Mainzer Rad



Das Mainzer Rad ist eine gemeine Figur in der Heraldik der Stadt Mainz in Rheinland-Pfalz. Es ist ein Wappenbild mit Eigennamen.
Das Mainzer Rad wird als sechsspeichiges silbernes Rad auf rotem Grund in Wappen dargestellt. Die Stadt Mainz führt das Rad doppelt mit einem Kreuz verbunden im Wappen. Damit sollte sich das Wappen von dem des Mainzer Kurstaates unterscheiden, welcher ein einzelnes silbernes Rad auf rotem Grund führte. Das Rad ist auch in Steinmetzarbeiten (beispielsweise Grenzsteinen) und ähnlichen Arbeiten zu finden.
Entstehung
Die Entstehung des Mainzer Rades ist bisher nicht eindeutig geklärt. Es gibt zahlreiche Sagen und eine Theorie die als wahrscheinlich gilt.
Willigis-Sage
Eine Überlieferung beruft sich auf den Bischof Willigis, der 975 zum Erzbischof von Mainz gewählt wurde und angeblich der Sohn eines Wagners gewesen sein soll. Dies ist allerdings nach wissenschaftlicher Forschung nicht haltbar, da es Wappen erst seit dem 12. Jahrhundert gab.[1][2]
Das Mainzer Wappen, aus dem Abzeichen des Bistums hervorgegangen, lässt sich auf 1254 datieren. Zu dieser Zeit war Mainz Zentrum des Rheinischen Städtebundes. Es glich dem Erfurter Rad mit den sechs Speichen. Ab dem 14. Jahrhundert wurde es mit einem Kreuz zum Doppelrad verbunden. Zwei Jahrhunderte später erfolgte die Schrägrechtsstellung als silbernes Rad im roten Feld. Als Worbis zum Erzbistum Mainz gehörte (14. Jahrhundert), änderte es sein Wappen und Siegel nach der Verleihung durch Erzbischof Daniel 1576, welches heute noch das Rad zeigt.
Die spätmittelalterliche Überlieferung ist durch die Deutschen Sagen der Brüdern Grimm populär geworden:
„Im Jahre 1009 wurde Willegis, ein frommer und gelehrter Mann, zum Bischof von Mainz gewählt; er war aber von geringer, armer Herkunft und sein Vater ein Wagnersmann gewesen. Des haßten ihn die adligen Tumherren und Stiftsgenossen, nahmen Kreide und maleten ihm verdrießweise Räder an die Wände und Türen seines Schlosses; gedachten ihm damit eine Schmach zu tun. Als der fromme Bischof ihren Spott vernahm, da hieß er einen Maler rufen; dem befahl er, mit guter Farbe in alle seine Gemächer weiße Räder in rote Felder zu malen, und ließ dazusetzen einen Reim, der sagte: »Willegis, Willegis, denk, woher du kommen sis.« Daher rührt, daß seit der Zeit alle Bischöfe zu Mainz weiße Räder im roten Schild führen. Andere fügen hinzu, Willegis habe, von Demütigkeit wegen, ein hölzernes Pflugrad stets an seiner Bettstätte hangen gehabt.“
Weitere Theorien

Andere Theorien sehen in dem Rad das Christusmonogramm XP (Chi-Ro), das Feldzeichen Kaiser Konstantins und das Zeichen des Mogon, eines keltischen Sonnengottes, oder des Mithras, eines römischen Sonnengottes.
Rad des Heiligen Martin
Wahrscheinlicher ist jedoch die Theorie, dass das Rad aus den Ideen des Propheten Ezechiel über den Gotteswagen und dem Rad als Attribut des Hl. Martin, Patron der Stadt und des Doms stammt. Das Ratssiegel von 1300 jedenfalls zeigt den Heiligen mit den beiden Rädern. Darüber hinaus wurden die Mainzer Erzbischöfe des Mittelalters als currum Dei („Lenker des Gotteswagens“) beziehungsweise currum ecclesiae Moguntinae aurigantes („Lenker des Wagens der Mainzer Kirche“) bezeichnet. Bei der Frage nach dem Grund für die Erwählung des Rades ins Wappen greift die Forschung bisweilen auf die Theorien vom Christusmonogramm zurück. Dieses, eingefasst in einen Nimbuskreis, habe danach das Mainzer Rad ergeben. Dessen Führung im Wappen sei für den Erzbischof und Kurfürst von Mainz als Reichserzkanzler des Heiligen Römischen Reiches und damit des führenden Kirchenfürsten im Reich eine Selbstverständlichkeit gewesen.
Darstellung
Kurfürstwappen
Für die einzelnen Wappen der Kurfürsten und Bischöfe von Mainz siehe Liste der Bischöfe von Mainz.
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Die drei rheinischen Kurfürsten unter ihren Wappen: v.l. Peter von Mainz, Balduin von Trier und Pfalzgraf Rudolf. (1341)
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Kurfürst Balduin von Trier (Wappen: rotes Kreuz auf weißem Grund) begegnet seinem Neffen Johann, dem König von Böhmen (Wappen: weißer Löwe auf rotem Grund). In der Begleitung Johanns erkennt man an seinem Wappen (weißes Rad auf rotem Grund) den Erzbischof von Mainz.
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Kurmainzische Wappentafel aus der Mitte des 18. Jh. (Öl auf Holz)
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Das Kapitelssiegel zeigt das Kapitelwappen überhöht von einem sechsspeichigen Rad. Die lateinische Umschrift bedeutet: Siegel des Mainzer Domkapitels.
Stadt Mainz
Das Stadtwappen von Mainz hat einige mehr oder minder leichte Darstellungsanpassungen in den letzten Jahrhunderten durchgemacht. Im 15. Jahrhundert wurde das Doppelrad in Senkrecht dargestellt. Später als zwei Einzelräder mit einem freischwebenden Kreuz. Die neueste Veränderung stammt aus dem Mai 2008 und wird zum 1. Juni 2008 wirksam. Hierbei handelt es sich um eine leichte Motivikation des bisherigen Wappens. Das obere Wappenschild wird nicht mehr gerade sein, sondern eine leichte Wölbung erhalten.[4]
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Wappen von 1440 bis 1811
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Wappen von 1440
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Mainzer Rad mit Bienen
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Mainzer Wappen zur Zeit Napoleons
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um 1811
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Darstellung bis 1992
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1992-2008
Siebmachers Wappenbuch
In Siebmachers Wappenbuch von 1605 ist auf der Tafel 220 unter Reichsstädte und andere Städte eine farbige Zeichnung des Mainzer Wappen abgebildet. In Rot ein fünfspeichiges silbenes Doppelrad.[5]
Auf Tafel 9 unter Erzbistümer und Bistümer ist eine farbige Zeichnung: in Rot ein sechsspeichiges silbernes Rad.[5]
Unter Kurfürsten ist das Bild des Erzbistums mit zwei Einzelräder von einem schräglinken Eisenhutreihe mit je acht Speichen getrennt. Auf dem zweiten Helm ebenfalls ein acht speichiges Rad.[5]
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Tafel 3: Ertzbistum Maintz, in Rot ein achtspeichiges Doppelrad
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Tafel 9: Erzbistum Maintz, in Rot ein sechsspeichiges Rad
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Tafel 220: Maintz, in Rot ein fünfspeichiges silbernes Doppelrad mit einem Kreuz verbunden
Siegel
Das Mainzer Rad ist auch in vielen Siegeln nachweisbar.
- Im Landfriedenssiegel (Pax Thuringiae) von Heinrich II., Erzbischof von 1286 bis 1288, ist ein achtspeichiges Rad enthalten.[6]
- Im Dieburger Siegel (18. Jahrhundert).
- Darstellung des Rades auf den Gerichtssiegeln von Rauenberg und Wessental von 1811.
Steinmetzarbeiten und Grenzsteine

- Am Eingangsportal der Friedhofsmauer von Möbisburg-Rhoda ist das Mainzer Rad und die Bischofsmütze abgebildet. Möbisburg gehörte historisch zu Erfurt und Kurmainz
- Am Mühlhäuser Landgraben sind noch Grenzsteine mit dem Mainzer Rad des Kurmainzischen Fürstentums Eichsfeld auf der Rückseite.
- Im Eichsfeld bei Weilrode befindet sich noch ein Kurmainzischer Grenzstein.
- Als Zeichen der Herrschaft wurden am Tor der Vorburg von Burg Scharfenstein (Eichsfeld) das Mainzer Rad und die Jahreszahl 1587 eingemeißelt. Die Burg war kurmainzisches Amtshaus und Bezirksgefängnis.
- Am Torbogen des Spital zum Heiligen Geist in Bad Mergentheim ist im Herzschild des Wappens des Fürstbischofs Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg in Gold ein schwarzen Adler, der ein kleines Brustschildchen mit dem silbernes Mainzer Rad in Rot, trägt.
Sonstiges

- Glasfenster des Mainzer Domes zeigen die meisten Bischofswappen mit dem 6-speichigen silbernen Rad im roten Feld
- Das 13. Messgewand im Mainzer Dom zeigt das Mainzer Rad in Flammen[7]
- Die meisten Kanaldeckel in Mainz haben das Doppelrad als Motiv.
- Der Weißpfennig war eine spätmittelalterliche Groschenmünze. In der 2. Hälfte des 14. Jahrhundert war das die Vereinsmünze des rheinischen Münzbundes. Auf dieser Münze war das Mainzer Rad abgebildet und führte dazu, dass der Weißpfennig auch Raderalbus oder nur Albus genannt wurde. Der hohe Silbergehalt stand Pate für den Namen. Die Kurfürsten von Trier, Köln, Mainz und der Pfalz waren die Münzpräger.
- Im Stadtmuseum von Bretten ist ein Kurfürstenteller aus dem 17. Jahrhundert aufbewahrt. Er ist aus Zinn und zeigt das Mainzer Rad.
- In St. Wendel, steht die Basilika St. Wendelin mit Wappenmalereien etwa um die Zeit 1463 und 1464 an den Decken. Unter den 15 Wappen befindet sich das vom Erzbischof von Mainz, welches das Mainzer Rad zeigt.
- Im Rathaus von Erligheim befindet sich ein steinernes Mainzer Rad. Die Gemeinde führt im Wappen kein Rad, sondern ein liegenden Mond. Auch geschichtlich ist keine Zusammenhang zum Mainzer Rad zu erkennen.
Verbreitung
Kommunalwappen


Durch die Kurmainzische Landesherrschaft bis 1803 verbreitete sich das Mainzer Rad über das weite Kurmainzer Territorium und ist daher in vielen Kommunalwappen des ehemaligen Hochstifts zu finden.
Darüber hinaus wurde es auch bei der Gestaltung des Wappen des Bundeslandes Rheinland-Pfalz einbezogen und findet sich heraldisch links auf dem Wappenschild.
Eine ausführliche Tabelle (siehe Liste der Wappen mit dem Mainzer Rad) enthält neben dem Bundesland Rheinland-Pfalz und dem Bistum Mainz die Gebietskörperschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts, die das Mainzer Rad im Wappen führen oder führten.
Wappen der Kurfürsten und Bischöfe von Mainz
Da der Ursprung des Mainzer Rades in den Wappen der Kurfürsten und Bischöfe von Mainz liegt, befinden sich diese Wappen in der Liste der Bischöfe von Mainz.
Auszeichnungen und Ehrungen
Das Mainzer Rad ist die höchste Auszeichnung beim Festival des deutschen Kinos FILMZ in Mainz. Der Langfilmwettbewerb ist mit 1000 € dotiert.
Chemie
Der Mainzer Chemiker Helmut Ringsdorf hat ein Flüssigkristallmolekül entworfen, das die globale Symmetrie des Mainzer Rades aufweist.[8] Dazu hat er zwei scheibenförmige Mesogene und ein stäbchenförmiges Mesogen lateral verknüpft. Mit einer Molekülgröße von rund fünf bis sieben Nanometern dürfte es die kleinste Realisierung des Mainzer Rades sein.
Sagen und Legenden rund um das Mainzer Rad
Aschaffenburger Sage

Einer Sage zufolge[9] soll der Kapuzinerpater Bernhard von Trier Schloss und Stadt 1631 vor der Plünderung durch die Truppen des schwedischen Königs Gustav Adolf auch durch seine Pfiffigkeit gerettet haben. Nachdem er die Schlüssel der Stadt übergeben hatte, ließ der schwedische König vernehmen, dass er es sehr schade fände, das erst wenige Jahre zuvor fertiggestellte Schloss niederbrennen zu müssen, da er es leider nicht mit nach Schweden nehmen könne. Der Kapuziner meinte jedoch, er könne dies durchaus tun, er müsse es einfach dorthin rollen. Fragend runzelte Gustav Adolf die Stirn und der schlaue Pater verwies auf die unter jedem der zahlreichen Fenster im 2. Stock eingemeißelten Räder (das Mainzer Wappen). Daraufhin musste der König lachen und verzichtete auf eine Zerstörung.
Siehe auch
- Liste der Wappen mit Rädern ohne Mainzer Rad
Literatur
- Klemens Stadler: Deutsche Wappen. Bundesrepublik Deutschland. Angelsachsen Verlag, Bremen 1964–1971 (8 Bände).
- Ottfried Neubecker: Heraldiek. Bronnen, symbolen en betekenis. Atrium, Alphen aan den Rijn 1988, ISBN 90-6113-322-X.
- Friedrich Schütz: Das Mainzer Rad an der Gera. Kurmainz und Erfurt 742–1802. von Zabern, Mainz 1991, ISBN 3-8053-1334-9.
- Karl Schramm: Das „Mainzer Rad“. In: Zweitausend Jahre wo du gehst und stehst. Verlag Dr. Hanns Krach, Mainz 1962, S. 86 ff.
- Wolfgang Rolly (Hrsg.): Mainzer Dom-Ornat. Predigten zu den neuen Messgewändern. Bischöfliches Ordinariat, Mainz (70 Seiten mit 13 farbigen Abbildungen).
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Willigis. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 16, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 653.
- ↑ Legende von Willigis und das Rad im Mainzer Wappen
- ↑ Das Rad im Mainzer Wappen von den Gebrüdern Grimm in Deutsche Sagen Nr. 474
- ↑ Pressemitteilung: Lifting für die Landeshauptstadt Mainz vom 15. Mai 2008
- ↑ a b c Siebmachers Wappenbuch 1605 (Reprint im commons)
- ↑ Das Mainzer Rad an der Gera, Abbildung auf Seite 38, Beschreibung auf Seite 43
- ↑ Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 9, 6. März 2003
- ↑ Willi Kreuder, Helmut Ringsdorf, Otto Herrmann-Schönherr, Joachim H. Wendorff: Das Mainzer Rad als Flüssigkristall? Strukturvariation und Mesophasenverhalten von trimeren discotischen Verbindungen. In: Angewandte Chemie. Band 99, Nr. 12, 1987, S. 1300-1303, Molekül Nr. 9 auf S. 1301.
- ↑ Sage vom Schwedenkönig und der Rettung der Stadt durch Pater Bernhard
Weblinks
- Das Mainzer Stadtwappen
- PDF Erklärungen zur Entstehung des Mainzer Rades, Landeszentrale für politische Bildung
- Dr. B. Peter: Mainz aus heraldischer Sicht - Wappen in Mainz
- Wappenrolle für Franken mit Bezug zum Mainzer Rad
- Das Mainzer Rad an der Gera und die Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz
- Informationen auf Englisch auf www.ngw.nl
- Glasfenster im Mainzer Dom