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Studentenverbindung

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Eine Studentenverbindung oder auch Studentenkorporation ist ein Verband von derzeitigen und ehemaligen Studenten einer Universität, Hochschule, Fachhochschule oder ähnlichen Institutionen, der Brauchtum und gewachsene Traditionen pflegt.

Überblick

In Studentenverbindungen gestalten Studenten ihre Studienzeit in einer organisierten Gemeinschaft, die ihnen Unterstützung auch für ihre Zukunft gewährt.

Ihre wichtigste Gemeinsamkeit ist das von den Korporationen so bezeichnete Lebensbundprinzip: Aktive wie nichtaktive Mitglieder sollen ihrer Verbindung lebenslang verbunden bleiben. Das Ziel ist es, Kontakte und Freundschaften zwischen den Generationen zu ermöglichen, die nicht zuletzt auch der berufsfördernden Vernetzung dienen. Kritiker sehen darin eine Form undemokratischer Seilschaftsbildung.

Es ist üblich, dass sich alle Mitglieder einer Verbindung unabhängig von ihrem Alter und beruflichen Status ohne besondere Vereinbarung duzen, und zwar von dem Moment an, in dem ein Student als "Fuchs" der Verbindung beitritt.

Vor dem Erreichen des ersten akademischen Abschlusses sind studentische Mitglieder Teil der so genannten Aktivitas. Diese organisiert in der Regel im Rahmen ihres Semesterprogramms selbstverantwortlich mehrere Veranstaltungen: wissenschaftliche Weiterbildungen (Studium Generale), Feste und Feiern in der Freizeit, sportliches Kräftemessen, bei manchen Verbindungsarten in Form von traditionellem akademischem Fechten.

Die Mehrzahl der deutschen Verbindungen sind nichtschlagend. Die übrigen erwarten die so genannte Mensur entweder von jedem Mitglied (pflichtschlagend) oder stellen sie ihm frei (fakultativ schlagend).

Nach dem Studium folgt die Philistrierung: Fortan ist man in der Korporiertensprache "Alter Herr" oder "Hohe Dame" und soll in dieser Funktion die Verbindung finanziell unterstützen.

Rituale und Brauchtum der Verbindungen sind oft über mehr als 100 Jahre konserviert und - in manchen Fällen - von gesellschaftlichen Veränderungen bewusst abgeschottet worden. Dazu gehört bei vielen das Tragen von Farben, der sogenannten Couleur, in Form von Mützen oder Bändern. Andere tragen diese nicht, sondern führen bei Zusammenkünften nur ihre farbigen Wappen und Fahnen mit (farbenführend im Gegensatz zu farbentragend). Wieder andere verzichten selbst darauf (schwarze Verbindungen).

Die meisten Verbindungen nehmen traditionell nur Männer auf. Seit 1899 gibt es auch reine Frauenkorporationen – so genannte Damenverbindungen –, die seit den 1980er Jahren wieder vermehrt Zulauf erhalten. Seit etwa 1970 existieren aber auch einige gemischte Verbindungen.

In Deutschland gehören etwa 2-3% aller Studenten einer Verbindung an. Obwohl genaue Zahlen schwer zu ermitteln sind, kann man davon ausgehen, dass sich 170.000 bis 200.000 studierende oder berufstätige Personen in Deutschland und Österreich als „Verbindungsstudenten“ bezeichnen.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Studentenverbindungen


Verbindungsarten

Es gibt unterschiedliche Formen studentischer Korporationen. Am häufigsten findet man an Universitäten heute

Diese Verbindungsarten unterscheiden sich vor allem durch ihre Prinzipien, ihre Geschichte und spezifischen Gebräuche. Trotz aller Vielfalt treten bestimmte Formen besonders häufig auf, die in der folgenden Tabelle aufgeführt sind. Diese enthält jedoch nicht alle Dachverbände und keine dachverbandsfreien Verbindungen. In der Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen findet man ferner die erloschenen und heute noch aktiven Dachverbände und ihre Merkmale.

Verbindungsform Dachverband / -verbände Anzahl der Verbindungen
Katholische Studentenverbindungen (farbentragend) CV, RKDB, ÖCV, TCV 200
Corps KSCV, WSC 161
Burschenschaften DB, NDB 141
Katholische Studentenvereine (nicht farbentragend, farbenführend) KV, UV, ÖKV 126
Landsmannschaften CC, ÖLTC 73
Andere christliche Studentenverbindungen Schwarzburgbund, Wingolf, Wartburg-Kartell 61
Sängerschaften (fakultativ schlagend) und musische Verbindungen (nichtschlagend) Weimarer CC und SV 44
Akademische Turnvereine ATB, ATBÖ 41
Turnerschaften CC und MK 34

Von den 1880er Jahren bis 1933 (Deutschland) bzw. 1938 (Österreich) existierten auch jüdische Studentenverbindungen, die als Reaktion auf zunehmende antisemitische Ausgrenzungsversuche seitens der bestehenden Studentenverbindungen gegründet wurden. Vorher konnten Juden in den meisten Studentenverbindungen problemlos Mitglied werden. Prinzipienbedingte Ausnahmen galten natürlich für die "christlichen" Studentenverbindungen. Nach dem Ende des Nationalsozialismus kam es zu keinen Wiedergründungen.

Aufbau

Eine Verbindung gliedert sich in studierende und berufstätige Mitglieder. Die Aktivitas ist die Organisationsform der studierenden Mitglieder, meist ohne Rechtsform. Sie treffen ihre Entscheidungen demokratisch in „Conventen“, bei Corps etwa dem Corpsburschen-Convent (CC), bei anderen Verbindungsarten meist Burschenconvent (BC) genannt. Sie wählen dort in jedem Semester einen Vorstand - die Chargia, die sich meist aus drei „Chargierten“ zusammmensetzt - und den „Fuxmajor“, der für die Neulinge (Füxe) verantwortlich ist. Alle Amtsinhaber können abgewählt werden.

Aus historischen Gründen sehen die Convente für sich auch eine Art Aufsichtspflicht für ihre Mitglieder (siehe Comment), die bei Verstößen gegen gemeinsam und demokratisch festgesetzte Regeln Bestrafungen vorsieht. Dazu gehören geringfügige Geldstrafen in die Gemeinschaftskasse („Beireitungen“), aber auch „protokollarische Strafen“ („Verweise“ etc.) sowie den zeitweisen und endgültigen Ausschluss aus der Verbindung („Dimission“).

Die Aktivitates der meisten Verbindungen können über ein eigenes Haus oder eine Wohnung (Korporationshaus) zum Treffen und Wohnen verfügen. Dieses wird von den jeweiligen Philisterien in Stand gehalten. Verbindungen, die nicht darüber verfügen, treffen sich regelmäßig in öffentlichen oder gemieteten Versammlungsräumen (in Deutschland Konstante, in Österreich Studentenbude genannt).

Beim Eintritt in eine Verbindung macht der Student eine Probezeit durch. Als „Fux“ oder „Fuchs“ bezeichnet (weibliche Studenten heißen meist ebenso, seltener „Fee“ oder „Fähe“), kann er/sie die Verbindung mit weniger Rechten, aber auch weniger Pflichten unverbindlich kennen lernen. Er wird mit den Traditionen und Werten seiner Verbindung vertraut gemacht und lernt befreundete Verbindungen kennen. Das dauert ein bis zwei Semester und endet mit der „Burschung“ (auch „Rezeption“ etc.), womit man „Bursche“ (Vollmitglied) wird.

Dieser übernimmt die Hauptverantwortung des Aktivenlebens: Ämter (Chargen), Gastgeberrolle bei Veranstaltungen, Leitung verschiedener Convente oder Repräsentationspflichten bei Besuchen. In dieser Zeit werden in „schlagenden“ Verbindungen die Mensuren gefochten (siehe unten).

Die restliche Zeit seines Studiums (beispielsweise in lernintensiven Phasen) ist der Verbindungsstudent jedoch Inaktiver und kann sich auf seinen Studienabschluss konzentrieren, ohne Ämter und weitere Pflichten übernehmen oder Mensuren schlagen zu müssen.

Ehemalige Studenten heißen unabhängig von ihrem Lebensalter „Alter Herr“ oder „Hohe Dame“. Sie bilden gemeinsam die Altherrenschaft (Hohedamenschaft). Das sind meist eingetragene Vereine (e.V.). Für die Aufnahme ist eine gesicherte Lebensstellung Voraussetzung.

Alte Herren haben zwar aufgrund von Familie und Beruf am wenigsten Zeit, können den Bund aber finanziell unterstützen: durch Jahresbeitrag und Spenden, vor allem aber durch den Unterhalt des Korporationshauses. Besonders Engagierte können auch Ämter im Altherrenverband und im Dachverband übernehmen.

Alte Herren und aktive Studenten treffen sich auf Veranstaltungen des eigenen Bundes, etwa beim Stiftungsfest oder bei Tagungen des jeweiligen Dachverbandes wie dem Burschentag.

Das Lebensbund-Prinzip bedeutet eine lebenslange Verpflichtung, für alle Mitglieder der eigenen Verbindung einzustehen. Entgegen ursprünglichen Konzepten aus der Zeit um 1800 erlaubt es heute jedoch auch freiwillige Austritte oder - bei schwerwiegendem Fehlverhalten - den zeitweisen oder endgültigen Ausschluss aus der Verbindung.

Dachverbände

Die meisten Studentenverbindungen sind in Dachverbänden zusammengeschlossen, deren Zweck es ist, die vereinbarten Ziele und Prinzipien gemeinsam zu erreichen. Dazu gibt es verschiedene Arten: Manche Dachverbände sind lockere Zusammenschlüsse, die ihren Einzelverbindungen weitreichende Freiheiten lassen. Andere dienen hauptsächlich der Wahrung gemeinsamer, demokratisch festgelegter Prinzipien. Wieder andere verstehen sich als ein großer Bund mit Dependancen in verschiedenen Universitätsstädten. Daneben gibt es „freie Verbindungen“, die keinem Dachverband angehören.

Viele deutsche Dachverbände haben sich wiederum zu zwei übergeordneten Interessenvertretungen vereint: Der Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK) umfasst die Aktivenverbände von 11 Korporationsverbänden und damit etwa 200 Studentenverbindungen mit etwa 4.000 Studenten.

Im Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) finden sich die Altherrenschaften von 15 Korporationsverbänden, darunter auch die DB und der CC zusammen. Er vertritt etwa 500 Altherrenschaften mit etwa 50.000 Mitgliedern.

Zum römisch-katholischen Europäischen Kartellverband (EKV) gehören die katholischen Korporationsverbände CV, KV, RKDB, TCV, der UV sowie nicht-deutsche Korporationsverbände.

(Siehe auch: Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen)

Äußere Kennzeichen und Feiern

Alle Studentenverbindungen haben einige der folgenden äußeren Erkennungszeichen. Diese sind historisch gewachsen: So stammen die Farben oft aus der Heraldik, die Zirkel aus dem mittelalterlichen Handwerk und die Feiern aus den Bräuchen der Freimaurer.

Farben

Hauptartikel: Couleur

Datei:Studentenmütze.png
eine Penälermütze nach Vorbild einer Studentenmütze

Als farbentragend werden Studentenverbindungen bezeichnet, deren Mitglieder (zumindest bei offiziellen Veranstaltungen) ein Band und eine Kopfbedeckung (Studentenmütze auch Kopfcouleur genannt) in den Farben ihrer Verbindung (Couleur) tragen.

Daneben existieren seit 1857 sogenannte farbenführende Verbindungen, deren Mitglieder keine Couleur tragen. Die Farben dieser Verbindungen finden sich dann häufig in dem Wichs und in Couleurgegenständen wie z.B. den so genannten Zipfeln. Manche nicht-farbentragende Verbindungen in Süddeutschland und in Österreicht tragen allerdings ein Band aber keine Studentenmütze.

Einige Studentenverbindungen tragen weder Farben, noch führen sie Farben. Diese Verbindungen werden als schwarze Verbindungen bezeichnet.

Die von vielen Burschenschaften aber auch einigen anderen Verbindungstypen häufig getragene Farbkombination Schwarz-Rot-Gold ist kein Ausdruck eines übersteigerten Nationalismus im heutigen Sinne, sondern ist historischer Ausdruck des seit 1871 erfüllten Wunsches nach Einigung der deutschen Länder in einem Staat. 1848 wurde diese von den Burschenschaften geschaffene Farbkombination auch zum ersten Mal in der Nationalflagge verwendet. Einige wenige Studentenverbindungen sehen allerdings die Einigung der Deutschen Länder nicht erfüllt, solange Deutschland und Österreich nicht in einem Staatsgebilde vereinigt sind. Sie wünschen sich ein großdeutsche Lösung.

Zirkel

Hauptartikel: Zirkel (Studentenverbindung)

Zirkel des Corps Holsatia Kiel

Der Zirkel ist eine monogrammartige Verschlingung von Buchstaben, gefolgt von einem Ausrufezeichen und enthält in der Regel die Anfangsbuchstaben des Verbindungsnamens und des Wahlspruches der Verbindung. Oft finden sich auch (alternativ oder zusätzlich) die Anfangsbuchstaben von „libertas vita carior“ (lvc), „vivat, crescat, floreat“ (vcf) bzw. „vivat circulus fratrum (Verbindungsname)“ im Zirkel.

Wappen

Hauptartikel: Studentenwappen

Das Studentenwappen ist eine nicht streng den heraldischen Regeln folgende Form der Wappen und kam um das Jahr 1800 in Gebrauch. Meist wird das Schild durch ein Kreuz in vier Felder geteilt. Beliebte Elemente sind die Farben der Verbindung, das Bundeszeichen, der Zirkel (Studentenverbindung), Hinweise auf die Universitätsstadt, regionale heraldische Elemente sowie weitere Symbole für Freundschaft und Ewigkeit, die teils aus dem Freimaurertum, teils direkt aus der Antike übernommen wurden.

Feiern

Verbindungen legen seit jeher großen Wert auf gesellschaftliche Veranstaltungen und Feiern aller Art für ihre Mitglieder. Diese lebten schon früher oft weit von ihren Familien entfernt und waren mit einer mehr oder weniger großen Geldmenge ausgestattet. So konnte der Student seine frei verfügbare Zeit selbstständiger gestalten und ohne elterliche Aufsicht mit seinen Vorlieben ausfüllen.

Ein wichtiger Erwerbszweig in Universitätsstädten war daher schon immer die Gastronomie. Der alltägliche Konsum alkoholischer Getränke war für die meisten Studenten üblich. Dazu bildeten sich allmählich spezielle studentische Veranstaltungsformen heraus.

Traditionelle Namen dafür sind etwa „Kneipe“ und „Kommers“, aber auch heute in Vergessenheit geratene Begriffe wie „Hospicium“ oder „Kränzchen“. Essen, Trinken und Rauchen waren darin bis zum frühen 19. Jahrhundert gleich wichtig. Sie verballhornten ursprünglich Riten der Freimaurer und der Universitäten: So entstand die Kneipe nach dem Bild der Vorlesung.

Mit der Zeit kamen so immer mehr Neuerungen in studentisches Brauchtum. Sie verballhornten nun zum Teil auch ihre eigenen Riten: So entstand der „Bierjunge“ als Persiflage des studentischen Duells und der Mensur.

Einige dieser Formen haben sich bis heute gehalten, fortentwickelt und werden in zeitgemäßer Form weiter gepflegt. So hat fast jede Verbindung alle oder mehrere der folgenden Veranstaltungen in ihrem Semesterprogramm:

  • Kneipe: Dies ist eine traditionelle Feier, die in einem festgelegten Rahmen (Kneip-Comment) gestaltet wird. Es werden Reden gehalten und Lieder gesungen sowie meist Bier getrunken. Typischer Brauch auf einer Kneipe ist das Reiben eines Schoppensalamanders.
  • Kommers: Dies ist die festliche und repräsentative Form der studentischen Kneipe. Kommerse finden typischerweise bei Stiftungsfesten, Stadt- oder Universitätsjubiläen statt. Dabei wird zu besonderen Anlässen ein „Landesvater“ gestochen. Das kommt bei den meisten Verbindungen aber nur alle fünf Jahre einmal vor.
  • Stiftungsfest: Dies ist die Feier zu jedem Jahrestag der Gründung einer Studentenverbindung. Gesellschaftlicher Höhepunkt dabei ist der Stiftungsfestball.
  • Kongress/Verbandsfest: Dies ist die zentrale Veranstaltung eines Dachverbandes mit Arbeitssitzungen (Kongress) und gesellschaftlichen Bestandteilen (meist Kommersen), die meist einmal jährlich oder alle zwei Jahre stattfindet.

Diese traditionellen Veranstaltungsformen finden - mit Ausnahme des Stiftungsfestballs - ohne weibliche Gäste („Damen“) statt. Veranstaltungen der traditionellen Art sind heute jedoch in der Minderzahl gegenüber gemischten Veranstaltungen. Den Semesterverlauf füllen heutige Verbindungen überwiegend mit modernen Formen zwangloser Feste, die in der Regel mit Partnerinnen und anderen weiblichen Gästen in kleinem oder größerem Kreis stattfinden.

Inzwischen laden viele Verbindungen mindestens einmal im Jahr alle Studenten zu einer großen Party ein, die dann oft mit mehreren hundert Teilnehmern gefeiert wird. Dazu wird das Korporationshaus, über das heute praktisch alle deutsche Verbindungen verfügen, für Besucher geöffnet.

Weitere Veranstaltungen sind primär auf die jeweiligen Schwerpunkte der Studentenverbindung ausgerichtet. So veranstalten Burschenschaften und wissenschaftliche Studentenverbindungen eine Reihe von wissenschaftlichen Abenden, musische Verbindungen Gesangsabende oder Konzerte, sportlich orientierte Verbindungen (wie Akademische Segelvereine oder Ruderverbindungen) sportliche Aktivitäten und christliche Studentenverbindungen religiöse Feiern.

Verbindungen in anderen deutschsprachigen Ländern

Für Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern siehe: Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern

Auch wenn sich die Studentenverbindungen im deutschsprachigen Raum über die Landesgrenzen hinweg stark ähneln, so gibt es dennoch einige Besonderheiten, auf die im folgenden eingegangen wird.

Liechtenstein

In Liechtenstein gibt es zwar keine Universität, aber eine katholische Ferialverbindung, die LAV Rheinmark. In ihr finden sich liechtensteinische Studenten zusammen, wenn sie in den Ferien von ihrem Universitätsort in ihr Heimatland zurückkommen.

Österreich

Die Studentenverbindungen in Österreich sind im Großen und Ganzen mit den Verbindungen in Deutschland vergleichbar. Die gesellschaftspolitische Relevanz ist (war) allerdings größer. So entstammen fast alle Bundeskanzler der ersten Republik katholischen CV-Verbindungen. Engelbert Dollfuß, Begründer der austrofaschistischen Diktatur, war zum Zeitpunkt seiner Ermordung Philistersenior seiner Studentenverbindung KÖHV Franco Bavaria (Wien). Posthum wurde ihm von allen Verbindungen des Österreichischen Cartellverbands (ÖCV) die Ehrenmitgliedschaft (Bandphilister h.c.) verliehen.

Die Verbindungen Österreichs sind politisch insgesamt deutlich konservativer als jene in Deutschland. Außerdem sind sie untereinander tief in katholische und schlagende Verbindungen gespalten. Gemeinsame Auftritte bei universitären oder allgemein gesellschaftlichen Veranstaltungen sind dort nach wie vor undenkbar. Die aggressive Ablehnung fand ihren traurigen Höhepunkt in der Ermordung eines katholischen Grazer Studenten Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie hat sich heute in ein „nicht einmal ignorieren“ gewandelt.

Manche Korporationsverbände wie der Cartellverband oder der nicht-farbentragende Kartellverband koexistieren als deutsche und österreichische Verbände, weisen aber gemeinsame Wurzeln und teilweise sogar eine gemeinsame Geschichte auf. Partiell kann bei den schlagenden, nationalen österreichischen Verbindungen eine besondere Verbundenheit mit Deutschland festgestellt werden.

Ungewöhnlich ausgeprägt ist in Österreich das Schülerkorporationswesen. Der größte Verband von Mittelschulverbindungen ist der Mittelschüler Kartell Verband (MKV). Österreichische Mittelschulverbindungen bezeichnen sich größtenteils auch als „Studentenverbindung“.

Schweiz

Das Korporationswesen in der Schweiz ähnelt dem in Deutschland und Österreich, allerdings mit einem Unterschied: Die drei großen Dachverbände „Schweizerischer Zofingerverein (Zofingia)“, „Studentenverbindung Helvetia“ und der „Schweizerischer Studentenverein (StV)“, dem deutschen CV nahestehend, wurden von Anfang an als Dachverband gegründet und entstanden nicht aus Zusammenschlüssen einzelner Verbindungen. Daneben gehörten ihnen von Anfang an Verbindungen an Universitäten und Schülerverbindungen an. Letztere sind in der Schweiz weitaus häufiger anzutreffen als in Deutschland. Zudem waren alle drei Verbände ebenfalls von Anfang an politische Vereine. Der Schweizerische Studentenverein war von Anfang an der CVP nahe, einer christlichen Partei der Mitte (Siehe auch Schweizerischer Studentenverein).

Kritik

Studentenverbindungen werden in der Gesellschaft verschieden wahrgenommen. Ihre Traditionen sind diverser Kritik ausgesetzt und treffen zum Teil auf Ablehnung, sei es wegen ihrer Herkunft, sei es wegen ihres heutigen Erscheinungsbildes. Dabei geht es oft um besonders augenfällige Merkmale, die immer wieder Anstoß erregen. Einige seien hier kritisch erörtert.

Verhältnis zu Frauen

Obwohl viele Verbindungen seit den 70er Jahren auch Frauen aufnehmen, sind Studentinnen in der korporierten Szene stark unterrepräsentiert. Der Anteil an reinen Damenverbindungen nimmt in letzter Zeit stetig zu. Dennoch ist der Frauenanteil in Verbindungen weiterhin sehr gering. Viele Korporierte sehen dies auch als Problem; deswegen bekommen Damenverbindungen in Gründung nicht selten tatkräftige Hilfe von männlichen Verbindungen.

Korporationen werden von Kritikern als ausgrenzend und frauenfeindlich bezeichnet. Dies gilt besonders für schlagende Verbindungen, weil die Mensur weiterhin „Männersache“ bleibt. Dort werden männliche Werte gepflegt, die - so die Außenwahrnehmung - auch traditionelle Geschlechterrollen zementieren.

Von feministischer Seite werden Burschenschaften oft als männliche Seilschaften bezeichnet, die im universitären und wirtschaftlichen Bereich postenschacher betreiben und damit Frauen explizit aus dem öffentlichen Leben bzw. aus wichtigen Positionen ausschließen.

Vernetzung oder „Seilschaft“?

Kritiker sehen das Lebensbund-Prinzip von Studentenverbindungen oft als ein System, mit dem gezielt Aufstiegschancen für Jungakademiker beeinflusst werden. Statt eigener Leistung seien die dort aufgebauten Beziehungen maßgeblich für die spätere Karriere eines Mitglieds.

Korporierte entgegnen, ohne erbrachte Leistung könne heute niemand mehr bestehen. Ohne von der Leistungsfähigkeit des Anderen überzeugt zu sein, könne es sich niemand erlauben, diesen in eine Position zu hieven. So diene die Gemeinschaft in Studentenverbindungen nur zum Kennenlernen und allenfalls noch dem Aufbau von „Netzwerken“, auf die man später zugreifen könne.

Diese Funktion gebe es ebenso im außerakademischen Bereich, etwa in Vereinen, Gewerkschaften, Parteien, da auch dort Kontakte geknüpft und langlebige Beziehungen zum gegenseitigen Vorteil aufgebaut werden können. So bilden sich heute zunehmend Studenteninitiativen, die das so genannte „Networking“ ausdrücklich zu ihrem Zweck erklären.

Die Ausrichtung von Studentenverbindungen auf Akademiker und damit der gewünschten Zielgruppe prädestiniert sie besonders für den Aufbau von Beziehungsnetzwerken.

hierarchische Struktur

Die eingeschränkten Rechte und Pflichten der „Füchse“ während ihrer Probezeit werden häufig als Zeichen einer hierarchischen, autoritären Struktur gesehen, die demokratischen Ansprüchen widerspreche. In ihr spiegele sich noch die frühere Form der Erniedrigung der Neulinge durch die bereits geformten Vollberechtigten.

Verbindungen verweisen dagegen auf das Zivilrecht und Vereinsrecht, das antidemokratische Strukturen nicht zuläßt. Zwar seien Neumitglieder im Burschenconvent (BC) noch nicht zugelassen, hätten aber im Allgemeinen Convent (AC) volles Stimmrecht und entschieden dort über die meisten internen Angelegenheiten mit. Sie stellen auch das Gleichheitsideal heraus, das etwa im Duzen der Bundesgeschwister zum Ausdruck komme.

Zudem übernehmen die Mitglieder oftmals direkt nach dieser Probezeit die Führungspositionen in der jeweiligen Verbindung.

Viele politische Verbindungen und Burschenschaften vertreten seit ihren Anfängen einen bestimmten Wertekanon, der oft mit Dreiklängen wie „Ehre, Freiheit, Vaterland“ oder - je nach Gewichtung und Rangfolge - „Freiheit, Ehre, Vaterland“ umschrieben wird.

Einige dieser Werte werden heute weder als eindeutig empfunden noch allgemein geteilt. Sie sind seit dem ungeheuren Missbrauch des NS-Regimes für manche nicht mehr ungebrochen verwendbar. Gerade „Ehre“ erscheint vielen vor dem geschichtlichen Hintergrund überholt, da sie auf einer Abgrenzung von anderen und dem Zusammenhalt und dem Wirken einer fragwürdigen Elite basiere. Hier wirkt die historische Herkunft aus der voraufklärerischen, adelig-ritterlichen „Satisfaktion“ nach. Das betrifft vor allem schlagende Verbindungen.

Kritiker übersehen oft die Weiterentwicklung, die die Interpretation dieser Ideale bis heute erfahren hat. Zu Mißverständnissen führt besonders, daß das Bekenntnis zum „Vaterland“ von Seiten der Verbindungen heute das Eintreten für den Staat Bundesrepublik Deutschland mit seiner freiheitlichen und demokratischen Grundordnung oder das Bekenntnis zu einer „Vereinigung Europas in Freiheit“ (DB) bezeichnet. Daher ist für die Außenwahrnehmung nicht unerheblich, in welcher Weise Verbindungen ihre Werte aktiv vertreten.

Der Begriff „Vaterland“ wird von einigen politisch aktiven Verbindungen völkisch, deutschnational, revisionistisch bis fremdenfeindlich aufgefasst. Dies sind oft Bünde der Deutschen Burschenschaft. Diese bietet gelegentlich auch Anhängern von großdeutschen Positionen und nationalistischen Ideen ein Forum. Zusammen mit anderen Institutionen aus dem rechtsradikalen Spektrum wurden Veranstaltungen zu politisch zweifelhaften Themen organisiert.

Kritiker nehmen deshalb manchmal alle Verbindungen als konservativ bis reaktionär und nationalistisch mit fließenden Übergängen zum Rechtsradikalismus wahr. Die große Mehrheit der Korporierten lehnt radikale Tendenzen jedoch ab. Das breite Spektrum von Studentenverbindungen sieht sich überwiegend politisch neutral und betont seine Treue zum Grundgesetz, die es aus dem Patria-Prinzip ableitet.

Die Kritiker werfen diesem Teil der Verbindungslandschaft aber vor, sich nicht ausreichend von verfassungswidrigen Tendenzen anderer Verbindungen abzugrenzen. Besonders werfen sie der Deutschen Burschenschaft vor, rechtsradikal eingestellte Verbindungen weiterhin im eigenen Dachverband zu dulden.

Traditionspflege

Viele Verbindungen passen ihre alten Strukturen, Rituale und Gepflogenheiten kaum der Aktualität an. Das sehen Kritiker oft als Bestätigung für das „ewiggestrige Gedankengut“ der Korporierten. Doch diese möchten bewusst die oft über 100 Jahre alten Traditionen behalten und auf diese Weise ihre Identität wahren und pflegen. So konnten sich Studentenverbindungen nach den Karlsbader Beschlüssen oder dem „Dritten Reich“ aus ihrer Tradition heraus wiedergründen. Selbst in der Zeit der DDR nahmen ein kleiner Teil der Studenten zu den alten Verbindungs-Traditionen Zuflucht. Die vor 1990 in der DDR gegründeten Verbindungen sind heute zum Teil in der Rudelsburger Allianz organisiert.

Selbstbezogenheit

Studentenverbindungen sind oft sehr stark mit den eigenen Belangen befasst. Sie schotten sich gegenüber kritischen Einblicken von außen ab und stellen sich der Öffentlichkeit nicht genügend dar, so dass Außenstehende geradezu eingeladen werden, Vorurteile wie ein angebliches „Elite“-Denken zu bilden. Dies liegt auch an der relativ geringen Präsenz von Studentenverbindungen auf gesellschaftlich relevanten Kongressen, Aktionen und in den Medien außerhalb des eigenen Spektrums.

Alkoholmissbrauch

Das gemeinsame Trinken wird etwa auf Kneipen oftmals als selbstverständlich erachtet. Vor allem Bier wird dort oft in großen Mengen konsumiert.

Eine Trinkpflicht besteht jedoch im Prinzip nicht, wird von Beteiligten aber zuweilen als Gruppenzwang erfahren. Einige Verbindungen haben sich dem Mäßigkeitsprinzip verschrieben, das dem erzwungenen Alkoholmissbrauch einen Riegel vorschiebt.

Siehe auch

Literatur

  • Friedhelm Golücke, Bernhard Grün, Christoph Vogel: Die Fuxenstunde, Allgemeiner Teil. 4., völlig überarbeitete Auflage, SH-Verlag, 1996, ISBN 3894980109 - Für Mitglieder einer Korporation gedachtes Ausbildungsbuch mit vielen Informationen zu Studentenverbindungen in Gegenwart und Geschichte, herausgegeben von der GDS.

Für studentengeschichtliche Literatur siehe Geschichte der Studentenverbindungen.

Verzeichnisse

  • Ernst-Günter Glienke: Civis Academicus 2005-2006, Handbuch der deutschen, österreichischen und schweizerischen Korporationen und studentischen Vereinigungen an Universitäten und Hochschulen sowie Schülerverbindungen, Redaktion: Ernst Thomas, SH-Verlag, 2004, ISBN 3894981490. - Detaillierte Liste (mit Kurzvorstellungen) aller existierenden Studentenverbindungen deutscher Prägung. Ein Eintrag im „Civis“ zählt teilweise in der sehr heterogenen Welt der Studentenverbindungen als Unterscheidungsmerkmal, ob eine Gesellschaft als Verbindung oder sonstiger Verein gelten kann; herausgegeben von der GDS.
  • Hartmut H. Jess: S.C.C. 2000 (Specimen Corporationum Cognitarum) - Das Lexikon der Verbindungen, CD-ROM, SH-Verlag, 2000. - Auf dieser CD-ROM sind die Daten von 12.000 Verbindungen und Vereinen zusammengestellt.

Kritisches

  • Diana Auth, Alexandra Kurth: „Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick“, in: Christoph Butterwegge / Gudrun Hentges (Hrsg.), Alte und Neue Rechte an den Hochschulen, Agenda-Verlag, Münster, 1999, ISBN 3896880608
  • Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hg.): Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute, Papyrossa-Verlag, Köln, 1993, ISBN 3-89438-050-0
  • Dietrich Heither, Gerhard Schäfer: Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin, 1996, ISBN 3885205858

Belletristik

  • Walter Bloem: Der krasse Fuchs, Roman, Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1911 mit einem Nachwort von Holger Zinn, SH-Verlag 2001, ISBN 3894981083
  • Walter Bloem: Kommödiantinnen, Roman, Ullstein, Berlin 1914
  • Walter Bloem: Brüderlichkeit, Roman, H. Fikentscher, Leipzig, 1922
  • studentenhistoriker.de Arbeitskreis der Studentenhistoriker Informationen zum Arbeitskreis und zur allgemeinen Studentengeschichte, Links und Meldungen
  • cousin.de Cousin: Couleurstudentische Informationen Informations-Portal über Studentenverbindungen aller Art
  • eius.de »Es ist natürlich etwas anderes, wenn man weiß, der andere war auch aktiv« Artikel von Peter Schmitt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
  • gds-web.de Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte e.V. Aktuelle Meldungen, Termine, Studenten-Kurier, Arbeitskreise und vieles mehr
  • tradition-mit-zukunft.de Tradition mit Zukunft Plattform zur Förderung des couleurstudentischen Austauschs, unter anderem mit vielfach durchsuchbarem Verbindungs-/Dachverbandsverzeichnis
  • wiwo.de Wohnen im Verbindungshaus: Die Bruderschaft Artikel aus der Wirtschaftswoche; Verschiedene Sichtweisen zu Corps, Burschenschaften, ihren Villen und Traditionen
  • uni-stuttgart.de Texte über Verbindungen Sammlung der Stuttgarter Burschenschaft Hilaritas von online erschienenen Texten (1995-2001)
  • apabiz.de Burschenschaften Studentenverbindungen (PDF Dokument)