Zum Inhalt springen

Neutrino

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. Februar 2005 um 21:52 Uhr durch 195.179.209.22 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Bedeutung des Begriffs Neutrino als Elementarteilchen, weitere Bedeutungen dieses Begriffes können über Neutrino (Begriffsklärung) aufgerufen werden.


Das Neutrino ist ein Elementarteilchen. Es gehört zu den Leptonen und wird nur durch die Schwache Wechselwirkung und, wie jedes Elementarteilchen, gemäß Allgemeiner Relativitätstheorie auch durch die Gravitation beeinflusst. Das Neutrino besitzt als Fermion im Standardmodell einen Spin von und negative Helizität. Die Wechselwirkungswahrscheinlichkeit des Neutrinos ist äußerst klein. Sein Nachweis ist nur über den geladenen und neutralen Strom, das Z-Boson und das W-Boson als Austauschteilchen der Schwachen Wechselwirkung möglich und daher schwierig. Das Symbol für das Neutrino ist der griechische Buchstabe "Ny", ν.

Drei Neutrinogenerationen und Antineutrinos

Drei Generationen von Leptonen sind bekannt, die jeweils aus einem Paar aus einem elektrisch geladenen Teilchen (Elektron, Myon und Tauon) und einem elektrisch neutralen, assoziierten Neutrino bestehen. Man spricht vom Elektron-Neutrino (νe), Myon-Neutrino (νμ) und Tau- oder Tauon-Neutrino (ντ). Alle Leptonen tragen die sog. "Schwache Ladung" und Spin 1/2. Daneben gibt es zu jedem Neutrino auch ein Antiteilchen (Antineutrino), also ein Elektron-Antineutrino, Myon-Antineutrino und Tauon-Antineutrino.

Die Leptonen unterscheiden sich von Generation zu Generation nur durch die unterschiedlichen Massen der elektrisch geladenen Leptonen während von den Massen der Neutrinos bisher nur obere Grenzen bekannt sind.

Die Anzahl der Neutrinoarten mit einer Neutrinomasse, die kleiner als die Masse des Z-Bosons ist, wurde in Präzisionsexperimenten u. a. an L3 im CERN zu genau Drei bestimmt.

Es gibt Hinweise auf einen sogenannten neutrinolosen doppelten Betazerfall. Dies würde bedeuten, dass entweder die Erhaltung der Leptonenzahl verletzt wäre, oder das Neutrino sein eigenes Antiteilchen wäre. In der quantenfeldtheoretischen Beschreibung hieße dies, dass das Neutrinofeld kein Dirac Spinor sondern ein Majorana Spinor wäre, im Widerspruch zum jetzigen Standardmodell.

Die Physiker Lee und Yang gaben den Anstoß für ein Experiment zur Untersuchung der Spins von Neutrinos und Antineutrinos. Dieses wurde 1956 von Frau Wu ausgeführt und brachte das Ergebnis, dass die Paritätserhaltung nicht ausnahmslos gilt. Das Neutrino erwies sich als "Linkshänder", was bedeutet,dass es in Bezug auf seine Bewegungsrichtung gegen den Uhrzeigersinn rotiert. Damit wird eine objektive Erklärung von "links" und "rechts" möglich. Im Bereich der schwachen Wechselwirkung muss demnach beim Übergang von einem Teilchen zu seinem Antiteilchen nicht nur die elektrische Ladung, sondern auch die Parität, d.h. der Spin vertauscht werden. Die schwache Wechselwirkung unterscheidet sich also von der elektromagnetischen Wechselwirkung durch die Verknüpfung der sogenannten "schwachen Ladung" mit der Rechts- oder Linkshändigkeit eines Teilchens. Bei den Leptonen und Quarks haben nur die linkshändigen Teilchen und ihre rechtshändigen Antiteilchen eine schwache Ladung. Dagegen sind die rechtshändigen Teilchen und ihre linkshändigen Antiteilchen gegenüber der schwachen Ladung neutral. Teilchen mit schwacher Ladung können aus dem Vakuum auftauchen und wieder verschwinden. Man bezeichnet dieses Phänomen als "spontane (Spiegel-)Symmetriebrechung".

Neutrino- und Antineutrinoreaktionen

Die bekannteste Reaktion, an der ein Neutrino teilnimmt, ist der Betazerfall, in dem ein Neutron in ein Proton, ein Elektron und ein Anti-Elektron-Neutrino zerfällt.

Dabei emittiert eines der beiden down-Quarks des Neutrons das intermediäre Vektorboson W-(beim beta+ Zerfall W+), wobei es sich in ein up-Quark verwandelt. Das emittierte W- Boson zerfällt schließlich in ein Elektron und ein Antineutrino.

Das kontinuierliche Spektrum des Betazerfalls führte Wolfgang Pauli dazu, ein bis dahin unbeobachtetes Elementarteilchen zu postulieren. Dieses Teilchen sollte einen Teil der beim Zerfall freiwerdenden Energie tragen, und so die Impulserhaltung sicherstellen. Pauli nannte sein am 4. Dezember 1930 in einem privaten Brief postuliertes hypothetisches Teilchen zuerst Neutron; um einen Konflikt mit dem heute unter gleichem Namen bekannten Teilchen zu vermeiden, benannte Enrico Fermi es in Neutrino (kleines Neutron, "Neutrönchen") um. Erst 1933 stellte Pauli seine Hypothese einem breiteren Publikum vor und musste dann noch 23 Jahre auf den experimentellen Nachweis warten.

Elektron-Neutrinos entstehen auch in großer Zahl in der Sonne bei der Fusion von Wasserstoff zu Helium zur Energiegewinnung. Die Beobachtung der so genannten Sonnenneutrinos ist wichtig, um die exakten Prozesse im Inneren der Sonne und die fundamentalen Wechselwirkungen der Physik zu verstehen.

Neutrinomasse

Die vollständige Hamilton-Funktion der Quanteneigenzustände in der Glashow-Salam-Weinberg Theorie enthält Massenterme für die Neutrinos ohne jedoch einen Hinweis auf die Grösse der Masse zu geben. Weil jedoch die experimentellen Obergrenzen der Neutrinomassen mehrere Größenordnungen unterhalb der Massen der asoziierten geladenen Leptonen liegen, ist es bei vielen Berechnungen zulässig, diese zu Null zu setzen.

Im Standardmodell der Elementarteilchen wird bei der Herleitung der Masseneigenzustände der Fermionen (Leptonen und Quarks)aus den Quanteneigenzuständen die Neutrinomasse zu Null gesetzt, so dass der Nachweis einer Neutrinomasse eine Vervollständigung dieses Modells erfordert. Es gibt Erweiterungen zu dem heutigen Standardmodell und auch einige interessante Große Vereinheitlichte Theorien, welche massive Neutrinos vorhersagen.

Neueste Messungen deuten darauf hin, dass Neutrinos tatsächlich eine im Vergleich zu den asoziierten geladenen Leptonen sehr kleine aber von Null verschiedene Ruhemasse besitzen, denn Massenunterschiede zwischen den Neutrinogenerationen sind die Voraussetzung dafür, dass sie sich von einer Neutrinoart in eine andere umwandeln können (Neutrinooszillation). Eine Bestätigung dieser Beobachtung hätte weitreichende Konsequenzen für die Kosmologie, insbesondere in der Frage der Dunklen Materie. Eine von Null verschiedene Ruhemasse der Neutrinos könnte das Problem der solaren Neutrinos lösen.

Neutrinoastronomie

Bekannte Neutrinodetektoren sind das Sudbury Neutrino Observatory (SNO) und Super-Kamiokande. Sie weisen solare und atmosphärische Neutrinos nach und erlauben u. a. Rückschlüsse auf die Neutrinomasse und Neutrinoart, da die im Sonneninneren ablaufenden Reaktionen bekannt sind. Experimente wie Chooz oder Kamland sind in der Lage über den inversen Betazerfall Geoneutrinos und Reaktorneutrinos nachzuweisen und liefern komplementäre Information aus einem Bereich, der von solaren Neutrinodetektoren nicht abgedeckt wird.

Experimente wie Amanda, Antares und Nestor haben den Nachweis kosmogener Neutrinos zum Ziel.

Auch die bei Supernovaexplosionen entstehenden Neutrinos lassen sich nachweisen und geben Informationen über die Vorgänge während einer Supernova.

Videos