Gottfried Böhm

Gottfried Böhm (* 23. Januar 1920 in Offenbach am Main) ist ein deutscher Architekt und Bildhauer. Er ist der bisher einzige deutsche Träger des Pritzker-Preises, der bedeutendsten Auszeichnung in der Architektur.
Leben
Gottfried Böhm machte 1938 in Köln das Abitur, anschließend war er bis 1942 im Militär- und Kriegsdienst. Von 1942 bis 1947 studierte er Architektur und Bildhauerei an der TU (damals noch TH, siehe Technische Hochschule) und der Kunstakademie in München. 1947 trat er in das Architekturbüro seines Vaters Dominikus Böhm ein, das er seit dessen Tod im Jahre 1955 weiterführt. In jener Zeit war er auch Mitarbeiter bei der Wiederaufbaugesellschaft der Stadt Köln unter Rudolf Schwarz. Ab 1963 hatte er als Professor einen Lehrstuhl für Stadtbereichsplanung und Werklehre an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen inne. 1976 erfolgte die Ernennung zum Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung.
1986 wurde Gottfried Böhm als bisher einziger deutscher Architekt mit dem amerikanischen Pritzker-Preis ausgezeichnet – wegen seiner Seltenheit und hohen Dotierung auch „Nobelpreis der Architektur“ genannt. 1991 wurde er Ehrenmitglied des Royal Institute of British Architects in London.
2006 wurde sein Lebenswerk durch die Retrospektive „Felsen aus Beton und Glas“ des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt am Main geehrt. Das Museum hat von der Familie Skizzen, Zeichnungen und Modelle von Dominikus und Gottfried Böhm übernommen.
Das Architekturbüro in Köln wird heute weitgehend von seinen drei Söhnen Stefan, Peter und Paul Böhm fortgeführt. Er ist seit 1948 verheiratet mit der Diplom-Architektin Elisabeth, geb. Haggenmüller, und hat mit ihr vier Kinder.
Werk

Wie sein Vater Dominikus Böhm und sein Sohn Paul Böhm erbaute Gottfried Böhm zahlreiche Kirchen, besonders im Rheinland. Typisch ist die eigenwillige Beton-Glas-Architektur. Bekanntestes Beispiel seiner Baukunst ist die Wallfahrtskirche Maria Königin des Friedens in Neviges (1963–68). Ebenfalls das Kirchenschiff der Pfarrkirche St. Ludwig in Saarlouis wie auch kleinere Kirchen, zum Beispiel der Wiederaufbau der Jesuitenkirche in Koblenz, die Herz-Jesu-Kirche in Schildgen, St. Gertrud in der Kölner Neustadt, Pfarrkirche und Gemeindezentrum St. Paul in Bocholt, Christi Auferstehung in Köln-Lindenthal, St. Josef in Kierspe (mittlerweile eine anerkannte westfälische Kunststätte) oder St. Mariä Heimsuchung in Alfter-Impekoven, zählen zu seinen Bauwerken.
Der Kirchenbauer Böhm beteiligte sich mit seinem Sohn Paul auch an der Ausschreibung für die Planung einer Moschee in seiner Heimatstadt Köln und gewann mit seinem Entwurf 2006 einen ersten Preis. Bemerkenswert sind die Offenheit des Baus zur Stadt hin und die Gestaltung der Kuppel als Weltkugel. Beides steht für den Integrationsgedanken.
Gottfried Böhm hat auch Profanbauten errichtet, zum Beispiel das Rathaus in Bergisch Gladbach-Bensberg (1964–1969), das Rathaus mit Kulturzentrum in Bocholt, das Bürgerhaus Bergischer Löwe mit Theater in Bergisch Gladbach, das Stadthaus (Stadtbücherei) in Ulm, das Maritim-Hotel in Köln, das Hauptverwaltungsgebäude der Firma Züblin AG in Stuttgart-Möhringen und das Hauptgebäude des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik in Düsseldorf.
Die Idee einer Glasüberkuppelung des Reichstagsgebäudes geht auf Böhm zurück.[1] Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl gab Böhm kurz vor der Wende den Auftrag für einen Umbau des Reichstagsgebäudes.[2] In seinem Modell holte Böhm den Plenarsaal auf das Niveau des heutigen Glaskuppelrandes von Norman Foster.
Weitere Bauwerke (chronologisch nach ihrer Entstehungszeit), die er alleine entworfen hat, oder für die er in Zusammenarbeit mit seiner Frau Elisabeth und anderen die Verantwortung trug (Projekte, die nicht umgesetzt wurden, sind nicht aufgeführt; die Liste ist evtl. nicht abschließend):
Bauwerke
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Interieur von St. Ursula (Kalscheuren), Hürth, 1954–56
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Hubertuskirche in Aachen, 1965
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Christi Auferstehung, Köln-Lindenthal, 1968
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Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW, Hauptgebäude, Düsseldorf, 1972–75
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St.-Anna-Kirche, Hämmern, 1963
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Fussgängerbrücke Neulußheim, 1986–87
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Bezirksrathaus Köln-Kalk, 1992
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Herz-Jesu in Bergisch Gladbach - Schildgen, 1959-60
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Preise und Auszeichnungen
- 1967 Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten, Köln für Pfarrzentrum St. Gertrud, Köln (1962/1965)
- 1968 Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten, Münster
- 1971 Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten, Düsseldorf
- 1974 Kunstpreis Berlin der Akademie der Künste (Berlin)
- 1975 Großer Preis des Bundes Deutscher Architekten, Bonn
- 1977 F.-Villareal-Preis, Lima/ Peru
- 1982 Grande Medaille d'Or d'Architecture, L’Académie d’Architecture Paris, Frankreich
- 1983 Ehrenmitgliedschaft/ Honorary Member of the AIA American Institute of Architects
- 1985 Fritz-Schumacher-Preis, Hamburg
- 1985 Cret Chair Preis der University of Pennsylvania, Philadelphia, Pennsylvania, USA
- 1986 Jay-Pritzker Architecture Prize, New York City, USA
- 1993 Großer Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland
- 1994 Ehrenmedaille des Architekten- und Ingenieurvereins Köln „Für Verdienste um unsere gebaute Umwelt“
- 1996 Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen
Literatur
- Gottfried Böhm. Vorträge, Bauten, Projekte. Herausgegeben von Svetlozar Raèv. Karl Krämer Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-7828-1604-8
- Gottfried Böhm. Wasmuth Verlag, Tübingen, Berlin 2001, ISBN 3-8030-0610-4
- Böhm. Väter und Söhne. Kerver Verlag, Bielefeld, ISBN 3-924639-33-7
- Ulrich Weisner: Neue Architektur im Detail. Heinz Bienefeld, Gottfried Böhm, Karljosef Schattner. Karl Kerber Verlag, Bielefeld 1989, ISBN 3-924639-09-4.
Mitgliedschaften
Zitate
„Ein Gebäude ist für den Menschen Raum und Rahmen seiner Würde, und dessen Äußeres sollte seinen Inhalt und seine Funktionen reflektieren.“
„(A building is a human being's space and the background for his dignity and its exterior should reflect its contents and function.)“
Quellen
- ↑ Hanno Rauterberg: „Dem strengen Kasten wachsen kühne Flügel“, Die Zeit, 21. September 2006, Nr. 39
- ↑ Adolf Stock: „Felsen aus Beton und Glas. Die Architektur von Gottfried Böhm“, Deutschlandradio, 27. August 2006
- ↑ Dankesrede von Böhm für den Pritzker-Preis
Weblinks
- Commons: Gottfried Böhm – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
- Vorlage:PND
- Gottfried Böhm. In: archINFORM.
- Ausführliches Dossier zu Böhm in der ifa-Künstlerdatenbank
- Gottfried Böhm Pritzker Architecture Prize Laureate
Artikel
- „Himmel und Höhle“, Tagesspiegel, 10. Dezember 2005
- „Architektur von Gottfried Böhm: Felsen aus Beton und Glas“, hr, 24. August 2006, Ausstellungsbericht
- „Felsen aus Beton und Glas. Die Architektur von Gottfried Böhm“, Deutschlandradio, 27. August 2006, auch als Audio-Datei auf mp3
Bauten
- Züblin-Haus
- Theater Itzehoe
- Kirche St. Josef, Kierspe
- Herz-Jesu-Kirche Schildgen
- Stadtbibliothek Ulm
Personendaten | |
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NAME | Böhm, Gottfried |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Architekt und Bildhauer |
GEBURTSDATUM | 23. Januar 1920 |
GEBURTSORT | Offenbach am Main |