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Freisinger Domglocken

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Die große Korbiniansglocke hängt in einem massiven Holzglockenstuhl.
Datei:Korbiniansglocke Detai.jpg
Korbiniansglocke: Detail der Schulterinschrift
Teil des Renaissancegeläuts zur Restaurierung im Hof der Glockengießerei Perner : (v.l.) Sigismund-, Marien-, Lantpert-, Nonnosus-, Friedens- und Kreuzglocke.
Datei:Freising benediktglocke.jpg
Sakristeiglocke

Die elf Glocken des Freisinger Domes wurden in der Renaissance- und Barockzeit, sowie im Jahre 2007 gegossen.

Das Renaissance-Geläut von 1563/64

Die acht alten Glocken wurden nach der Zerstörung des Vorgängergeläuts durch einen Turmbrand (15. Juni 1563) vom Freisinger Bischof Moritz von Sandizell (1559–1566) gestiftet. Der Giesser war Wolfgang Steger d.J., München 1563/64/83. Die Lieferung der Glocken erfolgte am 1. November 1564. Sie überdauerten fast unbeschädigt die Glockenzerstörungen der Säkularisation (1802/03) und des 1. und 2. Weltkrieges (sieben Freisinger Domglocken im Hamburger Glockenfriedhof von 1943–1947). Glockenzier, Stifterwappen und Inschriften (Kapitalis) sind teilweise noch gotisch, überwiegend jedoch im Stil der Renaissance. Die Texte auf den Inschriftstafeln, sowie an den oberen und unteren Glockenrändern stammen vom Freisinger Humanisten Joachim Haberstock (1538–1571). Drei Glockenmodeln aus Juramarmor, die als älteste Glockenmodeln Bayerns gelten, sind noch erhalten (Historischer Verein von Oberbayern/Inschriftenkommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften). Der Steinmetz war Sebold Hering aus München (1563/64).

Korbiniansglocke

Zur Tausendjahrfeier der Ankunft des Bistumsheiligen Korbinian in Freising 1724 stiftete Kurfürst Max II. Emanuel von Bayern die große Korbiniansglocke. Sie ist mit rund 5200 kg die größte der elf Domglocken und wurde 1724 von den Hofglockengießern Johann Matthias Langenegger und Anton Benedikt Ernst aus München gegossen. Das Material entstammt türkischer Kanonen von der Belagerung Belgrads 1688; der Kurfürst hatte sie erbeutet.[1]

Sie hängt als einzige Glocke im Südturm des Domes, während die übrigen zehn anderen Domglocken im Nordturm hängen. Als Festtagsglocke wird sie nur zu besonderen kirchlichen oder anderen festlichen Anlässen geläutet. Sie bildet mit ihrem Schlagton (Nominal) g0 das tragende Fundament des gesamten Domgeläutes, ist die tontiefste und eine der schwersten Zinnbronzeglocken im Erzbistum München und Freising.

In den 1980er Jahren durfte die Korbiniansglocke wegen der Belastung des Turms nicht länger als sieben Minuten am Stück geläutet werden.

Wiederherstellung des Renaissance-Geläuts

Seit Oktober 2007 sind die seit 1955 verliehenen zwei Glocken von 1563/64 (Alexanderglocke/Dreierin und Justinusglocke/Zweierin) auf den Nordturm in einen erneuerten hölzernen Glockenstuhl zurückgekehrt. Sie hingen bis zum Sommer 2007 in anderen Freisinger Kirchtürmen, denen der Wieskirche (Justinusglocke, bis Sommer 2007) und der Pallottinerkirche (Alexanderglocke, bis September 2007).

Friedrich Kardinal Wetter weihte am 13. Oktober 2007 die beiden neuen Domglocken Benedikt von Nursia (a1) und Otto von Freising (c2) – sie schließen die Klanglücken und ermöglichen klanglich sinnvolle Läutemotive – sowie die neue Sakristeiglocke für die Hochfeste (g2) während einer feierlichen, konzertanten Vesper im Dom.

Seit November 2007 ist das „größte und komplett erhaltene Renaissancegeläut der Welt aus einer Gießerhand“ wiedervereint. Alle Glocken erhielten Eichenholzjoche, die Klöppel wurden mit Weicheisenkugeln ausgestattet, ein neuer Glockenstuhl aus über 10 Kubikmetern bestem Eichenholz ersetzt die alte Stahlkonstruktion von 1957. Eigentlich sollte das neue, ergänzte Vollgeläute von den beiden Domtürmen erst zur Feier des Korbiniansfests am Samstag, dem 24. November 2007, das erste Mal nach der Sanierung wieder erklingen, die Beerdigung von Prälat Friedrich Fahr bewirkte die Vorverlegung dieser Premiere um drei Tage. So läutete es nicht nur am Samstag, sondern bereits am Mittwoch, dem 21. November 2007, dem evangelischen Buß- und Bettag, an dem in früheren Jahren das Korbiniansfest in Freising gefeiert wurde, als dieser Tag gesetzlicher Feiertag war.

Das elfstimmige Freisinger Domgeläut mit einem Gesamtgewicht von über 15.000 kg und einem Tonumfang von über eineinhalb Oktaven ist einzigartig und stellt ein internationales Kulturobjekt erster Ordnung dar. Zumal es mit seinen beiden Halbtonschritten (a1/b1 und es1/e1) sowie seinen beiden nahezu tongleichen Glocken (g1 –8/g1 –6) eigenwillig-charakteristisch und unverwechselbar ist. „Durch das Nebeneinander von Dur- und Mollskala sind hier in einem Geläute zwei komplette Klangwelten darstellbar, und dies mit Originalklängen aus dem 16. Jahrhundert.“[2]

Läuteordnung

In der neuen Läuteordnung, die für das gesamte Kirchenjahr durch den Glockensachverständigen des Erzbistums München und Freising, KMD Gerald Fischer (München) entwickelt wurde, kommt die ganze Klangvielfalt des Freisinger Domgeläuts zur Geltung: Läuteordnung (Auswahl – jeweils zum Hauptgottesdienst; Cluniazenserläuten samstags und vor Feiertagen ab 14:55 Uhr jeweils mit dem Motiv des Sonntag- bzw. Feiertagsgeläuts)

Anlass Anzahl
Glocken
Motiv Bezeichnung
Ostersonntag, Heiligabend (Christmette), Pfingstsonntag,
Dompatrozinium Mariä Geburt, Priesterweihe, Korbininansfest,
Neujahrsnacht, Gloria am Gründonnerstag, Besondere Anlässe
11 alle Glocken Gesamtplenum
1. Weihnachtstag, Ostermontag, Fronleichnam,
Jugendkorbininansfest
10 g0–c1–e1–g1–g1–a1–b1–c2–d2–e2 Großes Dur-Plenum
Sonntage der Osterzeit 9 c1–e1–g1–g1–a1–b1–c2–d2–e2 Dur-Plenum
Neujahr, Epiphanie/Dreikönigsfest 8 g0–c1–e1–g1–a1–c2–d2–e2 Großes Salve Regina
Allerheiligen 8 c1–es1–e1–g1–g1–b1–d2–e2 Renaissance-Plenum
Sonntage der Weihnachtszeit 7 c1–e1–g1–a1–c2–d2–e2 Kleines Dur-Plenum
Sonntage im Jahreskreis 6 e1–g1–a1–c2–d2–e2 Idealsextett

Daten zum Geläut des Freisinger Doms

Südturm

Nr. Name Gussjahr Gießer, Gussort Gewicht
(kg)
Durchmesser
(mm)
Nominal
(16tel)
1 Korbiniansglocke
(Festtagsglocke)
1724 Johann Matthias Langenegger &
Anton Benedikt Ernst, München
~5200 2100 g0 ±0

Nordturm (ergänztes Renaissancegeläut)

Nr. Name Gussjahr Gießer, Gussort Gewicht
(kg)
Durchmesser
(mm)
Nominal
(16tel)
2 Sigismundglocke
(Stürmerin)
1563 Wolfgang Steger d. J., München 2864 1675 c1 –3
3 Marien- oder
Frauenglocke
1563 Wolfgang Steger d. J., München 1964 1427 es1 –3
4 Kreuzglocke
(Sechserin)
1563 Wolfgang Steger d. J., München 1518 1327 e1 ±0
5 Lantpertglocke
(Fünferin)
1563 Wolfgang Steger d. J., München 1032 1158 g1 –8
6 Nonnosusglocke
(Viererin)
1563 Wolfgang Steger d. J., München 743 1057 g1 –6
7 Benediktglocke 2007 Rudolf Perner, Passau 612 960 a1 –2
8 Alexanderglocke
(Dreierin)
1563 Wolfgang Steger d. J., München 446 910 b1 –2
9 Ottoglocke 2007 Rudolf Perner, Passau 402 825 c2 –1
10 Justinusglocke
(Zweierin)
1564 Wolfgang Steger d. J., München 290 756 d2 +1
11 Friedensglocke
(Einserin)
1563/1564
Umguss 1583
Wolfgang Steger d. J., München 187 665 e2 –6

Sakristeiglocke

Name Gussdatum Gießer, Gussort Gewicht
(kg)
Durchmesser
(mm)
Nominal
(16tel)
Sakristei-/Friedrichsglocke (Hochfeste) 31.08.2006 Rudolf Perner, Passau
(Schauguss a. d. Freisinger Marienplatz)
122 540 g2 +2

Einzelnachweise

  1. Hubert Koch: Zur Geschichte. In: Erzbischöfliches Ordinariat München (Hrsg.): Freisinger Domglocken. Wiederherstellung des Renaissance-Geläuts. Ernst Baumann, Freising 2007, S. 18.
  2. Gerald Fischer: Freisinger Glockenmusik. In: Erzbischöfliches Ordinariat München (Hrsg.): Freisinger Domglocken. Wiederherstellung des Renaissance-Geläuts. Ernst Baumann, Freising 2007, S. 35.

Literatur

  • Erzbischöfliches Ordinariat München (Hrsg.): Freisinger Domglocken. Wiederherstellung des Renaissance-Geläuts. Ernst Baumann, Freising 2007.