Joseph Fouché

Joseph Fouché, duc d'Otrante (deutsch: Herzog von Otranto), (* 29. Mai 1763 in Nantes; † 25. Dezember 1820 in Triest) war der Polizeiminister unter Napoleon I.
Leben
Als Sohn eines Schiffskapitäns geboren, trat Fouché, bei den Priestern des Oratoriums daselbst und in Paris erzogen, in deren Orden ein, um emporzukommen, obwohl er dem cynischten Unglauben huldigte. Bei dem Ausbruch der Revolution trat er aus dem Orden aus und ließ sich in Nantes als Advokat nieder. Durch die Heftigkeit seiner Reden wusste er sich in den dortigen Klubs so hervorzutun, dass er 1792 in den Konvent gewählt wurde, wo er sich mit richtigem Instinkt der heftigsten Partei, dem Berg, anschloss.
Er wurde zuerst nach Nantes, dann in die Departements des Zentrums geschickt, um hier den Royalismus und die gemäßigte republikanische Gesinnung zu unterdrücken und Streitkräfte gegen die Vendée, später auch gegen Lyon zu organisieren. Der hier gezeigte Eifer veranlasste den Sicherheitsausschuss, ihn im November 1793 mit Collot d'Herbois und Couthon zur Züchtigung von Lyon auszusenden, und hier nahm er den eifrigsten Anteil an jenen entsetzlichen Metzeleien, indem er die Blut- und Konfiskationsdekrete mit heuchlerischen Phrasen von Freiheit, Menschenwohl, allgemeiner Glückseligkeit und dergleichen zu beschönigen suchte.
Da Fouché zu der kommunistisch-extremen Richtung der Hébertisten gehörte, geriet er in Streit mit Robespierre, der ihn im Jakobinerklub als halsstarrigen Atheisten mit Ungestüm angriff (10. Juni 1794) und wenige Wochen später seine Ausschließung aus dem Klub durchsetzte.
Deshalb wirkte Fouché mit Collot, Tallien und Barère zum Sturz Robespierres am 9. Thermidor (27. Juli) mit. Obwohl er nun den Gemäßigten spielte, wurde er doch mit anderen Schreckensmännern auf Befehl des Konvents im August 1795 verhaftet, jedoch durch die allgemeine Amnestie im Oktober d. J. wieder befreit. Er lebte nun eine Zeitlang zurückgezogen im Tal von Montmorency.
Erst 1798 verdankte er seiner alten Verbindung mit Barras seine Ernennung zum Gesandten bei der Cisalpinischen Republik. Da er aber hier in Gemeinschaft mit dem General Brune einen völligen Umsturz der Verfassung versuchte, wurde er schon nach wenigen Tagen wieder abberufen, 1799 nach dem Haag gesandt und im September zum Polizeiminister ernannt.
In dieser Stellung vermochte Fouché alle Gaben seines scharfen Verstandes, seines verschlagenen Geistes, seiner rücksichtslosen Selbstsucht, seiner trefflichen Kenntnis der Parteien und Menschen zu verwenden. Mit der Grundsatzlosigkeit, die er stets bewährte, ging er zur rechten Zeit von seinem Beschützer Barras zu Bonaparte über, den er bei der Revolution des 18. Brumaire eifrig unterstützte.
Allerdings misstraute Bonaparte dem Polizeiminister, allein Fouché wusste sich ihm bald unentbehrlich zu machen. Er organisierte ein ausgedehntes Spioniersystem über alle Klassen der Gesellschaft, die Familie des Ersten Konsuls nicht ausgenommen, und unterhielt es hauptsächlich mit dem Erträgnis der Spielpacht, wobei er sich selbst auch zu bereichern wusste. Endlich der geheimen Macht Fouchés müde, schaffte Napoleon das Polizeiministerium (September 1802) ab; zur Entschädigung erhielt Fouché die Senatorie von Aix und die Hälfte des von ihm gesammelten Polizeireservefonds von 2.400.000 Frank.
Aber wegen der Ungeschicklichkeit seiner Nachfolger in der Polizeiverwaltung übertrug ihm Napoleon am 10. Juli 1804 das Polizeiministerium von neuem. Im März 1806 wurde er zum Herzog von Otranto mit einer beträchtlichen Ausstattung in Gütern ernannt. Doch geriet er, da er sich den unaufhörlichen Eroberungskriegen des Kaisers widersetzte und auf eigne Faust eine geheime Unterhandlung mit dem englischen Ministerium begann, bei Napoleon in Ungnade und wurde abgesetzt (3. Juni 1810).
Fouché verbrannte oder versteckte alle wichtigen Papiere seines Ministeriums, um seinen Nachfolger Savary in Verlegenheit zu bringen, und als der Kaiser ihn dafür zur Rechenschaft ziehen wollte, flüchtete er nach Toscana und verbarg sich dort eine Zeitlang. Endlich erhielt er die Erlaubnis, sich nach seiner Senatorie in Aix zu begeben, und 1811 die, nach Paris zurückkehren zu dürfen.
1813 als Generalgouverneur nach Laibach und Rom und endlich als Gesandter nach Neapel geschickt, intrigierte er bereits nach allen Seiten gegen Napoleon, den er durch eine Regentschaft Marie Luisens ersetzen wollte. Allein die Kriegsereignisse führten die Wiedereinsetzung der Bourbonen herbei, denen sich Fouché anschloss; zugleich nahm er aber auch an den Umtrieben teil, welche die Rückkehr Napoleons aus Elba zur Folge hatten.
Der Kaiser sah sich um seiner eignen Sicherheit willen genötigt, das Polizeiministerium wieder Fouché zu übertragen, welcher sofort trotz seines Ministerpostens mit den Liberalen im Innern, mit Ludwig XVIII. in Gent und mit Metternich konspirierte, um sich für alle Fälle sicherzustellen.
Am 23. Juni 1815, nach der Abdankung Napoleons, von der Kammer zum Vorsitzenden der provisorischen Regierung ernannt, bestimmte er Napoleon zur Flucht nach Amerika und bereitete die zweite Restauration der Bourbonen vor. Er wurde der Polizeiminister auch der neuen Regierung und ächtete durch die Ordonnanz vom 26. Juli 1815 einen Teil seiner Mitschuldigen bei der Rückführung Napoleons.
Weil ihm aber keine Partei mehr traute und er von allen Seiten angefeindet, besonders aber von den Ultraroyalisten heftig angegriffen wurde, sah sich Ludwig XVIII. genötigt, ihn im September 1815 zu entlassen und als französischen Gesandten nach Dresden zu schicken.
Von dem Verbannungsdekret des 6. Januar 1816 gegen die Königsmörder betroffen, nahm Fouché seinen Aufenthalt in Prag, dann in Linz und Triest, mit Abfassung von Verteidigungsschriften für seine Vergangenheit beschäftigt.
Er starb am 25. Dezember 1820 an einer Brustkrankheit in Triest, seinen Söhnen ein Vermögen von 14 Mill. Fr. zurücklassend. Die reichen Gaben seines Geistes hatten stets nur im Dienste der gewissenlosesten Selbstsucht gestanden.
Die Mémoires de Joseph Fouché, duc d'Otrante (Par. 1828-29, 4 Bde.; deutsch, Darmst. 1825, 2 Bde.) sind unecht, wofür auch seine Söhne sie durch das Gericht erklären ließen, und von Alphonse de Beauchamp verfasst. Fouché hat in der Tat Memoiren hinterlassen, dieselben sind aber nicht veröffentlicht worden. Dagegen hat er zahllose politische Pamphlete drucken lassen, deren Auszählung man in dem Annuaire de Mahul (1821) findet.
Literatur
- Louis Madelin, Fouché; Frankfurt a.M. 1975
- Stefan Zweig, Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen; Frankfurt a.M. 1991
Vorlage:Meyers
ist obsolet; heißt jetzt Vorlage:Hinweis Meyers 1888–1890
Personendaten | |
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NAME | Fouché, Joseph |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 29. Mai 1763 |
GEBURTSORT | Nantes |
STERBEDATUM | 25. Dezember 1820 |
STERBEORT | Triest |