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Dettingen an der Erms

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Vorlage:Infobox Ort in Deutschland Dettingen an der Erms ist eine Gemeinde etwa 12 km nordöstlich von Reutlingen.

Geografie

Geografische Lage

Dettingen liegt im Tal der Erms, einem rechten Nebenfluss des Neckars, zwischen den Städten Metzingen und Bad Urach.

Nachbargemeinden

Folgende Städte und Gemeinden grenzen an die Gemeinde Dettingen, sie werden im Uhrzeigersinn beginnend im Norden genannt und gehören zum Landkreis Reutlingen bzw. zum Landkreis Esslingen ¹

Neuffen ¹, Hülben, Bad Urach, St. Johann und Metzingen.

Geschichte

Der klimatisch begünstigte Raum war bereits in vorgeschichtlicher und antiker Zeit besiedelt. Um 85 n.u.Z. kam das Gebiet unter direkte Herrschaft des Römischen Reiches (Provinz Germania Superior). Im dritten Jahrhundert fiel das Gebiet an die Alemannen, die aber erst um 500 in festen Siedlungen lebten. Zu diesen ältesten alemannischen Siedlungen gehört Dettingen, was mehrere Reihengräberfelder im Süden, Norden und Westen des Ortes bezeugen. Die älteste bekannte Nennung des Gemeindenamens findet sich im Bempflinger Vertrag von 1089 (Tetingin). 1265 kamen Grundherrschaft und eine Hälfte der Vogtei (Oberhoheit) zusammen mit der Grafschaft Urach an die Grafschaft Württemberg. Die andere Vogteihälfte kaufte Württemberg 1630 von den Herren von Spät. Bis 1945 gehörte Dettingen stets zu Württemberg und teilte dessen Schicksal. 1945 zur französischen Besatzungszone und zum Land Württemberg-Hohenzollern, 1952 Bundesland Baden-Württemberg.

Zur Pfarrei Dettingen zählten auch Neuhausen, Glems, Güterstein, Hohenurach und Hülben. Die Pfarrkirche war sehr reich dotiert, Pankratius und Hippolyt geweiht und 1482-1516 auch ein Stift der Brüder vom gemeinsamen Leben. 1534 wurde die Reformation eingeführt.

Innerhalb Württembergs gehörte Dettingen zum Amt Urach und bildete vom Ende des 15. Jahrhunderts bis 1738 mit Hülben und Glems das Unteramt Dettingen, dessen Rat und Gericht nur aus Dettinger Bürgern bestand. Mit der Auflösung des Oberamts Urach wurde Dettingen 1938 Teil des Landkreises Reutlingen.

Die Lage am Fluss und der Eisenbahnbau (1873) förderten eine frühzeitige Industrialisierung. Die Papierfabrik zum Bruderhaus oberhalb des Ortes wurde 1860 gegründet. Weitere Industrieansiedlungen folgten, damit einher ging eine stetige Ausweitung der Wohngebiete. Außerhalb des Ortes am Talhang wurde 1961 die Siedlung Buchhalde gegründet.

Zwischen 1871 und 1975 stieg die Einwohnerzahl um 168%. Danach verlangsamte sich die Entwicklung. 1991 wurde die 9000 überschritten. Seitdem hat sich die Zahl im Prinzip auf etwas über 9000 stabilisiert. Im Jahre 1871 betrug die Einwohnerzahl 2.850, 1910 3.870, 1950 4.770, 1975 7.640 und 1990 8.940 Einwohner.

Die Dettinger Markung erstreckt sich quer durch das Ermstal und umfasst 1582 Hektar. Im Mittelalter bestand außerhalb des Dorfes die Siedlung Schneckenhofen (1360 Schneggenhofen), die später abging. Von Ein- und Umgemeindungen ist nichts zu berichten, auch die Gemeindereform der 1970er brachte keine Änderungen. Dettingen gehört keiner Verwaltungsgemeinschaft an.

1990 wurde die in den südlichen Talhang gebaute Umgehungsstraße der B 28 eröffnet.

Politik

Gemeinderat

Bei der Gemeinderatswahl am 13. Juni 2004 ergab sich folgende Sitzverteilung:

  • FWV – 9 Sitze
  • CDU – 5 Sitze
  • SPD – 4 Sitze

Bürgermeister

Der Bürgermeister wird für eine Amtszeit von 8 Jahren gewählt. Die derzeitige Amtszeit von Michael Hillert endet am 14. Mai 2010.

  • Rudolf Beutler
  • 2002 – 2025: Michael Hillert

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

  • Heimatmuseum mit Bauernstuben
  • Wilhelm-Zimmermann-Gedenkstätte im Johann-Ludwig-Fricker-Haus

Musik

  • Gesangverein Liederkranz 1865 e. V.
  • Harmonikaclub Dettingen, gegründet März 1931
  • Musikverein Ermstalmusikanten, gegründet 23. November 1926
  • Posaunenchor des CVJM Dettingen
  • CVJM Jugendchor

Außerdem stammen die Bands Capewalk und Crushead aus der Gemeinde.

Bauwerke

Rathaus Schlößle
  • Rathaus Schlößle
  • Evangelische Stiftskirche
  • Christuskirche Dettingen-Buchhalde, Glasgestaltung von Albrecht Pfister
  • Zwiefalter Hof

Parks

  • Kirschenweg
  • Kirschenheimat
  • Garten der Stille
  • Skate Park

Sport

  • TSV Dettingen/Erms e. V., gegründet 1848
  • SG Dettingen
  • Schachverein Dettingen Erms e.V., gegründet 1952
  • Ermstal Türkspor Dettingen/Erms e.V., gegründet 1991
  • Sergej Juran Swingers – Hobbyfußball & Kneipensport
  • Fischereiverein Ermstal e.V.
  • Schützenverein Dettingen/Erms 1909 e.V.
  • CVJM Dettingen

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Dettinger Kabarett-Tage im März
  • Dettingen aktiv im Mai, alle 2 Jahre
  • Dettinger Backhaushockete am vorletzten Sommer-Ferienwochenende, alle 2 Jahre
  • Dettinger Kunsthandwerkermarkt, immer am 1. Wochenende im Oktober
  • Dettinger Weihnachtsmarkt, immer am 1. Adventswochenende
  • Jahrmarkt: immer am 1. Donnerstag im Juni und am letzten Donnerstag im August

Wirtschaft und Infrastruktur

In Dettingen gibt es über 500 Gewerbebetriebe, darunter auch der Automobilzulieferer ElringKlinger, der hier seinen Firmensitz hat. Die Großbäckerei Herrmann (Herrmann von der Alb) ist der drittgrößte Backbetrieb in Baden-Württemberg mit rund 150 Filialen.

Verkehr

Die Bundesstraße 28 führt an der Gemeinde vorbei und verbindet sie im Westen mit Metzingen, Reutlingen und Tübingen und im Osten mit Ulm.

Die Ermstalbahn der Erms-Neckar-Bahn AG führt von Bad Urach kommend durch die Gemeinde und bietet Anschluss an die Bahnlinie TübingenStuttgart.

Der Öffentliche Nahverkehr wird durch den Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (NALDO) gewährleistet. Die Gemeinde befindet sich auf der Grenze der Waben 219 und 221.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Gemeinde

Persönlichkeiten, die am Ort gewirkt haben

Friedrich Christoph Steinhofer (1706–1761)
1749–1753 (Amtsantritt 1750) Erster Pfarrer in Dettingen an der Erms, Freund des späteren Prälaten Friedrich Christoph Oetinger (1702–1782) und des damaligen Tübinger Studenten Johann Ludwig Fricker. Steinhofer war vorher Hofprediger von Heinrich XXIX. Graf von Reuß-Plauen zu Ebersdorf, Mitbischof des lutherischen Tropus der Herrnhuter Brüdergemeine; 1759 wurde er Dekan in Weinsberg. Er beeinflusste den Umkreis des jungen Goethe in Frankfurt am Main (Susanne Katharina Freiin von Klettenberg und Goethes Mutter).
Johann Ludwig Fricker (1729–1766)
1762–1764 Diakonus (d. h. Zweiter Pfarrer) in Dettingen an der Erms und Pfarrer in Hülben. Fricker war Anhänger des pietistischen Theosophen Friedrich Christoph Oetinger und wurde für die Einführung des Pietismus, für den er zuerst die Schulmeistersgattin Anna Katharina Kullen verwitwete Schilling geb. Buck (1722–1783) gewann, in Hülben entscheidend.
Zwei Bücher Oetingers weisen auf Fricker hin: Das Werk "Swedenborgs und anderer irdische und himmlische Philosophie" [2. Auflage 1773], das sich in der Bibliothek von Johann Wolfgang von Goethe befand, ferner das Werk "Die Metaphysic in Connexion mit der Chemie" [1770], von dem Wolfgang Amadeus Mozart ein Exemplar besaß.
Fricker war auch Musiktheoretiker und hat als solcher wahrscheinlich den Dichter Friedrich Hölderlin beeinflusst: Frickers Freund und Nachfolger als Pfarrer in Dettingen an der Erms, Jakob Nikolaus Hesler, war später ein Lehrer Hölderlins in der Klosterschule Denkendorf (Württemberg); Frickers Freund Jakob Friedrich Klemm war Dekan in Hölderlins Heimatstadt Nürtingen.
Fricker wurde auch durch seine physikalischen Überlegungen bekannt, so durch seine Gedanken über die vierte Dimension und über die Elektrizität, die er theologisch begründete. Er besuchte den aus Böhmen stammenden, in Mähren wirkenden Priester Prokop Diwisch (1698–1765), einen Pionier des Blitzableiterbaus, in Brenditz bei Znaim.
(Balthasar) Wilhelm Zimmermann (1807–1878)
1840–1847 Diakonus (Zweiter Pfarrer) in Dettingen an der Erms und Pfarrer in Hülben, seit 1847 Professor für Deutsch und Geschichte an der Polytechnischen Schule in Stuttgart, 1848/1849 Abgeordneter der ersten deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche; Verfasser der "Allgemeinen Geschichte des großen Bauernkrieges" (1841–1843), Freund von Eduard Mörike.
Hans Eißler (1931–2005)
Vorsitzender Richter am Amtsgericht Bad Urach, Präsident der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg; war auch im Ruhestand in Dettingen an der Erms besonders für kirchliche Belange tätig.
Wilhelm Karl König (* 1935)
Mundartdichter, geboren in Tübingen, aufgewachsen in Kappishäusern und Dettingen an der Erms
1. Vorsitzender der Mundartgesellschaft Württemberg e.V. und Leiter des Zentralen Württembergischen Mundartarchivs.
Das Zentrale Württembergische Mundartarchiv im Neuen Kloster von Bad Schussenried im Landkreis Biberach an der Riß/Oberschwaben wurde am 25. Juni 1999 mit großer Resonanz in der Öffentlichkeit eröffnet. Mit dem 1986 geschaffenen Internationalen Mundartarchiv "Ludwig Soumagne" in Dormagen-Zons, Landkreis Neuss am Rhein (Nordrhein-Westfalen), stellt es die zweite Einrichtung dieser Art in Deutschland dar.

Literatur

Johann Ludwig Fricker

  • Herbert Henck: [1] Vom Monochord zur vierten Dimension. Johann Ludwig Frickers irdische und himmlische Musik. In: Neue Zeitschrift für Musik, Jahrgang 162 (2001), Heft 1, S. 48-51
  • Herbert Henck: Johann Ludwig Frickers irdische und himmlische Musik. Rechnungen und Reflexionen einer "sich Bilder machenden Vernunft". In: Mathesis, Naturphilosophie und Arkanwissenschaft im Umkreis Friedrich Christoph Oetingers (1702–1782). Herausgegeben von Sabine Holtz, Gerhard Betsch und Eberhard Zwink in Verbindung mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen. Stuttgart 2005 (Contubernium. Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, Bd. 63), S. 129–144
  • Josef Haubelt: Václav Prokop Diviš und Johann Ludwig Fricker. In: Mathesis [...] (2005), S. 153–164

Wilhelm Zimmermann

  • Wilhelm Zimmermann: Dettinger Liedergarten. Herausgegeben von Günter Randecker. Dettingen / Erms 2002
  • Wilhelm Zimmermann: Der große deutsche Bauernkrieg. Mit Stichen von Victor Schivert und D. E. Tau. Köln 1999
  • Günter Randecker: Gedenkstätte für den "Bauernkriegs-Zimmermann". In: Schwäbischer Albverein: Blätter des Schwäbischen Albvereins 92 (1986), S. 14-16
  • Friedrich Winterhager: Wilhelm Zimmermann. Ein schwäbischer Pfarrer als Historiker des Bauernkriegs. Würzburg 1986
  • Wolfgang Schenk: Thomas Müntzer aus der Perspektive eines schwäbischen Liberalen im Vormärz. Anmerkungen zur 1. Aufl. von Wilhelm Zimmermanns "Allgemeine(r) Geschichte des großen Bauernkrieges" (1841–1843). In: Universität Jena: Wissenschaftliche Zeitschrift – Gesellschaftswissenschaftliche Reihe 38 (1989), S. 657–671
  • Heinrich Best, Wilhelm Weege: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Düsseldorf: Droste-Verlag, 1998, ISBN 3-7700-0919-3
  • Wilhelm Zimmermann 1807–1878. [Für die ständige Ausstellung in der Wilhelm-Zimmermann-Gedenkstätte im Johann-Ludwig-Fricker-Haus, Dettingen an der Erms.] Bearbeitet von Günter Randecker und Thomas Scheuffelen. 2. Auflage. Marbach am Neckar 1998 (Marbacher Magazin 1848/49) (Marbacher Magazin, 32; Sonderheft)
  • Norbert Conrads: Wilhelm Zimmermann (1807–1878), ein Stuttgarter Historiker. Stuttgart 1998 (Veröffentlichungen des Universitätsarchivs Stuttgart, 1)
  • Günter Randecker: Wilhelm Zimmermann und Goethe. In: In dem milden und glücklichen Schwaben und in der Neuen Welt. Beiträge zur Goethezeit. Festschrift für Hartmut Fröschle. Mit einem Geleitwort von Annemarie Griesinger. Hrsg. von Reinhard Breymayer. Stuttgart: Verlag Hans-Dieter Heinz, Akademischer Verlag Stuttgart 2004 [2005], S. 345–355
  • = Suevica. Beiträge zur schwäbischen Literatur- und Geistesgeschichte. Hrsg. von Reinhard Breymayer, Bd. 9 (2001/2002) (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik, Nr. 423), S. 345–355.
  • Friedrich Winterhager: Zimmermann, (Balthasar Friedrich) Wilhelm. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Hrsg. von Traugott Bautz, Bd. 26. Nordhausen: Verlag Traugott Bautz 2006, Sp. 1588–1598 (Literatur Sp. 1588–1598), ISBN 3-88309-354-8
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