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Bolesław III. Schiefmund

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Bolesław III., genannt Schiefmund, (polnisch) Bolesław III Krzywousty (* 20. August 1085 in Krakau; † 28. Oktober 1138 eventuell in Sochaczew, Polen) Sohn Herzog Władysław I. Hermans aus seiner zweiten Ehe mit Judith von Böhmen; ab 1102 Herzog von Polen, ab 1107 Alleinherrscher, aus der Dynastie der Piasten.

Biographie

Seitdem Zbigniew mit Unterstützung des Adels und des Episkopats 1096 zum legitimen Nachfolger erkoren worden war, wuchs während der anhaltenden Kämpfe Władysław I. Hermans und seines Palatins Sieciech mit den beiden Prinzen und der Adelsopposition das Ansehen Bolesławs, der nach dem Tode des Vaters aber nur zwei Provinzen (Schlesien und Kleinpolen), das heißt etwa ein Drittel des Piastenstaates, erhielt, während Zbigniew aufgrund seiner Herrschaft über den Rest der Gebiete die Oberhoheit beanspruchte.

Bolesławs Kriegszüge nach Pommern 1102–1106 verschafften ihm Beliebtheit bei der Ritterschaft, der die friedfertige Politik Zbigniews nicht gefiel. Es gelang ihm 1107, mit ruthenischer und ungarischer Hilfe, den Stiefbruder aus seinem Anteil zu vertreiben und ganz Polen allein zu beherrschen. Als Bolesław aber in Böhmen 1108 einfiel, um seinem Verbündeten, König Koloman von Ungarn, zu helfen, der gegen ein deutsch-böhmisches Heer kämpfte, fand Zbigniew die Unterstützung des deutschen Königs Heinrich V. und des Herzogs Svatopluk von Böhmen, deren Einfall in Schlesien 1109 jedoch missglückte. Um aber weitere kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Heiligen Römischen Reich zu vermeiden, erklärte sich Bolesław zur Zahlung eines Tributs von 500 Mark Silber jährlich an König Heinrich und 1110 zum Abschluss einer ungleichen Allianz (amicicia) mit ihm bereit. Gleichzeitig aber nutzte Bolesław die nach der Ermordung Svatopluks am 21. September 1109 im Böhmen ausgebrochenen Thronkämpfe aus, um den neuen Herzog von Böhmen Vladislav I. 1111 zum Verzicht auf den Tribut zu zwingen (1137 im Pfingstfrieden von Glatz bestätigt), den die böhmischen Herzöge von polnischen Herrschern seit dem Vertrag von 1054 jährlich erhoben.

Als Zbigniew zu diesem Zeitpunkt zurückkehrte, verlieh Bolesław ihm einige Burgen als Apanage, ließ aber bereits 1112 den Halbbruder blenden. Die allgemeine Empörung, die sich nach dem baldigen Tod Zbigniews erhob, versuchte Bolesław durch Pilgerfahrten zur Sühnung seiner Tat zu mildern. Ostern 1113 wurde er dann in Gnesen wieder in die Kirche aufgenommen, was ihm die Machtausübung von neuem ermöglichte.

Die dann friedlichen Beziehungen Bolesławs mit Böhmen und dem Reich erleichterten ihm die Eroberung Pommerellens 1113–1116 und des lutizischen Lebuser Landes zwischen Oder und Spree 1115/1119, sowie die Unterwerfung Pommerns 1121/1122, dessen Herzog Wartislaw I. die polnische Oberhoheit anerkennen und sich zu Tribut, Heerfolge und Christianisierung seines Landes verpflichten musste.

Zu einer Verschärfung der Spannungen musste es freilich kommen, als Bolesław nach dem Tode Kaiser Heinrichs V. 1125 aufhörte, den Tribut an das Reich zu zahlen, den er wahrscheinlich als persönliche Verpflichtung gegen Heinrich betrachtete.

Polen um 1138, gegen Ende der Regierungszeit von Boleslaw Schiefmund

Dank der guten Beziehungen Bolesławs zum Papsttum wurden 1124 die Bistümer in Kruszwica bzw. in Włocławek sowie in Lebus gegründet, denen die dem polnischen Staate neu einverleibten Gebiete durch den Kardinallegaten Aegidius von Tusculum zugewiesen wurden.

Die Christianisierung des unterworfenen Pommerns gelang Bolesław zwar, nicht aber die gewünschte Eingliederung in die polnische Kirchenprovinz Gnesen: Nach dem gescheiterten Versuch der Missionierung Pommerns durch einen aus Spanien stammenden Bischof Bernhard 1121/1122 war dann Bischof Otto von Bamberg auf zwei Missionsreisen 1124 bis 1128 erfolgreich. So wurde von polnischer Seite bereits 1124/1125 die Gründung eines pommerschen, zur polnischen Kirchenprovinz Gnesen gehörenden Bistums geplant und Adalbert, der Hofkaplan Bolesławs, als Bischof von Pommern vorgesehen. Päpstliches Wohlwollen für die Missionsunternehmungen und die guten Verbindungen Bolesławs zu den Babenbergern und Staufern, wie sie 1125 in der Vermählung des ältesten Sohns Bolesławs, Władysław, mit Agnes, der Tochter des Markgrafen Leopolds von Österreich, zum Ausdruck kamen, ließen auf baldige Verwirklichung dieses Vorhabens hoffen.

Zur Verwirklichung der Interessen Bolesławs an Pommern gehörten auch 1130 die Vermählung seiner Tochter Richeza mit Prinz Magnus, dem Thronfolger und Sohn König Niels' von Dänemark, das gerade damals seinen Druck auf Rügen, Usedom und Wollin verstärkte, sowie die Verheiratung einer anderen Tochter mit Graf Konrad von Plötzkau 1132, der 1130 mit der sächsischen Nordmark belehnt wurde. Als aber nach dem Ausbruch des Schismas durch die Doppelwahl von 1130 Bolesław und die polnische Kirche unter dem Einfluss des Kardinals Aegidius von Tusculum auf die Seite Papst Anaklets II. getreten waren, erneuerte Norbert von Xanten, Erzbischof von Magdeburg, geschickt die alten Ansprüche und ließ sich von Papst Innozenz II. 1131 das Bistum Posen und 1133 alle polnischen, einschließlich auch der geplanten Bistümer unterstellen (u. a. „Inter Albiam et Oderam: Stetin et Lubus, ultra Oderam vero Pomerana ...“). Bolesław und die polnischen Bischöfe traten daraufhin auf die Seite Papst Innozenz' II. über, der 1136 die Metropolitanrechte von Gnesen wieder bestätigte.

Letztlich wurde das Bistum in Pommern erst 1140 gegründet, und zwar wegen der sächsisch-polnischen Gegensätze als ein exemtes, also unmittelbar dem Papst unterstelltes, Bistum.

Bolesławs unbedachtsames Eingreifen in die ungarischen Thronstreitigkeiten 1132 verwickelte Polen in Kriege mit Ungarn und Böhmen, dessen Herrscher 1134 Kaiser Lothar von Supplingenburg als Schiedsrichter wählten. In dieser Situation war Bolesław auf dem Hoftag in Merseburg 1135 genötigt, für Rügen, das er noch nicht unterworfen hatte, und Pommern die kaiserliche Lehnshoheit anzuerkennen, den rückständigen Tribut von zwölf Jahren zu bezahlen und sich zu Friedensschlüssen mit Ungarn und Böhmen zu verpflichten.

Bolesławs Nachfolgeordnung, welche die staatliche Einheit sichern sollte, wobei der jeweilige Senior mit Sitz in Krakau den Prinzipat (siehe Senioratsprinzip), die Oberhoheit über alle übrigen Mitglieder des Piastenhauses ausüben sollte, erwies sich schon bald nach Bolesławs Tod 1138 als unwirksam und leitete die bis 1295 währende Periode der polnischen Teilfürstentümer ein (siehe Partikularismus).

Ehen und Nachkommen

1. Ehe am 16. November 1102 mit Sbislawa, Tochter des Kiewer Fürsten Swjatopolk II.

2. Ehe 1115 mit Salomea, Tochter des Grafen Heinrich von Berg-Schelklingen


VorgängerAmtNachfolger
Władysław I. Herman und ZbigniewHerzog von Polen
1102–1138
Władysław II. der Vertriebene