Kabarett
Das Wort Kabarett stammt vom französischen „cabaret“ ab. „Cabaret“ nennt man dort schon seit jeher die drehbaren Speise- oder Salatplatten, die in kleinen Fächern oder Schüsselchen mit Saucen oder anderem Inhalt gefüllt wurden. Wohl aus diesem Grunde gab man Theatervorführungen, bei denen dem Publikum ein Programm mit ganz unterschiedliche Nummern (Chansons, Zirkusnummern, Camera Obscura) gezeigt wurde, den Namen „cabaret“, welcher später zu „Kabarett“ eingedeutscht wurde. Die auftretenden Personen nennt man Kabarettisten. Im sogenannten "Nummernkabarett" wird durch Conférencen eine lose Folge von Sketchen, Liedern, Parodien und Schmähreden verbunden. Diese Form wurde in Österreich u. a. von Josef Hader zu einer zwanglosen poetischen Erzählung weiterentwickelt. Jewgenij Grischkowez hat in Russland zu einer ähnlichen Art der Darstellung gefunden, die sich allerdings vom Theater ableitet.
Geschichte
Anfang der 1880er Jahre wurde in Paris das erste Kabarett eröffnet und zwar das „cabaret artistique“ von Rodolphe Salís. Schon kurz nach seiner Gründung erhielt es den Namen „chat noir“ und wurde so schnell auch zu einer Kneipe, in der sich die ‚Artisten‘ (damit waren im Paris des 19. Jahrhunderts sämtliche Künstler gemeint) gegenseitig ihre Nummern vorführten und testeten, bevor sie dem Publikum vorgestellt wurden. Erst zwanzig Jahre später gründet Ernst von Wolzogen mit „Überbrettl“ das erste deutsche Kabarett, das später nur noch „Buntes Theater“ genannt wurde. Eine strenge Theaterzensur im Kaiserreich sorgte jedoch dafür, dass jegliche Form der öffentlichen Kritik verboten war. Mit dem Ende des ersten Weltkrieges wurde die Zensur auf Theater und Kabarettprogramme aufgehoben und die Kabarettisten konnten ab 1919 auch auf die aktuellen politischen Entwicklungen und die soziale Situation der Menschen eingehen. In dieser Zeit blühte das deutsche Kabarett erstmals auf und brachte so unterschiedliche Künstler wie Werner Finck (1929-1935 beim Kabarett "Die Katakombe"), Karl Valentin (auch Direktor des Münchener Kabaretts "Wien-München") oder Cläre Waldorf hervor; für das Kabarett schrieben angesehene Literaten wie Kurt Tucholsky, Erich Kästner oder Klaus Mann Couplets und Texte.
Ab der Machtübernahme der NSDAP wurde diese geistvolle Zeitkritik allerdings immer mehr bekämpft - mit schwerwiegenden Folgen für das Kabarett in Deutschland: Finck zum Beispiel wurde 1935 kurzzeitig verhaftet und in einem KZ interniert, Tucholsky beging Ende des gleichen Jahres Selbstmord, fast alle deutschsprachigen Kabarettisten begaben sich nach und nach ins Exil in die Schweiz, Frankreich, Skandinavien oder auch nach den USA. Die Folge war, dass es in Deutschland selbst nur noch das staatlich kontrollierte Kabarett gab, welches mehr und mehr zu einer Bühne für volksdeutsche Witzeerzähler verkam oder das Publikum zum Durchhalten aufforderte.
Ab 1945 sorgten die Besatzungsmächte dafür, dass im Kabarett die Greuel der Nationalsozialistischen Herrschaft dargestellt wurden. Schnell prangerten die „Tol(l)eranten“ in Mainz (mit Hanns Dieter Hüsch), das „Kom(m)ödchen“ in Düsseldorf (mit Kay und Lore Lorentz), die „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“ (mit Dieter Hildebrandt, Klaus Havenstein, Achim Strizel, Ursula Herking, Hans Jürgen Diedrich und Sammy Drechsel) aber auch Themen wie: die Bundesregierung, den Kalten Krieg und die Auswüchse des Wirtschaftswunders an. Und die Programme dieser Kabarettisten wurden in den 1950er Jahren durch die Entdeckung der Satire als kabarettistisches Stilmittel erstmals große Publikumserfolge, die sich auch im jungen Deutschen Fernsehen fortsetzten. 1953 wurde in Berlin-Ost „Die Distel“ als erstes staatliches Kabarett der DDR eröffnet - zensiert und ohne staatskritische Themen. Weitere ost-deutsche Kabaretts folgten der „Distel“, hatten aber beim Wortwitz stets auf die besonderen Gäste im Publikum zu achten, die man, so Peter Ensikat sofort daran erkannte, "...dass sie erst dann zu lachen anfingen, wenn der dienstvorgesetzte Nebenmann dies ebenfalls tat."
In den 1960er Jahren waren es in West-Deutschland vor allem Kabarettisten wie Wolfgang Neuss ("Neuss Deutschland", "Die Villon Show"), Heinz Erhardt ("Noch'n Gedicht") oder der immer noch hoch geachtete Werner Finck (Kabarett "Nebelhorn" in Zürich), die neben den großen Kabarett-Ensembles aus Düsseldorf, München und Berlin dem Zeitgeist ihren Wortwitz entgegensetzten. Ende der 1960er Jahre spaltete die Studentenbewegung Teile des Kabaretts in Deutschland. Künstler wie Hanns Dieter Hüsch wurden ausgepfiffen, weil die Studenten in Ihnen Teile des Establishments sahen.
In den 1970er Jahren entwickelten sich neue Formen des Kabaretts wie Dieter Hildebrandts kabarettistische TV-Sendung „Notizen aus der Provinz“. Noch in den ausgehenden 1980er Jahren war politisches Kabarett in der Bundesrepublik angesehener Teil der Gesellschaftskritik, blühte sogar nach der Vereinigung von Bundesrepublik und DDR nochmals kurz auf. Neue Künstler wie der Frankfurter Matthias Beltz („Vorläufiges Frankfurter Fronttheater“) oder Mathias Richling setzten Zeichen. In den 1990er Jahren wurde das Kabarett aber gleich von mehreren Seiten verdrängt. Der Comedy-Boom, das Privatfernsehen und die damit verbundene Prioritätensetzung der öffentlich-rechtlichen Anstalten und ein geringer werdendes Interesse des Publikums sorgten für einen Rückgang von Kabarettprogrammen. Einzig die ARD-Sendung „Scheibenwischer“ (mit Dieter Hildebrandt, Bruno Jonas, Mathias Richling und Georg Schramm) verblieb im Programm.
Die von der Bundesrepublik Deutschland geförderte Stiftung "Deutsches Kabarettarchiv" hat ihren Standort in Mainz am Rhein im historischen "Proviant-Magazin". Zur Neueröffnung wurde zugleich der Weg "Sterne der Satire" zwischen dem Mainzer Forum-Theater "unterhaus" und dem "Deutschen Kabarettarchiv" eröffnet: Bronzetafeln mit einem Edelstahl-Stern, der die Gravur des Namenszuges einer aus der Kabarettgeschichte herausragenden Persönlichkeit enthält. Zu den ersten gehörten Werner Finck, Lore Lorentz, Erich Kästner, Kurt Tucholsky und Klabund. Aber auch heute gibt es noch viele gute KabarettistInnen in Deutschland, so dass es in den vielen nationalen Kleinkunstbühnen für das Publikum weiterhin Programme mit ganz unterschiedliche Nummern gibt: Kabarett.
Kabarett in Deutschland
- Academixer, Leipzig
- Alma Hoppes Lustspielhaus, Hamburg, Hausensemble: Jan-Peter Petersen und Nils Loenicker
- Altes Kino Ebersberg, Ebersberg, [www.alteskino.de]
- Berliner Kabarett Klimperkasten, Berlin,(1971), Gründer & Leiter: Jerry Roschak [www.kabarett-klimperkasten.de]
- Cabaret Größenwahn, Berlin (1920), Rosa Valetti
- Das Kom(m)ödchen, Düsseldorf, Lore Lorentz [www.kommoedchen.de]
- Das Renitenz-Theater, Stuttgart, Mathias Richling
- Der Insulaner, Berlin (1948), im Radio-Sender RIAS, Gründer und Leiter: Günter Neumann
- Die Bösen Buben, Berlin, Rudolf Bernauer
- Die Distel, Ost-Berlin, Intendantin bis 1999: Gisela Oechelhaeuser,danach Peter Ensikat
- Die Elf Scharfrichter, München (1901)
- Die Katakombe, Berlin (1929), Werner Finck
- Die kleine Freiheit, München
- Die Pfeffermühle, Leipzig
- Die Schmiere, Frankfurt am Main, Rudolf Rolfs, Reno Nonsens
- Die Stachelschweine, Berlin (1949), Wolfgang Gruner
- Die Wespen, Berlin (1928-1933), Gründer und Leiter: Leon Hirsch
- Die Wühlmäuse, Berlin (1960), Dieter Hallervorden
- Erstes Kölner Wohnzimmertheater, Köln [www.wohnzimmertheater.de]
- Herkuleskeule (Kabarett), Dresden
- Kabarett der Komiker, Berlin (1924), Kurt Robitschek
- Kabarett Kluengelpuetz, Koeln
- Kabarett Tippelbruder, Leipzig
- Kleine Komödie, Fürth, Volker Heißmann und Martin Rassau
- Kleinkunstbühne Statt-Theater, Regensburg, (1984) Peter Nikisch
- Kohlkopp, Valeska Gert
- Lustspielhaus, München
- Mausefalle, Stuttgart
- Müllfischer, aus Bremerhaven [[1]]
- Münchner Lach- und Schießgesellschaft, München, Sammy Drechsel, Dieter Hildebrandt
- Musenschaukel, Trude Hesterberg
- Nürnberger Burgtheater, Nürnberg [www.burgtheater.de]
- Pantheon-Theater, Bonn
- Obelisk, Potsdam
- ROhrSTOCK, Rostock
- Roland von Berlin, 1905, Rudolf Nelson
- Schall und Rauch, Berlin (1902), Max Reinhardt
- Scharfrichterhaus, Passau (1977)
- Simplizissimus, München (1903), Kathi Kobus
- Theater am Küchengarten, Hannover, Dietrich Kittner
- Tingel-Tangel, Friedrich Hollaender
- Überbrettl, Berlin 1900, 1901 Ernst von Wolzogen
- Wilde Bühne, Trude Hesterberg
- Zwickmühle, Magdeburg [www.magdeburger-zwickmuehle.de]
- KleinKunstBühne Kochsmühle Obernburg [[2]]
- Kurz- und Kleinkunstbühne Jena [[3]]
Kabarett in Österreich
- 4Xang, Wien
- Leon Askin
- Werner Brix
- Gerhard Bronner
- Alfred Dorfer
- Roland Düringer
- Karl Farkas
- Severin Groebner, Wien
- Otto Grünmandl
- Der Guglhupf, ORF
- Gunkl = Günter Paal
- Josef Hader, Linz
- Andrea Händler
- Hans Peter Heinzl
- Die Hektiker
- Kabud
- Karl Ferdinand Kratzl, Wien
- Georg Kreisler, Wien
- O. Lendl, Wien
- Bernhard Ludwig, Wien
- Leo Lukas, Wien
- Thomas Maurer, Wien
- Alf Poier, Wien
- Joesi Prokopetz, Wien
- Projekt X
- Martin Puntigam, Wien
- Helmut Qualtinger, Wien
- Lukas Resetarits, Wien
- Willi Resetarits, Wien
- Gerold Rudle, Wien
- Dolores Schmidinger
- Simpl, Wien
- I Stangl, Wien
- Steinböck und Rudle, Wien
- Erwin Steinhauer, Wien
- Stermann & Grissemann, Wien
- Mike Supancic, Wien
- Andreas Vitásek, Wien
- WalterSeidl, Wien
Große Kabarettisten
- Bernd Regenauer
- Django Asül
- Frank-Markus Barwasser
- Jürgen Becker
- Konrad Beikircher
- Matthias Beltz
- Armin Berg
- Lothar Bölck
- Ingo Börchers
- Gerhard Bronner
- Martin Buchholz
- Matthias Deutschmann
- Alfred Dorfer
- Gerd Dudenhöffer
- Roland Düringer
- Karl Farkas
- Werner Finck
- Ottfried Fischer
- Sabine Fischmann
- Thomas Freitag
- Andreas Giebel
- Otto Grünmandl
- Günter Grünwald
- Wolfgang Gruner (Die Stachelschweine)
- Gunkl = Günther Paal
- Josef Hader
- Andrea Händler
- Hans Peter Heinzl
- Dieter Hildebrandt
- Rüdiger Hoffmann
- Franz Hohler
- Hanns Dieter Hüsch
- Gerburg Jahnke (Missfits)
- Bruno Jonas
- Dietrich Kittner
- Lore Krainer
- Reiner Kröhnert
- Hans Liberg
- Loriot (Vicco von Bülow)
- Lore Lorenz
- Germain Muller
- Jo van Nelsen
- Wolfgang Neuss (Der Mann mit der Pauke)
- Cornelia Niemann
- Sissi Perlinger
- Volker Pispers
- Hans-Günther Pölitz
- Gerhard Polt
- Urban Priol
- Joesi Prokopetz
- Michael Quast
- Helmut Qualtinger
- Alfred Rasser
- Lars Reichow
- Lukas Resetarits
- Mathias Richling
- Richard Rogler
- Frank Sauer
- Hans Scheibner
- Helmut Schleich
- Wilfried Schmickler
- Dolores Schmidinger
- Harald Schmidt
- Werner Schneyder
- Georg Schramm
- Horst Schroth
- Christoph Sonntag
- Christof Stählin
- Emil Steinberger
- Erwin Steinhauer
- Tina Teubner
- Arnim Töpel
- Stefanie Überall (Missfits)
- Karl Valentin
- Andreas Vitásek
- Jürgen von Manger (Adolf Tegtmeier)
- Ernst Waldbrunn
- Jane Zahn
- Andreas Zimmermann
Kabarettpreise
- Buxtehuder Kleinkunstigel
- Deutscher Kabarett-Preis
- Deutscher Kleinkunstpreis
- Goldener Spaten
- Kabarett-Kaktus
- Karl
- Leipziger Löwenzahn
- Prix Pantheon
- Salzburger Stier
- Scharfrichterbeil
- Zeck Kabarettpreis Zeck
- Obernburger Mühlstein - Nachwuchsförderpreis Kleinkunstbühne Kochsmühle -
Siehe auch
Weblinks
- Stiftung Deutsches Kabarettarchiv in Mainz
- Österreichisches Kabarettarchiv
- Kabarettlive.de - Kabarett & Comedy in D, A & CH
- kabarett.cc - Kabarett in Österreich
- kabarett-news.de - Portal mit Infos zu deutschsprachigem Kabarett, Comedy, Kleinkunst
- Kurze Geschichte des Kabaretts - Ein Artikel des Netzwerks für Wissensweitergabe susas.de