neuer Wagenkasten im Raw Dessau, ab 1958 nur noch Reservefahrzeug, 1964 an die Straßenbahn Plauen, ab 1967 Denkmal in Hinterbrühl, seit 1998 beim Österreichischen Omnibusmuseum (ÖOM) | |
EB 198 01 | 1903 | ehem. Triebwagen; 1938 von der Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl (ex Tw 26), bis 1959 ausgemustert und verschrottet | |
EB 198 02 | 1903 | ehem. Triebwagen; 1938 von der Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl (ex Tw 27), bis 1959 ausgemustert und verschrottet | |
ET 198 03 | 1956 | 1964 nach Plauen (Tw 70), am 29.11.1980 an die Naumburger Straßenbahn (Tw 22), 1984 ausgemustert und verschrottet | |
ET 198 04 | 1956 | 1964 nach Plauen (Tw 71), am 29.12.1981 an die Naumburger Straßenbahn (Tw 23), seit 1997 betriebsfähiger Museumstriebwagen | |
EB 198 03 | 1956 | am 1.9.1964 nach Plauen (Bw 10), am 23.11.1972 zur Geraer Straßenbahn (Bw 234), 1990 ausgemustert, ab 1990 Imbissstand vor dem Geraer Hbf (beschriftet mit fiktiver Nr. 90), am 20.3.2002 zurück nach Klingenthal (Verein der Eisenbahnfreunde Klingenthal e.V., abgestellt auf einem Firmengelände) [16] | |
EB 198 04 | 1956 | am 3.9.1964 nach Plauen (Bw 11), am 25.11.1972 zur Geraer Straßenbahn (Bw 235), 1973 Umbau in Einrichtungswagen, 1990 ausgemustert und verschrottet | |
ET 198 05 | 1958 | 1964 nach Plauen (Tw 73), 1995 zur Kirnitzschtalbahn (Tw 3), im Einsatz | |
ET 198 06 | 1958 | 1964 nach Plauen (Tw 72), am 24.11.1992 zurück nach Klingenthal (Verein der Eisenbahnfreunde Klingenthal e.V., als Denkmal am Klingenthaler Bahnhof aufgestellt) | |
EB 198 05 | 1958 | 1964 nach Plauen (Bw 13), 1975 Umbau in Einrichtungswagen, am 1.3.1988 an die Verkehrsbetriebe Brandenburg an der Havel (Bw 288), 1992 ausgemustert und verschrottet | |
EB 198 06 | 1958 | 1964 nach Plauen (Bw 12), 1975 Umbau in Einrichtungswagen, am 1.3.1988 an die Verkehrsbetriebe Brandenburg an der Havel (Bw 289), 1992 ausgemustert und verschrottet |
Betriebsstellen
- Bahnhof Klingenthal
- Bahnhof Klingenthal Nord
Der Bahnhof Klingenthal Nord war faktisch nur eine Güterladestelle. Dafür bestand ein Umfahrgleis mit Ladestraße und ein Zweiggleis zu einem Güterboden. Im durchgehenden Hauptgleis lag der Haltepunkt für den Personenverkehr. Zugkreuzungen fanden in Klingenthal Nord nicht statt.
- Bahnhof Brunndöbra Gbf
Der Bahnhof Brunndöbra diente nur dem Güterverkehr. Dafür waren eine Ladestraße und ein Güterboden vorhanden. Zudem waren bedarfsweise Zugkreuzungen möglich.
- Bahnhof Sachsenberg-Georgenthal
Der Bahnhof Sachsenberg-Georgenthal besass getrennte Anlagen für den Güter- und Personenverkehr. Für den Güterumschlag bestanden zwei Ladegleise. Neben den üblichen Hochbauten - wie Wartehalle, Freiabtritt und Güterschuppen - besass der Bahnhof auch einen zweiständigen Triebwagenschuppen.
Die Klingenthaler Schmalspurbahn als Kuriosum

Die Schmalspurbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal galt stets als Kuriosum weil es sich zwar juristisch um eine Eisenbahn nach der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) handelte, diese aber dennoch wie eine Straßenbahn trassiert war und vor allem auch mit klassischen Straßenbahnfahrzeugen betrieben wurde. Ferner wurden beispielsweise auch die Haltepunkte der Bahn mit dem von Straßenbahnen bekannten Verkehrszeichen 224 der Straßenverkehrsordnung gekennzeichnet, dieses Symbol ist im Eisenbahnbetrieb ansonsten absolut unüblich.
In der breiten Öffentlichkeit wurde die Bahn deshalb stets als Straßenbahn wahrgenommen, auch die im Volksmund gebräuchliche Bezeichnung Elektrische deutet darauf hin. Häufig wird daher auch – sachlich falsch – von der "Straßenbahn Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal", der "Klingenthaler Straßenbahn" oder der "Straßenbahn Klingenthal" gesprochen. Die Strecke Klingenthal–Sachsenberg-Georgenthal galt deshalb stets als atypischer Betriebszweig, da Straßenbahnen in Deutschland meist von privaten oder kommunalen Betreibern und nicht von der jeweiligen Staatsbahn geführt wurden bzw. bis heute werden.
Relikte der Bahn
Im Bereich der Ortsdurchfahrt Klingenthal erinnert heute nichts mehr an die frühere Strecke, das ehemalige Planum wurde komplett für die Verbreiterung der Auerbacher Straße genutzt. Die letzten Schienen im Stadtgebiet von Klingenthal wurden allerdings erst 1997 im Zuge von Straßenbauarbeiten entfernt, damals wurden ca. 100 Meter Gleis geborgen und nach Oberheinsdorf gebracht (wo der Traditionsverein Rollbockbahn e.V. sie wieder aufbaute um auf ihnen seine historischen Fahrzeuge präsentieren zu können)[17]. Zwischen Brunndöbra und Sachsenberg wurde – auf der in diesem Abschnitt unabhängig von der Straße geführten Strecke – ein asphaltierter Bahntrassenradweg eingerichtet (im Verlauf des letzten Streckenkilometers, beginnend bei der Kreuzung mit der heutigen B 283). An hand dieses Radwegs kann die Streckenführung im oberen Abschnitt somit bis heute gut nachvollzogen werden. Darüber hinaus erinnern auch die Sachsenberger Straßenbezeichnungen Am Bahndamm und Am Bahngleis bis heute an den früheren Bahnanschluss der Gemeinde. Am Ausgangspunkt Klingenthal sind noch Teile der ehemaligen Wagenhalle (Fundament) erhalten, dort stehen der ehemalige ET 198 06 (der am 24. November 1992 von Plauen hierher zurück gebracht wurde) sowie der ehemalige Plauener Beiwagen 25 (der am 23. April 1993 ebenfalls nach Klingenthal gebracht wurde, obwohl er nie auf dieser Strecke gefahren ist). Auf dem Gelände des benachbarten Klingenthaler Güterbahnhofs existiert außerdem noch der ehemalige Lokschuppen der beiden Güterlokomotiven, im Bereich des Güterbahnhofs Brunndöbra ist noch der frühere Güterschuppen erhalten. Vereinzelt findet man außerdem noch Fundamente der Oberleitungsmasten.
- ↑ www.sachsenschiene.de
- ↑ www.trr.de
- ↑ www.obervogtland.de
- ↑ www.sachsenschiene.de
- ↑ www.tramways.at
- ↑ www.elektrische-plauen.de
- ↑ www.gothawagen.de
- ↑ www.tram-plauen.de
- ↑ www.elektrische-plauen.de
- ↑ www.elektrische-plauen.de
- ↑ www.tramways.at
- ↑ Spendenaufruf für den Erhalt des letzten Güterwagens der Klingenthaler Schmalspurbahn
- ↑ Die Wagen der Sächsischen Sekundärbahnen, EK-Verlag 1998, S. 117, 137
- ↑ www.bimmelbahn.de
- ↑ Geschichte des Salzstreuwagens 99-40-91 auf www.bimmelbahn.de
- ↑ http://www.bimmelbahn.de/pkurier/pkaktalt102.htm
- ↑ http://www.bimmelbahn.de/pkurier/pkaktalt99.htm