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Wasserwerk Haltern

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Das 1908 erbaute Wasserwerk Haltern versorgt ca. 1 Million Menschen, sowie Industrie und Gewerbe im nördlichen Ruhrgebiet, südlichen Münsterland und Duisburg mit Trinkwasser. Die Kapazität beträgt ca. 125 Millionen m³ pro Jahr, das sind ca. 350.000 m³ pro Tag. Betreiber ist die Gelsenwasser AG, die dort auch ihr Informationszentrum zur Wassergewinnung stationiert hat. Das Wasserwerk ist ein Teil der Themenroute Industriekultur an der Lippe und kann besichtigt werden.

Lage

Das Wasserwerk befindet sich in Haltern am See zwischen Wesel-Datteln-Kanal, Lippe und dem Halterner Stausee auf dem Wassergewinnungsgelände (Schutzzone 1, ca. 200 Hektar mit dem Südbecken: 56 Hektar). In Luftbildaufnahmen ist es anhand seiner 26 Versickerungsanlagen (Gesamtfilterfläche: 335.000 m²) deutlich erkennbar[1]. Zusätzlich existieren Brunnenanlagen auf dem Wasserwerksgelände (ca. 200 Vertikalbrunnen mit Tiefen von 40 m bis 70 m und einer Gesamtförderleistung bis max. 3.200 m³/Tag) und in den Waldgebieten der Haard (21 Vertikalbrunnen, Tiefe bis 93 m, max. 3.000 m³/Tag) und der Hohen Mark (10 Vertikalbrunnen, Tiefe bis 165 m, max. 1.500 m³/Tag). Pumpwerke an den Stauwerken des Halterner und des Hullerner Sees sorgen dafür, das auch bei Niedrigstand jederzeit Wasser entnommen werden kann. Die Anlagen sind durch ca. 29.500 m lange Wasserleitungen mit dem Wasserwerksgelände verbunden.

Wassergewinnung

Das Trinkwasser wird zu ca. 60% aus natürlich durch Niederschlag gebildetem Grundwasser (Brunnen in der Haard und der Hohen Mark) und zu ca. 40% durch Grundwasseranreicherung gewonnen. In niederschlagsarmen Zeiten kann aus dem Dortmund-Ems-Kanal bis zu 200.000 m³ Wasser täglich entnommen und bei Senden in die Stever eingeleitet werden, sodass an der Talsperre Hullern mittels der Pumpwerke weiterhin Wasser zur Verfügung steht.

Die Wassergewinnung und Aufbereitung in einzelnen Schritten[2]:

  • Das Wasser durchläuft zunächst eine Vorreinigung im Südbecken des Halterner Stausees mit Zugabe von Flockungs- und Aktivkohlemitteln nach Bedarf. Die dadurch ausfallenden Flocken binden weitgehen die gelösten und ungelösten Inhaltsstoffe (auch Pestizide), vermindern den Phosphatgehalt und damit die Eutrophierung. Sie werden durch Sedimentation entfernt.
  • Das Rohwasser wird dann aus dem Südbecken durch Pumpwerke (20.000 m³/Stunde Gesamtförderleistung) entnommen und über 4500 m lange Betonleitungen zu den 26 unterschiedlich großen Versickerungsbecken (4.000 m² bis 21.000 m², Gesamtfläche: 335.000 m²) geleitet.
  • Die natürlich vorhandenen Sande wirken als Langsamsandfilter, das Wasser verbleibt ca. 6 Wochen im Untergrund.
  • Durch die Vertikalbrunnen auf dem Wasserwerksgelände wird das gereinigte Grundwasser entnommen.
  • Ein Teil des aus der Haard und der Hohen Mark gewonnenen Brunnenwassers wird zur biologischen Entmanganung durch Druckfilterkessel geleitet. Diese sind mit Quarzkies gefüllt.
  • In den Tiefbehältern auf dem Wasserwerksgelände (insgesamt 28.000 m³ Inhalt) werden alle gewonnenen Wasser zusammengeführt.
  • Dort findet die Qualitätskontrolle statt. Es kann noch Natronlauge (pH-Wert-Anpassung), Monophosphat (Korrosionsschutz) oder Chlorbleichlauge (Desinfektion) zugesetzt werden.
  • Von dort aus wird das Trinkwasser mittels elektrischer Pumpen in das Versorgungsnetz eingespeist. Bei Stromausfall übernehmen Dieselaggregate die lokale Stromversorgung.

Halterner Sande

Die künstliche Grundwasseranreicherung ist ein besonderes Verfahren, das aufgrund der geologischen Situation in Haltern etabliert wurde.

  • Die Talsperren Halterner Stausee und Hullener See erfassen aus dem 880 km² großen Einzugsgebiet der Stever und des Halterner Mühlenbachs jährlich im Durchschnitt 240 Millionen m³ Wasser.
  • Dieses Oberflächenwasser wird über Versickerungsbecken in die Halterner Sande eingeleitet.

Die bis zu 300m mächtige Sandschicht mit einer ca. 100m dicken Grundwasserführung bietet besondere hydrogeologisch Voraussetzungen zur Filterung des langsam durchfließende Wassers (Fließgeschwindigkeit ca. 0,5 bis 1,5 Meter pro Tag). Sie hat eine Gesamtausdehnung von ca. 770km² und reicht im Süden von Dorsten, Marl, Oer-Erkenschwick bis nach Seppenrade, im Osten berührt es die Städte Dülmen und Coesfeld, im Norden geht es bis zu den Städten Gescher und Borken, im Westen bis zu den Gemeinden Raesfeld und Schermbeck. Die Schichten bestehen zum größten Teil aus lockeren, schluffigen Sanden, in tieferen Bereichen auch verfestigt und durchsetzt von Kiesen, Kalksandstein- und Quarzit-Bänke. Sie werden von den Recklinghäuser Sandmergeln unterlagert. Die Halterner Sande haben eine hohe Höffigkeit, d. h. hohe Fähigkeit zur Wasserspeicherung und zum Wassertransport. Die Brunnen in den Sanden erreichen eine hohe Ergiebigkeit (>1.000m³ Förderleistung). Das theoretisch nutzbare Grundwasservoluemen beträgt 17 km³. [3] Das aus den Halterner Sande entnommene Grundwasser enthält nur geringe Mengen an Mineralien (Calcium-Hydrogencarbonat-Wasser) und eignet sich daher besonders für die Trinkwassergewinnung[4].

Einflüsse auf die Wasserqualität

Die Wasserwerke Haltern liegen im Bereich des Kohlebergbaus am nördlichen Rand des Ruhrgebietes. Um Schäden durch Bergsenkungen und durch Zustrom von salzhaltigem Bergwasser zu vermeiden wurde eine Vereinbarung zwischen dem Bergbau und dem lokalen Wasserversorger geschlossen. Darin sind u.a. Abbaugrenzen südlich des Wasserwerkes festgelegt und regelmäßige geodätische Messprogramme zur Überwachung beschlossen worden.

Das Einzugsgebiet der Stauseen wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Die dabei eingesetzen Pflanzenschutz- und Düngemitteln führten in den 80er Jahren zu erhöhten Schadstoffwerten in den Zuflüssen und in den Stauseen selbst[5]. Besonders bekannt wurden die Atrazin-Werte, die durch den Maisanbau erhöht waren. Zur Erhaltung der Wasserqualität wurden Soforttmaßnahmen (Aktivkohledosierung in der Vorreinigung) und längerfristige Maßnahmen (Kooperation mit der Landwirtschaft) eingeleitet[6]. Die Kooperation mit der Landwirtschaft zeigte deutliche Erfolge, sodass die Aktivkohledosierung bis auf die Jahre 2001 und 2004 nicht in Betrieb genommen werden musste[7].

Zur besseren Zusammenarbeit untereinander, mit den staatlichen Wasserbehörden und der Landwirtschaft wurde die AWHS – Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Halterner Sande im Juni 1998 von den Stadtwerken Borken, Coesfeld, Dülmen, Gescher, der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft mbH (RWW) und der Gelsenwasser AG gegründet.

Da das Wasser nicht direkt aus den Stauseen entnommen wird stehen diese für kontrollierte Freizeitaktivitäten (Schwimmbad, Segelsport, Ausflugsboot "Möwe", Wander- und Radwegenetz) zur Verfügung.

Sonstiges

Die höchste Tagesmenge wurde mit 413.868 m³ am 02. Juli 1986 abgegeben.

Im Wasserwerk Haltern sind rund 100 Mitarbeiter und bis zu 25 Auszubildende beschäftigt.

Versorgungsgebiet

Direkt über die Gelsenwasser AG oder indirekt über Wiederverkaufspartner werden versorgt: Altenberge, Billerbeck (teilweise), Castrop-Rauxel (Pöppinghausen, nördlicher Teil Henrichenburgs), Datteln (Stadtgebiet außer Bereich Losheide und Am Schwarzbach), Dülmen (teilweise), Duisburg (teilweise), Gelsenkirchen (Stadtgebiet außer Feldmark, Neustadt, Rotthausen, Ückendorf, Bulmke-Hüllen), Haltern am See, Havixbeck, Herne, Herten, Lüdinghausen, Marl, Münster (teilweise), Nordkirchen (teilweise), Nordwalde (teilweise), Nottuln (teilweise), Oer-Erkenschwick, Olfen, Recklinghausen, Selm (teilweise) und Senden (Kernstadt, Bösensell)[8].


Einzelnachweise

  1. Google Map Satellitenbild
  2. Entnommen aus den Informationstafeln im Informationszentrum Halterner Wasserwerk
  3. AWHS "Halterner Sande" Kurzversion
  4. http://www.awhs.de/Was_sind_die_Halterner_Sande/was_sind_die_halterner_sande.html
  5. Gewässergütebericht 1997 der LUA NRW
  6. Veröffentlichung des Umweltbundesamtes "Ökonomisch und ökologisch nachhaltige Wasserversorgung am Beispiel der Halterner Seen"
  7. Veröffentlichung der Landwirtschaftskammer "Kooperation Landwirtschaft und Wasserwirtschaft im Einzugsgebiet der Stevertalsperre", 2007
  8. Infos der Gelsenwasser AG über das Wasserwerk Haltern