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Atomausstieg

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Als Atomausstieg wird die mittel- bis langfristige Aufgabe der zivilen Nutzung von Kernenergie für die Energieversorgung bezeichnet. Der Begriff „Atomausstieg“ ist als politisches Schlagwort in der Anti-Atomkraft-Bewegung entstanden. Die Umsetzung des Atomausstiegs besteht hauptsächlich in der Schließung von Kernkraftwerken. Er wurde 1978 in Österreich, 1980 in Schweden, 1987 in Italien, 1999 in Belgien und 2000 in Deutschland beschlossen. In anderen europäischen Ländern wurde der Atomausstieg diskutiert, jedoch abgelehnt. Österreich, die Niederlande und Spanien haben Gesetze verabschiedet, die den Bau zusätzlicher Kernkraftwerke untersagen.

Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, Deutschland. Alle deutschen Kernkraftwerke sollen bis 2021 abgeschaltet werden.

Grundlagen

Überblick

Mit Atomausstieg wird die geplante und dauerhafte Abschaltung aller Kernkraftwerke eines Landes bezeichnet. Die Furcht vor den Risiken und möglichen Folgen eines nuklearen Unfalls sowie die Angst vor der nicht wahrnehmbaren ionisierenden Strahlung führten dazu, dass die Anti-Atomkraft-Bewegungen in den westlichen Ländern immer mehr an Bedeutung gewannen. Den Unfall von Three Mile Island und die Katastrophe von Tschernobyl nahmen viele Länder zum Anlass, keine neuen Kernkraftwerke zu bauen.

Seit 1987 haben mehrere Länder, insbesondere in Europa, den Gebrauch von Kernenergie aufgegeben. Während Österreich (1978), Schweden (1980) und Italien (1987) sich per Volksentscheid für die Ablehnung oder einen Ausstieg aus der Kernkraft aussprachen, verhinderte in Irland die dortige Opposition ein Atomprogramm. Polen hat den Bau des Kernkraftwerks Żarnowiec vor 20 Jahren gestoppt. Die Schweiz hatte zehn Jahre lang eine Wartefrist für den Bau neuer Kernkraftwerke, deren Verlängerung jedoch in einem Volksentscheid von 2003 abgelehnt wurde.

Als das finnische Parlament 2002 beschloss, einen dritten Reaktor im Kernkraftwerk Olkiluoto, den fünften in Finnland zu errichten, war dies in Westeuropa der erste derartige Beschluss seit mehr als zehn Jahren. Mittlerweile hat Frankreich ebenfalls einen Baubeschluss für ein neues KKW gefasst und in Finnland wird über ein sechstes KKW diskutiert. Auf dem G8-Gipfel in St. Petersburg 2006 haben sich – mit Ausnahme von Deutschland – alle teilnehmenden Länder für den Bau neuer KKW ausgesprochen. Polen plant bis 2020 die Inbetriebnahme seines ersten Kernkraftwerks. In Großbritannien wurde aktuell (Januar 2008) der massive Ausbau der Kernenergie beschlossen. Nach Überzeugung der Regierung liegt es im vitalen langfristigen Interesse des Landes, dass die Kernenergie für Großbritannien saubere, sichere und erschwingliche Energie bereit stellt. Zwei Argumente werden besonders betont: Die Gründe für den Bau neuer Kernreaktoren seien angesichts der Herausforderungen durch Klimawandel und Sicherheit der Energieversorgung überwältigend.

Wenn Länder ihre Kernkraftwerke abschalten, sind sie dabei dazu gezwungen, nach Alternativen bezüglich der Energiegewinnung zu suchen, sofern sie nicht wollen, dass ihre Abhängigkeit von Importen fossiler Energie zunimmt. Deshalb ist die Diskussion über die Zukunft der Kernenergie mit der Diskussion über erneuerbare Energien eng verknüpft. Die am häufigsten in Betracht gezogenen Alternativen zur Kernenergie sind Wasserkraftwerke, fossile Energie, Sonnenenergie und Energie aus Biomasse. Inwieweit sie die Kernenergie ersetzen können ist umstritten.

Allgemeines zum Atomausstieg nach Ländern

Die Kosten des Betriebs oder eines Ausstiegs werden je nach Land durch den Staat übernommen oder durch den Verbraucher, etwa in Form steigender Steuern oder Strompreise. Im Falle vieler osteuropäischer KKW wurden die Ausstiegskosten oder Nachrüstkosten teilweise durch westeuropäische Staaten übernommen. Diese Finanztransfers wurden durch die vermeintlich gestiegene Sicherheit in angrenzenden Gebieten begründet.

Oft wird von der entsprechenden Regierung ein langsamer Übergang für einen Atomausstieg gewählt, um in der Zwischenzeit andere Kraftwerkstypen zu errichten. Insbesondere Umweltverbände plädieren hierbei für Erneuerbare Energien. Da deren Verfügbarkeit jedoch begrenzt ist und keine geeigneten Speichermechanismen zur Verfügung stehen, lässt sich der Bedarf kurzfristig nur über konventionelle Kraftwerke decken.

In den letzten Jahren wurde in einigen Ländern der beschlossene Ausstieg vorerst verzögert oder ein Ausstieg ganz abgelehnt (Ausstieg aus dem Ausstieg, siehe unten), da unter anderem die Probleme der fossilen Energieträger immer deutlicher werden (begrenzte Verfügbarkeit, hohe Brennstoffpreise, Abhängigkeit von instabilen Ländern, Gefahr von globalen Klimaänderungen).

Zurzeit hält in Deutschland die Bundesregierung unter Angela Merkel am Ausstiegsbeschluss von 2000 fest, diskutiert jedoch eine Änderung.

Argumente für den Ausstieg

Die Karte zeigt die Caesium-137-Kontamination in Weißrussland, Russland und der Ukraine in Curie pro Quadratkilometer. Die Angaben sind von 1996, 10 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl.

Umwelt

Gegner der Kernenergie verweisen auf Risiken, die für die Umwelt entstehen. So ist eines ihrer Hauptargumente, dass beim Gebrauch von Kernkraft die Energiegewinnung die Sicherheit für die Umwelt und die Menschen nicht gewährleistet sei. Nukleare Unfälle der Vergangenheit haben radioaktive Strahlung hinterlassen. Bei der Katastrophe von Tschernobyl, dem bisher zweitgrößten Nuklearunfall der Geschichte nach dem in der Kerntechnischen Anlage Majak, seien riesige Landmengen für die nächsten Jahrhunderte unbenutzbar geworden. Außerdem habe der Unfall mindestens 41 Menschenleben gekostet und mehrere Menschen wurden verletzt; teilweise werden Zahlen von weit über 10.000 Toten inklusive derer, bei denen die stark erhöhte Radioaktivität zum Tode führenden Krebs auslöste, genannt. Demgegenüber gibt die WHO in einer für das Tschernobyl-Forum erarbeiteten Studie die Zahl der bisher nachweislich durch das Unglück strahlenbedingt Verstorbenen mit 56 an (siehe Literaturzitate). Ausstiegsbefürworter befürchten, dass noch weitere solche Unfälle passieren könnten.

Außerdem kritisieren sie die ökologischen Aspekte der Strahlung, ebenso den Brennstoffkreislauf, der durch den Kernbrennstoff hervorgerufen wird und die Beseitigung des radioaktiven Abfalls in Form von sogenannter Endlagerung. Sie warnen vor radioaktiver Strahlung und fordern eine strikte Befolgung des Vorsorgeprinzips, nach dem Technologien solange abgelehnt werden, bis bewiesen werden kann, dass sie weder für die Gesundheit von Lebewesen noch für die Biosphäre größere Risiken mit sich bringen. Gegner des Ausstiegs verweisen darauf, dass ihrer Meinung nach die Gesamtrisiken für die Menschheit bei einem Ausstieg größer und nicht kleiner würden, weil als Folge dessen aus ihrer Sicht fossile Energien verstärkt eingesetzt werden müssten.

Weiter wird argumentiert, die Kernkraft sei zwar im Betrieb CO2-frei, jedoch bei Betrachtung der gesamten Produktionskette fielen erhebliche Emissionen an; darüber hinaus wird über die Bedeutung bei der Erderwärmung von Krypton 85 diskutiert.[1]

Plutonium, das in Brennstäben enthalten ist, wird in der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague und im britischen Sellafield gewonnen. Bei diesem Verfahren wurden in der Vergangenheit große Mengen von radioaktivem Abfall ins Meer abgeladen. Dieses Verfahren der Beseitigung auf dem Meeresboden wurde zwischenzeitlich verboten.

Weitere Kritikpunkte betreffen die Uranvorkommen und deren Förderung: Die weltweiten Uranvorkommen sind begrenzt[2]. Weiter sei der Abbau des Urans in der Vergangenheit und heute teilweise mit verheerenden Auswirkungen für die Umwelt und die dort lebenden Menschen verbunden: So seien beispielsweise in Australien Aborigines in der Nähe von Uran-Abbaustätten auffällig häufig von Krebs betroffen.[3][4]. Auch der Uranabbau in Deutschland (in der ehemaligen DDR; zur Wiedervereinigung 1990 eingestellt) führte beispielsweise zu Berichten und Prozessen von ehemaligen Minenarbeitern, die erkrankt waren.

Wirtschaft und Versicherung

Einige Atomkraftgegner halten Kernenergie außerdem für unwirtschaftlich, weil ihrer Meinung nach bei Einbeziehung aller staatlicher Sicherungsmaßnahmen und Entsorgungsaufwände die hohen Kapitalkosten durch die niedrigen Brennstoffkosten nicht aufgewogen werden können. Der Autor Jeffrey Paine ist der Meinung, dass „selbst unter den günstigsten Bedingungen (bei denen die Kosten auf ein Minimum reduziert werden und die Einnahmen erheblich zunehmen), das jetzige Potential, das in der Kernenergie steckt, während seines gesamten Bestehens im besten Fall wirtschaftlich gering sein dürfte.[5]

Außerdem werden Kernkraftwerke ausschließlich von privaten Versicherungsgesellschaften abgesichert. Bis 2005 glaubte die US-amerikanische Bundesregierung, dass die Versicherungskosten höchstens 300 Millionen US-Dollar betragen. Die Folgen eines schweren Nuklearunfalls könnten jedoch weitaus größer sein. Deshalb betreiben einige Regierungen eine vorsorgliche Unterstützung von Versicherungen; ein Beispiel hierfür ist der in den USA verabschiedete Price-Anderson Nuclear Industries Indemnity Act. Diese Praxis ist der von Banken sehr ähnlich, die ebenso durch Rückerstattungsgarantien der Regierung unterstützt wird.

Seit 1957 ist der Price-Anderson Nuclear Industries Indemnity Act das erste umfassende Haftungsgesetz und beschäftigt sich vor allem mit der Frage nach der Haftung für Atomunfälle. Er wird alle zehn Jahre erneuert und von beiden großen Parteien unterstützt. Außerdem braucht er individuelle Akteure, die für einen Plan für zwei Versicherungsebenen zuständig sind:

  1. Die erste Ebene befindet sich dort, wo jeder nukleare Aspekt dazu verpflichtet, 300 Millionen US-Dollar Behandlung von privaten Versicherern zu erwerben.
  2. Die zweite Ebene wird von allen Betreibern der US-Reaktoren gemeinsam zur Verfügung gestellt: Diese Ebene wird durch eine Rückzahlung finanziert, die bis zu 96 Millionen Dollar pro Reaktor, die durch jährliche Ratenzahlung von insgesamt 15 Millionen Dollar zusammengetragen werden, ebenso werden sie gegebenenfalls an die durch die Inflation hervorgerufenen Veränderungen angepasst.

Insgesamt kommt der Vorrat auf einen Betrag von mehr als zehn Milliarden Dollar, die für die Leistungen der öffentlichen Versorgungsbetriebe bezahlt werden müssen (das amerikanische Energieministerium stellt hierbei allein 9,5 Milliarden Dollar zur Verfügung, um seine Atompolitik fortzuführen). Über diese Berichterstattung hinaus und ohne Rücksicht auf mögliche Schuld muss der amerikanische Kongress als Versicherungsvertreter des letzten Auswegs entscheiden, wie der Schadensersatz finanziert wird.

Abfallwirtschaft

Transport von radioaktivem Abfall in den USA

Die langfristige Aufbewahrung radioaktiver Abfälle ist ein mit der Kernenergie zusammenhängendes Problem, das bisher noch nicht gelöst wurde. Insbesondere für den hochradioaktiven Teil des Abfalls existieren noch keine technischen Vorkehrungen, die gewährleisten, dass über viele Jahrtausende kein Kontakt mit der Biosphäre erfolgt. Mehrere Länder haben in Erwägung gezogen, unterirdische Endlager zu verwenden. In Deutschland werden abgebrannte Brennelemente seit der Kündigung der Verträge mit französischen und englischen Wiederaufarbeitungsanlagen vorläufig in Zwischenlagern an den Kraftwerksstandorten gelagert. Die bei der Wiederaufbereitung angefallen hochradioaktiven Stoffe werden nach und nach ins überirdische Zwischenlager Gorleben transportiert. Die Eignung des dort gelegenen Salzstocks als Endlager ist Gegenstand von geologischen Untersuchungen.

In einigen Ländern wurde nicht festgelegt, wer die Überwachung derjenigen Gebiete bezahlt, in denen der Atommüll gelagert wird. In Deutschland sind die Betreiber von Kernkraftwerken verpflichtet, für die Kosten aufzukommen, die durch den Abfall in Form von Brennstäben sowie kontaminierten und aktivierten Materialien entstehen. Hierunter fallen alle Kosten für die Behandlung, Zwischenlagerung und Endlagerung der Abfälle. Die Betreiber von Kernkraftwerken müssen hierfür laufend Rückstellungen bilden. In den USA zahlen die Betreiber eine festgesetzte Gebühr pro Kilowattstunde in einen Entsorgungsfonds, der vom amerikanischen Energieministerium verwaltet wird.

In Großbritannien hat dieses Thema im April 2005 zur Gründung der sogenannte Nuclear Decommissioning Authority geführt.

Militärisches Potential

Ein weiteres Argument gegen Kernkraft zielt darauf ab, dass die zivile und die militärische Nutzung zwar organisatorisch getrennt werden kann, jedoch das Potential vorhanden ist, diese miteinander zu verbinden. Während der Herstellung nuklearer Brennstäbe muss der Bruchteil des spaltbaren Uran-Isotops 235 (außer in CANDU-Reaktoren) vom natürlichen Anteil von 0,7 % auf etwa 4 % erhöht werden, damit es in der Lage ist, eine Kettenreaktion hervorzurufen. Kernkraftgegener befürchten, dass Anlagen zur Anreicherung von Uran jederzeit so umgebaut werden könnten, dass man dort waffenfähiges Uran mit etwa 80 % Uran-235-Gehalt produzieren könnte. Die in Wiederaufarbeitungsanlagen eingesetzte Techniken eignen sich prinzipiell auch zur Gewinung von Plutonium aus abgebrannten Brennstäben.

Gegner der Kernkraft argumentieren, dass es nicht möglich sei, zivile und militärische Nutzung auseinanderzuhalten. Daher würde die Kernenergie zur Verbreitung von Kernwaffen beitragen. Auch wenn es möglich ist, ein Kernkraftwerk ohne jegliche Waffenarsenale zu betreiben, bringt allein ein Kernreaktor die Möglichkeit mit sich, dass der Zugang zu den entsprechenden Materialien und Anlagen für spezielle militärische Niedrigverbrennungsreaktoren verwendet werden können und dass Plutonium wiederaufbereitet werden kann, das wiederum als Bestandteil für den Bau effektiver Kernwaffen benötigt wird. Indien, Nordkorea und Südafrika begannen zivile Atomprogramme mit speziellen Forschungsreaktoren. Ob diese später benutzt wurden, um solches Plutonium herzustellen, das waffentauglich ist, oder ob hierfür eigene militärische Anlagen gebaut wurden, ist umstritten. Während Südafrika seine Kernwaffen zwischenzeitlich aufgab, besteht insbesondere beim Iran die Befürchtung, dass dessen Atomprogramm ein ähnliches Ziel verfolgt, um waffentaugliches Uran anzureichern. Der Iran sowie Israel besitzen in jüngster Zeit keine Kernkraftwerke zur kommerziellen Energiegewinnung. Südafrika nahm sein bisher einziges kommerzielles Kernkraftwerk in Betrieb, lange nachdem es Kernwaffen erworben hatte. Indien betreibt eines der weltgrößten zivilen Bauprogramme für Kernkraftwerke.

Weitere Argumente

Weitere Argumente für einen Atomausstieg, die von Atomgegnern genannt werden, sind der höhere Druck zum Umstieg auf Erneuerbare Energiequellen und die sich ergebende verstärkte Dezentralisierung der Stromerzeugung, die für stärkeren Wettbewerb am Strommarkt sorgen soll. Ebenso biete ein Atomausstieg Potential für die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Neuinvestitionen in konventionelle Energien, alternative Energien und Energieeinsparungen.

Argumente gegen den Ausstieg

Treibhausgase und Umweltschutz

Befürworter des weiteren Betriebs der Kernkraftwerke plädieren vor dem Hintergrund der abnehmenden Reserven und der globalen Erwärmung für den „Ausstieg aus dem Ausstieg“ der Nutzung der Kernenergie. Aus Sicht der Befürworter der weiteren Nutzung der Kernenergie stehe der Ausstieg im Widerspruch zum Ziel der Senkung des Ausstoßes an Treibhausgasen.

Deutschland hat den Ausstieg mit einer Eigeninitiative für erneuerbare Energie verknüpft. Laut dem ehemaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin soll der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid im Jahr 2020 verglichen mit 1990 um 40 % reduziert werden. Deutschland gehört inzwischen zu den führenden Nationen, welche die Vorgaben des Kyoto-Protokolls erfüllen wollen.

Bei dem Betrieb von Kernkraftwerken werden – im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken, die Strom durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern erzeugen – kein CO2 ausgestoßen (allerdings dafür andere Treibhausgase, die Rechnung bezieht sich auch nur auf den Betrieb und nicht auf die gesamte Produktionskette[6]).

Da die Möglichkeiten für den wirtschaftlichen Ausbau klimaverträglicher erneuerbarer Energien begrenzt sind, stellen Kritiker des Atomausstiegs infrage, dass ein umweltverträglicher Ersatz für den ausfallenden durch Kernenergie erzeugten Strom geschaffen werden könne. Als besonders ungünstiges Szenario wird befürchtet, dass Deutschland aufgrund unzureichender eigener Kraftwerkskapazitäten verstärkt Strom, dessen Erzeugung unter Umständen nicht deutschen Umweltstandards genügt oder im Extremfall aus ausländischen Kernkraftwerken (insbesondere aus Frankreich) stammen könnte, importieren müsse.

Derzeit werden in Deutschland neue Kohlekraftwerke mit einem herkömmlichen Anlagen gegenüber geringeren CO2-Ausstoß gebaut. Sofern solche modernen Kohlekraftwerke ältere Kraftwerke mit schlechterem Wirkungsgrad ersetzen, ergibt sich eine Reduzierung der Treibhausgasbelastung. Sofern jedoch Kernkraftwerke ersetzt werden, ergibt sich eine Erhöhung der Treibhausgasbelastung. Werden die Kernkraftwerke hingegen durch Erneuerbare Energien ersetzt, ergibt sich ebenfalls eine CO2-Reduktion.

Energieabhängigkeit

Kernkraftbefürworter argumentieren, in einigen Ländern könne es keine durchführbare Alternative aufgrund fehlender eigener Bodenschätze geben. Gegner des Ausstiegs argumentieren, dass der Energieverlust, der durch die Abschaltung der Kernkraftwerke entstünde, nicht ausgeglichen werden könnte. Das würde zu einer Energiekrise führen und nur Kohle könne Kernenergie ersetzen, was wiederum zur Folge hätte, dass die CO2-Ausstöße enorm zunehmen würden oder dass Energieimporte von Kernenergie beziehungsweise Erdöl zunehmen würden. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Anteil der Kernkraft am Weltenergiebedarf nur sehr gering ist (im einstelligen Prozentbereich) und die Potenziale durch Energiesparmaßnahmen deutlich größer als Kapazitäten zum Ausbau der Atomkraft – allein durch die begrenzten Uranvorkommen – sind.

Die Kernenergie ist von Embargos bisher unberührt geblieben, da Uran von westlichen Ländern wie Australien oder Kanada gefördert wird, im Gegensatz zu Erdgas, zu dessen Hauptlieferanten unter anderem Staaten wie die frühere Sowjetunion zählten.

Außerdem besitzt die Kernkraft bei Energieinvestitionen eine große Rückkehrgarantie. Bei einer Untersuchung einer Kreislaufanalyse werden vier oder fünf Monate zur Energieherstellung aus einem Kernkraftwerk benötigt, um die anfängliche Energieinvestition zurückzahlen zu können. Befürworter behaupten darüber hinaus, dass es möglich sei, die Anzahl der Kernkraftwerke sehr rasch zu erhöhen. Neue typische Entwürfe von Reaktoren benötigen eine Bauzeit von drei bis vier Jahren. Ungeklärt ist dabei jedoch die Frage der schwindenden Uranvorkommen.

Wirtschaft

Ein weiteres Argument der Kernkraftbefürworter ist die Energiewirtschaft. Deren Argumente bekommen vor allem in Zeiten, in denen die Preise fossiler Energie steigen, neuen Aufschwung. Die Kernkraftbefürworter vertreten den Standpunkt, dass die Kernkraft die einzige Energiequelle sei, welche die geschätzten Kosten für die Abfalleindämmung deutlich einkalkuliere und dass die besagten Kosten der fossilen Energiekraftwerke deshalb vergleichsweise hoch seien. Außerdem argumentieren sie, dass die Kernenergie ebenso in Sachen Kosten ein wettbewerbsfähiger und umweltfreundlicher Weg sei, um Energie zu produzieren, gerade wenn im Vergleich zu fossiler Energie die indirekten Kosten, die bei der Energieherstellung entstehen, mit berücksichtigt werden.

So sei Kernenergie deshalb billiger, da Steinkohlebergwerke weit weg von Kohlekraftwerken seien, ähnlich verhalte es sich mit Gas und Öl. Das Kyoto-Protokoll verpflichtet alle Umweltverschmutzer dazu, für die von ihnen verursachte Verschmutzung zu bezahlen, und das trage dazu bei, dass Kernenergie konkurrenzfähig sei. Außerdem habe sie nur sehr geringe Außenkosten, also Kosten, welche die Umwelt und die Menschen beträfen.

Tatsächlich ist es in der Regel eher anders herum, dass Kohle häufig in der Nähe des Förderorts verbrannt wird und Uran über weite Strecken transportiert wird.

Außerdem sei der Beschluss, den Betrieb von KKW vorzeitig zu beenden, mit hohen Kosten verbunden, da sich der Betrieb von KKW für den Betreiber erst über lange Zeiträume amortisiert (das heißt erst nach vielen Betriebsjahren Gewinne eingefahren werden). Grund dafür ist, dass sowohl der Bau als auch der Abriss von KKW mit hohen Kosten verbunden sind, der nukleare Brennstoff für den laufenden Betrieb dagegen vergleichsweise günstig ist, gerechnet auch im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken. Bei einer Laufzeit von 40 Jahren machen die Brennstoffkosten (Uran) nur 5 % der Gesamtkosten aus. Allerdings sind staatliche, volkswirtschaftliche und andere versteckte Kosten für oder wider einen Ausstieg in diesen Rechnungen aus Sicht von Kernkraftgegnern zu Unrecht nicht enthalten.

Laut dem Atomindustrie-nahen „Informationskreis Kernenergie“ haben die Brennstoffkosten der Kernkraftwerke einen Anteil von etwa 20 % an den Stromerzeugungskosten (Kapitalkosten rund 50 %, Betriebskosten etwa 16 %).

Reaktorblock 2 des Kernkraftwerks Three Mile Island, in dem es 1979 zur Kernschmelze kam


Sicherheitsstandards

Kernkraftbefürworter vertreten die Meinung, dass die Kernkraftwerke sicher und gegen Angriffe geschützt seien. So würden insbesondere die Containment-Gebäude der Kernkraftwerke nach besonders hohen Sicherheitsstandards gebaut und sehr streng bewacht. Dies ist auch durch offizielle Tests der IAEA nachgewiesen. Der amerikanische Präsident George W. Bush bezeichnete die Kernenergie in einer Rede über Energiepolitik als eine der sichersten Energiequellen der USA.

Die Befürworter argumentieren, dass der Unfall von Tschernobyl einmalig gewesen sei und sich nur durch das Zusammentreffen spezieller Umstände ereignen konnte:

  • Die Konstruktion war mangelhaft – so gab es dort keine Containment-Gebäude.
  • Die dort durchgeführten Tests waren unbefugt und hätten mehrfach absichtlich gegen Betriebsvorschriften verstoßen. So wurden bewusst sämtliche automatischen Sicherheitssysteme außer Kraft gesetzt.
  • Beim Unfall von Three Mile Island gab es eine partielle Kernschmelze, anders als in Tschernobyl, dort schmolz der Kern total. Trotzdem sind keine größeren Mengen radioaktiver Strahlung ausgetreten. Genau dies spräche für eine sicherere Konstruktion von Three Mile Island.
  • Derartige Unfälle hätten sich in den Reaktoren der westlichen Länder nie ereignet und könnten sich aus folgendem Grund auch nicht ereignen:
  • Der Reaktor von Tschernobyl enthielt konstruktionsbedingt riesige Mengen an gut brennbarem Graphit (etwa 1.700 t), das sich mit keinem Mittel mehr löschen ließ. Die Kettenreaktion des überhitzten Reaktors konnte nicht mehr unterbrochen werden; das Graphit behielt seine moderierenden Eigenschaften, und somit wurde die Leistungserzeugung bis zur Kernschmelze aufrechterhalten. Andere Reaktoren verlieren bei Überhitzung den Moderator, weil Wasser verdampft.
  • Der größte Schaden entstand aber, weil das Graphit (reiner Kohlenstoff) brannte und die heißen Rauchgase die radioaktiven Partikel mit in große Höhen transportierten. In anderen Kernkraftwerken werden brennbare Materialien vermieden.
  • Sowohl Three Mile Island als auch Tschernobyl stellten bis heute die einzigen größeren Unfälle in zivil genutzten Kernkraftwerken dar. Dem gegenüber steht allerdings eine hohe Anzahl von Beinahe-Unfällen, die die Sicherheit aller Reaktoren in Frage stellen. Atomkraftgegner weisen darauf hin, dass das Kraftwerk in Tschernobyl vor dem Unfall als äußerst sicher und fortschrittlich galt.

Situation in Deutschland

Das Atomgesetz in seiner aktuellen Fassung von 2002

In Deutschland wurde ein langfristiger Ausstieg aus der Atomenergienutzung 2002 durch eine Novellierung des Atomgesetzes durchgesetzt. Das geänderte Atomgesetz sichert die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000 juristisch ab. In dieser Vereinbarung (auch Atomkonsens genannt) hatten die vier großen in Deutschland aktiven Energieversorgungskonzerne die Entscheidung der Bundesregierung und des Gesetzgebers akzeptiert, die Risiken der Atomenergienutzung neu zu bewerten.

Zu den Kernpunkten der am 22. April 2002 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle gehört das Verbot des Neubaus von kommerziellen Atomkraftwerken und die Befristung der Regellaufzeit der bestehenden Kernkraftwerke auf durchschnittlich 32 Jahre seit Inbetriebnahme [7]. Das Gesetz legt fest, dass in den deutschen Atomkraftwerken ab dem 1. Januar 2000 noch höchstens 2,62 Millionen Gigawattstunden (GWh) Strom erzeugt werden dürfen. Diese Menge addiert sich aus den Reststrommengen, die den einzelnen Anlagen je nach Alter zugeteilt wurde. Allerdings können die Strommengen älterer Anlagen auf jüngere Anlagen übertragen werden. Eine Übertragung von Strommengen von jüngeren Anlagen auf ältere Anlagen ist zwar nicht ausgeschlossen, wird vom Gesetz jedoch als Ausnahmefall bezeichnet, der an die Zustimmung des Bundesumweltministeriums gebunden ist. Wegen dieser flexiblen Regelung ist es nicht möglich, das genaue Abschaltdatum für die einzelnen Anlagen sicher vorherzusagen. Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz, das die Abwicklung dieser Strommengen überwacht, waren von den 2,62 Millionen GWh am 31. Dezember 2005 noch 1,67 Millionen GWh übrig[8]. Gemessen an den zugestandenen Atomstrommengen war der Atomausstieg in Deutschland zu diesem Zeitpunkt also bereits zu mehr als einem Drittel vollzogen.

Plakat des Bundesumweltministeriums für den Atomausstieg an der Giebelwand des zukünftigen Dienstgebäudes des Ministeriums am Potsdamer Platz in Berlin (2004)

Darüber hinaus enthält das neue Atomgesetz insbesondere folgende Vorschriften:

  • Erstmals wird die Pflicht zu regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen der Atomkraftwerke gesetzlich festgeschrieben.
  • Zweck des Gesetzes ist – im Gegensatz zur alten Fassung des Gesetzes – nicht die Förderung der Kernenergie, sondern deren geordnete Beendigung. Bis zum Zeitpunkt der Beendigung verpflichtet das Gesetz die Regierung, den geordneten Betrieb sicherzustellen.
  • Die Entsorgung bestrahlter Brennelemente wird auf die direkte Endlagerung beschränkt, das heißt, die Abgabe bestrahlter Brennelemente aus Kernkraftwerken an Wiederaufarbeitungsanlagen (WAA) ist ab dem 1. Juli 2005 verboten. Seit diesem Datum sind Transporte deutschen Atommülls in die Wiederaufbereitungsanlagen La Hague (Frankreich) und Sellafield (England) nicht mehr genehmigungsfähig.
  • Die Betreiber der Kernkraftwerke werden verpflichtet, an den Standorten ihrer Anlagen Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente zu errichten und zu nutzen.
  • Die Deckungsvorsorge für Kernkraftwerke wird auf 2,5 Milliarden Euro verzehnfacht. Unter „Deckungsvorsorge“ wird die Summe verstanden, für welche die Kernkraftwerksbetreiber für den Fall eines nuklearen Schadens eine Haftpflichtversicherung abschließen müssen. Darüber hinaus haften die Betreiber unbegrenzt mit ihrem ganzen Vermögen.

Bis Ende 2005 sind aufgrund dieser Regelungen zwei deutsche Kernkraftwerke stillgelegt worden. Bereits wenige Wochen nach der Unterzeichnung der Atomkonsens-Vereinbarung hatte das Unternehmen E.ON Kernkraft die vorzeitige Stilllegung des Kernkraftwerks Stade angekündigt, die schließlich am 11. November 2003 vollzogen wurde. Am 11. Mai 2005 wurde das Kernkraftwerk Obrigheim, das älteste deutsche Kernkraftwerk, außer Betrieb genommen. Die Strommengen für die Reaktoren Biblis A, Biblis B, Neckarwestheim 1 und Brunsbüttel sind bereits soweit erschöpft, dass mit dem Auslaufen dieser Anlagen bis 2009 zu rechnen ist, sofern sie weiterhin unter Volllast betrieben werden und keine Strommengen auf diese Anlagen übertragen werden. Vor allem seit dem Regierungswechsel 2005 ist eine politische Debatte über die Verlängerung der Laufzeiten für die Kernkraftwerke entbrannt, ein Ergebnis kann nicht zustande kommen.

Allgemeine Positionen zur aktuellen Situation

Manche Atomkraftgegner kritisieren den Atomkonsens. Sie sehen darin eine Bestandsgarantie für Kernkraftwerke, keinen Ausstieg. Ihre Kritikpunkte lauten:

  • Die vereinbarten Reststrommengen seien generell zu hoch und entsprächen nur durch Rechentricks 32 Betriebsjahren, tatsächlich seien es mehr.
Forschungsreaktor München II (rechts im Bild)
  • Das in dem Vertrag enthaltene Neubauverbot gelte nur für kommerzielle Kernkraftwerke. Tatsächlich wurde erst nach dem so genannten Ausstieg der Forschungsreaktor München II in Betrieb genommen.
  • Der Atomkonsens berücksichtige nur Kernkraftwerke selbst, keine weiteren kerntechnischen Anlagen. Die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau wurde nach dem Atomkonsens ausgebaut.
  • In vielen Fällen habe die Regierung die Nutzung der Kernenergie im Ausland, beispielsweise durch Hermes-Bürgschaften, unterstützt.
  • Die Wiederaufarbeitung von Atommüll sei nicht sofort verboten worden, sondern eine Anlieferung von abgebrannten Brennelementen sei bis Mitte 2005 zugelassen gewesen.
  • Der so genannte geregelte Ausstieg sei mit Eingeständnissen in Sicherheitsfragen erkauft worden. Mit einer Verschärfung der Sicherheits- oder Steuervorschriften hätte ein schnelles Ende der Kernkraft erzwungen werden können.

Selbstverständlich kritisieren vor allem Befürworter der Kernkraft den Atomausstieg. Teile der Politik fordern seit der Vertragsschließung den so genannten „Ausstieg aus dem Ausstieg“. Kernenergie liefere Versorgungssicherheit, verringere den CO2-Ausstoß und nutze einen preisgünstigen Primärenergieträger (Uran). Aufgrund steigender Preise für fossile Energieträger (Kohle, Gas) bekommen diese Argumente neuen Aufschwung. Aber auch der Uranpreis hat sich von 2001 bis 2006 verfünffacht, wobei er einen sehr geringen Anteil an den Betriebskosten eines KKWs ausmacht, anders als es bei den fossilen Energieträgern der Fall ist, die einen hohen Anteil haben. Die Kernkraftbefürworter argumentieren weiterhin mit der Sicherheit deutscher KKWs. Ihrer Meinung nach werde diese durch den Betrieb der Kernkraftwerke erhöht und die durch einen Ausstieg verursachte Erhöhung der anderen Risiken (z. B. Klimarisiko) überwiege die Risiken der KKW bei weitem. In der Debatte um längere Laufzeiten geht es vorwiegend um die nächsten abzuschaltenden KKW Biblis A und B, Brunsbüttel, und Neckarwestheim 1.

Die Forderung nach einer Laufzeitverlängerung der Kraftwerke wurde weiterhin mit Entscheidungen anderer Länder begründet. Die USA und Frankreich haben beschlossen, die Laufzeit ihrer Kernkraftwerke zu verlängern. Die Kernkraftwerke der so genannten Konvoi-Baureihe sind für eine Betriebsdauer von rund 65 Jahren ausgelegt, durch das Atomgesetz kann kein Konvoi-Reaktor diese Laufzeit erreichen.

Positionen der Parteien

Im Jahr 2000 verkündete die damalige Bundesregierung aus SPD und GRÜNEN offiziell ihre Absicht, aus der Kernenergienutzung auszusteigen. Der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin (GRÜNE) schloss mit den Energieunternehmen eine Vereinbarung ab, die beinhaltete, dass die damals insgesamt 19 aktiven Kernkraftwerke schrittweise abgeschaltet würden und dass die zivile Nutzung der Kernenergie spätestens 2020 enden solle. Daraufhin wurde das Atomgesetz verabschiedet (siehe oben).

Im Bundestagswahlkampf 2002 verkündete der Kanzlerkandidat der Unionsparteien, Edmund Stoiber, im Falle eines Wahlsieges das Atomgesetz wieder zu ändern. Auch andere Unionspolitiker sind für den Wiedereinstieg in die Kernenergie beziehungsweise für längere Laufzeiten der deutschen KKW.

Die große Koalition aus SPD und CDU/CSU hat sich nicht auf eine einheitliche Position zur Kernenergie einigen können. Im Koalitionsvertrag von 2005 ist das Fortbestehen der von der rot-grünen Regierung getroffenen Regelung vereinbart worden. Auch innerhalb der CDU/CSU gibt es Mitglieder, die gegen den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken sind, über 800 davon haben sich im Bundesverband Christliche Demokraten gegen Atomkraft (CDAK) zusammengeschlossen (siehe auch Weblinks).

Meinungsumfragen

Im August 2005 war in einer Greenpeace-Umfrage die Mehrheit der befragten deutschen Bevölkerung (etwa 70 %) für den Atomausstieg[9].

Im Gegensatz dazu sprachen sich laut einer einer TNS-Infratest-Umfrage im Januar 2007 (Spiegel-online vom 14. Januar 2007) 51 % der Bundesbürger dafür aus, dass die Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie überdenkt. 45 % wollten an dem Ausstiegsbeschluss festhalten.[10]

Umfragen in zeitlicher Nähe zum 20. Jahrestag von Tschernobyl, etwa in der Süddeutschen Zeitung haben Mehrheiten für den Ausstieg ergeben. Eine Forsa-Umfrage Ende August 2006 hat mit 62 % Atomausstiegsbefürwortern in Deutschland eine Mehrheit für den Atomausstieg ergeben.[11]

Zuletzt wurde im Dezember 2006 eine wissenschaftliche Studie der Philipps-Universität Marburg veröffentlicht, nach der zwei Drittel der in der Studie befragten Deutschen am beschlossenen Atomausstieg festhalten oder ihn noch beschleunigen wollen. 15 % der befragten Leute befürworten einen verlangsamten Ausstieg aus der Kernenergienutzung. 37 % meinen hingegen, Deutschland solle an dem geplanten Atomausstieg bis zum Jahr 2021 festhalten. 28 % sind der Ansicht, der Ausstieg solle schneller vonstatten gehen.[12]

Ebenso sollen laut Greenpeace nach einer österreichischen MRN-Umfrage (Veröffentlichung 2008) innerhalb der EU 71% der Befragten für den EU-weiten Atomausstieg sein.[13]

Ausstiegszenario nach dem derzeitigen Stand

Bruttoleistung in MW Bruttoerzeugung in TWh
Jahr Kernenergie Ersatzbedarf Kernenergie Ersatzmenge
2005 21690 1029 164,4 5,2
2006 21690 1029 164,4 5,2
2007 21690 1029 162,0 7,6
2008 20465 2254 155,5 14,1
2009 20465 2254 151,0 18,6
2010 19625 3094 143,6 26,0
2011 18819 3900 134,8 34,7
2012 15636 7083 109,1 60,5
2015 14226 8139 98,0 71,6
2020 5739 16980 23,1 146,5

Situation in Ländern, die Atomausstieg beschlossen oder diskutiert haben

Stand der wirtschaftlichen Kernenergienutzung weltweit.

Siehe auch: Kernenergie nach Ländern

Die Haltung der einzelnen Staaten zur Kernenergie richtet sich nach den entsprechenden Regierungen. Dementsprechend kann sich die Energiepolitik eines Landes bei einem Regierungswechsel ändern.

Belgien

Die Liberalen (Vlaamse Liberalen en Democraten und Mouvement Réformateur), die Sozialisten (Sociaal Progressief Alternatief und Parti Socialiste) und die Grünen (Groen! und Ecolo) stimmten 1999 den entsprechenden Regelungen zu. Diese beinhalten, dass jeder der landesweit sieben Reaktoren nach der Laufzeit von 40 Jahren stillgelegt werden soll und später kein neuer mehr gebaut wird. Als das entsprechende Gesetz verabschiedet wurde, wurde darüber spekuliert, ob es rückgängig gemacht würde, sobald keine der beiden grünen Parteien mehr an der Regierung beteiligt sein würden.

2002 wurde eine neue Regierung gewählt, an denen die Grünen nicht mehr beteiligt waren. Im September 2005 entschied diese, die vorher gefällte Entscheidung teilweise rückgängig zu machen. So wurde die Ausstiegsfrist um 20 Jahre verlängert, ebenso wird die Option für weitere Verlängerungen der Gesamtlaufzeit offen gehalten. Dabei bleibt unklar, ob neue Kernkraftwerke gebaut werden. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass es unrealistisch sei, den Strom, der durch Kernkraftwerke erzeugt wird, durch andere Methoden zu ersetzen. Die beiden einzigen realistischen Alternativen bestehen darin, in großen Menge Öl- und Kohlekraftwerke zu bauen oder Strom aus dem Ausland zu erwerben. Während die erste Möglichkeit den Anweisungen des Kyoto-Protokoll widerspricht, ist die zweite teurer als die Betreibung der Kernkraftwerke.

Im Juli 2005 veröffentlichte das nationale Planungsbüro einen Bericht, in dem steht, dass Öl und andere fossile Energieträger 90 % des belgischen Energieverbrauchs ausmachen, während Kernenergie 9 % ausmacht und erneuerbare Energien insgesamt 1 %. Bemerkenswert ist, dass der Strom nur 16 % des gesamten Energieverbrauchs beträgt. Und während der Atomstrom landesweit 9 % des Gebrauchs ausmacht, beziehen viele belgische Regionen (besonders Flandern) mehr als 50 %, um Haushalte und Geschäfte zu versorgen. Dies war einer der Hauptgründe, den anfänglichen Ausstieg rückgängig zu machen, weil es unmöglich scheint, mehr als die Hälfte des Stromes aus erneuerbaren Energien zu beziehen, und eine Rückkehr zu Strom, der aus Kohle gewonnen wird, mit dem Kyoto-Protokoll nicht vereinbar wäre. Aufgrund der hohen Kosten ist geplant, höchstens 5 % des Energieverbrauchs auf erneuerbare Energien umzustellen. Der aktuelle Regierungsplan sieht vor, dass alle Atomkraftwerke spätestens bis 2025 geschlossen werden sollen. Der bereits erwähnte Bericht beschäftigt sich vor allem mit Treibhausgasen und Nachhaltigkeit.

Italien

In Italien begann der Atomausstieg im Jahr 1987 – ein Jahr nach der Katastrophe von Tschernobyl. Nachdem noch im selben Jahr eine diesbezügliche Volksabstimmung stattfand, wurden die vier italienischen Kernkraftwerke geschlossen, das letzte im Jahr 1990. Eine Wartefrist für den Bau neuer Kernkraftwerke, die ursprünglich von 1987 bis 1993 galt, wurde auf unbestimmte Zeit verlängert.

Bis 2006 importierte Italien Strom aus ausländischen Kernkraftwerken. Obwohl es dem größten italienischen Energieversorger ENEL laut Volksabstimmung verboten ist, im Ausland Kernkraftwerke zu bauen, wurde in den Bau eines Reaktors in Frankreich und eines in der Slowakei investiert. Am 30. November 2007 erfolgte die Vertrags-Unterzeichnung zwischen ENEL (Italien) und EDF (Frankreich) über eine 12,5 % Beteiligung an dem EPR Flamanville, ab 2008 600 MW Grundlast aus EDF Netz zu beziehen und ab 2012 1200 MW Grundlast aus EDF-Netz zu übernehmen.

Der Ausstieg ist bis heute ein Streitpunkt in der italienischen Politik. Im Oktober 2005 liebäugelte der damalige italienische Umweltminister Altero Matteoli damit, zur Kernenergie zurückzukehren, da diese eine bedeutende Energiequelle innerhalb der nächsten zehn bis 15 Jahre sei.

Silvio Berlusconi äußerte sich im Mai 2008 nach seiner dritten Wiederwahl sehr positiv zur Kernenergie. So soll Italien bis 2013 zur kommerziellen Nutzung der Kernenergie zurückkehren und über einen neuen Reaktor verfügen.

Niederlande

In den Niederlanden stimmte die Mehrheit des dortigen Parlaments 1994 für den Ausstieg, nachdem über den Umgang mit Atommüll debattiert wurde. Das Kernkraftwerk Dodewaard in Neder-Betuwe wurde 1997 geschlossen. Im selben Jahr beschloss die Regierung, die Laufzeit des Kernkraftwerks Borssele im Jahr 2003 zu beenden, jedoch entschloss die konservative Regierung unter Jan Peter Balkenende, die Schließung auf das Jahr 2013 zu verschieben. 2005 wurde der Atomausstieg aufgehoben und Untersuchungen, um Kernenergie auszubreiten, initiiert. Der Wende vorausgegangen war die Veröffentlichung eines Berichts der an der Regierung beteiligten Partei Christen Democratisch Appèl, der sich mit erneuerbaren Energien befasste. Die übrigen Regierungsparteien nahmen daraufhin dieselbe Position ein. 2006 beschloss die Regierung, dass das Kernkraftwerk Borssele bis 2034 betrieben werden soll. Essent und Delta, die beiden Eigentümer, werden zusammen mit der Regierung fünfhundert Millionen Euro in erneuerbare Energien investieren. Dieser Geldbetrag, den die Regierung auf andere Weise beansprucht, sollte ursprünglich den Besitzern der Kernkraftwerke als Schadenersatz gezahlt werden

Schweden

Nach der partiellen Kernschmelze im US-amerikanischen Kernkraftwerk Three Mile Island 2 im Jahr 1979 folgte in Schweden eine Volksabstimmung über die Zukunft von Kernenergie. In Folge dessen beschloss das schwedische Parlament 1980, dass keine weiteren Kernkraftwerke gebaut werden sollen und leitete einen Atomausstieg ein, der bis 2010 vollendet sein soll. Nach der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 wurde erneut über die Risiken von Kernenergie diskutiert. Der schwedische Reichstag (Parlament), beschloss 1997, einen der beiden Reaktoren des Kernkraftwerkes Barsebäck bis zum 1. Juli 1998 zu schließen und den zweiten noch vor dem 1. Juli 2001, jedoch unter der Bedingung, das die Energieproduktion bis dahin ausgeglichen ist. Als wenige Jahre später eine konservative Regierung ihr Amt antrat, versuchte diese zunächst, den Ausstieg abzubrechen, sah davon jedoch nach Protesten wieder ab. Allerdings beschloss sie, die Laufzeiten zu verlängern, sodass der Ausstieg nicht bis 2010 wie ursprünglich geplant vollzogen sein wird. Der Block 1 im Kernkraftwerk Barsebäck wurde am 30. November 1999 geschlossen, Block 2 folgte am 1. Juni 2005. Der Ausstieg aus der Kernenergie wird in Schweden ebenfalls kontrovers diskutiert. Es wird befürchtet, dass Schweden seine internationale Wettbewerbsfähigkeit verlieren könnte. Die Energieproduktion der verbliebenen Kernkraftwerke wurde zuletzt beträchtlich erhöht, um die Verluste, die durch das Abschalten der beiden Barsebäck-Reaktoren entstanden waren, zu kompensieren. 1998 beschloss die Regierung, keine weiteren Wasserkraftwerke zu bauen, um die inländischen Wasserressourcen zu schützen. Trotz großer Anstrengungen, Alternativen wie fossile Energie zur Kernenergie zu suchen, ist es unmöglich, dass das Land den Atomausstieg bis 2010 vollziehen kann. Die sich in Betrieb befindenden Kernkraftwerke werden voraussichtlich noch eine Laufzeit bis zum Jahr 2050 haben. Eine Meinungsumfrage, die im März 2005 durchgeführt wurde und bei der insgesamt 1027 Personen befragt wurde, ergab, dass 83 % der Meinung sind, dass Kernenergie aufrecht erhalten oder ausgebaut werden soll.

Kernkraftwerk Gösgen

Schweiz

In der Schweiz gab es bereits mehrere Volksabstimmungen zum Thema Kernenergie. Die erste wurde 1979 mittels einer Volksinitiative für nukleare Sicherheit durchgeführt, die abgelehnt wurde. 1984 gab es eine Abstimmung über die Initiative „Für eine Zukunft ohne Kernkraftwerke“, das mit 45 % aber ebenfalls scheiterte. Am 23. September 1990 gab es zwei weitere Volksabstimmungen über Kernenergie. Die Initiative „Stoppt den Bau von Kernkraftwerken“, die eine zehnjährige Wartefrist für den Bau neuer Kernkraftwerke vorschlug, war mit 54,5 % erfolgreich. Die Initiative für den Ausstieg wurde mit 47,1 % abgelehnt. 2000 wurde ein Referendum über Ökosteuer durchgeführt, um Sonnenenergie zu unterstützen. Dies blieb aber ebenfalls erfolglos. Zwei weitere Volksentscheide gab es am 18. Mai 2003: Der eine, der den Namen „Strom ohne Atom“ hatte, bat um einen Atomausstieg, der zweite, der „Für längere Wartefristen“ hieß, sah eine Verlängerung der Wartefristen vor, die beim Referendum „Stoppt den Bau von Kernkraftwerken“ festgelegt worden waren. Beide wurden abgelehnt. Ersterer erhielt 33,7 %, letzterer 41,6 % Zustimmung.

Die Initiative „Strom ohne Atom“ hatte vorgesehen, bis 2033 alle Kernkraftwerke zu schließen. Hierbei sollte mit den beiden Reaktoren in Beznau begonnen werden; Mühleberg sollte 2005 folgen, Gösgen 2009 und Leibstadt im Jahr 2014. „Für längere Wartefristen“ plante eine Anhebung der Wartefristen um weitere zehn Jahre und zusätzlich eine Bedingung, die aktuellen Reaktoren nach einer Gesamtlaufzeit von vierzig Jahren zu schließen. Um genau diese vierzig Jahre um weitere zehn Jahre zu verlängern, wäre eine erneute Volksabstimmung notwendig, die allerdings hohe Verwaltungskosten mit sich ziehen würde. Das Scheitern von „Für längere Wartefristen“ war für viele sehr überraschend, da zuvor durchgeführte Meinungsumfragen eher das Gegenteil voraussagten. Die verschlechterte Wirtschaftslage der Schweiz wurde vielfach als Hauptgrund für die Ablehnung beider Initiativen betrachtet.

Es werden in der Schweiz insgesamt fünf Kernreaktoren (Beznau 1 und 2, Gösgen, Leibstadt und Mühleberg) betrieben. 40 % des Stroms wird durch Kernenergie erzeugt, die restlichen 60 % auf hydroelektrischem Weg.

Da die KKW Beznau und Mühleberg ihre geplante Laufzeit in den nächsten Jahren erreichen werden, wird derzeit über den Neubau zweier neuen Kernkraftwerke nachgedacht. Des Schweizer Energieversorgers Atel favorisiert die Standorte Gösgen und Beznau und gab die Gründung einer Planungsgesellschaft für die beiden Anlagen mit einer Leistung von je 1600 MW bekannt. "Ich hoffe, dass die neuen Anlagen spätestens bis 2020 ans Netz gehen können. Sie werden mindestens 60 Jahre laufen können", sagte Atel-Chef Giovanni Leonardi dazu. Das Genehmigungsverfahren soll 2008 eingeleitet werden.

Andere Länder

  • Australien: In Australien existieren keine Kernkraftwerke. Das Land besitzt sehr ausgedehnte und billige Kohlevorräte sowie große Mengen Erdgas. Außerdem ist in der öffentlichen Meinung eine sehr strikte Ablehnung der Kernenergie verbreitet, die sowohl auf ökologischen als auch auf wirtschaftlichen Gründen basiert. Allerdings befürworten einige Politiker die Kernenergie, um die Treibhausgase zu reduzieren und die Regierung hat vorgeschlagen, 25 Kernreaktoren zu bauen.
  • Lettland: Lettland erzeugt Elektrizität zu gut zwei Dritteln aus Wasserkraft, die aus drei Wasserkraftwerken an der Daugava stammt. Die restliche selbst erzeugte Elektrizität stammt aus zwei großen Verbrennungskraftwerken bei Riga (TEC-1 und TEC-2), die ein Gemisch aus Schweröl, Erdgas und Torf verbrennen. Lettland möchte sich jedoch an einem geplanten Kernkraftwerks-Neubau der Baltische Staaten, eventuell gemeinsam mit Polen, beteiligen, um sich von russischen Energie-Lieferungen unabhängig zu machen.
  • Neuseeland: Neuseeland verabschiedete 1987 den sogenannten New Zealand Nuclear Free Zone, Disarmament, and Arms Control Act, der zum einen verbietet, Kernwaffen auf neuseeländischem Terrain zu stationieren und zum anderen, dass Schiffe, die entweder Kernwaffen tragen oder per Kernenergie angetrieben werden, sich nicht mehr in den neuseeländischen Gewässern aufhalten dürfen. Allerdings verhindert dieses Gesetz nicht den Bau neuer Kernkraftwerke. Trotzdem sind in Neuseeland keine Kernkraftwerke geplant.
  • Österreich: Österreichs einziges fertig gestelltes Kernkraftwerk Zwentendorf wurde nie in Betrieb genommen. 1978 erfolgte ein Referendum zum Verbot von Kernkraftwerken, das später in ein Verfassungsgesetz umgewandelt wurde.[14] Am 9. Juli 1997 beschloss das österreichische Parlament einstimmig, die Anti-Atom-Politik des Landes fortzusetzen.
  • Philippinen: 2004 umriss die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo ihre Energiepolitik. Sie will die einheimischen Öl- und Gasvorräte durch Erkundungen erhöhen, erneuerbare Energiequellen entwickeln, die Umwandlung von Erdgas in Treibstoff und von Diesel in erneuerbaren Treibstoff durchsetzen. Außerdem sollen mit Saudi-Arabien, China, Russland und weiteren asiatischen Ländern Handelsgesellschaften gebildet werden. Sie gab darüber hinaus Pläne bekannt, das nicht in Betrieb gegangene Kernkraftwerk auf der philippinischen Halbinsel Bataan in ein Gaskraftwerk umzuwandeln.
  • Kasachstan: In Kasachstan wurde 1999 das Kernkraftwerk BN-350, das einzige Kernkraftwerk des Landes abgeschaltet. Es ist jedoch seit 1998 geplant, im Norden des Landes am Balkasch-See bis zu sechs Reaktoranlagen des Typs WWER-640/WPBER-600 in Betrieb zu nehmen (Seite über schnelle Brüter: Kernkraftwerke in Kasachstan).
  • Polen: Polen plant bis 2020 die Inbetriebnahme seines ersten Kernkraftwerks.

Länder, die weiterhin auf Kernkraftwerke zur Energieerzeugung setzen

Frankreich

Zur Erprobung des Ersatzes für die derzeit am weitesten fortgeschrittenen Druckwasserreaktoren vom Typ N4 im Kernkraftwerk Civaux nach 2020 wird ein Reaktor des Typs EPR in Flamanville gebaut. Ziel ist es, Betriebserfahrungen zu sammeln und eventuelle auftretende Probleme des Reaktors zu finden, um einen möglichst glatten Wechsel zur nächsten Reaktorgeneration zu gewährleisten. Weiterhin wurde vom ehemaligen Präsidenten Jacques Chirac die Erforschung von natriumgekühlten schnellen Reaktoren zur Vernichtung des militärischen Plutoniums wie anderen Generation-IV-Konzepten in Auftrag gegeben.

USA

In den USA werden momentan keine neuen Kernkraftwerke gebaut, jedoch haben 50 Reaktoren (Stand Januar 2008) ihre Lizenzen auf 60 Jahre Betriebszeit verlängert. Für weitere 35 Reaktoren befinden sich dementsprechende Lizenzersuche in Bearbeitung. Der 2005 verabschiedete Energy Policy Act beinhaltet Anreize, um Kernenergie auszubauen. Aufgrund dieses Gesetzes befinden sich im Moment (Stand Januar 2008) Anträge für den Neubau von 32 Reaktoren beim NRC, teilweise von Anlagen mit Reaktoren des AP1000 (Reaktorgeneration III+), der von Westinghouse entwickelt wurde und bei denen schon ab 2008 mit dem Baubeginn zu rechnen ist.

Großbritannien

Die britische Regierung forderte im Januar 2008 die Industrie dazu auf, Pläne zum Ausbau der Kernenergie auszuarbeiten[15]. Eine staatliche Finanzierung von Aufbau, Betrieb, oder Entsorgung wurde dabei ausgeschlossen[16]. Daraufhin kündigte das französische Unternehmen EDF den Bau von vier Kernkraftwerken in Großbritannien an, von denen das erste 2017 fertig gestellt werden könnte. Eine ähnliche Ankündigung von Tony Blair im Jahr 2006 war zurückgezogen worden, nachdem Greenpeace eine Klage wegen nicht angemessener Beratung der Regierung vor Gericht gewonnen hatte[17].

China

In China werden zur Zeit fünf Kernreaktoren gebaut. Weiterhin wurden Aufträge für den baldigen Bau von sechs AP1000 und vier EPR-Reaktoren unterzeichnet. Das Land plant weiterhin noch weitere 40–45 Reaktoren vom Typ Hochtemperaturreaktor (HTR) aus eigener Entwicklung mittelfristig zu bauen.

Indien

In Indien werden zur Zeit acht Kernreaktoren gebaut. Außerdem plant das Land, noch 24 weitere zu errichten. Indien ist der weltweite technologische Vorreiter bezüglich des Thorium-Kreislaufes und plant seine zukünftigen Reaktoren mit diesem Kreislauf, anstatt Uran, zu betreiben.

Japan

In Japan werden zur Zeit drei Kernreaktoren gebaut. Neben Kohle und Erdgas, bilden Kernkraftwerke einen der drei gleichberichtigten Stützpfeiler der japanischen Stromerzeugung. Japan ist ebenso Teil der Forschungsanstrengungen zu Generation-IV-Reaktor-Konzepten und sehr aktiv auf dem Gebiet der Kernenergie.

Finnland

Neben den bisherigen Reaktoren baut Finnland den ersten EPR weltweit und wird in naher Zukunft die erste zivile Endlagerstätte für hochradioaktive Abfälle in Betrieb nehmen.

Andere Länder

  • Argentinien: Argentinien bezieht etwa sechs Prozent seiner Elektrizität aus insgesamt zwei Kernkraftwerksblöcken - Embalse und Atucha 1. In Atucha sollen bald zwei Reaktoren in Betrieb sein. Der Reaktor Atucha 2 wurde bisher zur Hälfte fertig gestellt. Das Land besitzt außerdem noch einige Reaktoren, die zu Forschungszwecken betrieben werden und exportiert Kerntechnik.
  • Brasilien: In Brasilien wird Kernenergie durch das Kernkraftwerk Angra produziert, die dort etwa vier Prozent des inländischen Stromes – pro Jahr etwa 13.000 Gigawattstunden – ausmacht.
  • Südafrika: Das Kernkraftwerk Koeberg sowie eine Aufbereitungsanlage in Pelindaba liegen in Südafrika. Bezüglich der Kernenergie verfolgt das Land zur Zeit eine Expansionspolitik, die auf dem Hochtemperaturreaktor basiert und die Fertigstellung des ersten Prototypen wird um 2010 erwartet.
  • Nordkorea: Zwei Druckwasserreaktoren waren im Bau, bis dieses Vorhaben im November 2003 vorerst ausgesetzt wurde.
  • Iran: Obwohl der Iran über mehrere fossile Energiequellen wie Erdöl und Erdgas verfügt, besitzt er rund ein Dutzend kerntechnische Anlagen. Vor allem das aktuelles Atomprogramm sorgt zurzeit für weltweite Kritik.
  • Slowenien: das kleine Land Slowenien hat ein einziges Kernkraftwerk: das Kernkraftwerk Krško; das Land beabsichtigt einen neuen Reaktor zu bauen [18]
  • Südkorea: Seit 2005 betreibt Südkorea insgesamt 18 Kernkraftwerke, zwei weitere befinden sich gerade im Bau, die planmäßig im Jahr 2004 in Betrieb hätten gehen sollen. Trotzdem gewinnen Erneuerbare Energien, insbesondere Wasserkraft zunehmend an Einfluss.
  • Tschechien: Der Bau des Kernkraftwerks Temelín nahe der Grenze zu Österreich und Bayern hat zu Spannungen zwischen Tschechien und Österreich geführt, da das Kraftwerk von österreichischen Kernkraftgegnern als unsicher eingestuft wird; der IAEO Generaldirektor Mohammed el-Baradei hat es jedoch für sicher erklärt [19].

Literatur

  • Klaus Traube: Billiger Atomstrom?, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1985, ISBN 3-499-14947-8
  • Klaus Traube, Nach dem Super – GAU. Tschernobyl und die Konsequenzen., Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 1986, ISBN 3-499-15921-X
  • Bernard Leonard Cohen: The Nuclear Energy Option: An Alternative for the 90’s, Plenum Publishing Corporation, New York 1990, ISBN 0-306-43567-5.
  • William D. Nordhaus: The Swedish Nuclear Dilemma – Energy and the Environment, RFF Press, Washington, DC 1997, ISBN 0-915707-84-5.
  • Walter Bayer: Rechtsfragen zum Atomausstieg, Bwv – Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-8305-0121-8
  • Patrick Kupper: Atomenergie und gespaltene Gesellschaft, Chronos Verlag, Zürich 2003, ISBN 3-0340-0595-4
  • Alexander Schneehain: Der Atomausstieg – Eine Analyse aus verfassungs- und verwaltungsrechtlicher Sicht, Cuvillier, Göttingen 2005, ISBN 3-86537-635-5
  • „Health Effects of the Chernobyl Accident and Special Health Care Programmes”, Report to the UN Chernobyl Forum Expert Group “Health”, Genf 2006, ISBN 92-4-159417-9.
  • May, John, Das Greenpeace-Handbuch des Atomzeitalters, Daten - Fakten - Katastrophen, Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur München, 1989, ISBN 3426040573

Quellen

  1. http://www.anti-atom-aktuell.de/archiv/151/151klima.html
  2. http://www.nuclear-free.com Ausstiegsargumente, auch wegen begrenztem Uranvorkommen.
  3. http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,1872,7142789,00.html
  4. http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/15/0,1872,7148623,00.html
  5. Jeffrey R. Paine, „Will Nuclear Power Pay for Itself?“, The Social Science Journal, volume 33, number 4, Seite 459–473, 1996.
  6. http://www.anti-atom-aktuell.de/archiv/151/151klima.html
  7. tagesschau.de – AKW-Restlaufzeiten und Standorte in Deutschland (Stand: 2006-03-15)
  8. http://www.bfs.de – Bundesamt für Strahlenschutz (Stand: 2005-12-31)
  9. Emnid-Umfrage im Auftrag von Greenpeace: Deutsche für Atomausstieg (Die Welt, 2. August 2005)
  10. Spiegel-Umfrage 14.Januar 2007
  11. BMU – Forsa-Umfrage August 2006
  12. Atomausstieg und Erneuerbare Energien
  13. Atomausstieg in Europa
  14. http://www.bund-gegen-atomkraft.de/europa/europa_20/europa_96.htm BUND über Österreichs Atompolitik
  15. http://www.berr.gov.uk/energy/nuclear-whitepaper/page42765.html
  16. http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/politics/7179579.stm
  17. http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/politics/6364281.stm
  18. http://www.croatia-blog.net/2006-10-21/slowenien-neue-energiepolitik-und-neues-kernkraftwerk/
  19. http://www.networld.at/articles/0734/560/181863.shtml?print

Für den Atomausstieg

Gegen den Atomausstieg