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Partei Rechtsstaatlicher Offensive

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Die Partei Rechtsstaatlicher Offensive, Kurzbezeichnung Offensive D, ist eine deutsche politische Partei. Sie war von 2001 bis 2004 an der Regierung in Hamburg beteiligt. Ihre Geschichte kennt zwei klar getrennte Phasen, die Ära Schill bis Anfang 2004 und die Zeit nach seiner Trennung von der Partei.

Programmatik

In ihrer Selbstdarstellung betont die Partei, nicht in den Kategorien von rechts und links beschrieben werden zu können. Sie bemüht seit dem Antritt von Markus Wagner als Parteivorsitzenden verstärkt, ein freiheitliches Profil aufzubauen. In der öffentlichen Diskussion jedoch wird die Partei Rechtsstaatlicher Offensive teils als rechtsbürgerlich, vor allem jedoch als rechtspopulistische Protestpartei wahrgenommen.

In ihrem Programm plädiert die Partei Rechtsstaatlicher Offensive unter anderem für die ihrer Ansicht nach notwendige Stärkung der inneren Sicherheit und vertritt in der Wirtschaftspolitik liberale und in der Sozialpolitik klassisch sozialdemokratische Positionen. Die Freiheit der Bürger ist ihrer Meinung nach in Deutschland nicht mehr gewährleistet durch massives Vordringen des Staates, repräsentiert durch die etablierten Parteien. Die Partei strebt auch eine restriktivere Ausländerpolitik an.

Die Ära Schill (20002004)

Vorgeschichte und Gründung

Kristallisationspunkt für die Bildung der Partei Rechtsstaatlicher Offensive war die Person von Ronald Schill, der als Amtsrichter in Hamburg durch Urteile mit hohen, von vielen als übertrieben empfundenen Strafmaßen öffentlich auf sich aufmerksam gemacht hatte und wiederholt kritisierte, der Umgang des rot-grünen Senates mit Kriminellen sei zu lax.

Nachdem sich immer mehr Bürger spontan mit Schill solidarisierten und Schill immer öfter zu Vorträgen und Veranstaltungen zum Beispiel bei CDU-Ortsverbänden eingeladen wurde, wurde im Frühjahr 2000 die Initiative Ich will Schill! gegründet.

Aus dieser Initiative gründete sich dann am 13. Juli 2000 die Partei Rechtsstaatliche Offensive in Hamburg als Partei auf Landesebene. Als Kurzbezeichnung wurde zunächst PRO gewählt. Prominentestes Mitglied und erster Vorsitzender war Ronald Schill; die Partei war ganz auf seine Person ausgerichtet.

Wegen einer Klage der Partei Pro DM musste das Kürzel PRO aufgegeben werden, weshalb die Kurzbezeichnung in Schill abgeändert wurde. Die Partei Rechtsstaatlicher Offensive bezeichnete sich zunächst auch offiziell als Schill-Partei und wurde unter diesem Namen bekannt.

Innerparteiliche Schwierigkeiten

Neumitglieder mussten auf ihrem Mitgliedsantrag erklären, dass sie bislang noch kein Mitglied einer radikalen Partei waren. Mitglieder der NPD, die die Schill-Partei in Lübeck zu unterwandern versuchten, wurden bei ihrer Entlarvung umgehend ausgeschlossen. Der schleswig-holsteinische Verfassungsschutz räumte ein, dass eines dieser NPD-Mitglieder als so genannter V-Mann registriert war, wies den Verdacht einer gezielten Unterwanderung jedoch zurück.

Der Bezirksvorsitzende der Schill-Partei Düsseldorf, Frederick Schulze, ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter der CDU, der am 11. Oktober 2002 bei einer Wahlkampfveranstaltung in Gegenwart von Ronald Schill Gegendemonstranten zurief, sie sollten sich lieber Arbeit suchen, denn "Arbeit macht frei!", wurde auf Initiative Schills hin ebenfalls umgehend ausgeschlossen.

Wegen Differenzen in der Parteiführung kam es Anfang 2001 zu mehreren Wechseln im Vorstand der Partei.

Regierungsbeteiligung

Bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen am 23. September 2001 wurde die Schill-Partei aus dem Stand mit 19,4 Prozent der Stimmen zur drittstärkste Kraft und zog mit 25 Abgeordneten in die Hamburger Bürgerschaft ein.

Dieses als sensationell empfundene Ergebnis wurde vor allem auf die Unzufriedenheit vieler Hamburger mit der langjährigen Politik der SPD in der Stadt zurückgeführt, sowie auf die ebenfalls bestehende Unzufriedenheit mit der Opposition, vor allem der CDU, der eine deutliche Verbesserung vielfach nicht zugetraut wurde.

In einer Koalition mit CDU und FDP erlangte die Partei Rechtsstaatlicher Offensive Regierungsbeteiligung und erreichte damit ihr erstes Wahlziel, die Beendigung der jahrzehntelangen SPD-Herrschaft in Hamburg.

Ronald Schill wurde Innensenator und Zweiter Bürgermeister, eine Position, die dem stellvertretenden Ministerpräsidenten in anderen Bundesländern entspricht. Mario Mettbach wurde Senator für Bauwesen, Peter Rehaag Senator für Umwelt und Gesundheit.

Bundesweite Ausdehnung

Im Februar 2003 wurde in Bremen der Bundesverband der Schill-Partei gegründet. Vorsitzender wurde Mario Mettbach aus Hamburg, zum Ehrenvorsitzenden wurde Ronald Schill gewählt, der auch in der Bundespartei der bei weitem prominenteste und am meisten in der Öffentlichkeit wahrgenommene Vertreter war.

Ronald Schill setzte sich für einen langsamen und stabilen Aufbau der Partei ein. Er sprach sich entschieden dagegen aus, dass die Partei Rechtsstaatlicher Offensive zur Bundestagswahl 2002 antrat, musste sich dem Votum der Parteibasis vom 22. Juni 2002 jedoch beugen.

Öffentliche Wahlkampfauftritte und Parteiversammlungen der Schill-Partei wurden regelmäßig von Gegendemonstranten stark behindert und zum Teil gesprengt. Ronald Schill äußerte in Einzelfällen den Verdacht, dass die Innenminister der jeweiligen Länder bewusst zu wenig Polizei zum Schutz der Veranstaltungen bereitgestellt hatten. Dieser Verdacht konnte jedoch nie bewiesen werden.

Bei einer Rede von Ronald Schill im Bundestag am 29. August2002 kam es zu einem Eklat, als Ronald Schill durch Abschaltung des Mikrofons das Wort entzogen wurde, weil er nicht zum Thema (Oderflut) äußerte, sondern die Rede für ausländerfeindliche Sprüche mißbrauchte. Das Medienecho fiel äußerst negativ für Ronald Schill aus. Es gab auch innerparteiliche Kritik.

Zur Bundestagswahl am 22. September 2002 trat die Schill-Partei in fünfzehn Bundesländern an. Sie erreichte bundesweit 0,8 Prozent der Stimmen, in Hamburg 4,2 Prozent.

Bei weiteren Landtagswahlen verfehlte die Partei ebenfalls die Fünf-Prozent-Hürde, so dass sie nur in Hamburg von Bedeutung war.

In der Zeit der bundesweiten Expansion wurde Schill mehrfach von anderen Parteimitgliedern die Führungsrolle in der Partei streitig gemacht, unter anderem von René Schneider.

Zunehmende innerparteiliche Konflikte

Im August 2003 kam es zu einer Regierungskrise in Hamburg, als der Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU) seinen Innensenator Ronald Schill mit der Begründung entließ, dieser habe ihn erpressen wollen. Am 3. September 2003 konnte die Regierungskrise vorübergehend beigelegt werden, indem Schills Büroleiter Dirk Nockemann sein Nachfolger als Innensenator wurde. Mario Mettbach übernahm zusätzlich zu seinem Senatorenposten das Amt des Zweiten Bürgermeisters, das Schill ebenfalls innegehabt hatte.

Am 6. Dezember entzog der Bundesvorstand der Partei Rechtsstaatlicher Offensive Schill das Amt des Hamburger Landesvorsitzenden und sprach gegen Schill ein Verbot aus, Ämter in der Partei auszuüben. Laut Schill geschah dies gegen die Satzung der Partei. Vorausgegangen waren Pöbeleien, die Schill gegen einige Kabinettsmitglieder, insbesondere gegen Dirk Nockemann, seinem Nachfolger als Innensenator, schleuderte.

In den nächsten Tagen eskalierte der innerparteiliche Streit und am 9. Dezember 2003 zerbrach die Regierungskoalition endgültig, da Ronald Schill drohte, die Regierungsmehrheit zu gefährden und dazu immer noch genug Rückhalt in seiner Fraktion hatte, was Regierungschef Ole von Beust nicht tolerieren wollte. Es wurden Neuwahlen für die Bürgerschaft angesetzt.

Am 16. Dezember 2003 beschloss der Bundesvorstand der Partei Rechtsstaatlicher Offensive den Partei- und Fraktionsausschluss von Schill. Zahlreiche Landesverbände, die Schill unterstützten, sagten im Nachgang zu der Sitzung, sie seien von den Hamburgern überrumpelt worden.

Da eine rechtliche Klärung der Vorgänge erst nach den Neuwahlen in Hamburg zu erreichen gewesen wäre, gründete Schill am 18. Dezember gemeinsam mit fünf ehemaligen Mitgliedern der Fraktion Partei Rechtsstaatlicher Offensive, die sich mit Schill solidarisierten, die Ronald-Schill-Fraktion.

Außerdem vereinigte Schill sich mit der Pro DM-Partei von Bolko Hoffmann zur Liste Pro-DM/Schill. Schill erreichte noch vor den Wahlen ein Gerichtsurteil, dass es seiner ehemaligen Partei verbot, die Bezeichnung Schill-Partei oder das Kürzel Schill zu verwenden. Die Partei Rechtsstaatlicher Offensive versuchte deshalb kurzfristig, sich ein Image als Offensive aufzubauen.

Bei den Bürgerschaftswahlen am 29. Februar 2004 blieben sowohl die Liste Pro-DM/Schill mit 3,1 Prozent als auch die Partei Rechtsstaatlicher Offensive mit 0,4 Prozent der Stimmen unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Es folgte ein Massenaustritt beim Spitzenpersonal der Partei Rechtsstaatlicher Offensive. Nach der verlorenen Wahl ist die Partei politisch bedeutungslos geworden. Von den Führungsfiguren ist lediglich Ex-Fraktionschef Norbert Frühauf in der Partei verblieben. Die ehemaligen Senatoren Mario Mettbach, Peter Rehaag und Dirk Nockemann sind mittlerweile zur CDU übergetreten.

Die Ära nach Schill: Anfang 2004 bis heute

Nachdem sie bei der Hamburger Bürgerschaftswahl von 2004 ohne Kurzbezeichnung angetreten war, änderte sie ihre satzungsmäßige Kurzbezeichnung von Schill zu Offensive D. Gegenwärtiger Bundesvorsitzender der Partei ist Markus Wagner. Er signalisierte nur wenige Tage nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden eine Annäherung an den bekannten Rechtspopulisten und Kärtner Landeshauptmann Jörg Haider, indem er ihm zu seinem Wahlsieg bei den Kärtner Landtagswahlen am 7. März 2004 gratulierte. Eine solche parteioffizielle Annäherung war in der Ära Schill stets abgelehnt worden.

Auch kritisiert er das Image als "bessere CDU", das die Partei seiner Meinung nach in der Ära Schill pflegte, das er - neben der Selbstdemontage, die durch die Person Schill durchgeführt wurde - als entscheidenden Grund für den Niedergang der Partei Anfang 2004 sieht.

Die Partei findet kaum noch Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Einzige Ausnahme bildete die schleswig-holsteinische Landtagswahl von 2005, da ihr Spitzenkandidat Folker Küsters als künftiger Schwiegervater von Dieter Bohlen in die Schlagzeilen geriet, was ihr allerdings auch keine zusätzlichen Wählerstimmen beschert hatte. Auch sonst werden ihr keine Chancen mehr bei Bundes- oder Landtagswahlen eingeräumt.

Im Februar 2005 zogen sich mehrere Mitglieder des Landesvorstand Hamburg aus der Partei zurück, da sie den von Wagner vollzogenen Rechtsruck der Partei mit mittragen wollen.

Wahlergebnisse

Bundestagswahlen

2002 0,8%

Landtagswahlen

Brandenburg: 2004 0,3%
Bremen: 2003 4,4%
Hamburg: 2001 19,4%; 2004 0,4%
Hessen: 2003 0,5%
Mecklenburg-Vorpommern: 2002 1,7%
Niedersachsen: 2003 1,0%
Sachsen-Anhalt: 2002 4,5%
Schleswig-Holstein: 2005 0,1%

Vorsitzende

Markus WagnerMario MettbachRonald Schill

Siehe auch