Robert Michels
Robert(o) Michels (* 9. Januar 1876 in Köln, † 2. Mai 1936 in Rom) war ein deutsch-italienischer Soziologe. Er gehört zu den Gründervätern der modernen Politikwissenschaft. Berühmt geworden ist er durch das eherne Gesetz der Oligarchie. Sein politischer Lebensweg führte ihn vom Linkssozialisten in der deutschen SPD über den Syndikalismus zum italienischen Korporatismus. Michels gilt als einer der bedeutendsten politiksoziologischen Parteienkritiker des 20. Jahrhunderts.
Robert(o) Michels Hauptwerk ist die zuerst 1911 erschienene Studie über das sozialistisch-sozialdemokratische Parteiwesen. Hier entwickelt Michels das für Elite-Theorien zentrale „eherne Gesetz der Oligarchie": die machtpolitisch bedingte Verschiebung idealistischer Zielsetzungen durch eine nur noch am eigenen Machterhalt interessierten Parteiclique. Michels illustriert seine Leitthese mit empirischen Materialien aus in der damals politisch oppositionellen deutschen Sozialdemokratie zu Beginn des 20.Jahrhunderts SPD.
Leben
Michels stammte aus einer Kaufmannsfamilie in Köln und studierte in Paris, München, Leipzig, Halle und Turin Geschichte und Nationalökonomie. Im Jahr 1900 promovierte er zum Dr. phil. und heiratete Gisela Lindner. 1901 trat Michels dem Partito Socialista Italiano (PSI) in Italien sowie 1903 in Marburg der SPD bei, für die er im gleichen Jahr erfolglos für ein Reichstagsmandat im Wahlkreis Alsfeld im Vogelsberg (Großherzogtum Hessen) kandidierte. Er war Delegierter auf den sozialdemokratischen Parteitagen von 1903 (in Dresden), 1904 (in Bremen) und 1905 (in Jena). Die Erfahrungen dieser Parteitage prägten sein Werk. Wegen seiner Teilnahme an sozialistischer Agitation wurde ihm in Deutschland die Habilitation verwehrt. Auch Max Weber setzte sich vergeblich für Michels ein.
1907 verließ Michels Deutschland und ging als Privatdozent nach Turin. Im gleichen Jahr nahm er am internationalen Sozialistenkongress in Stuttgart teil. Dann verließ er die sozialistischen Parteien und wendete sich dem revolutionären Syndikalismus zu. Im Jahr 1913 wurde Michels italienischer Staatsbürger. Bald darauf (1914) erhielt er einen Ruf als Professor für Nationalökonomie und Statistik an der Universität Basel. Michels unterhielt in der Folge engen Kontakt mit Vilfredo Pareto.
1923 trat Michels dem Partito Nazionale Fascista (PNF) von Benito Mussolini bei. Er bewunderte Mussolini, der ebenfalls aus der syndikalistischen Richtung des Sozialismus kam, und später, nach seinem Marsch auf Rom, Italiens duce wurde. Mussolinis soll auch dafür gesorgt haben, daß Michels 1928 auf den neueingerichteten Lehrstuhl für Nationalökonomie und Korporationswesen in Perugia berufen wurde, um dort eine faschistische Theorie des Korporatismus weiterzuentwickeln.
Robert(o) Michels starb 60-jährig in Rom.
Werke
- Storia del marxismo in Italia. Compendio critico con annessa bibliografia, Rom, 1910
- Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens, Leipzig: Werner Klinkhardt, 401 S. [=Philosophisch-soziologische Bücherei XXI], 1911; 1957 als Kröner-Taschenausgabe Band 250; ISBN 3-520-25004-7
- Sozialismus und Fascismus als politische Strömungen in Italien. Historische Studien München, 1925
- Materialien zu einer Soziologie des Fremden, in: Jahrbuch für Soziologie 1 (1925), S. 296-371
- Die Psychologie der antikapitalistischen Massenbewegungen, in: Grundriss der Sozialökonomik, IX. Abteilung, 1. Teil, Tübingen 1926, S. 241-359
- Soziologie als Gesellschaftswissenschaft. Berlin: Mauritius, 1926, 150 S. [= Lebendige Wissenschaft IV]
- Bedeutende Männer. Charakterologische Studien. Leipzig: Quelle & Meyer, 1927, 162 S.
- Der Patriotismus. Prolegomena zu seiner soziologischen Analyse, München - Leipzig, 1929
- Das psychologische Moment im Welthandel. Leipzig, 1931
- Eine syndikalistisch gerichtete Unterströmung im deutschen Sozialismus (1903-1907), in: Festschrift für Carl Grünberg zum 70. Geburtstag. Leipzig: C.L. Hirschfeld, 1932, S. 343-364
- Zur Soziologie der Bohème und ihrer Zusammenhänge mit dem geistigen Proletariat, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 136 (1932) I, S. 801-816
- Historisch-Kritische Untersuchungen zum politischen Verhalten der Intellektuellen, in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche, 57 (1933) I, S. 807-836
- Umschichtungen in den herrschenden Klassen nach dem Kriege. Stuttgart-Berlin: W. Kohlhammer, 1934, 133 S.
Literatur
- Timm Genett: Der Fremde im Kriege - Zur politischen Theorie und Biographie von Robert Michels 1876-1936. 2008. ISBN 978-3-05-004408-8
- Timm Genett (Hrsg.): Robert Michels: Soziale Bewegungen zwischen Dynamik und Erstarrung - Essays zur Arbeiter-, Frauen- und nationalen Bewegung. 2008. ISBN 978-3-05-004388-3
Bibliographie
- Opere di Roberto Michels. in: Studi in memoriam di Roberto Michels. Padova: CEDAM [R.Università degli studi di Perugia. Annali della facoltà di guirisprudenzan, ser. V, vol. XV], 1937, S. 39-76
Siehe auch
Maurice Duverger - Karl Marx - Gaetano Mosca - Moisei Ostrogorski - Vilfredo Pareto
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Michels, Robert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Soziologe |
GEBURTSDATUM | 9. Januar 1876 |
GEBURTSORT | Köln |
STERBEDATUM | 2. Mai 1936 |
STERBEORT | Rom |