Wilhelm Furtwängler
Wilhelm Furtwängler (* 25. Januar 1886 in Berlin-Schöneberg; † 30. November 1954 in Ebersteinburg bei Baden-Baden; beigesetzt auf dem Bergfiedhof in Heidelberg) war ein bedeutender deutscher Dirigent und Komponist.
Leben
Wilhelm Furtwängler wurde 1886 als Sohn des Professors für Archäologie Adolf Furtwängler und dessen Frau Adelheid (geb. Wendt) in Berlin geboren. Er wuchs in einer Umgebung auf, für die "deutsch" nicht etwa nur eine Herkunftsbezeichung darstellte – im Gegenteil, besonders auf kulturellem Gebiet galt "deutsch" als etwas an sich schon Überlegenes. Dieser geistige Hintergrund ist nicht nur der Schlüssel zu seiner späteren Interpretationskunst als überragender Dirigent, sondern führt auch unmittelbar zu einem Verständnis seiner ambivalenten Haltung in der Nazizeit.
Als Schüler besuchte er das humanistische Gymnasium in München und begeisterte sich für Musik. Ab 1899 erhielt er Privatunterricht in Tonsatz, Komposition und Klavier. Seine ersten Engagements führten ihn nach Breslau, Zürich, München, Straßburg und Lübeck. 1915 wurde Furtwängler Operndirektor in Mannheim, und übernahm 1920 als Nachfolger von Richard Strauss die Konzerte der Berliner Staatsoper. Ab 1922 arbeitete er als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker und dirigierte außerdem bis 1928 das Gewandhausorchester in Leipzig als Kapellmeister. 1931 übernahm er dann die Gesamtleitung der Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth.
Die Nazis hofierten Furtwängler wegen seiner internationalen Reputation als kulturelles Aushängeschild. Sie ernannten ihn 1933 zum Leiter der Berliner Staatsoper und zum Vizepräsidenten der Reichsmusikkammer. Er selbst sah sich als apolitischen Künstler. Weil er das Aufführungsverbot für Hindemiths "Mathis der Maler" nicht akzeptieren wollte, trat er 1934 als Leiter der Staatsoper und der Berliner Philarmoniker zurück. 1936 wollte er Deutschland verlassen, um als Nachfolger Toscaninis die New Yorker Philharmoniker zu übernehmen. Eine von interessierter Seite lancierte Falschmeldung, die wahrscheinlich von Göring ausging und verbreitete, Furtwängler habe die Leitung der Berliner Oper verbindlich zugesagt, löste jedoch Proteste in New York aus, so dass Furtwängler absagte. Stattdessen leitete er bis 1945 die Berliner und ab 1939 auch noch die Wiener Philharmoniker in der felsenfesten Überzeugung, durch die Macht der Musik Deutschland gegen eine teuflische Ideologie verteidigen zu können. Einem englischen Journalisten soll er dazu 1952 gesagt haben: "Ich wusste, dass eine einzige Aufführung eines großen deutschen Musikwerkes aus sich heraus eine stärkere und wesenhaftere Verneinung des Geistes von Buchenwald und Auschwitz war, als alle Worte es je hätten sein können. Hier bin ich Deutscher in jenem ewigen Sinn, von dem der Genius der großen Musik Zeugnis gibt."
1945 erhielt er von den Amerikanischen Besatzungsbehörden zunächst Dirigierverbot, weil er sich nicht ausreichend vom Nationalsozialismus distanziert hatte. Furtwängler wurde 1946 mit Unterstützung des jüdischen Geigers Yehudi Menuhin in Berlin und Wien "entnazifiziert". Wie die meisten der in Deutschland verbliebenen Kultur- und Geistesgrößen war er während der Nazizeit kein Widerständler oder gar Antifaschist gewesen. Es dauerte sieben Jahre, bis Furtwängler 1952 wieder die Leitung der Berliner Philharmoniker übernahm und gleichzeitig als deren Chefdirigent auf Lebenszeit geehrt wurde.
Erst im letzten Lebensjahr, so scheint es, begann Furtwänglers selbstkritische Beschäftigung mit dem, was von vielen als defizitär in seiner Lebensgeschichte angesehen wurde. Vielleicht ahnte er 1954, im Jahr seines Todes, dass der Mythos von einem unangreifbaren Kern der deutschen Kultur doch hinfällig geworden ist angesichts des ungeheuerlichen Mißbrauchs der "deutschen" Werte durch die Nazis. Kunst lässt sich nicht auf das gleiche Niveau wie Religion setzen, sie kann nicht die »reine Idee«, die romantische Idee sein, abgenabelt von jedem politischen Geschehen. Doch diese Erkenntnis ließ Furtwängler um so mehr Erlösung in der Welt der Musik suchen.
Werk
Furtwängler war ein Dirigent, dessen Fundament der Mythos von der Erlösungsfunktion der Musik ist. Furtwänglers Subjektivität, dieses schier unerschöpfliche Sich-Hineinsteigern in Formen und Elemente, diese Durchdringung der ihm anvertrauten Musik, hat ihren Ursprung in seiner Hinwendung zu den Werten des 19. Jahrhunderts.
Wenigen bekannt ist, dass Furtwängler auch komponierte. Sein schmales Oeuvre umfasst drei Sinfonien im ausladenden Stile Bruckners, ein Symphonisches Konzert für Klavier und Orchester und einige Kammermusikwerke.
Weblinks
- Furtwängler in Baden-Baden
- Biographie
- Biografie und Link zum Film "Taking Sides. Der Fall Furtwängler
siehe auch: Liste deutscher Komponisten
Personendaten | |
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NAME | Furtwängler, Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | Deutscher Dirigent und Komponist |
GEBURTSDATUM | 25. Januar 1886 |
GEBURTSORT | Berlin-Schöneberg |
STERBEDATUM | 30. November 1954 |
STERBEORT | Ebersteinburg bei Baden-Baden |