Äquivalenz von Masse und Energie
Die Äquivalenz von Masse und Energie ist die Erkenntnis der relativistischen Physik, dass einem ruhenden Teilchen der Masse eine Energie zugeschrieben werden muss:
Diese Energie kann auch in andere Energieformen (zum Beispiel Strahlung und kinetische Energie anderer Teilchen) umgewandelt werden. Der Umrechnungsfaktor zwischen Masse und Ruheenergie ist das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit .
Erläuterung
Lasch gesprochen sind in der relativistischen Physik Masse und Energie äquivalent.
Da man aber zwei verschiedene Größen benennen muß, verwendet man die verschiedenen Worte Energie und Masse für verschiedenes:
- Die Energie eines Teilchens, das sich mit Geschwindigkeit bewegt, ist eine Funktion der Geschwindigkeit
- und bezeichnet eine Erhaltungsgröße. In Stößen und anderen Teilchenreaktionen stimmt die Summe der anfänglichen Energien mit der Summe der späteren Energien überein.
- Die hier auftretende Masse hat einen festen, für das Teilchen charakteristischen Wert.
Ändert sich im Kernzerfall das Teilchen, so ist die Masse anfänglich größer als die Summe der Massen der Tochterteilchen. Die anfängliche Energie, hingegen, stimmt mit der Summe der Energien der Zerfallsprodukte überein.
Nach diesem Sprachverständnis bezeichnen Masse und Energie verschiedene Größen.
Für kleine Geschwindigkeiten, wie sie alltäglich auftreten, ist die Energie näherungsweise
wie in der Newtonschen Mechanik. Allerdings ist in der Newtonschen Mechanik die Energie eines ruhenden Teilchens ohne Belang und hat keinen Zusammenhang zu seiner Masse.
Zusätzlich zur Newtonschen Physik legt die relativistische Physik den Wert der Energie des ruhenden Teilchens fest. Die Ruhenergie ist so groß wie in Newtonscher Mechanik die doppelte kinetische Energie des lichtschnellen Teilchens. Die Ruhenergie ist daher um viele Größenordnungen größer als kinetische Energie in alltäglichen Situationen. Zwar läßt die in Wärme umgewandelte kinetische Energie eine Raumkapsel bei Rückkehr verglühen, wenn sie nicht abgeschirmt wird, dabei ist die kinetische Energie nur ein Milliardstel der Ruhenergie,
- .
Die Newtonsche Näherung ist bei höheren Geschwindigkeiten meßbar falsch: nur die Summe der relativistischen Energien aller einlaufenden Teilchen stimmt bei Stößen und anderen Teilchenreaktionen mit der Summe der relativistischen Energien der auslaufenden Teilchen überein.
Da der Impuls eines Teilchens der Masse , das sich mit Geschwindigkeit bewegt, in relativistischer Physik
beträgt, hängen die Energie und der Impuls durch die Energie-Impuls-Beziehung
zusammen. Nach der Energie aufgelöst, heißt dies
Diese Energie-Impulsbeziehung gilt auch für Photonen. Sie sind masselos und bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit. Ihre Energie und ihr Impuls sind nicht durch die Formeln für massive Teilchen der Geschwindigkeit gegeben. Die Energie eines Photons ist bis auf einen Faktor der Betrag seines Impulses.
E=mc² und die Atombombe
Bei der Entwicklung der Atombombe Anfang der 1940er Jahre spielte die Gleichung keine besondere Rolle. Aus ihr folgt zwar, daß bei Spaltung schwerer Atomkerne sehr viel mehr Energie frei wird als bei der Explosion von Sprengstoff, nicht aber, wie man diese Spaltung in Gang setzt. Entscheidend war die Beobachtung der induzierten Kernspaltung durch Otto Hahn und Fritz Straßmann, und daß die dabei freiwerdenden Neutronen eine Kettenreaktion in angereichertem Uran in Gang setzen können.[1] [2]
Geschichte
Obwohl Einstein der erste war, der die Formel in einer übergeordneten Theorie, der Speziellen Relativitätstheorie, ableitete, war er nicht der erste, der einen Zusammenhang von Masse, Energie und Lichtgeschwindigkeit bedachte. Mit unterschiedlichen Modellvorstellungen hatten andere Autoren (Joseph John Thomson (1881), Oliver Heaviside (1889), George Frederick Charles Searle (1897), Henri Poincaré (1900), Wilhelm Wien (1900), Max Abraham (1902), Hendrik Antoon Lorentz (1904), Friedrich Hasenöhrl (1904)) solch einen Zusammenhang erwogen und dabei ähnliche Formeln wie Einstein (meist in der Form oder ) verwendet. [3] [4] [5] [6]
Für Details siehe die Artikel → Lorentzsche Äthertheorie und → Geschichte der speziellen Relativitätstheorie.
- Einstein 1905
Hier soll vorerst nur Einsteins Gedankengang von 1905 vereinfacht dargestellt werden: Es sei ein ruhender Körper mit der Masse M gegeben. Aus der Sicht eines Bezugssystems, in dem sich der Körper mit v bewegt, hat dieser den Impuls Mv. Der Körper emittiere nach links und rechts Lichtstrahlen, welche jeweils die Energie E/2 tragen. Da die beiden Strahlen gleich stark sind, bleibt der Körper in Ruhe. Aus der Sicht des bewegten Systems jedoch, in dem sich der Körper mit v nach rechts bewegt, ist das nach links emittierte Licht wegen des Dopplereffektes rotverschoben und in der anderen Richtung blauverschoben. Der Körper verliert folglich Impuls und kinetische Energie. Aber der Körper hat in dem Ruhesystem der Quelle keine Änderung der Geschwindigkeit erfahren und kann das auch im anderen System nicht tun. Um dieses Problem zu lösen, muss angenommen werden, dass der Körper mit der Energie auch an Masse verliert. (Wobei diese Antwort auch Poincarés Strahlungsparadoxon auflöst). [7]
Etwas genauer: Wenn die Geschwindigkeit klein ist, so ist das auch rechts strahlende Licht blauverschoben, dies um den nicht-relativistischen Dopplereffekt mit dem Faktor (1-v/c). Der Impuls des Lichtes ist E/c, und er wird um den Faktor v/c gesteigert. Also hat dieser Strahl den Extraimpuls von
Der nach links gerichtete Strahl trägt weniger Impuls um den selben Wert . Das heißt, der gesamte Impuls ist zweimal , den der Körper verloren hat:
Der Impuls des Körpers im bewegten System ist nach der Emission um folgenden Wert reduziert worden:
Die Veränderung der Masse des Objekts ist also gleich E/c². Da jede Emission in zwei Schritten ausgeführt werden kann, nämlich die Emission als Licht und die Wandlung von Licht in andere Formen von Energie, ist jede Emission mit einem Verlust an Masse verbunden. Das gleiche findet umgekehrt bei der Absorption statt.
Siehe auch
Weblinks
- Eintrag in Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Was bedeutet E=mc²? Populäre Erklärung der Formel mit Grafiken
Quellen
- ↑ Markus Pössel, Albert-Einstein-Institut: Von E=mc² zur Atombombe und Ist das Ganze die Summe seiner Teile?
- ↑ Heisenberg, W.: Physics And Philosophy: The Revolution In Modern Science. Harper & Brothers, New York 1958, S. 118–119.
- ↑ Born, M.: Die Relativitätstheorie Einsteins. Springer, Berlin-Heidelberg-New York 1964/2003, ISBN 3-540-00470-X.
- ↑ Whittaker, E.T.: 1. Edition: A History of the theories of aether and electricity. Longman, Green and Co., Dublin 1910, S. 411–466.
- ↑ Whittaker, E.T.: 2. Edition: A History of the theories of aether and electricity, vol. 1: The classical theories / vol. 2: The modern theories 1900-1926. Nelson, London 1951-1953.
- ↑ Jannsen, M., Mecklenburg, M.: From classical to relativistic mechanics: Electromagnetic models of the electron. In: V. F. Hendricks, et.al. (Hrsg.): Interactions: Mathematics, Physics and Philosophy. Springer, Dordrecht 2007, S. 65–134.
- ↑ Einstein, A.: Ist die Trägheit eines Körpers von dessen Energieinhalt abhängig? In: Annalen der Physik. Band 18, 1905, S. 639–643.