Weiße Armee
Als Weiße Armee bzw. auch Weiße Truppen verstand man im Verlauf und in Folge sozialistisch oder kommunistisch motivierter Aufstände und Revolutionen in der Endphase des 1. Weltkriegs und danach, vor allem ab 1917 bis in die 1920er Jahre, konterrevolutionäre reguläre als auch irreguläre Militäreinheiten, die auf der Seite der herrschenden bzw. vormals herrschenden Gesellschaftsschicht, vor allem der Aristokratie oder des Großbürgertums, gegen die Revolution kämpften. Die Bezeichnung "weiß" wurde als Gegenpol zu den revolutionären "Roten" bzw. auch der Roten Armee verstanden.
Mitglieder der roten Kräfte nannte man Rotgardisten, ihr Gegenstück waren die Weißgardisten.
Russland, Russischer Bürgerkrieg
Während dem russischen Bürgerkrieg zwischen 1917 und 1922; - nach der Oktoberrevolution von 1917, bei der die Bolschewiki unter Lenin und Trotzki an die Macht gekommen waren, bekämpfte die von Trotzki aufgebaute Rote Armee die so genannte "Weisse Armee", die aus Teilen des alten zaristischen Militärs bestand und vereinzelt auch von moderaten Demokraten, Sozialdemokraten, Monarchisten sowie aus dem Ausland unterstützt wurde.
Als Armee im eigentlichen Wortsinn können die "Weissen" jedoch nicht wirklich bezeichnet werden. Es fehlte den an verschiedenen Orten operierenden Militäreinheiten eine koordinierende Kraft im Sinne eines Oberbefehls.
Die "Weissen" vertraten die Interessen des russischen Adels, dessen Vorrechte durch die Revolution der kommunistischen Sowjets abgeschafft worden waren. Ihr Hauptziel war es, die Sowjetmacht zu vernichten und wieder vorrevolutionäre Zustände herzustellen. Über ihren gemeinsamen Nenner hinaus hatten die einzelnen Einheiten oft jeweilige, auch gegeneinander konkurrierende Sonderinteressen, die zusätzlich eine gemeinsame Organisation und Koordination erschwerten bzw. auch verhinderten.
Der nach Jekaterinburg im Ural verbannte gefangene ehemalige russische Zar Nikolaus II. und seine Familie wurden 1918 im Auftrag Lenins von den Bolschewiki ermordet. Damit war auch symbolisch die gemeinsame Leitfigur der "Weissen" weggefallen.
Sie unterlagen schlussendlich bis 1922 gegen die besser organisierte Rote Armee, die unter dem Oberbefehl Trotzkis stand.
Nach dem Sieg der Kommunisten wurde nach dem Anschluss anderer Sowjetrepubliken wie derjenigen Weißrusslands, der Ukraine, Georgiens an die RSFSR (Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik) die UdSSR (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken) gegründet.
Deutschland, Novemberrevolution
In Deutschland wurden die oft noch im Grunde kaisertreuen Militärs und rechtsnationalistischen Freikorpseinheiten, die im weiteren Verlauf der Novemberrevolution von 1918 / 1919 die durch die Revolution entstandenen Räterepubliken gewaltsam niederschlugen, teilweise auch als weiße Truppen bezeichnet. Formal standen diese Truppen im Dienst der SPD-Führung um Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann und Gustav Noske, die im zu Ende gehenden 1. Weltkrieg im Zuge der Novemberrevolution an die Regierung gekommen waren.
Zunächst bestrebt, die alten Staatsstrukturen mit einigen demokratischen Verfassungsänderungen zu erhalten, und dann, als dies nicht mehr möglich war, bestrebt, eine bürgerliche Demokratie in Deutschland zu etablieren, zielten sie auf ein Auffangen der Revolution und schließlich auf deren Zerschlagung. Dazu ging die SPD-Führung ein geheimes Bündnis mit den alten Militärs unter Führung General Wilhelm Groeners ein, und Gustav Noske rekrutierte zu deren Verstärkung rechtsextreme Freikorps, die verstärkt in der ersten Hälfte des Jahres 1919 verschiedene Räterepubliken und sozialistische Räteaufstände, beispielsweise im Ruhrgebiet, in Bremen und anderen Regionen Deutschlands mit rücksichtsloser Härte und Gewalt niederschlugen. Zuletzt wurde im Mai 1919 die Münchner Räterepublik durch diese "Weißen Truppen" gewaltsam beendet. Die notwendige und in diesen schweren Tagen Deutschlands notwendige Bekämpfung von revolutionären Wildwuchs und Utopismus, sowie der Gewalt auf beiden Seiten der, man kann sagen Bürgerkriegsparteien, wird in den Geschichtsbüchern recht wenig und unausgewogen gedacht. Einzig dem bekanntesten politischen Mord, den die Freikorps begingen, am 15. Januar 1919 wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht,führenden Gestalten des Spartakusbundes und der Ende 1918 / Anfang 1919 neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands KPD, von einer berliner Landwehrkanalbrücke gestoßen, wird regelmäßig gedacht. Wenig wird auf die Leistungen von Reichwehr und auch der vielen ehrenhaften Freikorpskämpfer geschaut, die die junge Reichrepublik bewahren halfen.
Nach Gründung der Weimarer Republik wurde auch die Feindseligkeit der schließlich aufgelösten Freikorps gegenüber ihrer ehemaligen politischen Führung, der noch bis 1920 regierenden SPD, die sie gerufen hatte, immer deutlicher offenbar. Im Zuge der von den rechtsnationalistischen und einigen konservativen Parteien erfundenen so genannten Dolchstoßlegende und der Annahme der Bedingungen des Versailler Vertrags wandten sich von Anfang an viele von der Demokratie ab, vor allem die Spitzen der Verwaltung und des Militärs, die ihre alten Strukturen beibehielten. Viele ehemalige Angehörige der "Weißen Truppen" (Freikorps) schlossen sich im Lauf der 1920er Jahre rechtsextremen militanten Organisationen an, wie zum Beispiel der SA (Sturmabteilung) unter dem Kommando von Ernst Röhm, der in der Weimarer Republik mit dieser SA als paramilitärische Organisation der NSDAP den Straßenkampf und den Saalschutz für Adolf Hitler organisierte, und die Republik auch gewaltsam bekämpfte.
Siehe auch:
Russischer Bürgerkrieg, Rote Armee, Novemberrevolution, Freikorps