Zum Inhalt springen

Talkshow

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. Juni 2008 um 11:44 Uhr durch Zaphiro (Diskussion | Beiträge) (Formate und Charakteristiken). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Eine Talkshow ist eine Unterhaltungssendung in Form eines Gesprächs in Hörfunk und Fernsehen.

Das Gespräch findet dabei entweder, ähnlich einem Interview, zwischen dem Gastgeber und einem oder mehreren Gesprächsgästen oder als Diskussion zu einem gegebenen Thema unter den Talkgästen selber statt. In letzterem Fall leitet der Gastgeber normalerweise als Moderator die Diskussion. Typisch sind Mischformen zwischen den beiden Gesprächsformen, in denen die Gesprächsgäste zunächst befragt werden und sich anschließend ein mehr oder weniger freies oder auch von den Moderatoren gelenktes Gespräch unter den Gesprächsgästen entwickelt.

Geschichte

Der Begriff talk show kommt aus den USA, wo diese Form der Unterhaltung in den 1950er-Jahren aufkam. Im britischen Englisch wird für dieses Fernsehgenre der Ausdruck chat show verwendet. Die erste Talkshow in Deutschland war die WDR-Produktion Je später der Abend mit Dietmar Schönherr, die am 18. März 1973 auf Sendung ging. Zuvor existierte eine als Vorstufe lediglich in den Printmedien als Kölner Mittwochgespräche bekannte Gesprächsrunde des Bahnhofbuchhändlers Gerhard Ludwig, in der er sehr bekannte Prominente der 1950er Jahre zu brisanten Themen befragte. Eine spezielle Form der Talkshow ist die sogenannte Late-Night-Show.

Formate und Charakteristiken

Oft wird zwischen „seriöseren“ und „weniger seriöseren“ Talkshows unterschieden, wobei erstere zumeist wöchentlich im Abendprogramm, letztere eher täglich - „Daily-Talkshows“ - im Tagesprogramm ausgestrahlt werden. Die sogenannten „seriöseren“ Talkshows zeichnen sich dabei durch Themenbereiche aus Politik, Kultur oder der Prominenz der Gäste aus. Teilweise kritisiert werden insbesondere Polittalk-Formate, da häufige Talkshow-Auftritte eines Politikers eher einer Steigerung seines Bekanntheitsgrad diene, als einer ernsthaften und gründlichen Auseinandersetzung mit politischen Themen ermögliche. [1] Ferner wird eine Zunahme der politischen Meinungsbildung in den außerparlamentarischen Raum sowie die zunehmende Bedeutung von „professioneller Selbstdarstellung“ und „Inszenierung von Problemlösungskompetenz“ und eine „Politik der Verbandsvertreter und Lobbyisten“ kritisiert. [2]

Speziell für Polit-Talkshows [3] lassen sich nach Girnth/Michel (2007: 87-88) die folgenden Charakteristika nennen:

  • Institutionalisierung, meint: die Sprechhandlungen sind institutionell reglementiert, was Auswirkungen beispielsweise auf das Rederecht, die Rededauer etc. hat.
  • Diskursivität, worunter zu verstehen ist, dass sprachliche Äußerungen immer auf vorangehende Diskurse/Texte und nachfolgende Diskurse/Texte verweisen. Politiker/-innen müssen somit das Vorwissen ihrer (direkten und indirekten) Gesprächspartner/-innen berücksichtigen.
  • Repräsentationalität, die Politikerin/der Politiker ist Repräsentant der jeweiligen Partei, mit der sie/er die gleichen Deutungsmuster und Bewertungsmaßstäbe teilt. Es grenzt sich somit eine Eigen- von einer Fremdgruppe ab.
  • Öffentlichkeit und Massenmedialität, bedeutet, dass sich zwei Interaktionsebenen hinsichtlich des öffentlich-politischen Sprachgebrauchs unterscheiden lassen: Erstens die direkte Interaktion zwischen Politikern (und Parteien) und zweitens die Interaktion zwischen Politikern und der lediglich indirekt beteiligten Öffentlichkeit. Hierdurch manifestiert sich vielfach der Inszenierungscharakter der ersten Ebene, was zur Persuasion auf der zweiten Ebene führt.

Die täglichen Talkshows werden in den USA auch audience participation shows genannt, da hier der Moderator zusammen mit dem Publikum die Gesprächsgäste auf gleicher Niveauebene befragt. Die nachmittäglichen Formate der Privatsender, die in Deutschland vor allem in den 1990er Jahren erfolgreich waren, beschäftigen sich vornehmlich mit „trivialeren“ Alltagsthemen. Typische Sendetitel sind zum Beispiel: „Sind Dicke attraktiv?“, „Sind Arbeitslose selbst schuld an ihrem Schicksal?“ oder „Ich bin ein asoziales Wrack“. Gäste sind selten Prominente. Einige dieser Talkshows setzen auch bezahlte Laiendarsteller ein, auch Publikumsreaktionen werden durch schriftliche oder optische Anweisungen manipuliert. [4]

Kritiker bemängeln, dass in diesen Formaten meist „Menschen aus problematischen Umfeldern oder in schwierigen persönlichen Situationen, Menschen in seelischen Krisen, Opfern von Missbrauch, Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten aufgrund Verschuldung, Problemfamilien“ [5] zur Schau gestellt werden. Weiterhin diene die Selbstentäußerung der Privatheit und Intimität lediglich einer Befriedigung voyeuristischer Interessen des Publikums, oftmals führt dies gar zu stärkeren Problemen des Protagonisten nach der Ausstrahlung. [6] Medienpsychologen sprechen hier auch vom Affektfernsehen, dessen Merkmale eine meist künstlich erzeugte Personalisierung, Authentizität, Intimisierung oder Emotionalisierung sind. Der Medienpsychologe Peter Winterhoff-Spurk nennt diese Talkshows „Affekt-Talks“ in denen „aggressive Moderatoren meist völlig unbekannte Menschen“ vorstellen, die „irgendeine bizarre Erfahrung gemacht haben oder eine entsprechende Eigenschaft aufweisen“. Diese Sendungen würden oft mit „sehr intimen Geständnissen“ der eingeladenen Gäste eingeleitet, der Moderator versucht anschließend eine „möglichst emotional aufgeladene Diskussion zu provozieren“. Als „Extremvariante“ nannte er sog. „confro-talks“, bei der die Teilnehmer sich möglicherweise auch prügeln.[7]

Vergleiche auch: Unterschichtenfernsehen, Mediokratie

Liste der Fernseh-Talkshows

Deutschland

Talkshows zu Themen in Politik, Kultur, Sport und Gesellschaft

Talkshows zu trivialen Alltagsthemen

Zusammenschnitte verschiedener Talkshows werden in den Formaten Talk talk talk (ProSieben), Voll Total (Super RTL) und Best Of Talk (Sat.1) gezeigt.

Österreich

Schweiz

USA

Literatur

  • Heiko Girnth und Sascha Michel (2007): Von diskursiven Sprechhandlungen bis Studiodekorationen. Polit-Talkshows als multimodale Kommunikationsräume. In: Der Sprachdienst 3/07, S. 85-99.

Einzelnachweise

  1. RP-Online: Lammert: Talkshow-Pause für Politiker
  2. hr-online: Zukunft der Demokratie: 2. Talkshow-Politik - Demokratie als Mediokratie
  3. [1]
  4. Was-Ist-Was-Lexikon: Talkshow
  5. N. Klass, Rechtliche Grenzen des Realitätsfernsehen, Tübingen, 2004, S. 46
  6. Ralf Hansen:Telepolis: Aspekte der Zerstörung von Privatheit und Intimität
  7. Peter Winterhoff-Spurk: Kalte Herzen. Vom Einfluß des Fernsehens auf den Sozialcharakter.

Siehe auch