Skalarprodukt
Die in diesem Artikel verwendeten Symbole werden in der Tabelle mit mathematischen Symbolen erläutert.
Einleitung
Definition im endlichdimensionalen Euklidischen Raum
In der linearen Algebra ist das Skalarprodukt oder innere Produkt zweier Vektoren
und
des n-dimensionalen Euklidischen Raumes als jene reelle Zahl definiert, die sich als Summe der Produkte der Komponenten der Vektoren ergibt:
- .
Im dreidimensionalen Euklidischen Raum berechnet man also das Skalarprodukt von zwei Spaltenvektoren zum Beispiel als
Mit Hilfe des Skalarproduktes ist es möglich, die Länge eines Vektors zu berechnen: nach dem Satz des Pythagoras gilt
- .
Insbesondere gilt
- .
Damit diese Eigenschaft erhalten bleibt, definiert man im Fall des komplexen Vektorraums über dem Körper das Skalarprodukt folgendermaßen:
wobei der Überstrich die komplexe Konjugation bedeutet. Alternativ könnte man auch
definieren. Beide Definitionen sind theoretisch an sich gleichwertig; in der Praxis ist es aber zweckmäßig, sich auf eine einzige Definition zu einigen, wobei in der Literatur meistens die Version verwendet wird.
Rechenregeln
- Während das Skalarprodukt im reellen Fall kommutativ ist, ist es im komplexen Fall hermitesch.
- Das Skalarpdodukt ist nicht assoziativ.
- Das Skalarprodukt ist distributiv bezüglich der Vektoraddition und Subtraktion.
- Das Skalarprodukt hat Nullteiler; das bedeutet, es gibt vom Nullvektor verschieden Vektoren und , sodas . Solche Vektoren werden als zueinander orthogonal bezeichnet. Wie die Darstellung des Skalarprodukts mittels Kosinus zeigt, stimmt diese Definition von orthogonal mit der geometrischen Definition überein.
Abstrakte Definition
In der Funktionalanalysis wird das innere Produkt von einem abstrakteren Standpunkt als eine Funktion <·,·> definiert, die zwei Elementen eines Vektorraums V über dem Körper K der reellen oder komplexen Zahlen einen Skalar, also ein Element des dazugehörigen Körpers K, zuordnet, wobei folgende Bedingungen erfüllt sein müssen:
- (1) (positiv);
- (2) aus folgt (definit);
- (3) (hermitesch);
- (4) (linear im ersten Argument).
Wie man sich leicht überzeugt, erfüllt das in der Einleitung definierte Skalarprodukt diese 4 Bedingungen.
Aus Bedingungen (3) und (4) folgt das Skalarprodukt ist also nicht nur eine Linearform im ersten Argument, sondern auch eine Semilinearform im zweiten Argument, insgesamt also eine Sesquilinearform; über einem reellen Vektorraum ist das Skalarprodukt sogar eine Bilinearform.
Im komplexen Fall ließe sich das Skalarprodukt alternativ als semilinear im ersten und linear im zweiten Argument definieren; auch hier ist in der Literatur die im ersten Argument lineare Version die übliche.
Ein reeller oder komplexer Vektorraum, in dem ein inneres Produkt definiert ist, heißt Prähilbertraum; ist er darüber hinaus auch noch vollständig bezüglich der durch das innere Produkt generierten Norm, wird er als Hilbertraum bezeichnet.
Die Bedingung (1) setzt einen geordneten Körper voraus; das innere Produkt lässt sich also nicht auf Vektorräumen über beliebigen Körpern definieren. Eine mögliche Verallgemeinerung für beliebige Körper ist aber der schwächere Begriff der Bilinearform.
Abgrenzung zu anderen Produkten
Das Skalarprodukt ist von mehreren anderen Produkten zu unterscheiden, die in einem Vektorraum V über einem Körper K definiert sein können:
Skalare Multiplikation
Das Skalarprodukt ist eine Funktion von V×V nach K. Die skalare Multiplikation, also die Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar, ist eine Funktion von K×V nach V und ist per definitionem in jedem Vektorraum definiert ist.
Kreuzprodukt
Wenn der Vektorraum die Dimension n=3 hat, kann man ferner ein Vektorprodukt, auch Kreuzprodukt genannt, definieren, das eine Funktion von V×V nach V ist. (In höherdimensionalen Räumen hat man eine Verallgemeinerung des Kreuzprodukts, das dann mehr als zwei Vektoren verknüpft.)
Äußeres Produkt
Das äußere Produkt ist eine Verknüpfung für Multilinearformen. Manchmal wird auch das Kreuzprodukt äußeres Produkt genannt.
Spatprodukt
Das Spatprodukt in einem dreidimensionalen Raum schließlich entsteht durch Verknüpfung von Skalar- und Vektorprodukt; es ist eine dreistellige Funktion von V×V×V nach K.
Skalarprodukt als Matrizenprodukt
Das Skalarprodukt lässt sich auch als Matrizenprodukt schreiben, indem man den Vektor als Matrix interpretiert: Im reellen Fall gilt
- ,
wobei das T für die transponierte Matrix steht. Im komplexen Fall gilt (für den links linearen, rechts semilinearen Fall)
- ,
wobei das H für die Hermitesche adjungierte Matrix steht.
Komponentenweises Produkt
Das komponentenweise Produkt wird in manchen Programmiersprachen (z.B. Matlab) mit ".*" bezeichnet, z.B.
- .
In der Mathematik gibt es keine spezielle Notation dafür, insbesondere spielt das komponentenweise Produkt in der linearen Algebra keine besondere Rolle, da es wesentlich von der gewählten Basis abhängt und es daher keine anschauliche geometrische Interpretation dafür geben kann.
Notation
Das Skalarprodukt wird im deutschen Sprachraum in aller Regel mit einem Punkt als Multiplikationszeichen geschrieben: .
Wie bei der normalen Multiplikation kann das Multiplikationszeichen auch ganz weggelassen werden, wenn keine Missverständnisse auftreten können; das ist insbesondere in Texten der Fall, in denen Vektoren durch Vektorpfeile, durch Fettdruck oder durch Unterstreichen kenntlich gemacht sind und daher nicht mit Skalaren verwechselt werden können:
- = ist ein Skalarprodukt,
- a dagegen ist ein äußeres Produkt.
In der Funktionalanalysis werden Vektoren üblicherweise ohne Pfeil geschrieben und für das innere Produkt spitze Klammern verwendet: .
Skalarprodukt und Winkel
Winkelberechnung im Euklidischen Raum
Das Skalarprodukt ist ursprünglich im Rahmen der analytischen Geometrie im Euklidischen Raum eingeführt worden. So ist es mit Hilfe des Skalarproduktes beispielsweise möglich, den Winkel zwischen zwei Vektoren zu berechnen: Das Skalarprodukt ergibt sich nämlich auch aus den Beträgen der beiden Vektoren und dem Kosinus des von diesen eingeschlossenen Winkels gemäß der Formel
Um dies zu zeigen, mögen drei Vektoren, des Euklidischen Raumes betrachtet werden.
Wegen des Kosinussatzes ist die Länge des dem Winkel gegenüberliegenden Vektors
Da sich aus ergibt, erhält man
- .
Berechnet man nun die Länge über das Skalarprodukt, so erhält man
- .
Aus den Rechenregeln für das Skalarprodukt ergibt sich dann
und daraus die gewünschte Beziehung
- .
Skalarprodukt und Orthogonalität
Aus der Winkeldarstellung des Skalarpdodukts folgt, dass das Skalarprodukt zweier von Null verschiedene Vektoren genau dann Null ist, wenn der Kosinus des von ihnen eingeschlossenen Winkels Null ist, wenn also die beiden Vektoren zueinander orthogonal sind.
Winkeldefinition im abstrakten Fall
Die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung besagt, dass für das abstrakte Skalarprodukt die Beziehung
bzw.
gilt. Daher lässt sich auch im auch im abstrakten Fall mittels
der Winkel zweier Vektoren definieren.
Berechnung des Skalarprodukts mit Hilfe seiner Komponenten
In einem endlichdimensionalen Vektorraum ist das in der Einleitung definierte Skalarprodukt
nicht die einzige Funktion, die der abstrakten Definition des inneren Produkts entspricht. So genügt beispielsweise auch die Funktion
für jede positiv definite Matrix der abstrakten Definiton eines inneren Produkts. Lässt sich nun aber zu einem gegebenen inneren Produkt eine Orthonormalbasis finden, also eine Menge von Vektoren mit
- ,
wobei
das Kroneckersymbol darstellt, und kann man und in dieser Basis darstellen, so erhält man aus den Rechenregeln des inneren Produktes
- ,
also genau die in der Einleitung definierte Berechnung des Skalarprodukts mit Hilfe seiner Komponenten. Im endlichdimensionalen Fall lässt sich zeigen, dass es stets möglich ist, eine solche Orthonormalbasis zu finden, beispielsweise über die Gram-Schmidt Orthogonalisierung.
Der Begriff der Orthonormalbasis und die Berechnung des inneren Produkts mit Hilfe seiner Komponenten lassen sich auf unendlichdimensionale Räume verallgemeinern, wobei die Vektoren üblicherweise nur als eine unendliche Summe von Vektoren aus der Orthonormalbasis dargestellt werden können und das innere Produkt daher ebenfalls eine unendliche Summe wird. Die Orthonormalbasis ist also keine Basis im Sinne der linearen Algebra, die eine Darstellung jedes Vektors als endliche Summe von Basisvektoren ermöglicht. Zur besseren Unterscheidung wird daher im unendlichdimensionalen Fall die Basis im Sinne der linearen Algebra als Hamelbasis bezeichnet.
Skalarprodukt und unitäre Transformationen
Aus der Darstellung des Skalarprodukts mittels Winkel
folgt geometrisch, dass das Skalarprodukt invariant gegenüber längen- und winkeltreuen Abbildungen sein muss. Dies lässt sich auch analytisch nachrechnen. Längen- und winkteltreue Abbildungen werden durch unitären Matrizen dargestellt, das sind Matrizen mit der Eigenschat oder
- ,
wobie das Kroneckersymbol darstellt. Für die -te Komponente von und gilt
und
- .
Somit berechnet sich das Skalarprodukt als
- ,
das Skalarprodukt bleibt also tatsächlich unverändert.
Anwendung
In der Physik sind etliche Größen, wie zum Beispiel die Arbeit W, durch Skalarprodukte definiert:
mit den vektoriellen Größen Kraft F und Weg s.