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Philipp Müller (Kommunist)

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Philipp Müller (* 5. April 1931 in München; † 11. Mai 1952 in Essen) war ein deutscher Arbeiter und Kommunist. Müller starb, als in Essen die Polizei auf Teilnehmer einer Demonstration schoss. Dies war das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass ein Demonstrant durch die Polizei getötet wurde.

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Familiengrab Philipp Müller, München-Neuaubing

Zur Person

Philipp Müller wurde am 5.April 1931 in München-Neuaubing als Sohn einer katholischen Familie geboren, lernte Schlosser und arbeitete im Eisenbahnausbesserungswerk Neu-Aubing. 1948 wurde er in München Mitglied der FDJ, 1950 der KPD und engagierte sich im Sozialistischen Jungarbeiter Aktiv, einem Münchener Bündnis aus Falken, Jusos, FDJ und antifaschistischen Gruppen. 1950 fuhr er als Delegierter der Münchner FDJ zum Deutschlandtreffen der FDJ in die DDR und nahm auch 1951 an den III. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin(DDR) teil. Dort heiratete er die Ostberlinerin Ortrud Voß. Im Dezember 1951 wurde der gemeinsame Sohn Joachim geboren. Müller stellte einen Übersiedlungsantrag in die DDR und verlor daraufhin seine Anstellung. Bis zu seinem Tod engagierte er sich im Kampf gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik.

Ereignisse zum 11.Mai 1952

In Absprache mit den Westalliierten plante die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die Wiederbewaffnung und die vertragliche militärische Bindung an die NATO. Nach den Vorabsprachen auf der Außenministerkonferenz im September 1951 sollte am 26. Mai 1952 der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) unterzeichnet werden.

Gegen dieses Vorhaben formte sich ein breiter Widerstand aus linken, antifaschistischen und pazifistischen Kräften. Die Regierung der Sowjetunion versuchte mit den ersten sogenannten Stalin-Noten im März und April 1952 die Entwicklung zu stoppen. Die DDR unterstützte die Aktionen der Widerbewaffnungsgegner über die KPD, die FDJ und Gewerkschaften.

Eine Konferenz von Vertretern verschiedener Jugendorganisationen unter Leitung des dortigen Pfarrers Herbert Mochalski, eines engen Vertrauten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Martin Niemöller, rief am 2. März 1952 in Darmstadt zu einer »Jugendkarawane gegen Wiederaufrüstung und Generalvertrag« am 11. Mai 1952 in Essen auf. Am 10. Mai verbot der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Karl Arnold (CDU), der zugleich Ministerpräsident war, die Demonstration mit der Begründung, dass wegen weiterer Veranstaltungen nicht genug Polizeikräfte zur Verfügung stünden. Viele Teilnehmer traten die Heimreise an. Dennoch fanden sich ca. 30.000 Personen, die an verschiedenen Orten in Essen kleinere Veranstaltungen organisierten, die jedoch von der Polizei aufgelöst wurden. Lediglich vor der Grugahalle widersetzten sich Demonstranten den Aufforderungen der Polizei.

Nachdem zunächst Demonstranten von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hatten, erteilte Polizeikommissar Knobloch den Schießbefehl auf die Demonstranten. Zwei Kugeln eines Polizisten trafen Philipp Müller, eine davon sein Herz tödlich. Durch Polizeikugeln schwer verletzt wurden außerdem der Sozialdemokrat Bernhard Schwarze aus Kassel und der Gewerkschafter Albert Bretthauer aus Münster. Laut Obduktionsbericht erfolgte der tödliche Schuss bei Philipp Müller von vorn.

Die Schüsse sind mit Urteil vom 2. Oktober 1952 vom Dortmunder Landgericht als Notwehr eingestuft worden. Dutzende Jugendliche wurden festgenommen, elf von ihnen später zu Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahren verurteilt. Ministerpräsident Arnold erklärte: “Da der Widerstand durch den Gebrauch des Polizeischlagstocks nicht gebrochen werden konnte … musste von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden. Vor dem Schusswaffengebrauch wurde die Menge dreimal aufgefordert, das Werfen einzustellen.”

Vergeblich beantragten die KPD-Abgeordneten im Landtag von Nordrhein-Westfalen am 12. Mai 1952 die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Auch der KPD-Abgeordnete Heinz Renner forderte in der Bundestagssitzung am 14. Mai 1952 vergeblich die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, wegen dieses Antrages wurde Renner von Bundestagspräsident Hermann Ehlers (CDU) aus dem Saal gewiesen und für 20 Sitzungstage ausgesperrt.

Gedenken und Kult um Philipp Müller

"Philipp-Müller-Straße" in München

In der DDR wurde das Andenken an Müller insbesondere durch die FDJ aufrecht erhalten. Philipp Müller wurde bewusst in die Reihe der antifaschistischen Geschichtsikonen gestellt.

Der damalige 1. Vorsitzende der FDJ, Erich Honecker, erklärte auf einer Kundgebung am 16. Mai 1952 in Berlin, die FDJ werde »nicht eher ruhen und rasten ( ... ) bis der Mord an Philipp Müller durch den Sturz der verräterischen Adenauerclique gesühnt ist«.

Der Schriftsteller Kurt Barthel schrieb ein Gedicht über Müller, der Schriftsteller Paul Wiens und der Komponist Paul Dessau verfassten zum Gedächtnis an Müller ein Arbeiterkampflied, das insbesondere in der FDJ bei politischen Anlässen gesungen wurde. In vielen Orten erhielten Straßen und öffentliche Einrichtungen den Namen "Philipp Müller", so z.B. in Ermsleben eine LPG, in Harbke ein Kraftwerk und in Biesenthal ein Betriebs-Kinderferienlager, eine Schule in der Innenstadt von Weimar. In München, der Heimatstadt Müllers gibt es eine Initiative zur Umbenennung einer Straße in Philipp-Müller-Straße.

In Dresden trägt ein kleineres Stadion auch heute noch seinen Namen, in Brandenburg an der Havel ziert noch immer der Schriftzug "Philipp Müller" das Gebäude des ehemaligen FDJ-Jugendklubhauses.

Siehe auch

Wiederbewaffnungsdiskussion

Quellen