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Präsidentschaftswahl in Simbabwe 2008

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Amtsinhaber Robert Mugabe
Datei:Morgan Tsvangirai.jpg
Oppositionsführer Morgan Tsvangirai

Die Präsidentschaftswahlen in Simbabwe fanden zusammen mit Parlaments- und Kommunalwahlen am 29. März 2008 statt. Es waren insgesamt 5,9 Millionen Simbabwer zur Wahl aufgerufen.[1]

Im Mittelpunkt des Interesses stehen die Präsidentschaftwahlen, bei denen der amtierende Präsident Robert Mugabe für eine sechste Amtszeit kandidiert. Herausforderer Mugabes sind der Anführer der Oppositionspartei MDC, Morgan Tsvangirai, sowie die unabhängigen Kandidaten Simba Makoni und Langton Toungana.[2] Während Toungana keine Chancen bei den Wahlen eingeräumt werden, galt Makoni, der bis 2002 Finanzminister von Simbabwe war und wegen seiner Kandidatur von der Regierungspartei ZANU-PF aus der Partei ausgeschlossen wurde, im Vorfeld der Wahl als der dritte aussichtsreiche Präsidentschaftskandidat.

Im Vorfeld der Wahl wurde von Experten vor Wahlfälschungen und möglichen Unruhen gewarnt. Internationale Wahlbeobachter wurden größtenteils ausgeschlossen, nur Vertreter befreundeter Staaten wurden zugelassen.[3] Auch vielen ausländischen Journalisten wurde für die Wahlberichterstattung keine Akkreditierung erteilt.

Wahlkampf

Nach den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2002, bei denen Robert Mugabe Wahlfälschungen vorgeworfen wurden, war der Termin für die nächste Wahl lange umstritten. Nach den Parlamentswahlen vom 31. März 2005 hatte Mugabe zunächst erklärt, 2007 zurückzutreten, danach wurde aber der Plan bekannt, die Präsidentschaftswahlen zusammen mit den regulären Parlamentswahlen im Jahr 2010 abzuhalten.[4] Schließlich entschied das Zentralkommitee der regierenden ZANU-PF, die Amtsperiode der Präsidentschaft zu verkürzen und zusammen mit vorgezogenen Parlamentswahlen im März 2008 abzuhalten.[5] Mugabes erneute Kandidatur wurde im Dezember 2007 von der ZANU-PF bestätigt.

Als endgültiger Wahltermin wurde am 25. Januar 2008 trotz Boykottdrohungen der oppositionellen MDC der 29. März 2008 festgelegt.[6] Die kurzfristige Ansetzung der Wahl, die der Opposition wenig Zeit zur Organisation ihres Wahlkampfes ermöglichte und den Vermittlungsversuchen des südafrikanischen Präsidenten Mbeki zwischen Regierung und Opposition ein Ende bereitete, wurde international kritisiert.

Die MDC entschied sich schließlich, mit Oppositionsführer Morgan Tsvangirai zur Wahl anzutreten. Als weitere Präsidentschaftskandidaten bewarben sich Simba Makoni, der als innerparteilicher Gegner Mugabes antrat, sowie der unabhängige Politiker Langton Toungana. Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage in Simbabwe, für die Mugabes Politik verantwortlich gemacht wird, war die regierende ZANU siegessicher.

Während des Wahlkampfes äußerten Oppositionspolitiker mehrmals die Sorge, dass die Wahl manipuliert werden könnte. Es wurde die Befürchtung geäußert, dass die Wählerlisten manipuliert sein könnten.[7] Die Regierung Simbabwes hatte für die Wahlen Wahlbeobachter aus der EU sowie den Vereinigten Staaten ausgeschlossen. Die Außenminister der Europäischen Union erklärten daraufhin ihre Besorgnis, dass die Wahlen nicht frei und fair verlaufen könnten; Vertreter der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) zeigten sich aber überzeugt, dass die Wahlen sauber seien.[8]

Umfragen vor der Präsidentschaftswahl deuteten auf eine Entscheidung zwischen Mugabe und Tsvangirai hin. Die regierungsnahe Zeitung The Herald prognostizierte einen Tag vor der Wahl einen Wahlsieg für Mugabe mit 56 % der Stimmen, gefolgt von Tsvangirai mit 27 % und Makoni mit 14 %.[9] Der Wahltag verlief weitestgehend friedlich, es wurden aber schon während des Wahlgangs Manipulationsversuche offensichtlich.[10]

Die wichtigsten Kandidaten

Robert Mugabe

Robert Mugabe ist seit der Unabhängigkeit Simbabwes Regierungschef der Republik, zunächst als Ministerpräsident unter Präsident Banana, ab 1987 in Personalunion als Regierungschef und Staatspräsident. Eine zunehmend autokratische Herrschaft führte zur internationalen Isolierung Mugabes, zum Ausschluss aus dem Commonwealth of Nations und zu massiven wirtschaftlichen Problemen in Simbabwe.[11] Die von Mugabe angeführte Zimbabwe African National Union (ZANU-PF) verteilte daher großzügig Geschenke in Form von Lebensmitteln an die verarmte Bevölkerung und höheren Gehältern für die Staatsangestellten.

Morgan Tsvangirai

Morgan Tsvangirai, Führer der in sich zerstrittenen Oppositionspartei MDC, trat bereits zur Präsidentschaftswahl im Jahr 2002 gegen Mugabe an, verlor aber bereits im ersten Wahlgang gegen den Amtsinhaber. Trotzdem war Tsvangirais Stimmenanteil von 42 % der bisher höchste, den ein Gegenkandidat Mugabes erreichen konnte.

Tsvangirai will Simbabwe mit Wirtschaftreformen und der Beendigung der internationalen Isolation aus der Krise führen. Nähere Angaben zum Regierungsprogramm blieb die Opposition bislang schuldig. Gespräche zwischen Tsvangirai und Arthur Mutambara, dem Anführer der von der MDC abgespaltenen Gruppierung, über eine Vereinigung der beiden Fraktionen waren Anfang Februar 2008 gescheitert.[12] Mutambara erklärt, dass er nicht selbst bei der Präsidentschaftswahl antreten wollte, versagte Tsvangirai aber seine Unterstützung und sprach sich statt dessen für Simba Makoni aus.[2]

Simba Makoni

Simba Makoni gab seine Kandidatur erst am 5. Februar 2008 bekannt. Er war von 2000 bis 2002 Finanzminister von Simbabwe, hatte sich dann aber mit Präsident Mugabe überworfen. Seine überraschende Kandidatur führte zu Spannungen in der Regierungspartei ZANU-PF. Zwar wurde Makoni umgehend aus der Partei ausgeschlossen, doch setzte er in seinem Wahlkampf darauf, Anhänger der ZANU-PF für sich zu gewinnen.[13] Dem Präsidenten Robert Mugabe wirft der ehemalige Finanzminister vor, die wirtschaftlichen Probleme und die hohe Inflation selbst verursacht zu haben. Makoni gilt als ein vom Westen unterstützter Kandidat, nach Angaben der staatlich kontrollierten Zeitung The Herald sei sein Wahlkampf von britischen und südafrikanischen Unternehmen finanziert worden.[14]

Nach der Wahl

Verzögerte Bekanntgabe der Wahlergebnisse

Mit ersten Wahlergebnissen wurde für den 31. März 2008 gerechnet, durch die schleppende Auszählung der Stimmen verzögerte sich die Bekanntgabe offizieller Ergebnisse.[15] Nach Umfragen des staatlich unabhängigen Zimbabwe Election Support Network sollte Morgan Tsvangirai mit einem Stimmanteil von 49 % vor Robert Mugabe liegen, der auf 42 % der Stimmen kam. Abgeschlagen war nach diesen Erhebungen der unabhängige Bewerber Makoni mit einem Stimmanteil von 8 %.[16] Die Zeitung The Herald berichtete, dass erste Ergebnisse zeigten, dass keiner der Kandidaten die nötige Mehrheit von mehr als 50 % erreichen könne. Bei den Parlamentswahlen liefern sich MDC und ZANU-PF ebenfalls ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Angesichts des zu erwartenden knappen Wahlausgangs kursierten Spekulationen über das Schicksal von Präsident Mugabe. Diplomatischen Kreisen zufolge wollte sich Mugabe nicht einem zweiten Wahlgang stellen; Gerüchte, dass die MDC bereits Gespräche mit der simbabwischen Regierung über einen Rücktritt Mugabes führe, wurden dagegen am 1. April von beiden Seiten dementiert[17], Robert Mugabe erklärte sich Anfang April zu einem möglichen zweiten Wahlgang gegen Tsvangirai bereit.[18]

Am 2. April 2008 erklärte sich die MDC zum Wahlsieger. Die Partei gab bekannt, ihr Kandidat Tsvangirai habe mit 50,3 % der Stimmen die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Kurz darauf teilte die nationale Wahlkommission mit, dass die Regierungspartei bei den Parlamentswahlen ihre Mehrheit eingebüßt hat. Die MDC gewann nach Auszählung aller Wahlkreise 109 Sitze, die ZANU-PF von Präsident Mugabe kam auf 97 Mandate. Die Zanu-PF wurde damit erstmals seit der Unabhängigkeit Simbabwes (1980) nicht stärkste Kraft des Landes.[19]

Das Lager von Präsident Mugabe zweifelte den Wahlsieg Tsvangirais an und forderte stattdessen eine komplette Neuauszählung aller Stimmen.[20] Ungeachtet der Proteste der Opposition begann die Wahlkommission daraufhin drei Wochen nach den Wahlen mit der Neuauszählung der Stimmen zur Parlamentswahl in 23 von 210 Wahlkreisen. Dabei wurden allerdings keine gravierenden Änderungen im Vergleich zur ersten Auszählung festgestellt, die Wahlkommission bestätigte somit den Wahlsieg der MDC bei den Parlamentswahlen.[21]

Ein Antrag der Opposition auf sofortige Veröffentlichung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen wurde dagegen am 14. April vom Obersten Gericht Simbabwes abgelehnt.[22] Die MDC hatte vor der Gerichtsentscheidung mit einem Boykott eines zweiten Wahlganges bei der Präsidentschaftswahl gedroht.[23]

Nach langem Zögern beschloss die MDC, an einer Stichwahl um das Präsidentenamt teilzunehmen. Ihr Kandidat Morgan Tsvangirai sagte vor Journalisten im südafrikanischen Pretoria, der zweite Wahlgang sei die Chance, Diktator Robert Mugabe den K.-o.-Schlag zu versetzen. Als Bedingungen für seine Teilnahme an der Stichwahl nannte er unter anderem ein Ende der Gewalt, die Entsendung von Friedenstruppen der SADC und die Zulassung der internationalen Presse und internationaler Beobachter.[24]

Politische Krise

Der ungewisse Ausgang der Präsidentschaftswahlen führte zu einer angespannten Situation in Simbabwe. Es nahmen die Befürchtungen zu, dass sich die ZANU-PF mit Gewalt an der Macht halten könnte. In der Hauptstadt Harare wurde ein nächtliches Ausgehverbot verhängt, schwer bewaffnete Polizisten patrouillieren durch die Straßen und Robert Mugabe rief erneut zur Verteidigung des Landes gegen „die Weißen“ auf. Nach Zeitungsberichten wurden mehrere Wahlbeamte unter dem Verdacht des Betrugs und Amtsmissbrauchs festgenommen; ihnen wird vorgeworfen, Stimmen für Mugabe unterschlagen zu haben.[25] Ende April stürmten Sondereinheiten der Polizei die Zentrale der MDC in Harare. Bei der Razzia wurden rund 200 Menschen festgenommen. Nach eigenen Angaben reagierten die Sicherheitskräfte damit auf Gewaltakte von MDC-Anhängern gegen Mitglieder der ZANU-PF. Auch Büros unabhängiger Wahlbeobachter wurden von der Polizei durchsucht, dabei seien Unterlagen zur Stimmauszählung mitgenommen worden.[26]

Morgan Tsvangirai forderte die internationale Gemeinschaft zur Hilfe auf, es sei Zeit für eine entschlossene diplomatische Initiative.[27] Er bot angesichts des Sieges der MDC bei den Parlamentswahlen die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit an. Welche Rolle Robert Mugabe in solch einer Regierung spielen könne, sei Verhandlungssache.[28] UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zeigte sich besorgt über die Verletzung der in der simbabwischen Verfassung festgelegten Zeitspanne zur Bekanntgabe der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen.[25] Auch die Europäische Union[18] und US-Präsident Bush forderten eine sofortige Veröffentlichung der Wahlergebnisse[25], ein Sprecher der US-Regierung bestätigte den Wahlsieg Tsvangirais[26].

Sowohl die Regierung Simbabwes als auch die MDC nahmen am 12. April an einem von dem sambischen Präsidenten Mwanawasa einberufenen Krisengipfel der SADC teil, Robert Mugabe selbst blieb dem Treffen aber fern. Am gleichen Tag kam der südafrikanische Präsident Mbeki mit Mugabe in Harare zusammen; es wird erwartet, dass Mbeki seine Vermittlungsbemühungen wieder aufnimmt, nachdem er zwei Tage zuvor Tsvangirai empfangen hatte.[29] Die SADC bestritt nach dem Gipfeltreffen die Existenz einer Krise in Simbabwe, ermahnte aber die Regierung zur Veröffentlichung der Wahlergebnisse.[30]

Ergebnisse des Ersten Wahlgangs

Am 2. Mai 2008, fünf Wochen nach dem Wahlgang, wurden die Ergebnisse der Präsidentenschaftswahlen offiziell bekanntgegeben. Demnach kommt Tsvangirai auf 47,9 % der Stimmen, Mugabe auf 43,2 %. Damit verfehlten beide die absolute Mehrheit, sodass eine Stichwahl erforderlich wird. [31] Die MDC ließ aber zunächst offen, ob Morgan Tsvangirai an der Stichwahl teilnehmen wird.[32] Inzwischen wurde diese Bereitschaft erklärt.[33]

Kandidat Partei Stimmenanteil
Morgan Tsvangirai MDC 47.9 %
Robert Mugabe ZANU-PF 43.2 %
Simba Makoni Unabhängiger Kandidat 8.3 %
Langton Toungana Unabhängiger Kandidat 0.6 %

Einzelnachweise

  1. Tagesschau: Nur die Ruhe vor dem großen Sturm? vom 29. März 2008.
  2. a b AFP: Zimbabwe presidential candidates confirmed vom 15. Februar 2008.
  3. Der Standard: Keine Wahlbeobachter aus Westeuropa und den USA eingeladen vom 7. März 2008.
  4. IRIN: ZIMBABWE: Mugabe set to rule until 2010 vom 14. Dezember 2006.
  5. Sydney Morning Herald: Zimbabwe's Mugabe to stand in 2008 poll vom 31. März 2007.
  6. Neue Zürcher Zeitung: Wahlen in Simbabwe bereits am 29. März vom 26. Januar 2008.
  7. Euronews: Wieder Wahlbetrug in Simbabwe? vom 24. März 2008.
  8. BBC News: First poll observers in Zimbabwe vom 11. März 2008.
  9. Stern: Mugabe ist siegessicher vom 29. März 2008.
  10. Tagesschau: Friedlich, aber unfair? vom 30. März 2008.
  11. Tagesschau: Vom Hoffnungsträger zum Tyrannen vom 29. März 2008.
  12. BBC News: Zimbabwe opposition fail to unite vom 4. Februar 2008.
  13. BBC News: Mugabe rival expelled from party vom 12. Februar 2008.
  14. New Zimbabwe: UK, South Africa companies deny funding Makoni vom 4. März 2008.
  15. Neue Zürcher Zeitung: Simbabwes Wahlkommission lässt sich Zeit vom 1. April 2008.
  16. BBC News: Zimbabwe election pressure mounts vom 2. April 2008.
  17. Neue Zürcher Zeitung: Gerüchte über möglichen Rücktritt Mugabes vom 2. April 2008.
  18. a b Wiener Zeitung: Mugabe will in die Stichwahl vom 4. April 2008.
  19. Reuters: "Endergebnis: Opposition in Simbabwe erobert Parlament" vom 3. April 2008
  20. Die Presse: Simbabwe: Mugabe-Partei fordert komplette Neuauszählung vom 6. April 2008.
  21. Tages-Anzeiger: Mugabe-Partei hat Wahlen verloren vom 26. April 2008.
  22. Die Presse: Simbabwe: Gericht lehnt Antrag der Opposition ab vom 14. April 2008.
  23. ORF.at: Simbabwe: Opposition verweigert Präsidentenstichwahl vom 10. April 2008.
  24. Tagesschau:Oppositionsführer Tsvangirai zu Stichwahl bereit vom 10. Mai 2008
  25. a b c AFP: Bush fordert Veröffentlichung der Wahlergebnisse in Simbabwe vom 8. April 2008.
  26. a b Tages-Anzeiger: Razzia bei der Opposition in Simbabwe vom 25. April 2008.
  27. Die Presse: Mugabe ruft zur Verteidigung gegen "die Weißen" auf vom 7. April 2008.
  28. Tages-Anzeiger: Opposition will Regierung der nationalen Einheit vom 9. April 2008.
  29. Tagesschau: Sorge um Entwicklung in Simbabwe vom 12. April 2008.
  30. Die Presse: „Es gibt keine Krise in Simbabwe“ vom 13. April 2008.
  31. BBC News: Zimbabwe announces poll results vom 2. Mai 2008.
  32. Der Standard: Tsvangirai kündigt Rückkehr nach Simbabwe an vom 4. Mai 2008.
  33. Die Welt: [1] vom 4. Mai 2008.