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Victor Klemperer

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Victor Klemperer (* 9. Oktober 1881 in Landsberg an der Warthe; † 11. Februar 1960 in Dresden) war ein Schriftsteller und Literaturwissenschaftler.

Klemperer wurde als achtes Kind eines Rabbiners geboren und studierte Philosophie, Romanistik und Germanistik in München, Genf, Paris und Berlin. 1912 konvertierte er zum Protestantismus. Die Promotion erlangte er 1912, 1914 dann die Habilitation. 1914–1915 arbeitete Klemperer als Lektor an der Universität Neapel und wurde anschließend Soldat, erst als Artillerist, dann bei der Militärzensur. 1920 wurde er als Professor für Romanistik an die Technische Hochschule Dresden berufen.

Während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland wurde Klemperer das wissenschaftliche Arbeiten wegen seiner jüdischen Herkunft verboten. Daher schrieb er seine Lebensgeschichte und Tagebücher nieder. Außerdem arbeitete er an der "Geschichte der französischen Literatur im 18. Jahrhundert", die 1954 und 1960 erschien. Während der beginnenden Zeit des Nationalsozialismus begann sein Projekt der LTI (siehe unten).

Klemperer lebte während der NS-Zeit in Dresden. Nachdem er 1939 aus seinem erst Mitte der 1930er Jahre gebauten Haus in Dresden-Dölzschen vertrieben wurde, lebten er und seine Frau Eva in verschiedenen Judenhäusern in Dresden. Während der Luftangriffe in der Nacht von 13. zum 14. Februar 1945 wurde das Paar kurz getrennt und entschloss sich, das in der Stadt herrschende Chaos zu nutzen, um der drohenden Deportation zu entgehen. Damit begann eine zermürbende Flucht durch die letzten Kriegsmonate und das fallende Deutschland.

Eine ebenso beschwerliche Heimreise nach Dresden endet an Klemperers Haus in Dölzschen, welches sofort wieder "in Besitz" genommen wird. Monate zwischen den Zeiten (wie Kästner sinngemäß meinte: die Zeit nach der Vergangenheit und die Zeit vor der Zukunft), welche für Klemperer weitere Unsicherheiten über die berufliche Zukunft beinhalten, nutzt er zur Erstellung seines Buches LTI, der lingua tertii imperii (Sprache des Dritten Reiches).

Eine Übersiedlung in den Westsektor liegt ihm gefühlsmäßig fern, da er lieber mit den "Roten" als mit den "alten Braunen" seine restliche Lebenszeit verbringen will. Eva und Victor Klemperer treten nach kurzer Überlegung der KPD bei und zählen somit zur politischen Elite im weitesten Sinne in Dresden. Klemperer wird Vorsitzender des Kulturbundes und ist im Bildungswesen aktiv - natürlich auch mit dem Fokus, der französischen Sprache die rechtmäßige Stellung bei der Sowjetisierung der SBZ einzuräumen.

Werke

  • Die moderne französische Prosa 1870-1920, Berlin 1923
  • Die französische Literatur von Napoleon bis zur Gegenwart, 4 Bde., Berlin 1925-31 (Neuausg. 1956 unter dem Titel Geschichte der französischen Literatur im 19. und 20. Jahrhundert)
  • Notizbuch eines Philologen, Berlin, 1947
  • Geschichte der französischen Literatur im 18. Jahrhundert, Bd. 1: Berlin, 1954, Bd. 2: Halle 1966

aus dem Nachlaß:

  • Victor Klemperer: Curriculum Vitae (Band I – II). Aufbau Taschenbuch Verlag 1996, ISBN 3-746-65500-5
  • Victor Klemperer: Leben sammeln, nicht fragen wozu und warum - Tagebücher 1919 - 1932. Aufbau Taschenbuch Verlag 1996, ISBN 3-351-02391-X
  • Victor Klemperer: Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten - Tagebücher 1933 - 1945 (Band I – VIII). Aufbau Taschenbuch Verlag, ISBN 3-7466-5514-5
  • Victor Klemperer: Und so ist alles schwankend - Tagebücher Juni - Dezember 1945. Aufbau-Verlag 1996, ISBN 3-7466-5515-3
  • Victor Klemperer: So sitze ich denn zwischen allen Stühlen. Tagebücher 1945 - 1959 (Band I – II). Aufbau Taschenbuch Verlag 1999, ISBN 3-351-02393-6
  • Victor Klemperer: LTI - Lingua Tertii Imperii. Reclam Verlag Leipzig, ISBN 3-379-00125-2