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Tourismus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Gesamtheit des Fremdenverkehrs bezeichnet man auch als Tourismus. Der Begriff "Tourismus" steht seit etwa 1810 in den deutschen Wörterbüchern. Ende des 19. Jahrhunderts wurde er allerdings erst in den allgemeinen Sprachgebrauch aufgenommen.

Begriff

Die französischen Wörter tourisme und touriste wurden als offizielle Begriffe erstmals von der Société des Nations verwendet, um Reisende zu beschreiben, die länger als 24 Stunden im Ausland verbringen.

Heute unterscheidet man wissenschaftlich in folgende Reiseformen:

Tagesausflüge (maximal 24h ohne Übernachtung)
Kurzreisen (Reise von 2 bis 4 Tagen Dauer)
Urlaubsreisen (alle Reisen mit mehr als 4 Tagen Dauer)
Langzeitreisen (alle Reisen mit mehr als 3 Monaten Dauer)

Allerdings wird unter Tourismus mittlerweile auch das inländische Reisen subsumiert. In Deutschland beispielsweise verreisen mehr Menschen innerhalb des Landes als ins Ausland. Daneben müssen auch Geschäftsreisen zum Tourismus gezählt werden, so dass 24 Stunden nicht länger der Maßstab sind. Auch kürzere Aufenthalte zählen dazu.

Motivation

Unter der Bezeichnung Tourismus versteht man alle Reisen, die Privatleute unternehmen, und zwar aus den verschiedensten Motivationen heraus:

  • Zum Einen reisen viele Menschen, um sich zu erholen und zu entspannen, also aus physischer Motivation.
  • Zum Anderen gibt es solche, die zur Entlastung, Selbstfindung oder aus Abenteuerlust reisen. Dies bezeichnet man als psychische Motivation.
  • Ein weiteres Motiv ist die interpersonelle Motivation, d.h. gesellige Menschen gehen auf Reisen, um Gruppenerfahrungen zu sammeln.
  • Außerdem gibt es auch eine Menge von Menschen, die sich während ihres Reisens bilden und an dem Kennenlernen fremder Kulturen interessiert sind, also aus kultureller Motivation reisen (speziell: Studienreise).
  • Ferner sind dort solche, die durch ein bestimmtes Reiseverhalten ihr Ansehen oder ihre Anerkennung steigern wollen. Dies wird als Status- oder Prestigemotivation bezeichnet. Schon 1873 übertrieb Theodor Fontane: "Zu den Eigentümlichkeiten unserer Zeit gehört das Massenreisen. Sonst reisten bevorzugte Individuen, jetzt reist jeder und jede."

Kritik

Dass der weltweite ansteigende Tourismus erhebliche Probleme darstellt, ist unschwer an den Folgeschäden zu erkennen. Für die Masse der Touristen müssen Zentren errichtet werden, die unberührte Natur und traditionelle Strukturen zerstören. Alte Traditionen werden nur noch als Shows für den Touristen verwendet und verkommen. Der Tourismus wird so zur Monokultur, der sich ganze Landstriche aus Profitgründen unterordnen.

Ein Beispiel für Eingriffe in die Natur im Namen der Tourismusförderung ist die Erweiterung von Skipisten. Ganze Wälder werden gerodet und somit der natürliche Erosionsschutz zerstört und es bilden sich Sturzbäche, die alles mit sich in das Tal reißen.

Ein weiteres Problem stellt die gewachsene Mobilität und Freizeit der Bevölkerung dar. Dadurch wird die Reiseintensität und Reisehäufigkeit weiter vorangetrieben, somit werden ungeahnte Umweltschäden verursacht. Jeder Reisende, sei es der Geschäftsreisende, der Öko-Rucksackreisende, der Cluburlauber oder der allseits verteufelte Chartertourist; sie alle bilden einen unaufhörlichen Strom, den Massentourismus.

Demgegenüber entstand seit Beginn der 1980er Jahre eine Gegenbewegung, der sogenannte Sanfte Tourismus, mit dem sich Vorstellungen eines umwelt- und sozialverträglichen Tourismus verbinden, die zu einer Lösung, zumindest aber Entschärfung der damit verbundenen, bestehenden Probleme führen sollen.

Während die meisten Kritiker einzelne Folgen des Tourismus kritisieren, hat Guy Debord den Tourismus als solchen kritisiert, indem er sein Wesen beschrieb. Tourismus verspricht dem Touristen vergeblich, dem langweiligen Alltag zu entkommen. "Das Nebenprodukt der Warenzirkulation, die als Konsum betrachtete menschliche Zirkulation, d.h. der Tourismus, läßt sich im wesentlichen auf die Muße zurückführen, das zu besichtigen, was banal geworden ist. Die wirtschaftliche Erschließung des Besuchs verschiedener Orte ist bereits von selbst die Garantie ihrer Äquivalenz. Dieselbe Modernisierung, die der Reise die Zeit entzogen hat, hat ihr auch die Realität des Raums entzogen." Guy Debord, Die Gesellschaft des Spektakels

Wachstumsgründe

Die Reiselust in den letzten hundert Jahren ist grundsätzlich auf die technischen und sozialen Veränderungen der Gesellschaft zurückzuführen. Durch den technischen Fortschritt ist die Welt, im übertragenden Sinne, kleiner geworden.

Freizeitverhalten

Einer der wesentliche Gründe des steigenden Tourismus ist das veränderte Freizeitverhalten der Bevölkerung, der sogenannte sozialen Fortschritt der Verkürzung der Tages-, Wochen- und Lebensarbeitszeit, die mehr Freizeit mit sich zog und damit das Bedürfnis, diese zur Erholung zu nutzen. Dies kann man an der folgenden Statistik erkennen:

  • 1900 10-Stunden Arbeitstag/6-Tage Woche
  • 1918/19 8-Stunden Arbeitstag gesetzlich eingeführt
  • 1955/56 5-Tage Woche schrittweise eingeführt
  • 1965 40-Stunden Woche eingeführt
  • 1990 35-Stunden Woche schrittweise eingeführt (Deutschland)

Noch nie hatte eine Generation soviel Freizeit. In den letzten 40 Jahren steigerte sich die werktägliche Freizeit von 1,5 auf 4,1 Stunden, die Wochenendfreizeit steigerte sich von 1,5 auf 2 Tage und die Urlaubsdauer hat sich von 9 Tagen auf 31 Tage verdreifacht. Mit der Freizeitentwicklung ging eine rapide Motorisierung und steigender Wohlstand einher, die beide die Reiselust der Deutschen an die Weltspitze stellten. Dazu kommt der Trend immer häufiger und immer kürzer in den Urlaub zu fahren.

Neben dem veränderten Freizeitverhalten haben Einkommensteigerungen, Wirtschaftswachstum und die zunehmende individuelle Mobilität zu einer Zunahme des Reiseverkehrs geführt.

Industrialisierung

Die stützende Kraft des Tourismus war die Industrialisierung, die wiederum die technische Voraussetzungen wie Eisenbahn, Automobil, verstärkter Schiffs- und Flugverkehr und den Ausbau des Straßennetzes ermöglichte. Die niedrigen Preise und die hohe Effizienz der Verkehrsmittel ermöglichten eine Zunahme des Tourismus.

Mit der infrastrukturellen Erschließung der Tourismusziele wird eine Region industrialisiert, und Bedürfnisse der Bewohner werden geweckt bzw. verstärkt. Zu dieser Erschließung gehört der Ausbau der Bettenkapazität, der Restauration, der verkehrstechnischen Voraussetzungen (Straßen, Schienen, Flughäfen, Häfen) und der entsprechenden Verkehrsmittel und Versorgungsstrukturen (Energie, Kanalisation, Fernmeldeeinrichtugen, Krankenversorgung, Ausbildungsstätten, Kultureinrichrungen etc. ). Damit verbunden sind ein intensiver Landschaftsverbrauch und eine Landschaftsbelastung bis hin zur Überlastung und den entsprechenden Umweltschäden.

Der Ausbau der Infrastruktur ist damit Teil eines Teufelskreises: Weitere Erschließung der Urlaubsgebiete nach wirtschaftlichen und technischen Kriterien ziehen weitere Urlauber nach sich und diese rechtfertigen wiederum noch mehr infrastrukturelle Verbesserungen. Dazu zählt auch die Bebauung der Landschaft mit immer neuen Freizeit- und Sporteinrichtungen.

Das wirtschaftswachstum und der gestiegene Wohlstand verstärken die Bedürfnisse der Bevölkerung und den Zuzug von Arbeitsuchenden aus weniger entwickelten Regionen. Durch die Entwicklung zur einer modernen Industriegesellschaft und durch die Konfrontation von Einheimischen mit dem Lebensstil der Reisenden, verlieren schlimmsten Fall zu Folklore, die des abends in der Hotellounge den Chartertouristen vorgeführt wird.

Statistik

Zahlen der letzten 30 Jahre zeigen einen rapiden Anstieg der Reiseintensität und -häufigkeit, die mit zur Entstehung des Massentourismus in seiner heutigen Form beigetragen haben.

So hat sich der Anteil der Reisenden an der Gesamtbevölkerung über 14 Jahre von 1954 bis 1989 von 24% auf 66,8% erhöht. Das entspricht einer Steigerung der Reisenden von 9,3 Mio auf 32,6 Mio jährlich. Dabei sind aus statistischen Gründen die Reisen der Bürger in den neuen Bundesländern nicht berücksichtigt. Jedoch zeigt hier die Entwicklung nochmal eine erhebliche Steigerung.

Bildungsreisen

Reisen soll den Menschen bilden. Dieser Anspruch ist so alt wie die Menschheit; der Urlaub dient somit auch der Weiterbildung. Die Konfrontation mit anderen Kulturen und Lebensweisen sollte dem Besucher den Blick für ein weltweites Bewußtsein ermöglichen. Durch naturbezogene Erholungsaktivitäten kann das Verhältnis zur Umwelt und das Verständnis für Flora und Fauna wieder verbessert werden. Umweltfreundliche Sportarten (Wandern, Fahrradfahren, Segelsportarten, Schwimmen, etc. ) können dazu beitragen. Außerdem können die Sprachkenntnisse praktisch erweitert werden, und es können soziale Kontakte gemacht werden. Man lernt durch Reisen neue Kulturen und erlebt die Eingliederung in eine andere Welt.

Wirtschaft

Die Fremdenverkehrswirtschaft (Tourismuswirtschaft, Tourismusindustrie, Reisebranche) zählt weltweit zu den größten Wirtschaftszweigen und ist für viele Regionen zur wichtigsten Beschäftigungsgrundlage geworden. Hinweise auf aktuelle Entwicklungen des Deutschen Outgoing-Tourismus finden sich unter Reiseveranstalter und Reisebüro. Zentrale Informationsstelle für Konsumenten und Tourismuswirtschaft ist in Deutschland die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT).

Tourismus kann in Deutschland meist als Schwerpunkt innerhalb der BWL, im Rahmen der Geographie oder als eigener Studiengang Tourismus/Touristik oder Tourismus-BWL studiert werden.

  • WKO Tourismus in Österreich in Zahlen 2004

Siehe auch: Übersicht Tourismus.