Kasberger Linde

Das Naturdenkmal Kasberger Linde (auch Kunigundenlinde oder Franzosenlinde genannt) ist eine Stein- oder Winterlinde bei Kasberg, einem Stadtteil von Gräfenberg im Landkreis Forchheim. Sie zählt zu den ältesten Bäumen in Deutschland. Die Linde steht auf einem Hochplateau des Jura. Bei ihr wurden in historischer Zeit Gerichtstage abgehalten. Der Boden ist steinig mit wenig Mergel und arm an Nährstoffen. Bei einem Vergleich mit anderen sehr alten Bäumen erscheint es möglich, dass die Linde aus der Zeit der Karolinger oder gar der Vorkarolingerzeit stammt. Einer Sage zufolge soll die heilige Kaiserin Kunigunde, die Gemahlin von Kaiser Heinrich II., vor etwa 1000 Jahren die Linde eigenhändig gepflanzt haben.
Beschreibung

Der Baum ist völlig ausgehöhlt, verwittert und stark nach Westen geneigt. Er wird von eisernen Stangen gestützt. Die Linde stellt ein Phänomen dar, da sie praktisch ohne Stamm, völlig hohl, nur von ihrer Rinde lebt. Der stark zerklüftete Schaft der Linde wird mit Eisenklammern zusammengehalten. Sie besteht nur noch aus einem abgestützten Hauptast, wobei die Zweige bis an die Spitze noch gut belaubt sind. August Sieghardt berichtet im August 1970 in Fränkische Schweiz – Landschaft, Geschichte, Kultur und Kunst, wobei er die Höhlung des Stammes als so groß beschreibt, „daß sich darin ein Reiter mit seinem Pferd leicht umdrehen kann“. Den Stamm wiederum gibt er als in vier Teile zerrissen, mit einen Umfang von nicht weniger als 16 Meter an. Den Hohlraum gibt er mit einer Größe von drei Metern an und den den mittleren Durchmesser der Linde mit 4,5 Meter. Den Durchmesser der Krone gibt er mit 20 Metern und die Höhe mit zwölf Meter an.

Die Linde wurde zwar im 20. Jahrhundert zweimal fachgerecht saniert, trotzdem schrumpft sie von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer mehr ein. Der Umfang betrug 1987 noch 11,2 Meter, davon sind heute nur noch knapp acht Meter übrig geblieben. Wenn man den völlig zerklüfteten Stamm rekonstruieren könnte, hätte er einen Umfang von 16 Metern. Da an dem hohlen Stamm aus Dendrologischer Sicht keine Jahresringzählungen möglich sind, bleibt das Alter der Linde unbekannt. Auch eine Altersbestimmung über den Gehalt an radioaktivem Kohlenstoff (Radiokohlenstoffdatierung, auch 14C-Datierung genannt) ist bei einem lebenden Baum problematisch. Nach den Angaben in der Literatur wäre die Linde schon über 1000 Jahre alt, davon schon 500 Jahre hohl. Hans Joachim Fröhlich – Initiator des Kuratoriums Alte liebenswerte Bäume in Deutschland e.V. – gibt die Linde im Jahre 1990 mit einem Alter von 1000 Jahren, bei einem Stammumfang, in 1,3 Meter Höhe gemessen, von 15,8 Meter an. Das Deutsche Baumarchiv gibt im Jahre 2007 jedoch das Alter der Linde mit nur 500 bis 580 Jahren an.
Geschichte

In der historischen Literatur gibt es mehrere Hinweise zur Linde. Der Landrichter von Auerbach soll laut Chronik im 13. Jahrhundert
- „zu Kasberg bei der noch stehenden Linde unter dem freien Himmel Schrannengericht mit ganzem Gerichtsstab“[1]
abgehalten haben. Bei dieser Aussage ist allerdings fraglich, ob es sich um dieselbe Linde handelt. 1902 erwähnte der Pionier und Baumfotograf Friedrich Stützer, dass:
- „vor etwa 50 Jahren noch zwei große Linden neben unsere Linde gestanden haben“ (also um 1850).[1]
Im Widerspruch dazu steht allerdings ein noch älteres Dokument aus dem Jahr 1764. Im Allgemeinen Oekonomischen Forst-Magazin werden nur zwei mächtige Linden erwähnt, die untere und die obere Linde. Die obere Linde wird als völlig hohl beschrieben und sei schon zweimal ausgebrannt. Vor einigen Jahren soll sogar ein ziemlich großer Mann hindurchgeritten sein. Diese Linde wird mit einem Umfang von 45 Schuh (rund 13,5 Meter) und einer Höhe von 60 Schuh (18 Meter) angegeben. Diese Angaben passen recht gut zur heutigen Linde. Die untere Linde sei einige Schritte entfernt gestanden und habe von außen noch völlig gesund ausgesehen. Der Umfang wird mit 28 Schuh (rund 8,4 Meter) bei einer Höhe von 70 Schuh (21 Meter) angegeben. Diese Angaben aus verschiedenen Zeiten lassen den Verdacht aufkommen, dass im Laufe der Jahrhunderte auf dem historischen Gerichtsplatz mehrere verschiedene Linden als Alte Linde gegolten haben. Am wahrscheinlichsten ist, dass die untere Linde aus dem Jahre 1764, die damals 8,4 Meter Umfang hatte, die heutige Kasberger Linde ist.
Sanierung
Das Naturdenkmal wurde mehrmals fachgerecht saniert. Im Sommer 1913 wurden die Äste der Linde abgestützt, der Hohlraum des Stammes wurde behandelt und der Baum eingezäunt. Die Kosten in Höhe von 3700 Mark trug der Bezirk Oberfranken und die Ortsgemeinde Kasberg. Im Jahre 1976 fand erneut eine komplette Sanierung, für 28.000 DM, statt. Die fachgerechte Sanierung wurde von dem Baumdoktor Michael Maurer aus Röthenbach bei Nürnberg, der sich einen Namen durch zahlreiche Sanierungen von Baumveteranen gemacht hat, durchgeführt.
Erzählungen

1795 lagerten unter der Linde ungarische Soldaten, wobei sich ein Husar mit seinem Pferd so geschickt in der Linde versteckte, dass er nicht zu erkennen war. Soldaten des geschlagenen General Jean-Baptiste Jourdan sollen 1796, als französische Truppen erstmals durch Kasberg zogen, mit einer Kanone auf die Linde geschossen haben, deswegen wird die Linde im Volksmund auch Franzosenlinde genannt. Die Beschießung der Linde wurde allerdings von einem Oberst untersagt, der mit seinem Pferd in die Linde hinein geritten ist und darin sein Pferd wendete. Bei einem weiteren Ritt von französischen Soldaten durch Kasberg im Jahre 1806 wurde die Linde in Brand gesteckt, wobei der Stamm durch das unter dem Baum entfachte Feuer schwer beschädigt wurde. Der Baum wurde allerdings nicht völlig zerstört. Die Linde ist heute nur noch ein Schatten ehemaliger Größe. In der Chronik von Gräfenberg von 1850 heißt es, dass ein Reiter mit Pferd und Waffen bequem durch die Linde hindurchreiten könne. Kasberger Einwohner tanzten früher an Festtagen öfters in der Linde, wobei sich sechs Tanzpaare ungehindert im Hohlraum der Linde drehen konnten.
Siehe auch
Literatur
- Stefan Kühn, Bernd Ullrich, Uwe Kühn: Deutschlands Alte Bäume. BLV Verlagsgesellschaft mbH München Wien Zürich, München 2002, Seite 128–129, ISBN 3-405-16107-X.
- Hans Joachim Fröhlich: Alte liebenswerte Bäume in Deutschland. Cornelia Ahlering Verlag, Buchholz 2000, Seite 288–289, ISBN 3-926600-05-5
- Hans Joachim Fröhlich: Wege zu alten Bäumen – Band 2, Bayern. Widi-Druck, Offenbach 1990, Seite 21–22 und 81, ISBN 3-926181-09-5
- Anette Lenzing: Gerichtslinden und Thingplätze in Deutschland. Verlagsbuchhandlung KG, Königstein im Taunus 2005, Seite 47–48, ISBN 3-7845-4520-3
- Hartwig Goerss: Unsere Baumveteranen. Landbuch-Verlag, Hannover 1981, Seite 115–118, ISBN 3-7842-0247-0.
Weblinks
- Kasberger Linde bei altebaeume.de
- Kasberger Linde bei frankenjura.com
- Textauszug aus Alte liebenswerte Bäume in Deutschland.