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Valproinsäure

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Strukturformel
Allgemeines
Freiname Valproinsäure
Andere Namen

2-Propylpentansäure

Summenformel C8H16O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 99-66-1
PubChem 3121
DrugBank DB00313
Wikidata Q240642
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N03AG01

Wirkstoffklasse

Antiepileptikum

Eigenschaften
Molare Masse 144,21 g·mol−1
Siedepunkt

222 °C [1]

pKS-Wert

4,6 [1]

Löslichkeit

Wasser: 2000 mg·L−1 (20 °C) [1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
EUH: {{{EUH}}}
P: {{{P}}}
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Valproinsäure oder Valproat ist ein Arzneistoff, ein Antiepileptikum.

Pharmakologische Eigenschaften

Valproinsäure greift an verschiedenen Strukturen an. Für seine antiepileptische Wirkung wird u. a. die Blockade von erregenden Ionenkanälen (spannungsabhängige Natrium-Kanäle und Calcium-Kanäle) sowie eine Verstärkung der Wirkung des hemmenden Neurotransmitters GABA (durch Hemmung des Abbaus von GABA und durch Aktivierung der Synthese von GABA) angenommen. Valproinsäure gehört auch zu den Histon-Deacetylase-Inhibitoren, was ihren Einsatz in der Krebstherapie denkbar macht.

Valproinsäure wird gut vom Körper aufgenommen und kann oral und intravenös verabreicht werden. Die Halbwertszeit liegt zwischen 12 und 16 Stunden. Bei gleichzeitiger Einnahme weitere Antiepileptika wie Phenytoin oder Carbamazepin kann die Halbwertszeit auf vier bis neun Stunden sinken.

Einsatzgebiete

Zur Therapie generalisierter Formen der Epilepsie zählt Valproinsäure zu den Mitteln der ersten Wahl. Valproinsäure ist auch zur Therapie manischer Zustände bei der bipolaren Störung zugelassen.

Eine besondere Eignung besteht bei der Behandlung von Absencen, Aufwach-Grand-Mal und jugendlicher myoklonischer Epilepsie.

Nach fachkundiger Einstellung des Patienten durch den Arzt führt Valproinsäure empirisch bei über sechs von zehn Patienten zu dauerhafter Anfallsfreiheit.

Nach den Empfehlungen der Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft kann Valproinsäure auch zur vorbeugenden Behandlung von Cluster-Kopfschmerz verwendet werden.

Bei Kleinkindern darf Valproinsäure nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, d. h. dann, wenn andere Antiepileptika nicht angewandt werden konnten. Der Grund hierfür ist die Möglichkeit eines tödlichen Leberzerfallskomas bei Kleinkindern; die Häufigkeit dieses tödlichen Ereignisses wird bei Kindern unter einem Lebensjahr auf 1:250 geschätzt.

Handelsnamen (alphabet.)

In den deutschen Apotheken findet man diesen Wirkstoff in folgenden handelsüblichen, zugelassenen Arzneimitteln: Convulex®, Convulsofin®, Depakine®, Ergenyl®, Ergenyl chrono®, espa-valept®, Leptilan®, Mylproin®, Orfiril®, Valpro beta®, Valpro TAD®, Valproat-neuraxpharm®, Valproat RPh®, Valproat Sandoz®, valprodura®, Valproflux®, Valproinsäure von ct®, Valproinsäure-ratiopharm®, Valprolept®

Verträglichkeit, bekannte Nebenwirkungen

Vorteilhaft bei der Behandlung ist, dass Valproinsäure nicht sedierend wirkt und oft auch bei eventuell nicht erkannter idiopathischer generalisierter Epilepsie anschlägt. Es kann auch intravenös verabreicht werden.

Neben einigen harmloseren und vorübergehenden Nebenwirkungen kann es unter der Behandlung mit Valproinsäure zu inakzeptablen Nebenwirkungen kommen, die einen Abbruch der Behandlung erfordern:

Als häufigste Nebenwirkungen kommt es zu Schläfrigkeit, Zittern (Tremor), Ernährungsproblemen (geringer oder übermäßiger Appetit), Gewichtszunahme durch Wassereinlagerungen, Durchfall, übermäßiger Speichelbildung und vorübergehendem Haarausfall. Gelegentlich treten Hörstörungen, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen / Muskelhypotonie, Gangunsicherheit, übersteigerte Aktivität, Stupor, Ödembildung (Wassereinlagerungen) und Verwirrtheit auf und auch das Auftreten einer hirnorganischen Erkrankung (dosisunabhängig), seltener entwickelt sich eine chronische Erkrankung des Gehirns mit Störungen der kognitiven Leistungsfähigkeit (Enzephalopathie). Letzteres Phänomen ist insbesondere bei einer Langzeittherapie beobachtet worden und es geht dann oft mit vermehrten Krampfanfällen und schweren Allgemeinveränderungen im EEG einher. Bei Frauen kann es zum PCO-Syndrom kommen. Insbesondere am Behandlungsbeginn können Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit auftreten. Häufig kommt es zu einer Blutbildveränderung mit z. B. Verminderung der Blutplättchen (Thrombozytopenie), Enzyminhibition. Valprorinsäure kann zudem die Blutgerinnung beeinflussen, was zu einer erhöhten Blutungsneigung führen kann. Seltener kommt es zu einer Nierenfunktionsstörung in Form eines Fanconi-Syndroms, einer Schädigung der Leber (teils mit tödlichem Ausgang) oder der Bauchspeicheldrüse (ebenfalls mit teils tödlichem Ausgang / gehäuft beim Vorliegen von Stoffwechselstörungen und bei Kombinationstherapie mit anderen Medikamenten). Bei einem Verdacht auf eine solche Störung ist das Medikament sofort abzusetzen. Dem klinischen Bild des Patienten ist hier stets mehr Bedeutung beizumessen, als den Laborbefunden, da es insbesondere bei Leber- und Bauchspeicheldrüsenschäden erst akut zu einer Verschlechterung der Blutwerte kommt.

In einer retrospektiven Untersuchung haben N. Adab et al. vom Centre for Neurology and Neurosurgery in Liverpool herausgearbeitet, dass Kinder, bei denen während der Schwangerschaft die Mutter mit dem Antiepileptikum Valproinsäure behandelt wurde, einen herabgesetzten verbalen Intelligenzquotienten (VIQ) als Nachkommen haben, die vorgeburtlich nicht mit diesem Medikament in Berührung kamen.[2]

Zudem wird diskutiert, ob pränatale Valproinsäure-Gabe zu erhöhter lokaler kortikaler Hyperkonnektivität (und damit vielleicht Autismus) führen kann.[3]

Quellen

  1. a b c d Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  2. Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry 2004; 75:1575-1583, 1517-1518
  3. Rinaldi, T. et al: Hyperconnectivity of Local Neocortical Microcircuitry Induced by Prenatal Exposure to Valproic Acid. Cerebral Cortex Advance Access published on July 17, 2007. doi:10.1093/cercor/bhm117