Diskussion:Maskulismus/Archiv des ehemaligen Artikels
Maskulismus ist eine vor allem im Internet verbreitete Analogbildung zum Feminismus, die von Teilen der „Neuen Männerbewegung“ als Selbstbezeichnung verwendet wird. Er versteht sich als soziale Bewegung zur Korrektur bestimmter politischer Entwicklungen, für die er den Feminismus verantwortlich macht, und zur Stärkung der Position von Männern in der Gesellschaft.
Entstehungsgeschichte
Der Maskulismus ist als Teil der Neuen Männerbewegung eine relativ junge soziale Bewegung, die Ende der 1990er Jahre zum Teil aus der Männerbewegung und der Väterbewegung hervorgegangen ist. Einer seiner Wortführer im deutschsprachigen Raum ist Arne Hoffmann.
Inhalte
Der Maskulismus kritisiert den aus seiner Sicht seit den 1980er Jahren stetig wachsenden politischen Einfluss des Feminismus, der zum Teil zu einer Frauenförderung führe, die de facto auf Ungleichbehandlung hinauslaufe. Zugleich wird der Emanzipationsbewegung vorgeworfen, sich seit 1968 nur mit der Modernisierung des traditionellen Rollenbildes der Frau beschäftigt zu haben und die sich verändernde Rolle des Mannes ignoriert zu haben.
Themen des Maskulismus
Gleichbehandlung
Hauptziel des Maskulismus ist eine Gleichberechtigung beider Geschlechter in allen Aspekten. Dabei sei nicht die Gleichstellung sondern nur die Gleichbehandlung unabhängig vom Geschlecht Ziel. Im Unterschied zum Feminismus, der die aktive Förderung von Frauen fordert, um eine Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen, sehen Maskulinisten in der Gleichstellungspolitik eine Benachteiligung von Männern.
Lebenserwartung und Gesundheit
Thematisiert wird die um sieben Jahre geringere Lebenserwartung von Männern im Vergleich zu Frauen. Als Ursache dafür werden gesundheitliche Folgeschäden der Arbeit sowie tödliche Arbeitsunfälle gesehen, die aufgrund der ungleichen Geschlechterverteilung hinsichtlich der Arbeit (besonders der körperlich schweren und gefährlichen) und ihres Umfangs als männerspezifisch angesehen werden. Zusätzlich zu dem in vielen Ländern um fünf Jahre höheren Rentenalter für Männer ergebe sich für Männer eine durchschnittlich um 12 Jahre verkürzte Rentenzeit gegenüber Frauen. Des Weiteren sei ein Großteil der Obdachlosen männlich, und Suizid unter Männern und Jungen weitaus stärker verbreitet.
Häusliche Gewalt
Einen Schwerpunkt in der Öffentlichkeitsarbeit der Maskulisten stellt der Hinweis auf männliche Opfer häuslicher und sexueller Gewalt dar.
Weiterhin wird die Berichterstattung über häusliche Gewalt kritisiert, da dort vor allem Frauen als Opfer erschienen und männliche Gewaltopfer belächelt würden, falls sie Anzeige erstatten oder sich scheiden lassen wollen, obwohl Männer laut den neusten Studien in etwa genauso häufig von häuslicher Gewalt betroffen seien. Maskulisten kritisieren dabei ebenfalls den Staat, der z.B. keine Männerhäuser finanziell unterstütze.
Jungenarbeit
Jungen schneiden im Vergleich zu Mädchen in der Schule zunehmend schlechter ab und stellen auch den Hauptanteil der Schulabbrecher. Als Ursache dafür wird unter anderem gesehen, dass vorwiegend Lehrerinnen und nur wenige männliche Lehrer an den entsprechenden Schulen tätig sind. Außerdem wird der Frauenanteil besonders in Kindergärten und Grundschulen als zu hoch kritisiert, der es den Jungen nicht ermögliche, positiv belegte männliche Leitbilder zu erkennen. Insgesamt, so der Vorwurf, gehe die Schule somit stärker auf die Bedürfnisse von Mädchen als auf die von Jungen ein. Es wird daher gefordert, im Schulunterricht spezielle pädagogische Angebote für Jungen zu erarbeiten. Das Problem wird zunehmend auch außerhalb des Maskulismus erkannt und aufgegriffen, etwa durch den Vorschlag, männliche Lehrer speziell in der Grundschule vorrangig einzustellen. Ebenfalls kritisiert wird der Girls’ Day, der die Ungleichbehandlung von Jungen in der Schule ignoriere und Mädchen an diesem Tag aktiv fördere, während Jungen aufgrund ihres Geschlechts regulär am Unterricht teilnehmen müssten.
Diffamierung
Ein zentrales Anliegen vieler Maskulisten ist der Kampf gegen eine „sexistische Herabwürdigung von Männern“ in den Medien. Gemeint seien damit Slogans wie „Männer sind Schweine“ (Titel eines Liedes der Ärzte), „Nur ein toter Mann ist ein guter Mann“ (Titel eines als „Frauenliteratur“ rezipierten Kriminalromans), „Ich bremse auch für Männer“ (Autoaufkleber), die spöttische, als herabsetzend empfundene Darstellung von Männern in der Werbung oder Artikel über das männliche Geschlecht wie z.B.: „Jetzt auch Biologen: Der Mann ist ein Mangelwesen der Natur, sein Y-Chromosom verkümmert, der Mann ist dem Untergang geweiht“ (Der Spiegel). Auch Phrasen wie „Frauen und Kinder zuerst“, wenn es um die Rettung von Menschen geht, suggerierten, dass in Notlagen männliche Opfer nicht so rettenswert seien wie weibliche Opfer. Das Gleiche gilt für die oft benutzte Formulierung „unter den Opfern waren auch Frauen und Kinder“, welches als Herabwürdigung der männlichen Opfer verstanden wird.
Wehr- und Ersatzdienst
Eine Wehrpflicht nur für Männer wird als besonders schwere Männerdiskriminierung angesehen. Auf der Grundlage des Gleichheitsgrundsatzes der Verfassung fordern Maskulisten daher einen für Frauen wie Männer gleichermaßen verpflichtenden Wehrdienst oder aber die Abschaffung bzw. Aussetzung der Wehrpflicht. Die Rechtfertigung der ungleichen Wehrpflicht auf Grund unterschiedlicher körperlicher Konstitution der Geschlechter wird abgelehnt, da man diese im Einzelfall bei der Musterung berücksichtigen könne. Zudem spiele die körperliche Konstitution in Ersatzdiensten bei sozialen Trägern (Betreuungsheime, Fahrdienste etc.) eine höchstens untergeordnete Rolle, wie sich etwa anhand des Freiwilligen Sozialen Jahres sehen lässt. Die einseitige Verpflichtung von Männern zur Ableistung von Wehr- und Ersatzdiensten verschafft Frauen den Vorteil des schnelleren Berufseinstiegs.
Scheidung und Sorgerecht
Maskulisten greifen das Problem auf, dass viele Mütter den Kontakt mit den Kindern nach Trennung und oder Scheidung oft zu Ungunsten von Männern regulieren. Grundsätzlich sollte nach Auffassung der Maskulisten Sorge- und Umgangsrecht bei beiden Eltern liegen, gleichgültig ob sie verheiratet, geschieden oder getrennt leben.
Benachteiligung bei der Berufswahl
Maskulisten kritisieren die Zugangsbeschränkungen, die im Rahmen von Quotierungen oder des „Gender Mainstreaming“ für viele Berufe erlassen worden seien. Frauen würden in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes bevorzugt eingestellt mit der Begründung, dass es in dem betreffenden Bereich insgesamt zu wenige Frauen gebe. Andererseits existiert keine Quotenregelung für Männer in frauendominierten Berufszweigen, wie beispielsweise Lehr- und Sozialwesen. Als problematisch diskutiert wird zudem die Quotierung in Akademikerberufen, welche einen hohen Männeranteil unter den Studierenden haben (z.B. Informatiker). Es wird argumentiert, dass die Entscheidung für eine Studienrichtung frei ist und keiner Regulation unterliegt, Frauen aber, die ein solches Fach studieren, gegenüber den männlichen Absolventen bevorteilt werden.
Bei der Quotierung wird besonders der Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes kritisiert, wonach kein Mensch u.a. aufgrund seines Geschlechts bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Die Quotierung unterstelle jedoch den Frauen automatisch eine Benachteiligung aufgrund der Zugehörigkeit einer anonymen Gruppe (Frauen), ohne dass eine Benachteiligung des Individuums - z.B. einer Elektrikerin - nur aufgrund einer eventuell höheren Zahl männlicher bzw. weiblicher Beschäftigten - also z.B. aller Elektriker in Deutschland - nachgewiesen werden kann.
Wissenschaftskritik
Kritisiert wird ferner, dass im akademischen Bereich Gender Studies sowie Männerforschung einen feministischen Blickwinkel einnähmen. Hier sei entweder eine neutrale Perspektive oder eine gleichberechtigte Darstellung von Frauen- wie Männerperspektive notwendig. Die Wissenschaftlichkeit von Frauenforschung und feministischer Forschung wird bestritten.
Ungleichbehandlung vor Gericht
Maskulisten kritisieren, dass Männer für gleich schwere Vergehen höhere Strafen als Frauen bekämen. Zudem würden Frauen auch eher als Männer Hafterleichterungen erhalten.
Vaterschaft
Einige Maskulisten fordern das Recht auf eine „selbstbestimmte Vaterschaft“, d.h. das Recht, sich offiziell von der Verantwortung für ein Kind trennen zu können, so wie aus ihrer Sicht die Frau diverse Möglichkeiten habe, etwa durch die Babyklappe und die Freigabe zur Adoption, das Kind abzulehnen. Es wird der selbstbestimmte Vaterschaftstest propagiert, der durch Genanalyse ohne Wissen oder Zutun der Frau die Vaterschaft bestätigt oder ausschließt. Laut Maskulisten sei ein Gentest bei jeder Geburt das beste Mittel, um „Kuckucksvaterschaften“ mit ihren negativen Begleiterscheinungen für Vater, Scheinvater und Kind für die Zukunft auszuschließen.
Finanzielle Förderung der Frauenbevorzugung
Die hohe Zahl von ausschließlich weiblichen Gleichstellungsbeauftragten und von sonstigen geschlechtsspezifisch geförderten Einrichtungen wird von den Maskulisten kritisiert, da diese Fördermaßnahmen im Wesentlichen von Benachteiligungen der Frauen ausgingen, die heute gar nicht mehr bestehen. Die Frauenförderung habe sich verselbständigt und durch Feministinnen in Schlüsselpositionen dermaßen institutionalisiert, dass ein kritisches Hinterfragen der weiteren Notwendigkeit völlig unmöglich gemacht werde. Zudem gibt es immer noch staatlich geförderte Frauenbibliotheken, zu denen kein Mann Zutritt hat, wie z.B. in Hamburg.
Finanzielle Benachteiligung von Männern in Teilzeitstellen
Wenig bekannt ist die Tatsache, daß Männer auf Teilzeitstellen (<18h/Woche) deutlich weniger verdienen als Frauen auf vergleichbaren Stellen: "So klärt uns der „Gender-Datenreport“, den das Bundesfamilienministerium 2005 veröffentlichte, auf: „Unter den Teilzeitbeschäftigten kehren sich die Verdienstrelationen von Frauen und Männern zum Teil um (…). So liegt der Bruttojahresverdienst von Frauen, die weniger als 18 Stunden pro Woche arbeiten, 2002 bei 122 Prozent des Verdienstes von Männern in dieser Beschäftigungsform. Bei einer Teilzeitbeschäftigung über 18 Stunden pro Woche erreichen Frauen in Deutschland immerhin 96 Prozent des Männerverdienstes (S. 178)." Auch diese Spielart beruflicher Benachteiligung von Männern steht im Fokus der maskulistischen Bewegung (s. Manndat).
Kritik am Maskulismus
Feministische Kritik
Aus der Perspektive einiger Kritiker zielt der Maskulismus weniger auf tatsächliche Gleichberechtigung und eine wirkliche Veränderung der Geschlechterrolle des Mannes, als auf eine Revitalisierung traditioneller Rollen (Backlash) und Wiederherstellung männlicher Dominanz. Kritisiert werden dabei sowohl die Analyse der Maskulisten als auch ihre Zielperspektive. Der Maskulismus suggeriere, dass Frauen und Männer in der heutigen Gesellschaft dieselben Probleme hätten, Frauen heute im Prinzip gleichgestellt seien und keine gesellschaftliche Benachteiligung mehr erführen, während Männer diskriminiert würden. Die Ungleichheit der Geschlechter in Bezug auf den Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen und auf gesellschaftliche Teilhabe werde bestritten.
In Bezug auf die Zielsetzung des Maskulismus wird eine fehlende Absetzung von reaktionären und frauenfeindlichen Mitgliedern bzw. deren Positionen kritisiert. Von Autoren der Männerbewegung werde im Maskulismus ein Versuch gesehen, unter dem Deckmantel eines nur scheinbar gerechten „Gleichheitsgrundsatzes“ eine überkommene männliche Position auf Kosten von Frauen durchsetzen und die männliche Herrschaftsstruktur wiederherstellen zu wollen. Konkret gehe es dabei um die rarer werdenden Jobs, Zugänge zu Sozialleistungen und gesellschaftliche sowie private Macht.
Konservative Kritik
Kritik am Maskulismus kommt allerdings nicht ausschließlich von feministischer Seite, konservative Kritik wie die von Eva Herman widerspricht gerade der Grundthese von Maskulisten und Feministinnen: die Gleichheit der Geschlechter in allen Lebenslagen sei eben nicht wünschenswert und entspreche eben nicht dem Ideal der geschlechtergemäßen Behandlung. Zwar sei der Wunsch von Maskulisten, zu einem männlichen Selbstbewusstsein zu finden grundsätzlich richtig, Gleichwertigkeit bedeute aber nicht Gleichmacherei.
Wehrdienst und höhere Anforderungen an Männer im Berufsleben, zum Beispiel, seien nicht diskriminierend, sondern folgten aus der unterschiedlichen natürlichen Konstitution und Veranlagung der Geschlechter (siehe auch Diskriminierung).
Literatur
Literatur des Maskulismus
- Warren Farrell: Mythos Männermacht. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-86150-108-2
- Arne Hoffmann: Männerbeben. Das starke Geschlecht kehrt zurück. Lichtschlag, Grevenbroich 2007, ISBN 3-93956-203-3
- Arne Hoffmann: Sind Frauen bessere Menschen? Schwarzkopf und Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-382-9
- Martin van Creveld: Das bevorzugte Geschlecht. Murmann Verlag, 2003, ISBN 3-932-42552-9
Literatur über den Maskulismus
- Flood, Michael: Backlash: Angry men's movements in: Rossi, Staceay E.: The Battle and Backlash rage on. 2004, XLibris Corp., ISBN 1-4134-5934-X, S. 261-287 [1]
- Flood, Michael: Men's movements in: XY magazine, vol. 6. 1996. Über den Maskulismus, s. S. 69 [2]
Weitere Literatur
- Bly, Robert: Eisenhans. Ein Buch über Männer, Rowohlt, 2.Aufl. 2005, ISBN 3-499-62015-4
Weblinks
Neutrale Links
- Der US-amerikanische Geschlechterforscher Hugo Schwyzer über die Männerbewegung in den USA und die Einordnung des Maskulismus darin (englisch)
- Videostream zur Sendung 3Sat-Kulturzeit Feminismuskritik: Der Soziologe Rainer Paris analysiert das Mann-Frau-Verhältnis
- Kleine Männchen? Der Maskulist Michail Savvakis im Interview mit dem Männermagazin GQ.com
Maskulistische Links
- MANNdat e. V. – Initiative gegen Diskriminierung und Benachteiligung von Männern und Jungen
- Der Maskulist – Sammlung maskulistischer Aufsätze
- [3] - Partei gegen Diskriminierung von Männern und Vätern
Kritik am Maskulismus
- Men's Health – Artikel von Magnus Klaue in konkret
- Karin Jäckel - Gegendarstellung in Form eines offenen Briefes
- Maskulismus: Die politischen Ziele der Bewegung – ARTE-Dossier
- Lila Kröte - Gegendarstellung in Form einer Negativauszeichnung
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