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Rudiment

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Rudiment (lat. rudimentum „Anfang“, „erster Versuch“, „Probestück“) war ein bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts immer wieder auftauchender Begriff, um in der Biologie ein im Laufe der erdachten Stammesgeschichte verkümmertes, teilweise oder gänzlich funktionslos gewordenes Organ (Rudimentäres Organ) oder Verhalten zu bezeichnen. Rudimente konnten nach dieser Theorie grundsätzlich bei allen Organismen auftreten.

Frühere Theorie der rudimentären "Organe" (bei Mensch und Tier)

Die zurückgebildeten "Organe" (oder anderen Körperteile) hätten im Laufe der Stammesgeschichte der Lebewesen im Zusammenhang mit der veränderten Lebensweise nahezu keine der ursprünglichen Funktionen mehr, obwohl sie dennoch Aufgaben besitzen könnten (z.B. lymphatische Funktion im menschlichen Wurmfortsatz). Meist wäre jedoch das Gegenteil der Fall und die Rudimente bereiteten mehr Kummer als Nutzen. Beim Menschen waren das die Weisheitszähne (heute: Fehlstellung, Entzündungen), Wurmfortsatz (heute: „Blinddarmentzündung“, Ohrmuskeln, Ohrhöcker, parzellierte Bauchmuskulatur.

beim Menschen wurden als rudimentäre "Organe" zuletzt noch angenommen:

  • ausgeprägter Eckzahn und verkümmerte Weisheitszähne (erst im 18.−20. Lebensjahr). Herkunft: Fressen von rohem Fleisch, Kampf, Machtdemonstration
  • Rest der Nickhaut. Herkunft: dient als drittes Augenlid bei verwandten Säugetieren
  • Blinddarm mit Wurmfortsatz. Herkunft: Rest eines früher größeren Darmanhanges (wird mittlerweile angezweifelt, da man im Blinddarm Lymphgewebe gefunden hat, das die Filterung verschiedener Körperregionen (Lymphknoten) unterstützt, und somit nicht als unnütz bezeichnet werden kann.)
  • Steißbein Herkunft: Rest eines früheren Schwanzes
  • funktionslose Muskeln der Ohrmuscheln. Herkunft: dienten zur Bewegung und Ausrichtung der Ohren
  • segmentierte, parzellierte Bauchmuskeln. Herkunft: Segmentierung des Körpers
  • Körperbehaarung beim Menschen. Herkunft: Fell
  • rückgebildete Schwimmhäute (am besten zwischen Daumen und Zeigefinger sichtbar. Heute haben noch etwa 7 % der Weltbevölkerung Schwimmhäute zwischen den Zehen.
Skelett eines Wals mit Resten des Ober- und Unterschenkels

bei Tieren:

Beispiel eines nur teilweisen Funktionsverlustes war bei den Säugetieren und dem Menschen die Zirbeldrüse (heute für Tag-Nacht-Wechsel und Melatonin-Ausschüttung wichtig), in früheren Entwicklungsstufen aber bedeutungsvoller als lichtsensitives Parietalorgan ("Drittes Auge") direkt durch die Haut hindurch, wie heute noch bei einigen Amphibien, Vögeln und Reptilien.

Rudimente bei Pflanzen

Eines der bekanntesten Beispiele war das Vorhandensein von Blüten und anderen Fortpflanzungsorganen bei Pflanzen (z.B. bei Löwenzahn), die sich vermeintlich ausschließlich ungeschlechtlich vermehrten.

Rudimentäres Verhalten

Etliche der Reflexe von menschlichen Säuglingen sollten rudimentäres Verhalten darstellen, das früher in der stammesgeschichtlichen Entwicklung überlebenswichtig gewesen wäre. Dies galt insbesondere für den Greifreflex. Bei Affenbabies hätte er einen wesentlichen Zweck erfüllt, nämlich das Festkrallen des Babys im Fell seiner Mutter, während diese sich von Ast zu Ast hangelt oder sich rasch auf dem Boden bewegt. Bei menschlichen Babys ist der Greifreflex für das Festhalten am weitgehend haarlosen Körper seiner Mutter aber nutzlos, d.h. sie müsste den Säugling ohnedies tragen. Der Reflex ließe sich beim Menschen zudem schon ab der 32. Schwangerschaftswoche im Mutterleib feststellen, wo er noch keine sinnvolle Funktion habe. Dieser Eintretenszeitpunkt des Reflexes entspräche aber ziemlich genau der Trächtigkeitsdauer der angelich nächsten tierischen Verwandten (z.B. Bonobos von 220 bis 250 Tagen) d.h. er wäre dann ausgebildet, ab wann er bei den vermeintlichen menschlichen Vorfahren wahrscheinlich tatsächlich überlebenswichtig gewesen wäre.

Siehe auch

Wiktionary: rudimentär – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Rudiment – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen