Cora Berliner
Cora Berliner (* 23. Januar 1890 in Hannover; † 1942 vermutlich in Maly Trostinez) war eine Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin und ein Opfer des NS-Regimes. Sie war eine Wegbereiterin der Sozialen Arbeit, früher Fürsorge.
Leben
Cora Berliner war das fünfte und jüngste Kind des jüdischen Handelsschuldirektors Manfred Berliner und dessen Ehefrau Hanna, geb. Dessau. Ihre Familie, benannt nach einem aus Berlin stammenden Vorfahren, war seit dem 18. Jahrhundert in Hannover ansässig. Von hoher Bekanntheit waren zwei ihrer Onkel: Emil (oder: Emile) Berliner erfand die Urform der Schallplatte und das Grammophon und hatte mit seinem Bruder Joseph die Deutsche Grammophon Gesellschaft in Hannover gründet. Zwei von Coras älteren Brüdern sind bedeutende Wissenschaftler geworden: Bernhard Berliner war Lehranalytiker am Berliner Psychoanalytischen Institut und nach seiner Emigration praktizierender Psychoanalytiker in den USA, Si(e)gfried arbeitete als hochgeschätzter Betriebswirtschaftslehrer und Mathematiker in Japan und den USA.
Cora Berliner erhielt die damals für Mädchen ihres Standes übliche Ausbildung. Nach dem extern abgelegten Abitur an einem Knabenrealgymnasium studierte sie Mathematik und Staats- und Sozialwissenschaften in Berlin und Heidelberg, sie promovierte 1916 mit Auszeichnung.Das Thema der Disertation war "Die Organisation der jüdischen Jugend in Deutschland. Ein Beitrag zur Systematik der Jugendpflege und Jugendbewegung". Bis 1919 arbeitete sie als Angestellte in der Stadtverwaltung Berlin-Schöneberg, daneben von 1910 bis 1924 beim Verband jüdischer Jugendvereine als Dezernentin, als Geschäftsführerin und später als Vorstandsvorsitzende in Heidelberg. Dort hielt sie Vorträge zum Thema "Die Sozialbeamtin in der Stadtverwaltung" 1918. 1919 trat Cora Berliner als Angestellte im Reichswirtschaftsministerium in den Staatsdienst, 1923 wurde sie Regierungsrätin und eine der Leiterinnen im Reichswirtschaftsamt.
1927 ging sie nach London, als Beraterin in der Wirtschaftsabteilung der deutschen Botschaft. 1930 wurde sie Professorin für Wirtschaftswissenschaften am Berufspädagogischen Institut in Berlin. 1933 aus dem Staatsdienst entlassen, arbeitete sie in der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, unter anderem als Leiterin der Auswanderungsabteilung, in der Lehrerfortbildung und als stellvertretende Vorsitzende im Jüdischen Frauenbund. Sie setzte sich für das Fürsorgewesen ein und die berufpolitischen Interessen der Fürsorgerinnen (wie Alice Salomon). Am 26. Juni 1942 wurde Cora Berliner (in Transport II/10) von Berlin aus zusammen mit anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Reichsvereinigung nach Minsk deportiert.[1] Von da an ist über ihr Leben wenig bekannt. Es gibt Hinweise, dass Cora Berliner und alle mit ihr Deportierten im weißrussischen Maly Trostinez (in der Nähe von Minsk) ermordet wurden.
Auf dem Jüdischen Friedhof in Hannover erinnert ein Gedenkstein an Cora Berliner. Ein Teilnachlass befindet sich im Ida-Seele-Archiv.
Ehrungen
In Berlin-Mitte ist eine Straße am Holocaust-Mahnmal nach Cora Berliner benannt.
Literatur
- M. Berger: Wer war... Cora Berliner?, in: Sozialmagazin, 24, 1999, S. 6 ff.
- Sibylle Quack: Cora Berliner, Gertrud Kolmar, Hannah Arendt. Straßen am „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ ehren ihr Andenken. Hentrich: Berlin 2005 ISBN 3-938485-12-4
- Kora Berliner: Die Organisation der jüdischen Jugend in Deutschland: Ein Beitrag zur Systematik der Jugendpflege und Jugendbewegung. Phil. Diss. Heidelberg. Berlin: Verl. d. Verbandes d. jüdischen Jugendvereine Deutschlands, 1916. 67 S.
- Cora Berliner: Die Frauen-Auswanderung. In: Jüdisches Nachrichtenblatt, 1939, Nr. 56 (14.07.1939), S. 2 Online-Version
Weblinks
- FemBiografie von Almut Nitzsche mit Zitaten, Links und Literaturangaben
- Vorlage:PND
- Kurzbiografie
- Würdigung durch die Stadt Berlin
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Gottwaldt/Schulle, Die „Judendeportationen“ [...] (2005):240-42
Personendaten | |
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NAME | Berliner, Cora |
ALTERNATIVNAMEN | Berliner, Kora |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin |
GEBURTSDATUM | 23. Januar 1890 |
GEBURTSORT | Hannover |
STERBEDATUM | nach 26. Juni 1942 |
STERBEORT | Maly Trostinez |