Cumhuriyet Halk Partisi
Cumhuriyet Halk Partisi | |
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Vorsitzender | Deniz Baykal |
stellvertretender Vorsitzender | Önder Sav |
Gründungsdatum | 1923 |
Gründer | Mustafa Kemal Atatürk |
Politische Ideologie | Kemalismus Laizismus Nationalismus |
Vorherige Vorsitzende | Mustafa Kemal Atatürk İsmet İnönü Bülent Ecevit Hikmet Çetin |
Abkürzung | CHP |
Internetpräsenz | chp.org.tr |
Die Republikanische Volkspartei (Cumhuriyet Halk Partisi, CHP) ist die türkische Mitgliedspartei der Sozialistischen Internationale, des globalen Zusammenschlusses der sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien, dem auch die deutsche SPD, die schweizerische SP sowie die österreichische SPÖ angehören, und ist assoziertes Mitglied (Beobachterstatus) der Sozialdemokratische Partei Europas (SPE).
Die CHP ist zur Zeit die größte Oppositionspartei und bildet seit den Wahlen 2002 die größte Oppositionsfraktion. Sie hat 98 der 549 Sitze (Stand: 14. August 2007) in der Großen Türkischen Nationalversammlung .[1] Ihr Vorsitzender ist Deniz Baykal.
Die sechs Pfeile auf dem Parteilogo repräsentieren die sechs Prinzipien des Kemalismus.
Geschichte
Die CHP wurde 1923 von Mustafa Kemal (später Atatürk genannt) gegründet und war bis 1946 die einzige politische Partei in der Türkei. Inhaltlich und personell war sie die Nachfolgerin der bis 1923 im dann aufgelösten Osmanischen Reich aktiven jungtürkischen Partei, deren Führer u. a. von deutschen Sozialdemokraten wie Friedrich Schrader beraten worden waren. Später, von 1950 bis 1960 war die CHP in der Opposition, nach dem Militärputsch von 1960 war sie 20 Jahre lang neben der Gerechtigkeitspartei (Adalet Partisi, AP) eine der zwei großen türkischen Parteien. Von 1983 bis 1991 war die Partei, die sich als Gralshüter des Kemalismus versteht, die stärkste Oppositionspartei. Von 1999 bis 2002 war die Partei aufgrund der Konkurrenz der ebenfalls sich als sozialdemokratisch verstehenden Partei der Demokratischen Linken (DSP) des ehemaligen CHP-Ministerpräsidenten Bülent Ecevit nicht mehr in der Nationalversammlung vertreten (in der Türkei gilt eine 10%-Hürde). Bekannte Politiker der CHP waren Kemal Atatürk, Ismet Inönü und Bülent Ecevit.
Politische Positionen
Ihre größte Zustimmung findet die CHP bei säkularen Türken, besonders in den säkularen, städtisch geprägten und westlich orientierten Regionen in Thrakien (europäischer Teil der Türkei) und an den Küsten der Ägäis und des Mittelmeeres. Ihre Hochburgen sind Muğla, İzmir, Tekirdağ, Kırklareli und Edirne.
Unter der Führung Baykals wendet sich die Partei der Linken immer mehr ab und steht dem rechten Lager näher als früher. Es fehlt der Einsatz um Gewerkschaftsrechte, demokratischen Ausgleich mit den Minderheiten, Meinungsfreiheit und Mitbestimmung. Durch diese Entwicklung der Partei unter der Führung Deniz Baykals hat sich die nationalistische, strukturkonservative Variante des Kemalismus stärker herausgebildet. Baykal ist gegen die Abschaffung des § 301 des türkischen Strafgesetzbuches (Beleidigung des Türkentums, der Republik und der Institutionen und Organe des Staates) und sieht in der Annäherungspolitik der AKP an die EU den Ausverkauf des Landes; weiter sprach sich Baykal damals für einen Einmarsch in den Irak aus.[2]
Kritik der europäischen Schwesterparteien am aktuellen Kurs der CHP
Jan Marinus Wiersma, der Vizepräsident der Sozialdemokratischen Partei Europas, kritisiert, dass die CHP zwar Mitglied der Sozialistischen Internationale sei, aber in ihrer realen Politik keinen Sozialismus vertrete. Auch fehle laut Wiersma eine Politik für die Beziehung zwischen der zivilen Gesellschaft und dem Militär sowie für Reformen, die das Land nach außen öffnen. Wiersma wirft Baykal vor, er stelle sich wohl eine Demokratie wie in Tunesien vor. In Tunesien dürfen die Frauen in öffentlichen Gebäuden, aber auch auf der Straße kein Kopftuch tragen.[3]
Die Haltung der Partei während der Präsidentschaftswahlen 2007 wird kritisiert. Laut dem liberalen Abgeordneten des Europäischen Parlaments Andrew Duff vermittle die CHP den Eindruck, dass sie eine opportunistische Partei sei und ihr Einsatz für die EU-Reformen sei vage. Es sei verständlich, dass sich die Partei in einer Fragilen Situation sei. Graham Watson, der Führer der Allianz der Liberalen und Demokraten im Europäischen Parlament: „Die CHP muss sich beeilen, um wieder eine richtige sozialdemokratische Partei zu werden. Die letzte Krise kann eine Chance für die Partei sein sich zu modernisieren.“ Joost Lagendijk: „Die CHP ist keine linke Partei mehr, sie erscheint als nationalistische Partei, aus diesem Grund konkurriert sie mit der MHP.“ Er sei enttäuscht über die Rolle der CHP in der türkischen Politik. Lagendijk bedauerte, dass die CHP eine Bremse für die EU-Reformen sei.[4]
Parlamentswahlen 2007
Am 18. Mai 2007 beschlossen die CHP und die DSP, sich zu einem Wahlbündnis zusammen zu schließen. Die DSP-Kandidaten sollten auf der CHP-Liste antreten, um dann später im Parlament eine eigene Fraktion zu bilden.[5] Die CHP strebte eine Koalition mit der rechtsextremen MHP an, sofern diese die 10-Prozent-Sperrklausel überwinden würde. Aufgrund des Wahlergebnisses reichte es jedoch trotz Einzugs der MHP ins Parlament nicht für eine Mehrheit einer solchen Koalition. Was den Kurdenkonflikt in der Türkei anbelangt, setzt die Partei auf das Militär und unterstützt einen möglichen Einmarsch in den Nordirak.[6] Bei der Wahl 2007 konnte die CHP ihren Stimmenanteil um rund 1,3 Prozentpunkte erhöhen.
Wahlergebnisse (seit 1950): 1950: 39,9 % - 1954: 34,8 % - 1957: 40,6 % - 1961: 36,7 % - 1965: 28,7 % - 1969: 27,4 % - 1973: 33,3 % - 1977: 41,4 % - 1983: 30,5 % - 1987: 24,1 % - 1991: 21,0 % (88 Sitze) - 1995: 10,7 % (49 Sitze) - 1999: 8,7 % (0 Sitze) - 2002: 19,6 % (154 Sitze) - 2007: 20,9 % (112 Sitze).
Literatur
- Udo Steinbach, 2000, Geschichte der Türkei: C.H. Beck, München, ISBN 3-406-44743-0
Die politische Situation in der Türkei kurz vor der Gründung der CHP aus der Sicht eines deutschen Sozialdemokraten:
- Friedrich Schrader, Politisches Leben in der Türkei: Die Neue Zeit, 1919, Jahrgang 37, Band 2, pp. 460-466
- Friedrich Schrader, Das Jungtürkische Lausanner Programm: Die Neue Zeit, 1920, Jahrgang 38, Band 2, pp. 6-11, 31-35
Weblinks
Vorlage:Navigationsleiste Parteien in der Großen Nationalversammlung der Türkei
Quellen
- ↑ Abgeordnete der 23.Legislaturperiode, Türkische Große Nationalversammlung, abgerufen am 14. August 2007
- ↑ Chancenlose Linke, Der Standard Online, abgerufen am 15. März 2007
- ↑ Kritik der europäischen Sozialisten: „Baykal will Demokratie wie in Tunesien“, Zaman Online, abgerufen am 28. März 2007
- ↑ MEPs raise concern over CHP’s social democratic credentials, Zaman Online, abgerufen am 5. Mai 2007.
- ↑ Türkische Linksparteien schließen Wahlbündnis, derStandard.at, abgerufen am 19. Mai 2007.
- ↑ Auf Stimmenfang mit Erdogans Armbanduhr, derStandard.at, abgerufen am 19. Juli 2007.