Leopold Hoesch

Der Industrielle Leopold Hoesch (* 13. Januar 1820 in Düren; † 21. April 1899 in Düren) gründete 1871 in Dortmund in der damaligen preußischen Provinz Westfalen das Eisen- und Stahlwerk Hoesch AG, die spätere Westfalenhütte.
Auf dieser Unternehmensgründung basiert die Hoesch Stahl AG, eines der bedeutendsten Unternehmen der Montanindustrie. Die Hoesch Stahl AG beschäftigte 1964 34.000 Menschen in ihrem Unternehmen.
1991 wurde das Unternehmen von der Krupp Stahl AG übernommen. Die Stahlproduktion in Dortmund endete mit der Demontage der Westfalenhütte im Jahre 2002. Das Werk wurde in China wiederaufgebaut.
Biografie
Leopold Hoesch – Ein „Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle“ Eine ausführliche Biografie von Gerd Mörsch abgedruckt in der Festschrift zum 100jährigen Jubiläum des Leopold-Hoesch-Museums
Eberhard Leopold Hoesch, genannt Leopold Hoesch, war Geschäftsmann, Kunstliebhaber, Politiker, sozialer Wohltäter und Förderer und gilt in seiner Heimatstadt Düren bis heute als einer ihrer berühmtesten und erfolgreichsten Söhne. Über seine Persönlichkeit ist – außer den wenigen hier folgenden Zeilen – kaum etwas bekannt. Am gesellschaftlichen Leben seiner Heimatstadt nahm er stets regen Anteil, seine Redegewandtheit und „rasche Auffassungsgabe machten ihn zum gegebenen Leiter großer Versammlungen und Konferenzen und verhalfen oft seinen Anträgen und Ansichten zum entscheidenden Siege.“ Als einziger Sohn von Wilhelm Hoesch (1791-1831) und seiner Frau Johanna (1790-1879), eine geborene Schoeller, wurde Leopold am 13. Januar 1820 in Düren geboren. Das protestantische Elternhaus galt als ein fröhliches Heim. Seine fünf Schwestern hingen mit schwärmerischer Zärtlichkeit an ihrem Bruder, dem viel Sinn für Humor, außergewöhnliche Intelligenz und ein lebhaftes Interesse an allen musischen, wissenschaftlichen Dingen und rege Anteilnahme an allen geistigen Strömungen seiner Zeit nachgesagt wird.
Sein Vater Wilhelm hatte gemeinsam mit seinen Brüdern Eberhard und Ludolph im Jahre 1812 die Firma „Gebrüder Hoesch“ gegründet, welche die Papier- und Eisenbetriebe der Familie in Krauthausen, Schneidhausen, Zweifall und Simonskall zusammenfasste. Durch den Zukauf des kleinen Hüttenwerks der Familie Deutgen in Lendersdorf im Jahre 1819, begann sich der industrielle Schwerpunkt der Familie Hoesch auf die Eisenbranche zu verlagern. Noch im gleichen Jahr zog Ludolph sich wieder aus der Firma zurück und erhielt als seinen Anteil die Papierfabrik in Krauthausen. Eberhard und Wilhelm behielten die restlichen Betriebe und firmierten fortan unter dem Namen „Gebrüder Eberhard und Wilhelm Hoesch“, wobei Wilhelm sich vor allem um die Papierfabrik in Schneidhausen kümmerte. Leopolds Onkel Eberhard konzentrierte sich auf die Eisenbranche. Dank einer gefährlichen Reise nach England im Jahre 1823 – wo damals die günstigsten und hochwertigsten Eisenwaren hergestellt wurden – konnte Eberhard das Wissen für die Herstellung und Verarbeitung des Metalls gewinnen und im Lendersdorfer Werk anwenden. Ihm gebührt das Verdienst, das sogenannte Puddelverfahren 1824 als erster im Rheinland eingeführt zu haben. Dank seiner Tüchtigkeit konnte die Firma bereits 1839 die ersten Schienen für die Rheinische Eisenbahn liefern und von diesem Zeitpunkt an, am rasanten Ausbau des Schienennetzes profitieren. Besondere Vorteile für die Dürener Industrie brachte die am 1. September 1841 eröffnete Eisenbahnstrecke Köln-Düren-Aachen.
Während das Wissen und die Kenntnisse der Unternehmungsführung zuvor meist vom Vater auf den Sohn übertragen wurde, zeichnete sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein Wandel ab. Besonders deutlich wird dies bei den Familien Hoesch und Schoeller, die in dieser Zeit ohne große Erfahrung die Papierproduktion aufnahmen. Dank angeworbener holländischer Facharbeiter konnten sie das in Düren begrenzte Fachwissen so erweitern, dass ein technischer Vorsprang entstand, mit dem sie alteingesessene Papiermacher bald überflügelten. So entstand großer Reichtum und die Erkenntnis, dass mit der bisherigen Ausbildungstradition – nach dem Besuch der Elementarschule folgte stets die Lehre im väterlichen Betrieb – gebrochen werden musste. Demzufolge bemühten sich alle reichen Fabrikantenfamilien zu Beginn des 19. Jahrhunderts, ihren Kindern eine bestmögliche theoretische und praktische Ausbildung zu ermöglichen. Von diesem Wandel zeugt ein Brief Eberhards an seinen Sohn Viktor aus dem Jahre 1838: „In unserem Geschäft tritt jetzt eine große Concourentz ein, und wenn man für die Zukunft nicht mit guten Vorkenntnissen ausgerüstet ist, so kann man darin nichts leisten (...).“
Nach dem Besuch der protestantischen Elementarschule in Düren schickte Wilhelm Hoesch – wie fast alle wohlhabenden Dürener Industriellen – seinen Sohn Leopold nach Köln auf die 1828 gegründete Höhere Bürgerschule. Sie wurde mit dem Ziel gegründet, ihre Schüler auf das kommende Zeitalter von Technik, Industrie und Welthandel vorzubereiten und vermittelte vor allem Technik, Naturwissenschaften und moderne Fremdsprachen. Doch am 23. September 1831 starb Leopolds Vater Wilhelm noch bevor er sein vierzigstes Lebensjahr vollenden konnte. Daher schloss Eberhard am 24. April 1832 einen Vertrag mit Leopolds Mutter Johanna. Laut J. Hashagen belief sich das Vermögen des Verstorbenen „übrigens auf nur 92.000 Thaler (...).“ Von da an lag die Erziehung des elfjährigen Leopolds allein in den Händen seiner strengen Mutter. Ihr wird Scharfblick, Willensstärke und Intelligenz nachgesagt und J. Hashagen beschreibt sie als eine der „anziehendsten und bedeutendsten Frauengestalten in der Geschichte der Familie Hoesch.“ Leopold hegte bis zu seinem Tode die größte Verehrung und Hochachtung für die Leistungen seiner Mutter. Die strenge Erziehung Johannas wird sich wohl kaum von der im Hause ihres Schwagers Eberhard unterschieden haben. Dessen Grundsätze sind sehr gut in Briefen an seine Söhne dokumentiert. „Du sollst Dich plagen!“ wurde den Kindern immer wieder vorgehalten, denn die erste Pflicht des Menschen sei die Arbeit. Sparsamkeit, rastlose Tätigkeit und peinlich genaue Pflichterfüllung dienten der Erweiterung und Existenzsicherung des Familienbesitzes. In diesem Sinne schrieb Eberhards Frau an ihren zwölfjährigen Sohn Viktor am 10. September 1836: „Darum plag Dich tüchtig, damit Du recht gescheit wirst und Deinem tüchtigen Vater bald helfen kannst.“ Neben Fleiß, Religion, Vaterlandstreue, Fremdsprachen und technisch-theoretischen Wissen spielten auch die Künste eine große Rolle in der Erziehung. Leopolds Onkel Eberhard schwärmte 1835 von einer Reise nach Paris und Versailles und den dort eingehend studierten Bildergalerien. Auch seine Frau mahnte die Kinder eindringlich zum Besuch einer Kölner Kunstausstellung im Jahre 1839.
Nach dem Abitur in Köln besuchte Leopold drei Jahre die polytechnische Schule in Wien und lebte bei seiner ältesten Schwester Pauline, die dort seit 1831 mit ihrem Mann Alexander Schoeller wohnte. Leopolds Schwager war ein erfolgreicher Geschäftsmann und wurde aufgrund seiner Erfolge in den erblichen Adelsstand erhoben und lebenslängliches Mitglied des österreichischen Herrenhauses. Dank Alexander Schoeller hatte Leopold schon während seiner Ausbildung die Gelegenheit, moderne Unternehmensstrategien zu studieren, die ihm später in Düren halfen, das Schicksal des Familienunternehmens erfolgreich zu meistern. Nach Abschluss des Polytechnikums ging Leopold – bevor seine Karriere in Düren begann – noch einige Monate nach Lüttich, um sein Französisch zu perfektionieren, denn die Sprache spielte im Rheinland nach wie vor eine große Rolle.
Wieder in Düren arbeitete Leopold im Geschäft seines strengen Onkels Eberhard, den er respektvoll und liebevoll zugleich in einem Brief an dessen Sohn Viktor „den alten Löwen“ nannte. Eberhard übernahm für Leopold die Rolle eines Vaters, er erkannte seine Fähigkeiten und die für damalige Verhältnisse überdurchschnittliche Ausbildung und verlieh ihm schon bald eine bevorzugte Stellung im Unternehmen. Die Beziehung zwischen den beiden vertiefte sich zudem dadurch, dass Leopold 1844 Eberhards zweite Tochter Maria Sibilla heiratete. Die aus heutiger Perspektive ungewöhnliche Heirat im engeren Verwandtschaftskreis war in damaliger Zeit und besonders in den Fabrikantenfamilien Dürens keine Besonderheit. Leopolds Mutter kaufte sich im selben Jahr ein Haus in der Weierstraße, so dass Leopold mit seiner Frau in das von seinem Vater 1824 gekaufte, elterliche Haus in der Wirtelstraße einzog. Aus der Ehe Leopolds gingen fünf Kinder hervor: Wilhelm geboren 1845, Albert 1847, Hugo 1850, Adele 1853 und Pauline 1858. Seine Erziehungsgrundsätze glichen denen seiner Mutter und seines Onkels was Strenge und Schlichtheit betrifft. Wie zuvor schon Eberhard schickte Leopold seine Söhne auf die besten Schulen, um sie für die Zukunft zu wappnen.
1846 gründete Eberhard das Walzwerk Eschweiler Station und erwarb zur Sicherung der Rohstoff- und Energieversorgung 10 Grubenfelder. Die Erhöhung des Schutzzolls auf die Einfuhr ausländischen Eisenwaren und die Dank der in Amerika und Russland einsetzenden Industrialisierung enorm gestiegene Nachfrage nach Schienen versprachen hohe Gewinne. Am 1. Oktober desselben Jahres wandelte sich auch erneut die Firma „Gebrüder Eberhard und Wilhelm Hoesch“ und firmierte fortan unter dem Namen „Eberhard Hoesch & Söhne“, die bis nach dem zweiten Weltkrieg erhalten blieb. Leopolds Mutter trat zugunsten ihres zu einem Viertel beteiligten Sohnes von Ihrem Anteil zurück. Neben Eberhard selbst war noch sein ältester Sohn Gustav an dem neuen Unternehmen beteiligt, das nun die Betriebe in Eschweiler, Lendersdorf, Schneidhausen, Simonskall und Zweifall umfasste. Während infolge der Revolutionsbewegungen gegen Ende der 1840er Jahre eine Depression das im Aufbau begriffene, in seinen Dimensionen bis dahin einzigartige Werk in Eschweiler gefährdete, wurde es in der folgenden Hochkonjunktur Mitte der fünfziger Jahre neben Lendersdorf zu den profitabelsten Werken.
Nach dem Tode seines Onkels Eberhard am 21. April 1852 wurde Leopold das neue, maßgebende Oberhaupt der Familie und Leiter des Unternehmens. Doch er sah sich was die politisch-ökonomische Situation betrifft noch größeren Herausforderungen gegenüber gestellt als sein Onkel. Dementsprechend musste er – wie schon zuvor Eberhard erfolgreich – aktive Industriepolitik betreiben, um das expandierende, inzwischen weitverzweigte Unternehmen in der instabilen Situation zu behaupten. Leopold hat „in wirtschaftlich schwieriger Zeit einen Konzern geschaffen, als es für eine solche wirtschaftliche Machtballung in Deutschland kaum Vorbilder gegeben hatte.“ „Bei der gedrückten Lage“, schrieb Leopold angesichts des harten Wettbewerbs in den 1850er Jahren in einem Rundschreiben an seine Kollegen, „in welcher sich gegenwärtig die Eisenindustrie des Zollvereins befindet, (...) ist es dringend geboten, durch Vervollkommung der Hüttentechnik und eine umsichtige und verständige Betriebsökonomie die in der Conjunktur liegenden Nachteile möglichst zu paralysieren. (...) Nur ein festes Zusammenrücken der gesamten vaterländischen Eisenindustrie und eine Vereinigung aller Kräfte vermag diese Aufgabe zu lösen.“ Nachdem er wesentlich an der Gründung einer gemeinsamen Interessensvertretung beteiligt war, wurde Leopold erster Vorsitzender des 1860 gegründeten Technischen Vereins für das Hüttenwesen. Vier Jahre später wurde dessen Ehrenvorsitzender und gilt zudem als geistiger Vater des 1917 in Düsseldorf vom Verein gegründeten Eisenforschungsinstitutes. Geschickt wusste Leopold die wirtschaftspolitischen Interessen seines Unternehmens mit denen seiner Branche zu verbinden. Sein außerordentliches Engagement und sein unternehmerischer Instinkt wird an den zahlreichen Institutionen deutlich, in denen er meist führend aktiv war. Hier spiegelt sich wiederum die Persönlichkeit seines Vorgängers und Vorbildes Eberhard Hoesch wider. Leopold war Aufsichtsrat des „Aachener Hütten- und Aktienvereins Rothe Erde“, des Hüttenwerkes Phoenix in Ruhrort, des Märkisch-Westfälischen Bergwerkvereins in Lemanthe, des Sieg-Rheinischen Bergwerks- und Hüttenvereins, des Schaaffhausen’schen Bankenvereins in Köln und auch Verwaltungsratmitglied der Rheinischen Eisenbahngesellschaft.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigten die zu großem Wohlstand und Macht gelangten Dürener Unternehmer „immer stärker das Bestreben eine gewisse Führungsrolle in der Öffentlichkeit zu übernehmen.“ Seit 1859 war Leopold wie viele andere wohlhabende Dürener Industrielle auch Mitglied des Stadtrates, denn „die persönlichen Fähigkeiten der Unternehmer, die enge Verbindung von Gemeinde und Industrie sowie die soziale und wirtschaftliche Stellung drängten die Fabrikanten auch zu den wichtigsten politischen Aufgaben der Stadt und des Kreises Düren.“ Darüber hinaus war er Mitglied des Kreistages und gehörte – da er Besitzer des Rittergutes Boisdorf war – auch der Kreisstandschaft an. Auch in der protestantischen Gemeinde, die durch zahlreiche Stiftungen der Familie Hoesch unterstützt wurde, war Leopold neben regelmäßigen Besuchen des Messe als deren Kirchmeister von 1870 bis 1875 aktiv. Nachdem er schon in jungen Jahren zum Kommerzienrat ernannt worden war, verleih man ihm 1884 den Titel eines geheimen Kommerzienrates. Und im selben Jahr wurde er für sein tatkräftiges Mitwirken bei Weltausstellungen das Kreuz der französischen Ehrenlegion und der bayrische Zivildienstorden des Heiligen Michaels verliehen.
Die Bedeutung bzw. Anerkennung seiner Leistungen von Seiten der Politik zeigt sich auch darin, dass General Moltke während eines großen Manövers um Düren zu Gast in Leopolds Haus in der Wirthelstraße war. Dieser hohe Besuch war nichts ungewöhnliches für die Familie Hoesch, „nach der Familientradition“ hatte der Kronprinz und spätere König Friedrich Wilhelm III. 1833 während eines Besuchs in Düren im Hause Eberhards auf dem Viehmarkt gewohnt. Leopold politisches Verhalten lehnte sich wie das der meisten Dürener Unternehmer stark an den protestantischen Kaiser und dessen Regierung an, „solange diese für wirtschaftliche und politische Ordnung und Sicherheit sorgten.“ Der 1848er Revolution begegneten die meisten Dürener Industriellen mit Abneigung und man bemühte sich erfolgreich darum, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Leopold wird sich sicher auch in dieser Haltung an seinem Onkel Eberhard orientiert haben, der 1848 in einem Brief an seine Frau verächtlich über die revolutionäre Bewegung und das „Gesindel“ in Wiesbaden schrieb: „Ein Klupp hat sich hier gebildet, der sich im Sprechen übt.“ Diese konservative politische Haltung zeigt sich besonders deutlich daran, das die Dürener Industriellen die sogenannte „Kölner Adresse“ von 1863 unterschrieben. König Wilhelm I. wurde darin um die Herstellung des verfassungsmäßigen Rechtszustandes gebeten. Als Indiz für Leopolds patriotische Gesinnung kann sein Engagement an der DOAG genannten, neuen Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft von 1887 angesehen werden. Obwohl er bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Kolonialgesellschaft – an der neben dem Kaiser als größtem Aktionär zahlreiche rheinische Industrielle beteiligt waren – äußerst skeptisch gegenüber stand, beteiligte er sich. 1887 schrieb Leopold an den Kölner Industriellen Eugen Langen, der wesentlich an der federführend an der neuen DOAG beteiligt war, dass er sich „lediglich und nur aus patriotischer Neigung und um Ihrem Interesse für diese Colonial-Angelegenheit gerecht zu werden“ an der DOAG beteilige.
Zu Beginn der 1870er Jahre wagte Leopold dann den Schritt, den sein Onkel Eberhard trotz des sich bereits abzeichnenden Wandels noch nicht für notwendig hielt. Unter schweren Sorgen kam er gemeinsam mit seinen Söhnen – er hatte sie wie zuvor ins Ausland geschickt, um dort die neuesten Techniken in der eisenverarbeitenden Industrie zu erlernen – zu dem Entschluss, den Schwerpunkt des Familienunternehmens ins Ruhrgebiet zu verlegen. Denn um konkurrenzfähig produzieren zu können, musste man den Rohstoffen und dem Energielieferanten Kohle näher sein. Am 1. September 1871 unterzeichneten Leopold, seine Söhne Albert und Wilhelm sowie die Söhne Eberhards Viktor und Eberhard in Düren den Vertrag zur Gründung des „Eisen- und Stahlwerk Hoesch“ in Dortmund mit einem Gesellschaftskapital von 800.000 Thalern. Während Albert den Aufbau und die Leitung des Werks übernahm, kümmerte Leopold sich um die strategische Ausrichtung des neuen Unternehmens. Er stellte es auf eine bis dahin ungewöhnlich breite Basis, die vom Aufsuchen, Erwerben und Ausbeuten von Kohlen, Mineralien und Erzen bis hin zur Weiterverarbeitung zu „fertigen und halbfertigen Gegenständen“ und zum „Ankauf und Verkauf derartiger und der damit im Zusammenhang stehenden Produkte und Fabrikate“ reichte. Auch auf sozialem Niveau sollte das neue Werk neue Maßstäbe setzten: Vor allem Dank seinem Sohn Albert und dessen sozial sehr engagierten Frau Marie Johanna wurde bereits vor der vollen Inbetriebnahme des Werks eine Krankenkasse gegründet, in die alle Belegschaftsmitglieder einzahlen mussten und dafür freie ärztliche Behandlung, freie Medikamente und Krankengeld erhielten. Die Entwicklung des neuen Werks verlief Punkt für Punkt nach Leopolds Plan, der 1873 die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vorsah.
Ein Höhepunkt seines industriepolitischen Engagements war seine Rolle als Sachverständiger in der Eisen-Enquetekommission von 1878, wo auch zur Arbeiterfrage Stellung beziehen musste. Auf die Frage, ob die Löhne gesenkt werden könnten, antwortete Leopold eindeutig: „Wir würden Hunger und Elend bekommen, wenn eine Herabsetzung einträte.“ Nachdem er zuvor die schnell gestiegenen Löhne Mitte der 1870er Jahre kritisierte – sie „sind niemals der Familie zugute gekommen, nur dem Wirtshause“ – plädierte Leopold für eine gemäßigte, aber kontinuierliche Lohnerhöhung. Denn diese „würde der Familie zugute kommen. Die Tendenz des Arbeiters, Grundbesitzer zu werden, würde befördert werden, der Arbeiter hält an der Frau und wird nicht heimathlos. Die Heimathlosigkeit ist der Grund, dass der englische Arbeiter so böse ist.“ An seiner konservativen politischen Meinung lässt Leopold keinen Zweifel, als er über Streik und sozialdemokratischen Einfluss befragt wird: „Wir haben einen Strike gehabt im Jahre 1874 und alle Streikenden entlassen. Sozialdemokratische Bestrebungen haben so recht keinen Fundament bei uns gefunden. Mit großer Freude haben wir doch das Sozialistengesetz begrüßt. Agitatoren gibt es überall.“
In Düren war Leopold als erfolgreicher und kommunal engagierter Fabrikant eine allseits geschätzte Person und residierte – wie alle erfolgreichen Unternehmer in jener Zeit – in seiner repräsentativen Villa vor dem Obertor, die er dort 1865 errichten ließ. Überhaupt war das Verhältnis zwischen Arbeitern und Fabrikanten in Düren außergewöhnlich. Die als „Fürsten“ verehrten, erfolgreichen Geschäftsmänner und deren Familien luden nach 1870 immer öfter sämtliche Mitarbeiter ihrer Betriebe mit ihren Familienangehörigen zu Festlichkeiten ein. Neben Geltungsbedürfnis spielte auch ein echtes Interesse für das Wohlergehen der Gemeinde, Hilfsbereitschaft und ein Gefühl religiöser Verpflichtung ein große Rolle für das soziale Engagement der Dürener Unternehmer. Diese Atmosphäre beschreibt die kölnische Volkszeitung „als Anhänglichkeit an die Vaterstadt, welche die (...) gemeinnützig denkenden Familien Dürens an den Tag legen, (sie) bedeutet ja das Bewußtsein und den Willen, mit der gesamten Einwohnerschaft eine große Familie zu sein, ohne Klausur und Verklausulierung.“
Und noch 1920 wird die Stadt in diesem Sinne besonders gelobt: „Der Reichtum der alten Fabrikantenfamilien äußert sich in Düren nicht nur in Steuerleistungen. Außerordentlich reich sind hier die Stiftungen für die Zwecke soziale Fürsorge, für Volksbildung, Kunstgenuß usw. Sämtliche Schulen der Stadt sind vorzüglich ausgestattet und mit Stiftungen dotiert.“ Leopold wurde besonders für seine große Hilfsbereitschaft und Güte, seine Vorliebe für die Förderung von jungen mittellosen Talenten geschätzt, denen er oft im Stille ohne große Gesten Unterstützung zukommen ließ. Wie sehr ihm die Jugend und deren bestmögliche Ausbildung am herzen lag belegen sein Engagement und seine Stiftungen. 1884 stiftete Leopold der evangelischen Schule 70.000 Mark. Sechs Jahre später konnte dank seiner mit anderen Fabrikanten erfolgreich vollzogenen Lobbyarbeit und einer weiteren Spende Leopolds von 20.000 Mark die Aufwertung der Schule zur Oberrealschule gefeiert werden. Von nun an mussten die Dürener Eleven nicht mehr nach Köln reisen, um eine gründliche und zeitgemäß hohe Ausbildung zu erhalten. In diesem Engagement für die Jugend spiegelte sicher auch Leopolds eigene schwierige Kindheit wider. Für seine Söhne legte er im Sinne der Tradition schon früh die Grundlagen für deren Selbstständigkeit und gab ihnen so die Möglichkeit, Ihre Fähigkeiten und Neigungen zu entfalten. Während Albert von seinem 24. Lebensjahr an bis zu seinem überraschend frühen Tode die Oberleitung im Dortmunder Werk inne hatte, wurde Wilhelm der alleinige Inhaber der Firma „Eberhard Hoesch und Söhne“. Für den dritten Sohn Hugo kaufte Leopold die Papierfabrik Hütten in Königstein und bei seinen beiden Töchtern Adele und Paula sorgten Heiraten mit erfolgreichen Fabrikanten aus Düren und Aachen für eine gesicherte Zukunft.
Leopolds Frau Maria Sibilla starb 1872 im Alter von 39 Jahren während eines Kuraufenthalts im böhmischen Marienbad und sieben Jahre später auch seine Mutter Johanna. Einen noch größeren Schmerz bereitete Leopold jedoch der plötzliche Tod seines nie ruhenden und erfolgreich in seine Fußstapfen getretenen Sohnes Albert am 1. März 1898. Ein Jahr später am 21. April 1899 verstirbt Leopold nach einem Gehirnschlag in seiner Villa in der Oberstraße 64, von wo aus am 24. April der Trauerzug den Leichnam zu seinem Grab auf dem evangelischen Friedhof trug. In den Traueranzeigen der Dürener Zeitungen dankten die Beamten und Arbeiter ihrem strengen, stets rechtlichen und liebevoll väterlichen Vorgesetzten für sein Engagement und Interesse am Wohl der Belegschaft. Auch die Oberrealschule gedachte ihrem noblen Spender und führte den Trauerzug an. Die starke Anteilnahme der Bevölkerung am Begräbnis ihres Wohltäters spiegelte Leopolds Ansehen und die Anerkennung seiner Wohltätigkeit.
Trotz intensiver Recherche ist es nicht möglich gewesen, den genauen Inhalt und Umfang der von Leopold geschaffenen Sammlung von Kunstwerken zu erfahren. Leopold wird zwar stets für seinen „Sinn für alles Schöne“ und positiven Einfluss auf „die Geschmacksausrichtung der Bürgerschaft in künstlerischer Beziehung“ gelobt, doch welche Kunstwerke, -richtungen und Künstler ihn begeisterten, ist nicht bekannt. Auch in dem 1910 erschienen Band über Kunst im Kreis Düren ist im Kapitel über Leopold-Hoesch-Museum lediglich von einer „kleinen Sammlung moderner Gemälde“ die Rede.
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Hoesch, Leopold |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Unternehmer |
| GEBURTSDATUM | 13. Januar 1820 |
| GEBURTSORT | Düren |
| STERBEDATUM | 21. April 1899 |
| STERBEORT | Düren |