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Strychnin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Strukturformel
Strukturformel von Strychnin
Allgemeines
Name Strychnin
Summenformel C21H22N2O2
Kurzbeschreibung

farblose, bitter schmeckende Kristalle [1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 57-24-9
PubChem 5979
Wikidata Q194406
Eigenschaften
Molare Masse 334,42 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,36 g·cm−3

Schmelzpunkt

268 °C [1]

Löslichkeit

Schlecht in Wasser löslich
gut löslich in Alkohol und Chloroform

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
EUH: {{{EUH}}}
P: {{{P}}}
MAK

0,15 mg·m−3 TWA

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Strychnin ist ein sehr giftiges Alkaloid, welches als Toxin in den Samen der Gewöhnlichen Brechnuss (Strychnos nux-vomica) vorkommt. Schon in geringen Dosen bewirkt es eine Starre der Muskeln. Es wurde früher auch in Rattengift verwendet. Strychnin bildet farblose, äußerst bitter schmeckende prismenförmige Kristalle, die in Wasser kaum, wohl aber in Alkohol und Chloroform löslich sind.

Ungeachtet seiner hohen Toxizität wurde Strychnin in der Heilkunde als Analeptikum eingesetzt und zählt heute noch in Form der Brechnusssamen zu den beliebtesten homöopathischen Arzneimitteln. Die Substanz Strychnin steht auf der Dopingliste.

Wirkungsweise

Strychnin entfaltet seine Wirkung im Nervensystem. Dort gibt es zwei wesentliche inhibitorische Neurotransmitter (Überträgerstoffe): GABA (gamma-Aminobuttersäure) und Glycin. Neben GABA ist Glycin der zweitwichtigste inhibitorische (hemmende) Transmitter. Für beide Stoffe gibt es Rezeptoren. Im Falle des Glycins handelt es sich hierbei um einen Chloridkanal im Rückenmark. Dieser wird durch Strychnin gehemmt, der hemmende Effekt des Glycins fällt weg und es kommt somit zur Erregung und den unter Vergiftung genannten Symptomen.

Vergiftung

Eine Menge von 30–120 mg Strychnin kann für einen erwachsenen Menschen tödlich sein. Strychnin wird rasch über die Schleimhäute aufgenommen. Subkutan oder intravenös können auch schon Mengen ab 15 mg tödlich wirken. Bei Vergiftung sollte sofort ein Notarzt gerufen werden. Die Notfallbehandlung schließt standardmäßig eine Anwendung von Benzodiazepinen (etwa Diazepam) ein.

Symptome der Vergiftung sind:

  • Atemnot
  • Zittern/Zucken der Muskeln
  • schwere Krämpfe

Im Gegensatz zur Darstellung in Kriminalromanen eignet sich Strychnin schlecht zum Mord durch (orale) Vergiftung, da es noch in einer Verdünnung von 1:130.000 geschmacklich wahrnehmbar ist. Strychnin zählt zu den bittersten Substanzen, die bekannt sind. Dennoch sind vereinzelte auf Vergiftung mit Strychnin zurückzuführende Morde dokumentiert. So brachte der Serienmörder Thomas Neill Cream einen Teil seiner Opfer in den USA und England mit Hilfe von Strychnin um.

Auf den österreichischen Kommunalpolitiker und Bürgermeister der Gemeinde Spitz Dr. Hannes Hirzberger wurde Anfang Februar 2008 ein Giftanschlag mit Strychnin ausgeführt (vgl. Spitz).

Doping

Auf Grund seiner analeptischen (anregenden) Wirkung wurde Strychnin in die Dopingliste aufgenommen.

Einen aus heutiger Sicht kuriosen Erfolg feierte Thomas J. Hicks im Marathonlauf bei den Olympischen Spielen 1904. Zur damaligen Zeit war das Trinken von Wasser während des Marathonlaufs verboten. Thomas J. Hicks wurde daher damals legalerweise während des Laufs Brandy mit etwas Strychnin (etwa 1 mg) gereicht. Thomas J. Hicks überquerte die Ziellinie als Olympiasieger.

Geschichte

Strychnin wurde erstmalig 1818 durch die französischen Apotheker Pierre Joseph Pelletier und Joseph Bienaimé Caventou isoliert. Die Aufklärung der komplexen Struktur des Strychnins gelang 1946 Sir Robert Robinson. 1954 gelang schließlich Robert Burns Woodward die chemische Synthese des Strychnins. Sir Robert Robinson und Robert Burns Woodward wurden unter anderem für diese Leistungen mit dem Nobelpreis geehrt (1947 und 1965). Seither gelang bereits einigen Chemikern eine enantioselektive Synthese.

Quellen

  1. a b Hermann Römpp, Jürgen Falbe und Manfred Regitz: Römpp Lexikon Chemie. 9. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1992.
  2. Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)

Literatur

J. Bonjoch, D. Solé: Synthesis of Strychnine, Chem Rev. 2000 Sep 15;100(9):3455-3482. PMID 11777429

Siehe auch