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Bretagne

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Bretagne
Flagge der Bretagne
Flagge
Basisdaten
Hauptstadt: Rennes
Fläche: 27 208 km²
Einwohner: 2 972 700 (2003)
Bevölkerungsdichte: 107 Einw./km²
Departements: Côtes-d'Armor (22),
Ille-et-Vilaine (35),
Morbihan (56),
Finistère (29)
Arrondissements: 15
Kantone: 201
Gemeinden: 1268
Präsident des Regionalrates: Jean-Yves Le Drian
Karte
Übersichtskarte
Übersichtskarte

Die Bretagne Vorlage:Lautschrift (bretonisch Breizh [brejs]) ist eine Region im Nordwesten Frankreichs. Sie umfasst die Départements Côtes d'Armor (bret. Aodoù-an-Arvor), Finistère (bret. Penn-ar-Bed), Ille-et-Vilaine (bret. Ilh-ha-Gwilen) und Morbihan (bret. Mor-bihan). Hauptstadt ist Rennes (bret. Roazhon). Die Gallier nannten ihr Land Aremorica (bret. Arvorig), was soviel bedeutet wie "Land vor dem Meer". Das hügelige Innere der Bretagne ist Argoat, Waldland.

Geographie

Geographisch beschreibt die Bretagne eine große Halbinsel und stellt den westlichsten Ausläufer des französischen Festlands dar. Ihre Nordküste grenzt an den Ärmelkanal, die Süd- und Westküste an den Atlantik.

Die Landmasse der Bretagne ruht in weiten Teilen auf sehr altem und hartem Gestein. Die Folge davon ist einerseits eine sehr zerklüftete Küstenlinie, die - besonders im Westen - über weite Strecken als Steilküste ausgebildet ist. Am Cap Frehel, nahe der alten Festung Fort la Latte, stürzen sich die Granitklippen über 70 Meter tief in den Atlantik. Andererseits stellt sich die Landschaft eher als hügelig dar; besonders steile oder hohe Berge sucht man vergebens. Die höchste Erhebung ist der Roc'h Trévézel (384 m) im Höhenzug der Monts d'Arrée (bret. Menez Are).

Ursprünglich war die Bretagne überwiegend von Wald bedeckt (Überreste dieses riesigen Waldgebietes zwischen dem früheren Forêt de Scissy in der Nähe des heutigen Mont Saint Michel und der Brocéliande finden sich z. Bsp. westlich der Stadt Rennes im sogenannten Zauberwald von Paimpont) dieser ist jedoch inzwischen weitgehend einer industrialisierten Landwirtschaft gewichen.

Geschichte

Das Gebiet des bis ins 15. Jahrhundert eigenständigen Herzogtums Bretagne dehnte sich im Zuge von kriegerischen Auseinandersetzungen mit Normannen und Franzosen mal mehr, mal weniger weit aus. Zum Kerngebiet der historischen Bretagne zählen neben den obengenannten vier Départements auch Teile von Loire-Atlantique (bret. Liger-Atlantel). Andererseits war der Ostteil von Ille-et-Vilaine nur für kurze Zeit Bestandteil des bretonischen Herzogtums.

Anne de Bretagne (1477-1514) war die letzte unabhängige Herrscherin der Bretagne. Sie heiratete nacheinander zwei französische Könige: Karl VIII. im Jahr 1490, und dessen Thronfolger Ludwig XII. 1499 (Ludwig XII. war nicht Sohn seines Amtsvorgängers). Um die Thronfolge zu gewährleisten und diesbezüglich keinerlei Streitigkeiten zu provozieren, gebar die noch junge Anne bereits in frühen Jahren ihre ersten Kinder (insgesamt 11), von denen jedoch nur drei älter als drei Jahre wurden. Ihre Tochter, Claude de France, heiratete Franz I. Dieser proklamierte auf einer Ständeversammlung in der südbretonischen Stadt Vannes 1532 die offizielle "Angliederung" an das französische Königreich. Bis heute fühlen sich viele Bretonen durch den französischen Staat 'besetzt'.

Siehe auch: Geschichte und Sprache der Bretagne

Bevölkerung, Sprache und Kultur

Traditionelle Tracht

In der Bevölkerung der Bretagne mischen sich keltische Einwanderer aus Südwestengland mit von Norden und Osten vordrängenden Normannen und Franzosen.

Nach einer kurzen Phase der (unter dem Eindruck der Schwäche des besetzten Frankreich erzwungenen) Duldung in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts und einer darauf folgenden Zeit erneuter Repression (unter Kollaborationsvorwurf) wird die bretonische Sprache mittlerweile vom französischen Staat geduldet, wenn auch nicht gefördert, nachdem sie lange Zeit unter Androhung teils drakonischer Strafen in allen Schulen verboten war. Seit den siebziger Jahren wird in den von einem Verein geführten Diwan-Schulen Unterricht auf Bretonisch erteilt - mit Französisch als erster Fremdsprache. Unter dem Eindruck des drohenden Aussterbens der Sprache hat der bretonische Regionalrat Ende 2004 beschlossen, das Bretonische zu fördern, soweit es mit seinen sehr begrenzten finanziellen und politischen Möglichkeiten machbar ist.

Anders als in manchen Reiseführern angegeben, haben die vielfältigen Megalithmonumente nichts "keltisches" an sich, sondern stammen aus der Jungsteinzeit. Die Bezeichnungen für die verschiedenen Typen megalithischer Bauwerke im Deutschen sind pseudobretonisch (d. h. aus bretonischen Wurzeln auf nicht der bretonischen Grammatik entsprechende Weise zusammengesetzt): Dolmen etwa (aus bret. taol - Tisch, Tafel und maen - Stein). Die korrekte bretonische Bezeichnung lautet taol-vaen. Gleiches gilt für den Begriff Menhir (aus bret. maen - Stein und hir - lang), der im Bretonischen nicht existiert, wo stattdessen das Wort peulven verwendet wird.

Die bretonische Musikszene ist ausgesprochen lebendig, wenn auch die Musik nicht auf eine (ohnehin fiktive) "alte keltische Musiktradition" zurückgeht, sondern primär auf die westeuropäische Tanzmusik der Renaissance. Wo in anderen Teilen der westlichen Welt Jugendliche in die Disco gehen, zieht es die jungen Bretonen noch heute zum Fest-noz ("Nachtfest"), wo mit sowohl traditionellen - beispielsweise Binioù kozh (Dudelsack), Bombard (Bombarde) - als auch modernen Instrumenten zu überlieferten Volkstänzen aufgespielt wird. Daneben gibt es eine Tradition rein vokaler Tanzmusik, die im Stil des Kan-ha-Diskan ("Gesang und Gegengesang") vorgetragen wird. In der bretonischen Vokalmusik ist außerdem das Genre der Gwerzioù (Moritaten) von großer Bedeutung. Bedeutende Interpreten sind u. a. Yann-Fañch Kemener, Erik Marchand und Denez Prigent.

Kulturelle Gemeinsamkeiten mit den anderen keltischen Ländern zeigen sich außer in der Sprache auch auf anderen kulturellen Bereichen, etwa in der Literatur (worunter auch das große Feld der mündlichen Überlieferung fällt) und der Küche. In der mittelbretonischen Literatur haben sich Reste einer Versform namens kenganez erhalten, die dem walisischen cynghanedd stark ähneln und durch eine komplizierte Kombination von Stab-, Binnen- und Endreimen gekennzeichnet ist. Außerdem dürften die Motive der Artus-Literatur durch bretonische Vermittlung aus Großbritannien auf den europäischen Kontinent gelangt sein.

Die traditionelle bretonische Küche ist, so wie die der anderen keltischen Länder auch, trotz ihrer Vielfalt an Fisch und Meeresfrüchten primär das Produkt einer alten Viehzüchter- und Bauernkultur. Neben Fleisch spielten vor allem Milchprodukte wie gesalzene Butter und Buttermilch (die Käseproduktion blieb lange deutlich unterentwickelt), Getreidebreie (bret. yod), in Säckchen gekochter Sterz (bret. farz) und Crêpes (bret. krampouezh) Hauptrollen in der traditionellen Ernährung der ländlichen Bevölkerung.

Unter den Bretonen gibt es nicht erst seit der Neuregelung der französischen Departements in den 40er Jahren des 20. Jh. (mit der Ausgliederung der ehemaligen Herzog- und damit Hauptstadt der Bretagne, Nantes /bret. Naoned in die Region Pays de la Loire) wieder bedeutsame Autonomiebestrebungen, die sich vor allem in den 70er Jahren mitunter in Attentaten auf staatliche Einrichtungen manifestierten.

Wirtschaft

Wirtschaftlich gehört die Bretagne zu den strukturell schwächeren Landesteilen Frankreichs. Vorwiegend im Sommer profitiert sie stark vom Tourismus, der sich überwiegend an den Küsten abspielt. Die französische Regierung unternahm Ende des 20. Jahrhunderts verstärkte Anstrengungen, Industrieunternehmen die Ansiedlung in der Bretagne schmackhaft zu machen - was auch teilweise erfolgreich war. Dennoch ist die Landschaft - besonders im Binnenland - überwiegend agrarisch geprägt. Die Landschaft "Léon" (bret. Bro Leon) im nördlichen Finistère ist bekannt für Gemüseanbau (Artischocken, Blumenkohl, Frühkartoffeln), in den Côtes-d'Armor überwiegen Schweinezucht, Putenmast und Milchviehhaltung.

Als Küstenregion spielen auch der Fischfang und - speziell an der Nordküste - die Austernzucht für die Bretagne eine Rolle. In Cancale - Nordküste - werden die Austern auf 450 Hektar gezüchtet. im Golfe von Morbihan - Südküste - auf 1500 Hektar. Dabei gelten gemeinhin diejenigen aus Cancale seit Jahrhunderten als die qualitativ und geschmacklich hochwertigsten Austern Frankreichs (überlieferte Transporte der Cancale-Auster bis nach Rom; Lieferprivileg für den französischen Königshof).

Energie

An der Ärmelkanalküste zwischen Saint-Malo (bret. Sant Maloù) und dem Mont-Saint-Michel (bret. Menez Mikael) herrscht ein enormer Tidenhub von 9 - 15 m (abhängig vom Gezeitenkoeffizienten). Dieser Gezeitenunterschied wird in einem 1967 fertiggestellten Gezeitenkraftwerk in der Mündung der Rance, zwischen Dinard (Dinarzh) und St. Malo, zur Gewinnung von Strom genutzt. Dieses Kraftwerk besitzt ein Besucherzentrum, dass interessante Einblicke in die Technik zur Erzeugung von Strom durch Gezeitenkraft liefert, das allerdings derzeit aufgrund eines nach den Attentaten des 11. September aufgestellten Sicherheitsplans nach wie vor nicht besucht werden kann (Stand Oktober 2004).

Weiterhin bietet sich das küstennahe Land mit seinen fast ständig wehenden Winden aus nordwest- und westlichen Richtungen hervorragend zur Stromgewinnung durch Windenergie an. Erste Windparks an den Steilküsten produzierten 2002 bereits Strom, ein schneller weiterer Ausbau ist in Planung. In den letzten Jahren wurden auch auf den Hügeln im Landesinneren zahlreiche Windkraftwerke errichtet.

Ein atomarer Versuchsreaktor mit schwerem Wasser war von 1967 bis 1985 in Brennilis in Betrieb. Trotz der guten geographischen Voraussetzungen konnten die Bretonen jedoch durch vehemente Proteste den Bau von weiteren Atomkraftwerken in ihrer Region komplett verhindern. Der Reaktor von Brennilis, das älteste Atomkraftwerk Frankreichs, wird zur Zeit demontiert.


Siehe auch: Liste der Präsidenten des Regionalrates der Bretagne seit 1986