Universität Tartu
Universität Tartu | |
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Daten | |
Latein | Universitas Tartuensis |
Estnisch | Tartu Ülikool |
Gegründet | 1632 |
Ort | Tartu, Estland |
Studenten | circa 15,000 |
Rektor | Jaak Aaviksoo |
Adresse | Ülikooli 18 50090 Tartu Estonia |
Homepage | http://www.ut.ee |
Mitglied | EUA, Coimbra Group |
Karte | |
Datei:Estland.png Tartu in Estland |
Die Universität Tartu (estnisch Tartu Ülikool, auch lateinisch Universitas Tartuensis) ist die einzige Volluniversität in Estland. Sie ist ferner Mitglied der Coimbra Group, einem Netzwerk führender Europäischer Universitäten und wurde 1632 von König Gustav II. Adolf von Schweden gegründet.
Ehemalige Bezeichnungen der Universität sind Academia Gustaviana, Kaiserliche Universität zu Dorpat sowie Universität Jurjev.
Geschichte
Schwedische Zeit
Gegründet wurde die Universität 1632 von König Gustav II. Adolf von Schweden als Teil der schwedischen Kolonialpolitik. Livland, und mit ihr die Stadt Tartu, war gerade von Schweden erobert worden. Die Academia Gustaviana war die zweite Universität Schwedens (nach Uppsala).
Polnische und Russische Zeit
Bereits 1583-1601 hatte in Tartu schon ein jesuitisches Gymnasium bestanden, als Livland noch unter polnischer Herrschaft stand. Die Akademie existierte jedoch nur relativ kurz, wurde später nach Pärnu verlegt, der Betrieb wurde 1710 ganz eingestellt.
1802 jedoch wurde sie als Kaiserliche Universität zu Dorpat wiederbegründet, diesmal - nach Eigenansätzen der Estnischen Ritterschaft - durch den damals reformgesinnten Zar Alexander I., da Livland mittlerweile russisch geworden war.
Deutsch-Russische Zeit
Die Universität Dorpat war zwischen 1802 und 1898 nicht nur deutschsprachig, sie war auch intellektuell und hinsichtlich des Lehrkörpers eine deutsche Universität (von den 30 deutschsprachigen Universitäten um 1875, von denen 23 im deutschen Reich lagen, war Dorpat die elftgrößte; über 50% der Professoren waren "Reichsdeutsche", weitere 40% Baltendeutsche, administrativ und finanziell aber russisch.
In der Lehre bereitete die Universität nicht nur den gesamtbaltischen Adel (in Estland und Kurland gab es keine Universität) und die Bildungsbürgerschaft beruflich vor, sondern auch - und aus der Sicht des Staates vor allem - Staatsdiener und Ärzte für das gesamte Russische Kaiserreich. Wissenschaftlich war die Universität Dorpat, die etwa zwischen 1860 und 1880 ihr "Goldenes Zeitalter" erlebte, international angesehen.
Russische Zeit
Diese Freiheit endete jedoch, als in Russland nationalistische und nationalstaatliche Tendenzen immer stärker zu dominieren begannen und man Homogenität der Bildung für wichtiger hielt als eine Universität auf internationalem Niveau. Zwischen 1882 und 1898 kam es daher zur Russifizierung, einschließlich der Verpflichtung zur Lehre ausschließlich auf Russisch (mit Ausnahme der Theologischen Fakultät, die bis 1916 auf Deutsch weiterlehren durfte, da der orthodoxe Klerus ein Überschwappen lutherischer Ideen so verhindern wollte). 1898 wurde die Universität sogar in Jurjev umbenannt. So gut wie alle bedeutenden "reichsdeutschen" Professoren hatten sie bis dahin bereits verlassen.
Nach 1918
Die Universität Jurjev existierte bis 1918, als sie für einen Teil des Wintersemesters unter deutscher Besatzung als Universität Dorpat wiedereröffnete. 1919 wurde sie im gerade entstandenen Staat Estland unter dem estnischen Namen Universität Tartu als Nationaluniversität eröffnet und blieb dies bis 1940. 1940 eroberte die Sowjetarmee Estland, 1941-1944 war es wiederum von Deutschland besetzt; 1942-1944 gab es auch Versuche der Etablierung einer deutschen "Ostland-Universität" für das gesamte Baltikum. Während der sowjetischen Besatzung, also 1940-1941 und 1944-1989, trug sie den Namen "Staatsuniversität Tartu".
Estnische Unabhängigkeit
Die Wiedererlangung der vollen akademischen Unabhängigkeit kann man auf das Jahr 1992 datieren, obwohl seit 1988 ungestörte Forschung wieder möglich war. Heute ist die Universität Tartu die einzige Volluniversität Estlands.
Partneruniversitäten
- andere Mitglieder der Coimbra Group
- Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
- Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Angehörige der Universität
Professoren
- Walter Anderson, Folklorist
- Karl Bücher, Volkswirt, Soziologe, auch Zeitungswissenschaftler
- Wolfgang Drechsler, Verwaltungswissenschaftler
- Jaan Einasto, Astrophysiker
- Gustav von Ewers, Rechtshistoriker
- Lazar Gulkowitsch, Judaist
- Artur T. Kliimann, Staatsrechtler
- Jaan Kross, Schriftsteller
- Etienne Laspeyres, Volkswirt
- Marju Lauristin, Soziologin und Journalistikwissenschaftlerin
- Wilhelm Lexis, Volkswirt und Versicherungswirtschaftler
- Juri Lotman, Semiotiker
- Alexander von Oettingen, Theologe, bedeutend als Statistiker
- Wilhelm Ostwald, Chemiker (Nobelpreis für Chemie 1909)
- Albert Schmidt, Hämatologe
- Friedrich Georg Wilhelm Struve, Astronom
- Adolph Wagner, Volkswirt, Statistiker und Kathedersozialist
Studenten
- viele Mitglieder der momentanen Regierung Estlands, u.a. Regierungschef Juhan Parts
- Karl Ernst von Baer, Zoologe and Embryologe
- Anton Hansen Tammsaare, Schriftsteller
- Adolf von Harnack, Theologe
- Nicolai Hartmann, Philosoph
- Paul Keres, Schachspieler
- Alberts Kviesis, Lettischer Staatsmann
- Heinrich Friedrich Emil Lenz, Physiker
- Lennart Meri, Staatsmann
- Leo Michelson, Maler
- Juhan Parts, Politiker
- Grigol Robakidze, Georgischer Schriftsteller
- Otto Strandman, Staatsmann
- Valentin Tomberg
Ehrendoktoren
- Umberto Eco, Semiotiker und Schriftsteller
- Otto Kaiser, Theologe
- Arvo Pärt, Komponist
Bibliografie
- Alma Mater Tartuensis (1632-1982) (1982). Tullio Ilomets und Hillar Palamets, Hgg. Tallinn: Eesti Raamat.
- Engelhardt, Roderich v. (1933): Die Deutsche Universität Dorpat in ihrer geistesgeschichtlichen Bedeutung. München: Ernst Reinhardt.
- Mägi, Reet und Drechsler, Wolfgang, Hgg. (2004): Kaiserliche Universität Dorpat 200 - Academia Gustaviana 370 - Das Jubiläum der Universität Tartu. Tartu: Tartu Ülikooli Kirjastus.
- Semel, Hugo, Hg. (1918): Die Universität Dorpat (1802-1918). Dorpat: Laakmann.
Weblinks
Siehe auch
- Coimbra Group
- Stadt Tartu