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Millstätter Berg

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Der Millstätter Berg ist ein Hochplateau zwischen Millstätter See und Millstätter Alpe (Nockberge) in Kärnten / Österreich. Die parallel zum nördlichen Ufer verlaufende, etwa 10 km lange Hochfläche zwischen Matzelsdorf und Treffling im Gemeindegebiet von Millstatt und Seeboden liegt rund 260 m über dem See (855 m ü. A.). Die Ausrichtung von Nordwest nach Südost und eine Höhenlage über der Nebelgrenze führen zu einer überdurchschnittlich hohen Zahl von Sonnentagen. Über diese Talstufe führt die Obermillstätter Landesstraße L17 von Dellach nach Sappl mit einer Abzweigung nach Matzelsdorf, weiter nach Lammersdorf, Obermillstatt, Laubendorf, Gössering, Tangern bis Treffling.

Millstätter Berg rechts neben dem Millstätter See gegen Westen

Orte am Millstätter Berg

Millstätter Berg bei Matzelsdorf gegen Osten mit Mirnock
Görtschach gegen die Millstätter Alpe
Millstätter Berg bei Lammersdorf und Obermillstatt gegen Süden

Der Millstätter Berg ist im Osten durch den steilen Abfall nach Döbriach topografisch deutlich begrenzt. Im Westen zieht sich die Talstufe bis zum Liesertal hin. Der landschaftliche Abfall zum Millstätter See ist nicht mehr stark ausgeprägt. Historisch gesehen war Tangern ein Dorf des Millstätter Klosters, während Liedweg schon zur Herrschaft Sommeregg gehörte. Heute sind Tangern sowie alle weiter westlich liegenden Ortschaften wie Liedweg, Schloßau oder Treffling Teil der Gemeinde Seeboden. Im einheimischen Sprachgebrauch wird der zur Gemeinde Millstatt gehörende Ortsteil Gössering als westlichster Ort des Millstätter Bergs angesehen. Folgende Ortschaften liegen (von Osten nach Westen) am Millstätter Berg:

  • Starfach, eine heute zur Gemeinde Radenthein gehörende Streusiedlung mit 136 Einwohnern,[1] liegt am südöstlichen Abhang des Millstätter Bergs bei Döbriach. Ursprünglich hatte die Siedlung eine Gotteshaus, die Maria Magdalena-Kapelle, eine Filialkirche von Millstatt, die einstweilen in ein Wohnhaus umgebaut wurde. Die frühere Kirchenglocke ist heute in Matzelsdorf.
  • Matzelsdorf Siehe Hauptartikel
  • Sappl Siehe Hauptartikel
  • Görtschach ist eine Streusiedlung mit 105 Einwohnern. Die in Kärnten häufiger anzutreffende Ortsbezeichnung Görtschach leitet sich aus der spätalthochdeutschen Lehnform aus dem schriftslowenischen Goričah ab, das bei den Bichlern bedeutet.[2] Dieser Zusammenhang wird hier besonders deutlich, denn der älteste Bauernhof, der Pichler erstmals 1520 erwähnt, liegt auf einem der für die Landschaft typischen Hügel. Das ortsnamentliche Gegenstück ist Dellach vom slawischen Dôljah, das bei den Talbewohnern bedeutet. Beide Ortschaften liegen am Görtschacher Bach. Durch einen alten Fußweg waren die Orte früher stärker miteinander verbunden, als die heute weit ausholende Autostraße vermuten lässt. Weitere alte Höfe sind der Niggele und der Lindel. Bei beiden bestehen die alten Häuser, jeweils in Blockbauweise, noch.[3] Die drei kleineren Höfe von Görtschach heißen Aichbichler, Bodenbauer und Waldadam.
  • Lammersdorf ist eine Dorf mit 163 Einwohnern. Der Ortsname, 1177 als Lomärsdorf, 1466 als Lamersdorff geht auf den slawischen Personenname (Mi-)Lomĕr zurück. Der Ort, auf dessen Gebiet die bisher ältesten Siedlungsfunde Oberkärntens gefunden wurden (siehe unten) ist viel älter. Beim Fastian, heute Hotel XXX, wurde ein Urne aus der Urnenfelderzeit gefunden und Steinbeile gefunden. Der Ort liegt am Pesentheiner Bach. Alte Höfe sind der Mentele, Fastian, Wastl und Gritzen.[4]
  • Grantsch ist eine Streusiedlung mit 80 Einwohner. Die Ortschaft mit einem Namen unbekannten Ursprungs wurde 1466 als Gränsch, 1506 als Gratsch erwähnt. Bis in das 20. Jhdt. waren auch noch die Bezeichnungen Gräntsch und Grätsch gebräuchlich.
  • Obermillstatt Siehe Hauptartikel
  • Weitere Siedlungen sind Kleindombra (92 Einwohner), Schwaigerschaft (115 Einwohner), Großdombra (185 Einwohner), Tschierweg (149 Einwohner), Öttern (19 Einwohner).
  • Laubendorf ist ein Dorf mit 233 Einwohner.
  • Gössering ist das westlichste Dorf der Gemeinde Millstatt mit 57 Einwohnern.

Geschichte

5.000 Jahre Siedlungskontinuität (Lammersdorf / Görtschach / Sappl)

Millstätter Berg bei Sappl gegen Westen, der Schanzkogel ist der dritte Waldhügel im Hintergrund
Feuersteinklinge von Sappl (ca. 4.500 v. Chr)

Der Millstätter See liegt in einem von eiszeitlichen Gletschern geformtem Trogtal, wobei die Millstätter Berg als Überrest eines voreiszeitlichen Tales eine Trogschulter bildet. Am markantesten ist der steile Abfall bei Matzelsdorf (848 m), dem östlichsten Ort am Plateau. Typisch für den eiszeitlichen Gletscherschliff sind Kuppen, die sich aufgrund härteren Gesteins dem Abrieb länger widersetzen. Bei Lammersdorf sind solche besonders gut erkennbar.

Auf und um diese Kuppen fanden sich die bisher ältesten Siedlungsspuren in Oberkärnten. Am „Mentepichel“ oder „Schanzkogel“ gegenüber von Lammersdorf und Görtschach wurden Anfang der 1950er Jahre Spuren einer jungsteinzeitliche Siedlung aus der Zeit von 3000 bis 1.900 v. Chr. ausgegraben. Das ist der bisher einzige Siedlungsfund aus dieser Zeit in Oberkärnten. Neben einer Wohngrube mit Steinsetzungen im Durchmesser von 6 m und einer Feuerstelle wurden zahlreiche Gefäßbruchstücke, steinerne Klingen, Steinabschläge, Pfeilspitzen, und ein Spinnwirtel aus Ton gefunden. Nicht weit davon, im einstweilen entwässerten Sappler Moor fand sich eine 11 cm lange, leicht gekrümmte, besonders schöne Feuersteinklinge (Silex). In Treffling wurde ein spitzhackiges Steinbeil aus Amphibolit aus dieser Epoche gefunden.[5] Zwei in Lammersdorf gefundene Lochbeile sind heute leider verschollen.

Mehrere Funde, unter anderem eine Urne in Lammersdorf, eine bronzene Lappenaxt in Treffling, ein Werkzeugdepot bei Seeboden, Lanzenspitzen von der Millstätter Alpe und Ferndorf, zeigen eine durchgehende Siedlungskontinuität am Millstätter Berg auch in der Bronze- (1.900 ~ 1.400. v. Chr.) und Urnenfelderzeit (bis ca. 750 v. Chr.). Aus der Zeit in der keltische Stämme wie die Noriker in den Ostalpen oder die Veneter im Hinterland der nördlichen Adria-Region als Bevölkerung anzunehmen sind, gibt es direkt am Millstätter Berg noch keine Funde. In Seeboden wird eine Pfahlbausiedlung aus dieser Zeit vermutet. Bezeugt ist eine vorrömische Siedlung bei dem nicht weit entfernten St. Peter in Holz, aus der sich die römische Stadt Teurnia entwickelte.

Frühchristentum (Laubendorf)

Millstätter Berg bei Laubendorf gegen Südwesten

Aus der Epoche des Frühchristentums (5.-6. Jahrhundert) stammt eine Kirche in Laubendorf, deren Grundmauern erhalten geblieben sind.[6] Eine Besonderheit der einfachen Saalkirche ist die entlang der nördlichen Mauer angebaute Sitzbank. Die Reliquiengrube unter dem Altar war mit einem römischen Grabstein abgedeckt, der den Familien Barbii und Cispii zugeordnet werden.[7] Beide entstammen reicher Handelsfamilien in Aquileia, die in Norikum wichtige Handelsverbindungen für Bergbauprodukte kontrollierten. In der Römerzeit (ca. 45-4. Jahrhundert n. Chr.) gab es keine Straße direkt am Millstätter See. Die Römerstrasse führte entlang des heutigen Verlaufs der Obermillstätter Landesstrasse, nur das der Weg nicht bei Dellach, sondern über Starfach und Matzelsdorf auf den Berg kam. Millstatt war am Landweg nur von Obermillstatt oder Laubendorf (Tanger) erreichbar. Das sumpfigen Seeufer war für die frühen Siedler weniger attraktiv, das es schwer zugänglich und ohne landwirtschaftliche Gunstlagen ist.

Slawisches Frühmittelalter

Millstätter Berg bei Obermillstatt
Millstätter Berg von der Burg Sommeregg aus Richtung Osten

Die Kirche von Laubendorf wurde um das Jahr 600 zerstört. Ab dieser Zeit begann die slawische Besiedelung, welche heute noch in vielen Ortsnamen nachklingt.[8] Einige sind nach ihrem slawischen Gründer oder Besitzer benannt, wie Matzelsdorf (1177 Dulmatisdorf), das Dorf des Dolmač; Lammersdorf (1177 Lomärsdorf), das Dorf des (Mi-)Lomer, Liedweg (1579 Ludwig) von Lj(u)doviče, Dorf des Ljud(a) oder Treffling (1065 Treuelicha) von Trebeliče, Dorf des Trebela. Tangern (1065-75 Togarum) kommt von *togûr, einem großer, starrer Menschen. Auf örtliche Besonderheiten verweisen Groß- und Kleindombra (1177 Dowrab) von altslawisch do(m)brava Eichen- oder Sumpfwald oder Görtschach von Gorĭčah „bei den Bichlern“. Bodenfunde aus dem Frühmittelalter (7.-9. Jahrhundert) gibt es am Berg in Treffling (Befestigung, Burgstall) und in Sappl (Gräber). Vor der Zeit der Gründung des Stifts Millstatt um 1070 gehörte das Gebiet zum ältesten Kärntner Kloster Molzbichl, das um 780 gegründete wurde. Um das Jahr 1100 war die Kolonialisierung durch die Baiern in den gut zugänglichen Gebieten Oberkärntens schon weit fortgeschritten. Deutsche Ortsnamen wie Sappl (1286 villa Saepl) vermutlich vom althochdeutschen Personennamen Segi(n)palt, Öttern (seit 1462) vom mittelhochdeutschen etter, dem Zaun, Schwaigerschaft von Schwaighof, ein Hof mit Vieh, Hohengaß von der hohen Gasse oder Laubendorf (1177 Lobinstorf) tauchen auf.

Das erstere detaillierte schriftliche Verzeichnis von Bauernhöfen ist der Urbar der Sankt-Georgs-Ritter von 1470, der bei der Klosterübernahme des Stift Millstatt von den Benediktinern verfasst wurde. In weiterer Folge ist die Geschichte des Millstätter Bergs eng an das Kloster Millstatt verbunden, dessen unmittelbares landwirtschaftliches Hinterland der Millstätter Berg war.

Landwirtschaft, Fremdenverkehr und Magnesit

Ambros-Hof in Sappl, erster Hof mit Fremdenzimmer am Millstätter Berg
Datei:Millstätter Berg AK 1914.jpg
Ansichtskarte von 1914 mit topographisch falscher Darstellung des Millstätter Bergs
Millstätter Berg bei Sappl Richtung Görtschach

Bis etwa 1950 war die Landwirtschaft die Haupterwerbsquelle der Bevölkerung, wobei Milchkuhhaltung und Rinderzucht vorherrschen. Beim über Jahrhunderte dominierenden Grundeigentümer Stift Millstatt hatte man kein Interesse an starken Bauer und übergab die Höfe nur in festgelegen Größen (Huben) als Lehen. Daher gibt es keine landwirtschaftlichen Großbetriebe. Mit der aufkommenden Motorisierung wurde das Auspendeln sehr erleichtert, wodurch immer mehr Nebenerwerbsbetriebe entstanden. Einstweilen gibt es nur mehr wenige im Vollerwerb bewirtschafte Bauernhöfe.

Die ersten Nebenerwerbsmöglichkeiten ergaben sich durch den aufkommenden Fremdenverkehr in Millstatt ab 1870. Für rege Bautätigkeit (Villen) und die Versorgung der Sommergäste waren viele Arbeitskräfte nötig und die Bauern hatten durch den Tourismus einen neuen Absatzmarkt für ihre Erzeugnisse. Ab 1930 bevölkerten die Gäste, die sich vorher nur am See aufhielten, auch die Dörfer am Millstätter Berg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gebiet elektrifiziert und mit Trink- und Nutzwasser versorgt. In den 60er und 70er Jahren erlebte die Privatzimmervermietung vorwiegend an bundesdeutsche Urlauber einen bis dato nicht für möglich gehaltenen Boom. Durch verändertes Reiseverhalten ist der Fremdenverkehr seit den 80er Jahren stetig im Rückgang begriffen. Seit einigen Jahren versucht man Akzente im sanften Tourismus zu setzen und forciert Wandern, Urlaub am Bauernhof oder Reiten (Sappl). Bei Tangern und Laubendorf wurde 1995 ein Golfplatz gebaut.

Der wichtigste Arbeitgeber der Umgebung ist das Magnesitwerk in Radenthein, das jedoch nicht mehr den Personalstand früherer Jahre hat. Als 1904 auf der Millstätter Alpe Magnesit gefunden wurde, entstand ein enormer Personalbedarf für den Bau des Werks der Österreichisch-Amerikanische Magnesit AG (heute RHI AG), den Abbau des Gesteins bis 1965 im Tagbau und die Verarbeitung zu feuerfesten Steinen.[9] Gewerbebetriebe gibt es am Millstätter Berg kaum. Viele pendeln auch nach Spittal an der Drau (Bezirkshauptstadt), Villach oder Klagenfurt.

Literatur

  • Bernd Oberhuber / Hans G. Kugler: Höfe, Häuser, Häuslichkeit. Bürgerliche und bäuerliche Wohnformen in Millstatt am See. 1994. [u.a. mit Kurzbeschreibung + Foto von 33 Bauernhöfen]
  • Matthias Maierbrugger: Die Geschichte von Millstatt. Mit einem Beitrag von Dr. Karl Dinklage: Die Geschichte des Marktes Millstatt. Herausgegeben von der Marktgemeinde Millstatt im Verlag Ferd. Kleinmayr, Klagenfurt. 1964 [422 Seiten / Überblickswerk ohne Fußnoten].
  • Matthias Maierbrugger: Urlaub am Millstättersee. Ein Führer. Heyn Verlag, Klagenfurt, 2. Auflage, 1978, ISBN 3-85366-269-2. [ohne Fußnoten]
  • Friedrich Koller: Vom ersten Gast zum Massentourismus. Der Einfluss des Fremdenverkehrs auf die Veränderung der Menschen, des Ortsbildes und der Ökologie in einer Gemeinde am Beispiel Millstatts. Diplomarbeit, Universität Klagenfurt, 2005.
Commons: Millstätter Berg – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Diese und alle weiteren aktuellen Einwohnerangaben Volkszählung 2001.
  2. Alle Ortsnamensdeutungen u. urkundliche Ersterwähnungen vgl. Eberhard Kranzmayer: Ortsnamenbuch von Kärnten. II. Teil. Klagenfurt 1958. Verlag des Geschichtsvereins für Kärnten.
  3. Hofbuch
  4. Hofbuch
  5. Die Funde sind zum Teil im Stiftsmuseum in Millstatt zu besichtigen.
  6. Die konservierte Kirche beim Klinar-Hof in Laubendorf ist frei zugänglich.
  7. Andreas Lippert: Reclams Archäologie Führer Österreich und Südtirol. Stuttgart, 1985.
  8. Vgl. Eberhard Kranzmayer: Ortsnamenbuch von Kärnten. II. Teil, 1958.
  9. Ausstellung zur Geschichte des Magnesitbergbaus im Stiftsmuseum in Millstatt oder im Türkhof beim Mühlenwanderweg in Kaning / Nationalpark Nockberge.

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