Zum Inhalt springen

Oswald Metzger

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. April 2008 um 18:04 Uhr durch AF666 (Diskussion | Beiträge) (Kategorie:Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hinzugefügt (mit HotCat)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Datei:Oswald metzger.jpg
Oswald Metzger

Oswald Metzger (* 19. Dezember 1954 in Grabs, Schweiz) ist ein deutscher Politiker. Er war von 1974 bis 1979 Mitglied der SPD und von 1987 bis 2007 Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Im März 2008 beantragte er die Aufnahme in die CDU.

Biographie

Er wuchs bei den Großeltern im oberschwäbischen Bad Schussenried auf. Seine alleinerziehende Mutter war Hotelangestellte im st.-gallischen Buchs. Die Gymnasialzeit verbrachte Metzger in Leutkirch im Allgäu, am Gymnasium in Ehingen an der Donau und in Ravensburg. Ein kritischer Leserbrief für die Fristenlösung bei der Abtreibung bewirkte, dass das Bischöfliche Konvikt in Ehingen, das Kolleg St. Josef, ihm vorzeitig das Stipendium strich. Nach dem Abitur 1975 in Ravensburg und Zivildienst im psychiatrischen Landeskrankenhaus Bad Schussenried begann er ein Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen (von 1976 bis 1982), das er jedoch nicht abschloss. Von 1974 bis 1979 gehörte er der SPD an. Ende der siebziger Jahre war er Mitherausgeber des linksalternativen Zeitungsprojektes Der Motzer. 1987 wurde Metzger Mitglied der Grünen. Im Kreistag von Biberach und von 1980 bis 2002 als Gemeinderat (Unabhängige Liste) von Bad Schussenried sammelte er kommunalpolitische Erfahrungen. Von 1986 bis 1994 war er Landesgeschäftsführer der kommunalpolitischen Vereinigung Grüne/Alternative in den Räten von Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart. Davor war er von 1980 bis 1986 Inhaber eines Schreibbüros in Bad Schussenried. Zweimal kandidierte er in Bad Schussenried als Bürgermeister und verlor. Einmal fehlten nur 68 Stimmen zum Sieg. Oswald Metzger ist verheiratet und lebt in Bad Schussenried.

Ämter und politische Positionen

Von 1994 bis 2002 war er Mitglied des Deutschen Bundestags, ordentliches Mitglied im Haushaltsausschuss, Obmann der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und deren haushaltspolitischer Sprecher. Von 2000 bis 2002 war er Mitglied im Finanzausschuss und dort auch Obmann seiner Fraktion. In dieser Zeit erwarb sich Metzger den Ruf eines Finanzexperten. Dabei setze er sich insbesondere für Haushaltskonsolidierung und für ein stärker marktwirtschaftliches Profil der Grünen ein. Er bezeichnete sich als „ordoliberaler Grüner“ und „Überzeugungstäter“.

Oswald Metzger ist unter anderem ehrenamtliches Kuratoriumsmitglied der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM, siehe Kritik). Im Rahmen seiner Arbeit als „Botschafter“ der INSM bzw. als freier Publizist – unter anderem mit einer Kolumne im Handelsblatt – sprach er sich für Studiengebühren, eine verfassungsrechtliche Ächtung staatlicher Kreditaufnahme, radikalen Stellenabbau im öffentlichen Dienst, mehr Eigenverantwortung der Bürger für die persönlichen Risiken des Lebens und den Abbau des „bevormundenden Sozialstaates“ mit seiner „Volksbeglückungspolitik“ aus.

Er war seit seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag zwei Jahre lang (bis Ende März 2005) Fellow der Bertelsmann Stiftung im Projekt Demografischer Wandel und erster „Distinguished Fellow“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Als Metzger 2002 in einer Kampfabstimmung um den sechsten Platz der baden-württembergischen Landesliste Cem Özdemir unterlag, verzichtete er auf eine weitere Kandidatur für den Bundestag. Auch 2005 scheiterte Metzgers Vorhaben, bei der vorgezogenen Bundestagswahl einen aussichtsreichen Listenplatz zu erlangen. Als nicht auf der Liste abgesicherter Direktkandidat erreichte er im Wahlkreis 293 (Biberach/Wangen) 14,0 % der Erststimmen.[1]

Im Vorfeld der Landtagswahlen 2006 wurde Oswald Metzger 2005 vom Kreisverband der Grünen in Biberach einstimmig als Kandidat aufgestellt. Mit 16,7 % wurden Bündnis 90/Die Grünen bei den Wahlen am 26. März 2006 die zweitstärkste Kraft im Wahlkreis Biberach.[2] Metzger konnte damit aufgrund des baden-württembergischen Personenwahlrechts in den Landtag einziehen. Eine von ihm angestrebte Koalition mit der CDU betrachtete er als „die Annäherung an die Herkunft der Grünen“, womit seine Partei die „strukturelle Mehrheitsfähigkeit des deutschen Bürgertums“ wieder herstellen könnte.[3] Innerhalb der Landtagsfraktion bekleidete Metzger das Amt des finanzpolitischen Sprechers und war – neben Winfried Kretschmann – Mitglied im Finanzausschuss des Landtages.

Aufgrund von Differenzen in der Sozialpolitik wie dem bedingungslosen Grundeinkommen oder einem bedarfsorientiertem Grundsicherungsmodell[4] kündigte er den Parteiaustritt und einen möglichen Übertritt zur CDU an, wolle aber dann sein Mandat nicht mitnehmen, sondern niederlegen.[5] Weiter sagte er, er mache diese Entscheidung von seiner Resonanz auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Nürnberg im November 2007 abhängig und gebe seinen Austritt zeitnah danach bekannt.[6] Der Parteiaustritt wurde letztlich am 27. November 2007 vollzogen.[7] Am 7. Februar 2008 teilte er in einem Brief an den Landtagspräsidenten mit, dass er sein Landtagsmandat mit Wirkung zum 8. Februar 2008 niederlegt; für Metzger rückte am 18. Februar 2008 Eugen Schlachter nach.

Am 25. März 2008 kündigte Metzger an, in die CDU einzutreten und sich bei der 2009 anstehenden Bundestagswahl für diese im Wahlkreis Biberach a.d.Riss um eine Kandidatur für das Direktmandat zu bemühen.[8] Offenbar hat Metzger diese Aussage nicht mit der CDU abgestimmt. Franz Romer - dessen Bundestagsmandat Oswald Metzger übernehmen will - teilte einer Zeitung mit, er gehe von einer Ablehnung von Metzers Aufnahmeantrag durch den örtlichen CDU-Kreisvorstand aus.[9]


Kritik

Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft, der Metzger angehört[10] (siehe oben), steht in der Kritik, im Interesse der Industrie die öffentlichen Medien zu beeinflussen und journalistische Berichterstattung mit PR zu vermischen. Der Tagesspiegel vermutet in einem Artikel von Harald Schumann eine materielle Beziehung in Form von Auftragsvermittlungen der INSM u. a. an Oswald Metzger: „Die Allianz von Prominenz und PR folgt dem Prinzip der gegenseitigen Instrumentalisierung. Die 'Botschafter' propagieren einzelne Slogans der 'Initiative' und verschaffen ihr Glaubwürdigkeit. Im Gegenzug fungieren berolino.pr sowie Scholz & Friends als Agenten, die ihren Schützlingen zu guten Auftritten und Medienpräsenz verhelfen.“[11] Ähnliche Kritik wurde in einem Beitrag des ARD-Wirtschaftsmagazins plusminus vom 30. August 2005 geäußert.[12]

Innerparteiliche Kritik erhielt er im November 2007 nach einem Interview im Stern, in dem er über Sozialhilfeempfänger sagte: „Viele sehen ihren Lebenssinn darin, Kohlehydrate oder Alkohol in sich hinein zu stopfen, vor dem Fernseher zu sitzen und das Gleiche den eigenen Kindern angedeihen zu lassen.“ [13] Von der Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Grünen, Renate Künast, wurde er zu einer konsequenten Umsetzung seiner Rücktrittsgedanken aufgefordert. [14] Metzger sagte, er fühle sich stigmatisiert und lehnte eine Entschuldigung ab; es solle verhindert werden, dass „meine Kritik an den sozialpolitischen Vorstellungen des Bundesvorstands von den Delegierten in Nürnberg ernst genommen wird und somit zur Niederlage der Parteispitze beitragen könnte“.[15]

Veröffentlichungen

Fußnoten

  1. Dieses landesweit beste Erststimmenergebnis eines grünen Politikers – bundesweit stand er mit dem Ergebnis nach Hans-Christian Ströbele, Renate Künast und Joschka Fischer auf dem viertbesten Platz – reichte allerdings nicht aus, um ein Mandat zu gewinnen.
  2. Dies ist eine Steigerung des Wahlkreisergebnisses um über 8 Prozentpunkte im Vergleich zur Landtagswahl 2001 – der größte Zuwachs von allen Wahlkreisen (landesweit: + 4 Prozentpunkte).
  3. Spiegel Online: Schwarz-grüne Lockerungsübungen, 2. April 2006 (kostenpflichtig)
  4. Tagesschau: Grüne rechnen mit Austritt von Metzger, 23. November 2007
  5. Wenn ich gehe, werde ich der CDU im Stuttgarter Landtag auf keinen Fall zur Mehrheit verhelfen, sondern mein Mandat als Landtagsabgeordneter zurückgeben.“ (zitiert nach Oswald Metzger: „Ich bin auf dem Sprung“, Interview im Stern, 20. November 2007
  6. „Am kommenden Dienstag in der Fraktionssitzung in Stuttgart will er seine Entscheidung bekannt geben. Doch er sieht auch eine Chance, bei den Grünen zu bleiben, wenn seine beiden Änderungsanträge Gehör finden.“ (Stern: Oswald Metzger: Auf dem Weg in die Hauptstadt, 23. November 2007) Dazu schrieb Spiegel Online: „Wenn das der Maßstab ist, muss er gehen: Sein Änderungsbeitrag bekommt gerade mal ein Dutzend Stimmen – von 700. Es ist eine krachende Niederlage, eine Quittung für seine politisch unkorrekten Äußerungen.“ (Leitantrag: Grüne stärken Parteiführung - und ihren Realitätssinn, 24. November 2007)
  7. Stern: Baden-Württemberg: Metzger verlässt die Grünen, 27. November 2007
  8. Spiegel Online: Ehemaliger Grünen-Politiker Metzger wechselt zur CDU, 25. März 2008
  9. CDU will Grünen Metzger nicht geschenkt haben
  10. Gitti Müller, Kim Otto, Markus Schmidt: Die Macht über die Köpfe: Wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft Meinung macht, MONITOR Nr. 539 am 13. Oktober 2005, Beitrag als Video
  11. Der Tagesspiegel: Die Apo des Kapitals, 30. Oktober 2004
  12. Getarnte Lobby. Wie Wirtschaftsverbände die öffentliche Meinung beeinflussen, Transkript)
  13. Stern: Oswald Metzger: „Ich bin auf dem Sprung“, 20. November 2007
  14. Stuttgarter Nachrichten: Künast: Metzger soll gehen, wenn er will, 23. November 2007
  15. Die Welt: Herr Metzger, wann treten Sie bei den Grünen aus?, Interview vom 22. November 2007