Friedbert Pflüger
Friedbert Pflüger (* 6. März 1955 in Hannover) ist ein deutscher Politiker (CDU).
Er ist seit 2006 Vorsitzender der CDU-Fraktion und Oppositionsführer im Abgeordnetenhaus von Berlin. Er ist Mitglied des Präsidiums der CDU sowie des CDU-Bundesvorstandes. Von 2005 bis 2006 war er Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung.
Beruf und Familie
Nach dem Abitur 1973 an der Schillerschule Hannover absolvierte Pflüger ein Studium der Politikwissenschaft, des Staatsrechts und der Volkswirtschaftslehre in Göttingen, Bonn und an der Harvard-Universität, welches er 1980 als Magister Artium beendete. 1982 erfolgte seine Promotion zum Dr. phil. an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn bei Karl Dietrich Bracher mit der Arbeit „US-Außenpolitik und Menschenrechte. Die Wiederbelebung des amerikanischen Idealismus in den siebziger Jahren“. Von 1989 bis 1991 war Pflüger als Geschäftsführer in der Vermögensverwaltung bei der Matuschka Gruppe tätig, ansonsten wirkte er als Berufspolitiker.
Pflüger heiratete 1984 Margarita Mathiopoulos. Die beiden trennten sich im Herbst 2003. Seit Sommer 2003 lebt er mit seiner 22 Jahre jüngeren Lebensgefährtin und ehemaligen Persönlichen Referentin Sibylle Hällmayr (* 1977) zusammen. Sie sind seit Dezember 2006 verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder. Die Trennung von Mathiopoulos verlief zunächst einvernehmlich.[1] 2006 entbrannte ein öffentlich ausgetragener Streit um die finanziellen Vereinbarungen.[2] In letzter Instanz wurde Pflüger ein Zugewinnausgleich in Höhe von 157.000 Euro aus dem gemeinsamen Vermögen zugesprochen.[3]
Öffentliche Ämter und Mandate
Von 1981 bis 1984 war er Mitarbeiter des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Richard von Weizsäcker, und leitet zuletzt dessen persönliches Büro. Nach der Wahl Weizsäckers zum Bundespräsidenten wechselte Pflüger ebenfalls ins Bundespräsidialamt und war von 1984 bis 1989 Pressesprecher des Bundespräsidenten.
Von 1990 bis 2006 war Pflüger Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1994 bis 1998 war Pflüger abrüstungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und von 1998 bis 2002 Vorsitzender des Bundestagsausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Von 2002 bis 2005 war er außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.
Am 23. November 2005 wurde Pflüger als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung in die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD berufen. Am 18. Oktober 2006 wurde er von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung verabschiedet.[4]
Pflüger legte am 24. November 2006 sein Bundestagsmandat nieder.[5]
Seit der Berlinwahl 2006 ist Pflüger Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin und als Vorsitzender der CDU-Fraktion auch Oppositionsführer.
Partei
Pflüger ist seit 1971 Mitglied der CDU. Von 1977 bis 1978 war er Bundesvorsitzender des Ringes Christlich-Demokratischer Studenten und von 1976 bis 1978 stellvertretender Vorsitzender von European Democrat Students. Von 1977 bis 1985 gehörte er dem Bundesvorstand der Jungen Union an.
Von 1998 bis 2006 war Pflüger stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Niedersachsen, seit 1999 ist er Vorsitzender des Bundesfachausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik der CDU und seit 2000 Mitglied des Bundesvorstandes der CDU, sowie seit 2006 gewähltes Mitglied des Präsidiums der CDU.
Innerhalb der CDU gilt Pflüger als progressiv.[6] Er befürwortet mögliche Koalitionen der CDU auch mit Bündnis 90/Die Grünen.[7] Bei allen Unterschieden sieht er inzwischen programmatische Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Parteien.[8] Pflüger ist außerdem Mitglied des inoffiziellen sog. Andenpakts.[9]
Während der Amtszeit von Bundeskanzler Kohl zählte Pflüger zu den kritischen Begleitern seiner Politik. Vor allem während der CDU-Spendenaffäre setze er sich dafür ein, dass Kohl nicht mehr Ehrenvorsitzender der CDU bleiben sollte und veröffentlichte 2000 ein kritisches Buch über die Kohl-Ära.[10]
Am 31. März 2006 wurde Pflüger auf einem Parteitag mit 97 % der Stimmen offiziell zum Spitzenkandidaten der Berliner CDU für die Abgeordnetenhaus-Wahl am 17. September 2006 gewählt. Damit wurde er für die noch vom Berliner Bankenskandal gebeutelte CDU zum Herausforderer des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD).[11] Er trat als Kandidat im Bezirk Neukölln an und verlor dort gegen die SPD-Kandidatin Petra Hildebrandt; seine Partei erreichte landesweit 21,3 % der Stimmen. Dies entsprach einem Verlust von 2,5 Prozentpunkten und stellte das zweitschlechteste Ergebnis der CDU in Berlin seit 1946 dar.[12]
Während der Landtagswahl in Hessen 2008 gehörte Pflüger zu den 17 Unionspolitikern, die sich in einem offenen Brief in der Wochenzeitung Die ZEIT von Ministerpäsident Roland Koch distanzierten.[13]
Politik
Pflüger und Berlin
Während des Wahlkampfs 2006 sorgte Pflüger zunächst für Verwirrung, indem er ankündigte, nach den Wahlen in Berlin 2006 für den Landesvorsitz der CDU zu kandidieren, andererseits Staatssekretär zu bleiben, sein Bundestagsmandat zu behalten und den Sitz im Abgeordnetenhaus nicht anzunehmen.[14]. Kurz darauf gab Pflüger bekannt, dass er sich ganz der Berliner Landespolitik widmen werde und dafür auf alle Ämter in der Bundespolitik verzichten, sein Bundestagsmandat niederlegen und auch als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium zurücktreten werde. [15] Auch aus Hannover verabschiedete sich Pflüger erst zögerlich, dann aber endgültig. In einem Interview mit der Neuen Presse Hannover erklärte Pflüger 2006: „Ich möchte noch etwas sagen. Ich habe meine Mutter in Hannover, meine künftigen Schwiegereltern und enge Freunde. Meine Heimat ist Hannover - das halte ich hoch und heilig.“[16] Auf diese Äußerung hin warfen Berliner Politiker von SPD, PDS, den Grünen und der FDP Pflüger, mangelnde Identifikation mit Berlin vor, zumal, da er als Bundestagsabgeordneter 1991 gegen eine Verlegung von Parlaments- und Regierungssitz nach Berlin gestimmt hatte. [17] Inzwischen hat Pflüger sein Haus in Hannover verkauft und besitzt eine Eigentumswohnung im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.[18]
Sonstige Aspekte
2006 schrieb der Regierende Bürgermeister Berlins Klaus Wowereit erneut ein Grußwort für das Folsom Europe-Festival der BDSM- und Fetisch-Szene. Pflüger besuchte mit einigen Mitgliedern von Lesben und Schwule in der Union den Christopher Street Day Berlin und kommentierte vor Vertretern schwul-lesbischer Organisationen: „Das Festival würde von mir kein Grußwort bekommen. Das ist eine reine Geschmacksfrage und hat nichts mit der homosexuellen Ausrichtung der Veranstaltung zu tun. Ich würde ja auch kein Grußwort für eine Erotikmesse schreiben.“ [19] Auch appellierte er an die Teilnehmer, Wowereit nicht nur deshalb zu wählen, weil dieser homosexuell sei.[20] Pflüger bekennt sich ausdrücklich zum Recht auf die Gleichgeschlechtliche Ehe, lehnt aber das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ab.[21]
2006 war Pflüger Teilnehmer der jährlich tagenden Bilderberg-Konferenz. Bei diesen informellen Treffen von einflussreichen Personen aus Politik, Wirtschaft, Militär, Gewerkschaften, Medien, Hochadel und Hochschulen werden aktuelle Fragen der Weltpolitk diskutiert. Deutsche Teilnehmer waren in der Vergangenheit etwa Helmut Schmidt, Otto Schily und Angela Merkel.
Pflüger gilt als Befürworter eines guten deutsch-amerikanischen Verhältnisses. So unterstützte er 2003 vor und während des Irak-Krieges die US-amerikanische Position und begleitete Angela Merkel auf ihrem Solidaritätsbesuch in die USA. Die Teilnahme des damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse an einer Friedensdemonstration vor dem Irak-Krieg bezeichnete er als „Schande“. Pflüger sagte der Bild am Sonntag, Thierse verletze seine Pflicht zur parteipolitischen Zurückhaltung. Der CDU-Politiker wertete die Kundgebung als „antiamerikanische Demonstration, die von den USA als Schlag ins Gesicht verstanden wird“. Darüber hinaus griff er die Kirchen wegen ihrer ablehnenden Haltung zum Krieg heftig an.[22]
Die Verwunderung der Feuilletons erregte Pflüger im Jahr 2001, als er Oriana Fallacis Buch Die Wut und der Stolz als „Weckruf für Europa” bezeichnete. In ihrem Buch zeichnet die italienische Journalistin das Schreckbild einer „islamischen Invasion“ des Abendlandes, das westliche Errungenschaften von Freiheit und Gleichberechtigung zu zerstören drohe. Allerdings schränkte Pflüger ein: „Es gibt auch Passagen in Oriana Fallacis Buch, die nicht akzeptabel sind." [23]
Einzelnachweise
- ↑ Die Welt: Wir haben beide um unsere Ehe gekämpft.. Die Welt, 5. September 2003
- ↑ Berliner Zeitung: Alles muss raus!. Berliner Zeitung, 9. Oktober 2006. Siehe auch: Christine Richter: Rosenkrieg – und kein Ende. In: Berliner Zeitung, 30. September 2006, S. 26.
- ↑ Der Tagesspiegel: CDU-Fraktionschef Pflüger heiratet Freundin Hällmayr. Der Tagesspiegel, 5. Januar 2007
- ↑ Die Welt: Pflüger ist nicht mehr Staatssekretär . welt.de vom 19.10.2006
- ↑ Berliner Morgenpost: Rückzug aus der Bundesliga - Warum Friedbert Pflüger gestern sein Bundestagsmandat niederlegte. Berliner Morgenpost vom 25. November 2006
- ↑ Der Tagesspiegel: Wer ist Friedbert Pflüger". Der Tagesspiegel vom 23. Januar 2006
- ↑ Spiegel Online: Pflüger träumt sich nach Jamaika. Spiegel Online vom 27. März 2007
- ↑ Spiegel Online: Bürgertum trifft Bürgertum. Spiegel Online vom 27. März 2007
- ↑ Cicero: Alle gegen eine
- ↑ Die Zeit:http://www.zeit.de/2000/16/Blick_in_den_AbgrundBlick in den Abgrund] Die ZEIT, 16/2000
- ↑ Der Tagesspiegel: Wer ist Friedbert Pflüger". Der Tagesspiegel vom 23. Januar 2006
- ↑ focus.msn.de: Pflüger verliert auch eigenen Wahlkreis , 18. September 2006
- ↑ Die Zeit: Sehr geehrte Bürger! Die ZEIT, 31. Januar 2007
- ↑ Focus: Wenig zu lachen für Pflüger FOCUS, 8. August 2006
- ↑ vgl. z.B. CDU-Kandidat Pflüger will Bundesämter abgeben, Spiegelonline vom 17. August 2006
- ↑ Berliner Zeitung: Zwei Herzen schlagen in Pflügers Brust - für Berlin und Hannover, 22. August 2006
- ↑ Christine Richter: Wer tickt hier richtig?, Berliner Zeitung, 23. August 2006
- ↑ Hugo Müller-Vogg: Für Pflüger heißt es Köpenick statt Kongo!. BILD vom 14. September 2006.
- ↑ FOCUS: Wowereits warme Worte. FOCUS, 9. August 2006, sowie Der Tagesspiegel: Wowereit schreibt wieder Grußwort, 10. August 2006
- ↑ N24 Pflüger wegen Schwulen-Erlass unter Druck
- ↑ Der Tagesspiegel: "Das ist weder gut so noch schlecht". Der Tagesspiegel, 19. Juni 2006 sowie Queer.de: [http://www.queer.de/detail.php?article_id=4355CDU-Pflüger für Homo-Rechte, Queer.de, 17. Januar 2006
- ↑ SZ, 10.2.2003, S.7
- ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung: Auf den Spuren von Oriana Fallaci. F.A.Z., 23.01.2006, Nr. 19 / Seite 40
Siehe auch
Veröffentlichungen
- Ein Planet wird gerettet. Eine Chance für Mensch, Natur, Technik. Econ Taschenbuch Verlag 1994 (1. Aufl. 1992).
- Richard von Weizsäcker – Ein Portrait aus der Nähe. 1. Auflage, München 1993.
- Deutschland driftet. Die Konservative Revolution entdeckt ihre Kinder. ECON-Verlag, Düsseldorf, Wien, New York, Moskau 1994, ISBN 3-430-17471-6
- Was ich denke. Goldmann, 1995, ISBN 3-442-12608-8
- Ehrenwort. Das System Kohl und der Neubeginn. DVA 2000, ISBN 3-421-05396-0
- Ein neuer Weltkrieg? Die islamistische Herausforderung des Westens DVA 2004, ISBN 3-421-05323-5
Weblinks
- Vorlage:PND
- Website von Dr. Friedbert Pflüger
- Friedbert Pflügers Blog
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Lebenslauf beim Bundesministerium der Verteidigung
- Wer ist Friedbert Pflüger? (Tagesspiegel, 24. Januar 2006)
Personendaten | |
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NAME | Pflüger, Friedbert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (CDU) |
GEBURTSDATUM | 6. März 1955 |
GEBURTSORT | Hannover |