Prozessorganisation
Die Prozessorganisation umfasst die dauerhafte Strukturierung von Arbeitsprozessen unter der Zielsetzung, das geforderte Prozessergebnis möglichst effizient zu erstellen. (Schulte-Zurhausen 2002, S.57)
In einer Prozessorganisation ist ein Unternehmen nach durchgehenden Geschäftsprozessen organisiert. Es ist somit ein System von Aktivitäten, die über einen durchgängigen Leistungsfluss miteinander verknüpft sind und in einer klar definierten Folgebeziehung zueinander stehen.
Die Prozesse richten sich am Kunden aus, um für den Kunden und das Unternehmen wertschöpfend zu sein - kundenorientierte Rundumbearbeitung. Einerseits wird dadurch die Koordination verbessert - weniger Schnittstellen führen zu weniger Fehlern bei der zeitlichen und sachlichen Abstimmung von Teilleistungen. Andererseits steigt die Motivation, da Leistungen eigenständig erbracht werden und kundenspezifisch Prozess-Teams zugerechnet werden können.
Einleitung
Im Gegensatz zur vertikalen hierachischen Sichtweise ist das zentrale Element in der Prozessbetrachtung der horizontale ganzheitliche Blick auf das Unternehmen. Die horizontale Betrachtung reicht über die Unternehmensgrenzen hinaus und bezieht neben dem Kunden, auch die Lieferanten mitein. Durch den Perspektivenwechsel wird die Aufbauorganisation in den Hintergrund gerückt und der Fokus auf die Ablauforganisation gelegt. Diese Konzentration ermöglicht einem Unternehmen seine Wertschöpfungsprozesse zu erkennen und gezielt zu restrukturieren (siehe Business Reengineering). Effizientes Prozessmanagement hilft dabei eine optimale Prozessgestaltung zu erreichen und kann das Unternehmen entscheidend von der Konkurrenz differenzieren, da die kundenorientierten Prozesse, schwer imitierbar sind.
Gründe für Prozessorganisation
- Höhere Marktdynamik erfordert Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
- stark zunehmender Wettbewerb
- intensivere Fokussierung der Kunden und kundenspezifische Angebote
Aufbau der Prozessorganisation
Ein prozessorientiertes Unternehmen ist nach durchgängigen, funktionsübergreifenden Prozessen, die vom Kunden bis zum Lieferanten reichen, organisiert. Die einzelnen Prozesse bestehen aus zusammenhängenden Tätigkeiten, die zu überschaubaren Einheiten zusammengefasst sind. Sie sind weitgehend autonom und verfolgen das Ziel Kundenbedürfnisse effizient zu erfüllen.
Am Anfang der Prozessgestaltung ist es wichtig, die strukturierten Prozesse nach ihrer Bedeutung für das Unternehmen zu gewichten. Hier gilt es eine exakte Trennung zwischen
- kundenorientierten Kernprozessen und
- unterstützenden Supportprozessen
vorzunehmen.
Um Schnittstellen zu vermeiden werden die Prozesse einem Prozessverantwortlichen unterstellt. Diese Aufgabe wird von einer eigenständigen Führungskraft wahrgenommen, die für die Ergebnisse verantwortlich ist und die Koordination innerhalb der Prozesse und zwischen diesen übernimmt.
Die Mitarbeiter werden bestimmten Prozessteams zugeordnet, die einen Prozess von Anfang bis zum Ende betreuen. Im Idealfall kommt es zu einer Selbstorganisation der Teams und somit zu einer Verflachung der Hierarchie.
Vorteile
Die Vorteile einer Prozessorganisation liegen in
- der Konzentration auf die wertschaffenden und damit vom Kunden honorierten Aktivitäten.
- der Zusammenfassung der Prozesse zu übersichtlichen Organisationseinheiten, wodurch eine Vereinfachung der Administration und Koordination ermöglicht wird.
- der besseren Beherrschung der Arbeitsabläufe
- dem dynamischen Prozessdenken und der Abkehr von der statischen Problemlösungsfindung
- der hohen Transparenz und in der Konzentration auf die wertschaffenden Prozesse
- dem funktionsübergreifenden Charakter, der durch die Verteilung der Prozesse über mehrere Unternehmensbereiche entsteht. Diese Eigenschaft bietet den Mitarbeitern eine abwechslungsreiche Tätigkeit und wirkt motivierend.
Weitere Vorteile sind
- die überschaubare Anzahl von Schnittstellen, was zu einer Reduktion der Abstimmungs- und Koordinationsprobleme führt.
- die klar definierte Verantwortung, wodurch sich Fehlerquellen auf ein Minimum reduzieren lassen und somit die Durchlaufzeiten der Prozesse verkürzen.
- die hohe Flexibilität im Hinblick auf die sich ständig und rasch ändernde Umwelt. Erfahrungen haben deutlich gemacht, dass prozessorientierte Unternehmen bei wechselnden Anforderungen des Marktes, schnell und kundenorientiert reagieren können.
Nachteile
- Durch den Perspektivenwechsel von einer vertikalen zu einer horizontalen Betrachtung wird ein fundamentales Umdenken des gesamten Unternehmens verlangt, welches sich in hohen Kosten für Teambildungsmaßnahmen und Trainings widerspiegelt.
- Die Prozessgestaltung und die ständige Optimierung der Prozessabläufe führt zu einem hohen Koordinationsaufwand, insbesonders bei den Prozessschritten, die mehreren wertschöpfenden Prozessen zugeordnet werden müssen.
- Wenn bei der Unternehmensleitung die Befürchtung besteht Autorität zu verlieren, kann es zu Konflikten und Abwehr des neuen Organisation kommen.
- Oft kann auch die Identifikation der Kernprozesse problematisch und zeitintensiv ausfallen und zu kostenerhöhenden Veränderungen führen.
Anwendung
Die Aussagen zur Prozessorientierung sind eher Tendenzen und Handlungsempfehlung, als konkret festgelegte Richtlinien. Sie müssen unternehmens- und situationsspezifisch interpretiert werden und können somit nicht auf jede spezielle Unternehmenssituation umgelegt werden. Eine idealtypische Prozessorganisation wird in der Realität nur sehr selten erreicht. Letztlich kann man nur versuchen, die Anforderungen der Prozessorientierung so gut wie möglich zu erfüllen.
Literatur
- Manfred Schulte-Zurhausen: Organisation. 3. Auflage. Vahlen, München 2002, ISBN 3-8006-2825-2
- Helmut Kasper, Wolfgang Mayrhofer (Hrsg.): Personalmanagement,Führung,Organisation. 3. Auflage. Lindeverlag, Wien 2002, ISBN 3-7073-0430-2
- Rudolf Wilhelm: Prozessorganisation. Oldenbourg, München Wien 2003, ISBN 3-4862-7412-0
- Hammer M.,Champy J.: Business reengineering. 7. Auflage. Campus,Frankfurt 2003, ISBN 3-59335017-3
Web-Links
- http://www.bpm-guide.de - Tutorials und Fachbeiträge zum Geschäftsprozessmanagement