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Vorsatz (Recht)

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Vorsatz bezeichnet einen in die Zukunft gerichteten Entschluss.

Vorsatz ist ein Fachbegriff aus der Buchherstellung.

Vorsatz (dolus) beschreibt den wesentlichen Teil des äußeren Tatbestandsmerkmals in der Rechtslehre (Strafrecht). Im groben stellt er den Tatentschluss dar.

a) Buchherstellung

Der Vorsatz eines Buches verbindet (neben dem Schrenz u. a.) den Buchblock mit dem Buchdeckel (ähnelt vom Optischen einer in der Mitte gefalteten Doppelseite): den Teil, der am Buchdeckel festgeklebt ist, nennt man Spiegel; den anderen Teil, der mit dem Buchblock verbunden ist, nennt man fliegendes Blatt.

Da es bei einem Buch bekanntlich einen Anfang und ein Ende gibt, müssen entsprechend zwei Vorsätze eingefügt werden, um den Buchdeckel mit dem Buchblock zu verbinden.

Diese werden unterteilt in "vorderer Vorsatz" und "hinterer Vorsatz".

b) Rechtslehre

Für die Verwirklichung von Handlungen werden subjektive Merkmale zur Ermittlung von Rechtsfolgen herangezogen. Der Vorsatz als Willensbildung auf eine Handlung kann daher ausschlaggebend für die Rechtsfolgen der unterschiedlichen Rechtsgebiete sein.

Nach den Maßgaben des Zivilrechts wird das Verschulden gemäß § 276 Abs. 1 BGB an den subjektiven Merkmalen des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit gemessen. Vorsatz ist demnach das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges. Damit entspricht der Begriff im weitesten Sinne dem des Strafrechts. Der Irrtum lässt daher den Vorsatz entfallen. Die vorsätzliche Handlung kann eine verschärfte Haftung auslösen (z.B. § 826 BGB).

Im Strafrecht ist der Vorsatz zwingendes Tatbestandsmerkmal (kaum umstritten) der Verwirklichung einer Straftat. Sofern nichts anderes bestimmt ist, bedarf es daher immer des Vorsatzes (außer bei den explizit genannten Fahrlässigkeitsdelikten, z. B. §§ 222, 229, 306d StGB). Der Vorsatz ist nach dem Umkehrschluss aus § 16 Abs. 1 StGB das Wissen und Wollen sämtlicher Tatbestandsmerkmale. Zur Abgrenzung wird der Dolus-Begriff (Vorsatz) in drei Stufen gesetzt.

  1. Dolus directus 1. Grades ("Absicht"): Die Absicht ist der zielgerichtete Wille, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.
  2. Dolus directus 2. Grades ("direkter Vorsatz"): Der Täter muss den Erfolg durch wissentliches Handeln herbeiführen. Dabei ist es nicht notwendig, dass der Erfolg das angestrebte Ziel (siehe Absicht) darstellt.
  3. Dolus eventualis ("Eventual- oder bedingter Vorsatz"): nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der bedingte Vorsatz gegeben, wenn der Täter "den Taterfolg für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat". Der Eventualvorsatz ist grundsätzlich ausreichend, um den Vorsatz für eine Tat zu begründen.

Für den Vorsatz gilt - wie für die übrigen Tatbestandsmerkmale - das Simultanitätsprinzip. Das bedeutet, dass der Vorsatz bei Tatbegehung vorliegen muss. Ein nur vor der Tat (lat. dolus antecedens) oder nach der Tat (lat. dolus subsequens) vorliegender Wille genügt für die Annahme einer Vorsatztat nicht.

Ein Irrtum über die Tatbestandsmerkmale (§ 16 Abs. 1 StGB) schließt regelmäßig den Vorsatz aus, eine Bestrafung wegen der fahrlässigen Begehung eines Delikts bleibt davon unberührt.


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