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Genomische Prägung

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Genomisches Imprinting (engl. Genomic Imprinting) ist ein Vererbungsprinzip unabhängig von der klassischen mendelschen Vererbung (Gene, Allele) und folgt anderen Gesetzmäßigkeiten als diese. Imprinting beruht auf einer prinzipiell reversiblen Modifikation der DNA, die unabhängig vom klassischen genetischen Code ist (Epigenetik), und im Wesentlichen immer nur einen bestimmten Genlokus (und da immer nur eines der zwei Allele) betrifft. Wesentliche Unterschiede zur klassischen Vererbung sind a) die Reversibilität, b) die Unabhängigkeit vom genetischen Code, c) die Geschlechtsspezifität, und d) ihr weitgehend binärer Charakter. Der letzte Punkt beschreibt die Tatsache, dass die Information die mittels Imprinting an das spezielle Allel angebracht wird, im Wesentlichen nur zwei Zustände annehmen kann und der Informationsgehalt des Allels (die DNA-Sequenz) nicht verändert wird. Der modifizierte Zustand bedeutet, dass das Gen nicht abgelesen wird, der nicht modifizierte Zustand bedeutet das Gegenteil.

Genomisches Imprinting kann man vereinfacht auch als elternspezifische (maternale oder paternale) Ausprägung einer genetischen Anlage bezeichnen. Die Modifikation erfolgt während der Keimzellentwicklung (Spermatogenese und Oogenese). Das der Ausprägung (Phänotyp) zugrundeliegende Allel (Genvariante) kommt nur dann zur Expression, wenn es vom weiblichen (maternalen) oder vom männlichen (paternalen) Elternteil kommt.

Imprinting-ähnliche Phänomene wurden schon bei vielen (auch niederen) Tieren und Pflanzen beobachtet. Ob der Mechanismus bei allen der gleiche ist, ist zur Zeit noch unbekannt, aber alle diese Phänomene führen zu einem funktionellen hemizygoten Zustand (nur ein Allel vorhanden bzw. wirksam) am betroffenen Genlokus.

Genomisches Imprinting folgt nicht der klassischen mendelschen Vererbungslehre. Ein mutiertes Allel, das genomischem Imprinting unterliegt scheint rezessiv vererbt zu werden, wenn es von einem bestimmten geschlechtlichen Elternteil kommt, und dominant wenn es vom anderen geschlechtlichen Elternteil kommt. In Mäusen ist dieses Phänomen am besten Untersucht, und der Mechanismus der dem zugrunde liegt ist eine spezifische epigenetische Modifikation (im speziellen eine Methylierung von CpG-Inseln) der DNA an der betroffenen Stelle, die in der Folge zu einer Stilllegung des Gens führt (Silencing). Die Modifikationen werden beim Durchgang durch die Keimbahn (Meiose) zuerst gelöscht, dann geschlechtsspezifisch wieder aufgebaut (entweder nur maternal oder parternal). Es sind schon dutzende Gene bekannt, die genomischem Imprinting unterliegen (z.B. H19 und WT1 - aktives Allel maternal oder Xist und ApoE - aktives Allel paternal), und einige Krankheiten beim Menschen die mit diesen Genen in Zusammenhang gebracht werden (Chorea Huntington, Angelman Syndrom, Prader-Willi Syndrom). Auch bei der Entstehung mancher Krebsarten (z.B. Wilms-tumor) ist die Beteiligung von genomischen Imprinting gezeigt worden.

Genomisches Imprinting ist vermutlich auch bei den Problemen bei in-vitro Fertilisation (IVF) mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion ICSI und beim Klonen von Säugetieren beteiligt.

"Imprinting" im Sinne der klassischen vergleichenden Verhaltensforschung siehe: Prägung (Verhalten)