Volkmarsdorf
Volkmarsdorf war bis zu seiner Eingemeindung im Jahr 1890 eine selbständige Gebietskörperschaft im Osten Leipzigs, die das Rittergut Volkmarsdorf sowie das Dorf umfasste. Heute bezeichnet Volkmarsdorf einen Ortsteil des Leipziger Stadtbezirks Ost (amtliche Ortsteilsnummer: 21). Er ist 1,2 km² groß und hatte Ende 1997 9.583 Einwohner.
Lage
Die Gemarkung Volkmarsdorf grenzt im Norden an Schönefeld, im Osten an Sellerhausen, im Süden an Reudnitz und im Westen an Neuschönefeld sowie Neustadt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts umfasste Volkmarsdorf das Gebiet östlich des Kirchwegs (heute: Herrmann-Liebmann-Straße), berührte im Norden das Gelände der Eisenbahnstrecke Leipzig-Dresden und erstreckte sich im Osten bis an die Benningsenstraße. Die Grenze zu Sellerhausen bildeten im Südosten die Torgauer und die Wurzener Straße. Das Rittergut Volkmarsdorf befand sich am Schnittpunkt der heutigen Bergstraße mit der Hermann-Liebmann-Straße. Dieses Gebiet erinnert noch heute an den früheren Dorfanger, an dessen nördlicher Seite der Eingang zum Rittergut lag.
Geschichte
- 1270 : Erstmals wird ein Ort namens Volcwartisdorff urkundlich erwähnt, nachdem er in das Eigentum des Erzbischofs von Merseburg übergangen war. Jedoch erhebt Markgraf Dietrich von Landsberg Anspruch auf ihn.
- 1349 : Volkmarsdorf ist ein Vorwerk des Ritters Otto Pflugk. Es gehört zu den umfangreichen Besitzungen der Familie Pflugk in der Umgebung von Leipzig.
- 1438 : Das Rittergut gehört der Ort zum Besitz von Johannes Pudernaße, 1452 Benedikt Pudernaße. 1476 wird der letzte des Geschlechtes der Pudernaße mit Volkmarsdorfer Grundstücken belehnt.
- Vor 1682 : Das erste Straßenhaus an der Wurzener Landstraße (heute: Wurzener Straße) wird errichtet. Um 1700 folgen weitere. 1701 erhält der Kammerherr Georg Heinrich von Thümmel das ius patronandum über die Kirche Schönefeld und die Gerichtsbarkeit über Volkmarsdorf, das bis dahin dem Amt Leipzig unterstellt war.
- 1705 : Der Bruder Georg Heinrich von Thümmels, der Oberwachtmeister August Adolph von Tümmel, wird Erb-, Lehns- und Gerichtsherr von Schönefeld und Volkmarsdorf.
- Anfang des 18. Jahrhunderts : Die Rittergutsbesitzer aus der Familie Thümmel gestatten den Anhängern der reformierten Kirche, auf ihrem Schloss in Volkmarsdorf Gottesdienste abzuhalten.
- 1730 : Vermutlich wird in diesem Jahr die erste Schulstelle gegründet.
- 1756 : Volkmarsdorf hat 100 Häuser.
- 1762 : Die adlige, später gräfliche Familie von Kleist auf Schmenzien in Pommern erwirbt das Rittergut Volkmarsdorf.
- 1783 : Seit diesem Jahr werden nachweislich Schulungen durchgeführt, und zwar zunächst in dem sog. roten Herrenhause, dann in einem der Straßenhäuser.
- 1802 : Das Rittergut Volkmarsdof ist im Besitz der Obristin von Kleist.
- 1825 : In Volkmarsdorf werden 180 Häuser und 900 Einwohner gezählt. Auf den Feldern rund um das Rittergut wird vor allem Gemüse und Getreide für das naheliegende Leipzig angebaut. Backwaren und Gemüse werden über den Kohlweg, dessen Namen sich auf diese Weise herleitet, nach Leipzig geliefert.
- 1829 : Die Schule in Volkmarsdorf wird auch von den kindern der nahegelegenen Neusellerhäuser Straßenhäuser besucht. Danach gehen diese Kindern in Sellerhausen zur Schule.
- 1835/36 : Baubeginn der Bahnstrecke Leipzig-Dresden durch Aufschüttung eines Eisenbahndamms.
- 1835, 27.11. : Grundsteinlegung zu einem neuen Schulgebäude der Gemeinde Volkmarsdorf auf einem von Graf von Kleist geschenkten Grundstück in der Nähe des Rabets. Die Ausführung erfolgt durch den Zimmermeister Schlauersbach und den Maurermeister Lindner.
- 1836, 5.7. : Einweihung des neuen Schulgebäudes.
- 1837, 24.4. : Jungfernfahrt eines Dampfwagenzuges auf der Bahnstrecke Leipzig-Althen; zwei Jahre später verkehren Züge bis nach Dresden.
- 1862 : Gutsherr wilhelm Bogislaw lässt den östlichen Teil von Volkmarsdorf erschließen. Das Bauen geht zunächst nur langsam voran.
- 1866 : Nach einer Choleraepedimie erfolgt die Regulierung der Rietzschke zwischen der Brücke an der Dresdner Chausee bis zu ihrer Einmündung in die Parthe.
- Seit 1867, insbesondere ab 1870 : Zunahme der Bautätigkeit in Volkmarsdorf.
- 1869 : Errichtung eines neuen Schulgebäudes in der Bogislawstraße, nachdem das alte Gebäude in der Schulstraße der hohen Schülerzahl nicht mehr gewachsen ist.
- 1873, Oktober : Die Volkmarsdorfer Straßen I-IV erhalten Namen: Hauptstraße (Neustädter Straße), Ludwigstraße, Mariannenstraße, Marktstraße (Meißner Straße), Alleestraße (Schulze-Delitzsch-Straße), Hedwigstraße.
- 1875, 17.7. : Die zum Rittergut Volkmarsdorf gehörige große Scheune, die sich im Bereich der heutigen Bergstraße befand, brennt infolge Blitzschlags ab.
- 1876 : Bildung eines Kirchbaukomitees zum Bau einer Kirche für die künftig selbständige Kirchgemeinde Volkmarsdorf.
- 1877 : Das Berggut Volkmarsdorf hat noch immer die Rechte eines Rittergutes.
- 1877 : Errichtung des sog. Mädchenhauses auf dem Gelände der Schule in der Bogislawstraße.
- 1877 : Fertigstellung der Eisenbahnbrücke am Kirchweg (heute: Herrmann-Liebmann-Straße).
- 1879 : Der Eisenbahnverkehr wird von der Strecke entlang der heutigen Eisenbahnstraße auf die neue Trasse nördlich der Alleestraße verlegt.
- 1880, 31.5. : Grundsteinlegung zu einem Neubau der Kinderbewahranstalt.
- 1880 : Abbruch der zum Rittergut gehörenden Gebäude.
- 1881 : Abbruch des um 1700 errichteten Schlosses von Volkmarsdorf.
- 1882 : Graf Kleist verkauft seinen letzten Grundbesitz an der Bergstraße und 1899 auch das sog. Berggut.
- 1884, 1.7. : Gründung des "Schrebervereins der nordöstlichen Vorstadtdörfer" (Volkmarsdorf, Neuschönefeld, Neustadt), dessen Spielplatz sich auf Volkmarsdorfer Flur befindet.
- Nach 1884 : Pflasterung der bisher mit Kiesbelag versehenen Eisenbahnstraße.
- 1885 : Die Trottoirs an der Eisenbahnstraße sind mit Granitplatten belegt.
- 1886, 14.6. : Der Volkmarsdorfer Schulsaal wird zu kirchlichen Zwecken hergerichtet. Zu Pfingsten wird dort der erste Gottesdienst abgehalten. Das Gebänk stammt aus der alten abgebrochenen Peterskirche.
- 1887 : Teilweise Überwölbung der Rietzscke zwischen Bergstraße und Kirchstraße.
- 1887 : Die Trottoirs auf einem Teil des Kirchwegs sind mit Granitplatten belegt.
- 1889 : Der letzte Pächter des Rittergutes Volkmarsdorf (Klössner) stellt die landwirtschaftliche Nutzung ein.
- 1889 : Abbruch des sog. roten Herrenhauses.
- 1889 : Beschluss des Volkmarsdorfer Gemeinderates zum Bau einer neuen Schule. Sie soll nunmehr einer Bürgerschule entsprechen, da die Eingemeindung nach Leipzig bereits in Aussicht genommen ist. Die Bauleitung liegt in den Händen der Architekten Ludwig und Hülßner.
- 1890, Januar : Volkmarsdorf wird nach Leipzig eingemeindet.
- 1890 : Fertigstellung der 16. Bürgerschule in der Konradstraße.
- 1890 : Auf dem an der Eisenbahntrasse gelegenen nördlichen Teil der Volkmarsdorfer Flur befindet sich ein Produktenladeplatz. Auf diesem Gebiet soll eine von der Kirchstraße abzweigende Straße angelegt werden.
- 1891, 1. Mai : Die Kirchgemeinde Volkmarsdorf wird aus der Parochie Schönefeld ausgepfarrt.
- 1891, 9.8. : Grundsteinlegung der Lukaskirche am Volkmarsdorfer Markt. Die Pläne stammen von dem Leipziger Architekten Julius Zeißig.
- 1893, 19.3. : Weihe der Lukaskirche.
- 1897, 15.1. : Ein Parzellierungsplan zeigt, dass in Volkmarsdorf das Gebiet nördlich der Eisenbahnstraße etwa zu einem Drittel bebaut ist, und zwar an der EIsenbahn- und Kirchstraße dichter. Im Osten und Norden des Gebietes stehen jedoch keine Häuser.
- 1897, 20.10. : Die Leipziger Elektrische Straßenbahn ("die Rote") fährt zum ersten Mal die Bergstraße entlang zur Kirchstraße. Ab 14.11. fährt sie weiter die Kirchstraße entlang bis zur Schönefelder Brücke.
- 1906, 11.5. : Genehmigung des Ortsgesetzes über die Anlegung der Comeniusstraße, die das Rabet mit der Kohlgartenstraße verbindet.
- 1908 : Die Pachtverträgeder Gartenvereine für Gärten auf den Parzellen der Königlich Sächsischen Staatsbahn laufen aus- Die Gärten müssen an andere Orte verlegt werden.