Preiselastizität
Unter Preiselastizität versteht man in der Wirtschaftswissenschaft Elastizitäten verschiedener ökonomischer Größen bezüglich Preisänderungen.
Man unterscheidet hier vor allem die
- Preiselastizität der Nachfrage, die die relative Änderung der Nachfrage nach einem Gut bei einer relativen Änderung des Preises angibt
- Preiselastizität des Angebots, die die relative Änderung des Angebots eines Gutes bei einer relativen Änderung des Preises angibt
- Kreuzpreiselastizität der Nachfrage, die die relative Änderung der Nachfrage nach einem Gut A bei einer relativen Änderung des Preises eines Gutes B angibt. Die Kreuzpreiselastizität des Angebots ergibt sich entsprechend zu oben.
Wird die Preiselastizität ohne nähere Präzisierung genannt, ist in der Regel die Preiselastizität der Nachfrage gemeint. Man kann mit ihr also errechnen, wie stark die potenziellen Käufer eines Produktes auf eine Preisänderung reagieren. Sie hat damit eine wichtige Elementarfunktion in der Marketingkonzeption.
Die Preiselastizität eines Gesamtmarktes tendiert dazu, geringer als die Elastizität eines einzelnen Gutes zu sein, das bei einer Preisänderung gegen ein anderes ausgetauscht (substituiert) werden kann. Zudem ist zwischen der kurzfristigen und langfristigen Elastizität zu unterscheiden: Da es z.B. durch technischen Fortschritt möglich ist, sich an bestimmte Preisänderungen anzupassen, ist die langfristige Preiselastizität häufig geringer als die kurzfristige.
Definition
Die Preiselastizität ist definiert als relative Mengenänderung (der am Markt zu diesem Preis angebotenen Güter) dividiert durch relative Preisänderung. Es werden hier verschiedene Herangehensweisen unterschieden.
Bogenelastizität
mit dem Preis und der Menge , wobei der alte Preis und der neue bedeuten, analog,
- .
Man könnte diese Elastizität als ungefähre durchschnittliche relative Änderung von Q interpretieren.
Mittelwertmethode
Sie ist eine Variante der Bogenelastizität, bei der die Änderungen nicht auf einen festen Wert oder bezogen werden, sondern auf das Mittel von und , analog. Man erhält dann
- .
Elastizitätsfunktion
Es wird hier eine infinitesimale Änderung des Preises p bezüglich einer Preis-Absatz-Funktion betrachtet. Für die Bereiche, in denen p(x) und definiert sind und in denen p(q) differenzierbar ist, ergibt sich die Elastizitätsfunktion
- .
Für die Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage sind die obigen Formeln gleich.
Bei der Interpretation der Preiselastizität wird oft das negative Vorzeichen vernachlässigt und nur der absolute Betrag herangezogen: Ist der absolute Wert der Preiselastizität größer als 1, spricht man von einer "elastischen Nachfrage". Somit bewirkt eine 1-prozentige Preisänderung eine mehr als 1-prozentige Mengenänderung.
Kategorisierung
Folgende Beispiele beziehen sich auf die Nachfrage (Nachfrageelastizität):
Vollkommen elastisch
: Die Nachfrage ist vollkommen elastisch (perfectly elastic demand); eine minimale Preisänderung bewirkt eine maximale Mengenänderung.
Die vollkommene Elastizität ist nur modellhaft zu betrachten.
Elastisch
: Die Nachfrage ist elastisch (elastic demand); eine Preisänderung bewirkt eine überproportionale Mengenänderung.
Eine starke Reaktion der Nachfrage auf Preisveränderungen zeigt sich beispielsweise bei guten Substituten, wie Nägel einer bestimmten Sorte. Wird der Preis erhöht, wechseln möglicherweise fast alle Kunden zur Konkurrenz, wird der Preis verringert, wechseln die Kunden wieder zurück. Die Nachfrage an Luxusgütern wie Autos, Kaviar, Markenkleidung, Champagner usw. ist auch elastisch.
Einheitselastisch
: Die Nachfrage ist einheitselastisch (unit elastic demand); eine 1%ige Preisänderung bewirkt eine 1%ige Mengenänderung.
Der Fall der Einheitselastizität ist nicht zu verwechseln mit dem der iso-elasticity: Im ersten Fall ist die Elastizität an einem Punkt der Nachfrage gleich eins. Im zweiten Fall ist die Preiselastizität der Nachfrage konstant, d.h. für jeden Preis gleich groß.
Unelastisch
: Die Nachfrage ist unelastisch (inelastic demand); eine Preisänderung bewirkt eine unterproportionale Mengenänderung.
Eine schwache Reaktion der Nachfrage auf Preisveränderungen, zeigt sich besonders bei lebensnotwendigen Wirtschaftsgütern wie Nahrungsmittel, die schlecht substituiert werden können. Weitere Gründe sind die mangelnde Wahrnehmung der Preisänderung und die Aufwendigkeit der Suche nach Substituten.
Vollkommen unelastisch
: Die Nachfrage ist vollkommen unelastisch (perfectly inelastic demand); eine maximale Preisänderung bewirkt keine Mengenänderung.
Es tritt keine Reaktion der Nachfrage auf Preisveränderungen ein. Dies zeigt sich beispielsweise bei lebenswichtigen Medikamenten, da trotz Preiserhöhungen immer die gleiche Menge gekauft wird. In der Praxis findet dieser Fall seine Grenzen allerdings dort, wo sämtliche finanziellen Mittel ausgeschöpft sind.
Positiv preiselastisch
: Die Nachfrage ist hier positiv elastisch, höherer Preis induziert höhere Nachfrage.
Warum? In Ausnahmefällen kann die Preiselastizität der Nachfrage aber auch positiv sein. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn mit steigendem Preis eine zunehmende Exklusivität des Gutes assoziiert wird (Snobeffekt, demonstrativer Konsum) oder wenn aus der Erhöhung des Preises auf eine bevorstehende Verknappung des Gutes geschlossen wird (Angstkäufe). Der Preis kann auch als Qualitätsindikator angesehen werden, oder es liegt ein Giffen-Gut (absolut inferiores Gut) vor.
Die Preiselastizität der Nachfrage eines bestimmten Gutes kann allerdings nicht für jedes Preisniveau positiv sein; dies würde das Vorhandensein unendlicher finanzieller Mittel bei den Nachfragern erfordern.
Anwendung
Beim Wettbewerb um die genaueste Einschätzung des Kundenverhaltens im Marketing hilft die Beobachtung der Preiselastizität der Nachfrage bei der Gestaltung einer strategischen Preispolitik. Im Gegensatz zu operativen Preismaßnahmen, die beispielsweise dem kurzzeitigen Abverkauf von Saisonware oder der Führung von Wettbewerbsaktionen dienen, hat die Kenntnis der Preiselastizität der Nachfrage im Markt eine strategische Bedeutung. Es wird unter anderem erfasst, ab welchem Marktpreis eine Erhöhung der Preise die abgesetzte Menge so stark senkt, dass der Gesamtumsatz geringer ist als vor der Preiserhöhung. Auch für den Fall, dass der Absatz eines Produktes oder einer Dienstleistung hinter den Erwartungen zurückbleibt, kann man mit Hilfe der Elastizität bestimmen, ob eine Preissenkung sinnvoll ist.
Die Preiselastizität kann als Kennzahl auch für das Controlling im Unternehmen angewendet werden, um die Stabilität der eigenen Preise bei Nachfrageschwankungen zu erfassen.
Im volkswirtschaftlichen Rahmen die Preiselastizität zu Berechnung von Steueraufkommen. Je höher die Elastizität, desto eher wird das besteuerte Gut nach einer Steuererhöhung nicht mehr konsumiert werden. Die Steuer hat deshalb eine Lenkung des Konsumverhaltens zum Ziel (siehe auch Lenkungssteuer). Ist die Elastizität hingegen gering, hat die Steuer den Charakter einer Aufkommenssteuer.
Beispiele
Preissenkung
Ein Unternehmen verändert seinen Preis von derzeit 60 auf 50 Euro. Dies hat zur Folge, dass die Absatzmenge von derzeit 3000 auf 4000 Stück steigt.
Prozentuale Absatzsteigerung
Prozentuale Preissenkung
Preiselastizität
Die Nachfrage ist somit elastisch.
Preissteigerung
Ein Händler erhöht den Preis eines Marken-Sakkos von derzeit 100 auf 105 €. Dies hat zur Folge, dass die Nachfrage von derzeit 10 auf 9 Stück sinkt.
Prozentualer Absatzrückgang
Prozentuale Preiserhöhung
Preiselastizität
Die Nachfrage ist somit elastisch.
Weiteres Beispiel:
Zwischen einer Menge m und dem Marktpeis p besteht ein Zusammenhang, der durch folgende Funktion wiedergegeben wird:
m = 24 - 6p
Frage: Wie hoch ist der Elastizitätskoeffizient bei p = 3 ?
Lösung:
Hier sind keine prozentualen Veränderungen vorhanden, die dividiert werden können. Es wird sodann mit der eingangs genannten Elastizitätsformel gerechnet. Zu beachten ist, dass der Teil "Delta (Wirkung) / Delta (Ursache)" der Formel) gleich der Ableitung der folgenden gegebenen Funktion ist. Es bleibt sodann nur der Koeffizient von p übrig (hier -6) und dieser kann in die Elastzititätsformel eingesetzt werden.
Vorgehen
1) m = 24 - 6*p = ?
m = 24 - 6*3 = 6 für p = 3
2) Ableiten von "24-6p" => = f'(m) = -6
3) Formel ist nun E = f'(m) * p/m
4) Einsetzen: (-6) * 3/6 = (-3) = E = > 1 (weil absoluter Betrag von -3 genommen wird)
E = > 1 bedeutet eine elastische Beziehung zwischen p und m. Würde eine Kreuzpreiselastizität (mit m1 und p2) dargestellt, so ließe das Vorzeichen auf substitutive (+) oder komplementäre (-) Güter schließen, im Falle der Einkommenselastizität auf superiore(+) bzw. inferiore(-) Güter. Eine E = 0 oder nahe 0 hingegen gälte für Zwangsgüter wie Lebensmittel, Drogen oder Kraftstoffe u.ä.(vollkommen unelastisch).
Siehe auch
- Preiselastizität des Angebots
- Einkommenselastizität
- Kreuzpreiselastizität
- Amoroso-Robinson-Relation
- Preiseffekt
Weblinks
- Wiktionary: Preiselastizität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Kurvendiskussion mit Animation
- Grafische Ermittlung der Preiselastizität