Dampfstraßenbahn Neuötting–Altötting
Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Lokalbahn Altötting–Neuötting | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Land: | Deutschland | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Bundesland: | Bayern | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1000 mm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Länge: | 5,146 Kilometer | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Eröffnung: | 16. August 1906 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Stillegung: | 1. April 1930 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Kursbuchstrecke: | 302-174 [1914], 433 [DR] | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Die meterspurige Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting – auch Lokalbahn Altötting–Neuötting bzw. volkstümlich Bockerl genannt – verband in den Jahren 1906 bis 1930 die beiden oberbayerischen Kleinstädte Altötting und Neuötting zum einen untereinander und zum anderen mit dem etwas außerhalb der Gemeinde gelegenen Bahnhof Neuötting. Sie wurde als letzter Bayerischer Straßenbahnbetrieb angelegt und war die einzige Straßenbahnstrecke im Besitz der Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen (sie war damit neben der Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt eine von insgesamt nur zwei deutschen Straßenbahnbetrieben in Staatsbesitz). Darüberhinaus war sie eine von insgesamt nur zwei schmalspurig angelegten Strecken der Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen. Ab 1920 wurde die Strecke von der Deutschen Reichsbahn betrieben.
Entstehung
Zwar wurden sowohl Neuötting als auch Altötting (der größte bayerische Wallfahrtsort mit damals 5.400 Einwohnern) bereits im 19. Jahrhundert an das staatliche Eisenbahnnetz angeschlossen, zuerst 1871 Neuötting (mit seinen damals rund 3.100 Einwohnern) an die Bahnstrecke Mühldorf–Simbach am Inn und 1897 schließlich auch Altötting an die Lokalbahn Mühldorf–Burghausen. Jedoch lag der Neuöttinger Bahnhof rund drei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt (in Eisenfelden, einem Ortsteil von Winhöring) und zudem jenseits des Inns, außerdem fehlte auch eine direkte Verbindung der beiden benachbarten Städte miteinander. Um die Verkehrsverhältnisse weiter zu verbessern eröffneten die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen deshalb am 16. August 1906 eine insgesamt 5,146 km lange und meterspurige Dampfbahn. Nach der in den Jahren 1895 bis 1898 errichteten Schmalspurbahn Eichstätt–Kipfenberg (die jedoch in späteren Jahren umgespurt wurde) war die Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting die zweite Schmalspurstrecke der Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen (bei diesen beiden Strecken sollte es auch später bleiben, weitere Schmalspurstrecken legte die Königlich Bayerische Staats-Eisenbahn nicht mehr an).
Mischform zwischen Straßenbahn und Eisenbahn
Die neue Strecke Altötting–Neuötting wurde juristisch betrachtet als Straßenbahnbetrieb konzessioniert[1], in erster Linie weil die Trasse der Bahn – vergleichbar einer klassischen Straßenbahn – ausschließlich im öffentlichen Straßenraum verlief. In diesem Fall lag die Konzessionierung als Straßenbahn also nahe, denn für den Betrieb einer Straßenbahn galten bzw. gelten bis heute gelten – im Vergleich zu einer vollwertigen Eisenbahn – in vielen Aspekten vereinfachte Vorschriften (welche sich mit dem Betrieb im öffentlichen Straßenraum leichter vereinbaren lassen). Erschwerend hinzu kam außerdem noch der § 9 einer Kgl. Verordnung vom 20. Juni 1855, nach welchem die Anlage einer neuen Eisenbahn in Bayern in der Regel verboten wurde, wenn diese zwischen Endpunkten verlaufen sollte, die bereits von konzessionierten Eisenbahnen betreut wurden (was in diesem Fall zutraf, weil sowohl Altötting als auch Neuötting bereits an das Eisenbahnnetz angeschlossen waren). So blieb den Verantwortlichen also nicht viel anderes übrig als die neue Bahn als Straßenbahn zu bauen und zu betreiben.
Im Gegenzug sprechen jedoch auch einige Aspekte für die Klassifizierung der Bahn als Lokalbahn (und damit als vollwertige Eisenbahn), weshalb in der Literatur häufig auch die alternative Bezeichnung Lokalbahn Altötting–Neuötting verwendet wird. Hierbei handelt es sich zum einen um gewisse betriebliche Aspekte (wie zum Beispiel das Eisenbahn-typische äußere Erscheinungsbild der Bahn) zum anderen um die Zugehörigkeit zur Staatsbahn selbst. Unabhängig von diesen Eisenbahn-typischen Aspekten bleibt jedoch die juristische Klassifizierung als Straßenbahn davon unangetastet. Denn auch wenn die bis heute gültige Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) erst 1938 in Kraft trat (unter anderem um die zuvor geltenden Länderregelungen zu vereinheitlichen[2]) kannte man in Bayern schon zuvor eine klare Unterscheidung zwischen Straßenbahnen und Eisenbahnen: Nur wenige Länder, darunter Bayern als größtes, kannten bis 1933 nur "Eisenbahnen" und "Straßenbahnen" ohne den Zwitter "Kleinbahnen" (Hendlmeier, Band I, Seite 21).
Aspekte einer Straßenbahn
- Für die Klassifizierung als Straßenbahn sprechen in erster Linie die Ausnahmebestimmungen für den Bau und Betrieb der schmalspurigen Dampfstraßenbahn Neuötting – Altötting[3] (gültig ab 20.08.1906) – hier ist eindeutig von einer Straßenbahn die Rede. In diesen Bestimmungen wurden die diversen Straßenbahn-typischen Abweichungen gegenüber dem klassischen Eisenbahnbetrieb auf den übrigen Strecken der Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen festgelegt.
- Außerdem typisch für eine bayerische Straßenbahn ist die Anlage als Meterspurbetrieb, die Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting (als jüngste bayerische Straßenbahn) entspricht damit der überwiegenden Mehrheit der zuvor angelegten Betriebe (welche größtenteils ebenfalls in Meterspur ausgeführt wurden). Im Einzelnen handelte es sich hierbei um die Betriebe in Augsburg (eröffnet 1881), Würzburg (eröffnet 1892), Schweinfurt (eröffnet 1895), Bamberg (eröffnet 1897), Hof (eröffnet 1901), Landshut (eröffnet 1902) und Regensburg (eröffnet 1903) – lediglich die Straßenbahnen in München, Nürnberg/Fürth und Ingolstadt wurden normalspurig errichtet. Im Gegensatz dazu wurden in Bayern selbst untergeordnete Lokalbahnen – von ganz wenigen Ausnahmen (siehe Liste Bayerischer Schmalspurbahnen) abgesehen – fast ausschließlich in Normalspur angelegt.
- Des weiteren transportierte die Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting ausschließlich Post – jedoch keine Güter wie eine normale Eisenbahn (der Postransport mit Straßenbahnen war früher typisch, in Großstädten gab es dazu sogar spezielle Poststraßenbahnen welche ausschließlich der Postbeförderung dienten). Für die Erlaubnis zur Beförderung von Gütern wäre hingegen bereits bei der Konzessionierung eine höhere Klassifizierung (mindestens als Lokalbahn) nötig gewesen.
- Als weitere typische Besonderheit einer Dampfstraßenbahn gab es auf den Lokomotiven der Strecke Altötting–Neuötting keinen Heizer (obwohl die Lokomotiven eher klassischen Eisenbahn-Dampflokomotiven ähnelten – siehe unten), der Lokomotivführer war selbst für die Heizung der Maschine zuständig (Einmannbetrieb).
Aspekte einer Eisenbahn (Lokalbahn)
- In erster Linie für eine Klassifizierung als Eisenbahn (Lokalbahn) spricht die Tatsache, dass die Strecke von der Staatsbahn selbst betrieben wurde, während klassische Straßenbahnbetriebe in Deutschland ansonsten ausschließlich durch private bzw. kommunale Gesellschafter betrieben wurden bzw. bis heute werden. Einzige weitere Ausnahme – neben der hier behandelten Strecke – ist die frühere Straßenbahn Ravensburg–Weingarten–Baienfurt, die 1938 verstaatlicht wurde und damals ebenfalls in den Verantwortungsbereich der Deutschen Reichsbahn fiel. Konsequenterweise wurde der Fahrplan der Lokalbahn Altötting–Neuötting deshalb auch im offiziellen Kursbuch der Deutschen Reichsbahn veröffentlicht, die Strecke war dort nicht besonders gekennzeichnet (anders als es etwa bei der Straßenbahn Ravensburg–Baienfurt später teilweise der Fall war - dort wurde z. B. im Jahr 1944 in der Kopfzeile der entsprechenden Fahrplantabelle eindeutig auf die besondere Betriebsform als Straßenbahn hingewiesen[4]).
- Zudem wurden zwischen Altötting und Neuötting klassische Eisenbahnfahrzeuge eingesetzt, so handelte es sich z. B. nicht um die typischen Dampfstraßenbahnlokomotiven (mit Rundumverkleidung und symmetrischem Kessel), sondern um normale Lokomotiven (mit asymmetrischem Kessel und Führerstand), bei denen lediglich ein Teil der Lokomotive (im Bereich der Achsen) verkleidet war. Auch die langen vierachsigen Personenwagen waren für Straßenbahnen (damals) eher untypisch.
- Ebenfalls für eine Lokalbahn spricht die Existenz der Oberpolizeilichen Vorschriften für die Lokalbahn Neuötting–Altötting[5] (in welchen z. B. für gewisse Streckenabschnitte eine bestimmte Höchstgeschwindigkeit vorgeschrieben wurde) sowie die Beschreibung der Bahnlinie Neuötting–Altötting (veröffentlicht im Jahresbericht der Königlich Bayerischen Staatseisenbahn = Verwaltung für das Betriebsjahr 1906 [6]) in welcher ebenfalls von einer Lokalbahn gesprochen wird. Beide Schriften sind somit ein Beleg dafür, dass der Terminus Lokalbahn auch offiziell verwendet wurde.
- Auch die Tarifgestaltung der Dampfstraßenbahn entsprach exakt der Eisenbahn. So kostete beispielsweise die gesamte (knapp über fünf Kilometer lange) Strecke 20 Reichspfennig[7], dies entsprach exakt dem Kilometertarif der Deutschen Reichsbahn nach dem bis 1928 in der 3. Klasse 4,0 Reichspfennig je Kilometer berechnet wurden.
- Außerdem wurde die Genehmigung der Strecke Altötting–Neuötting (im Bayer. Gesetz- und Verordnungsblatt Jg. 1904 Nr. 44) zusammen mit den eindeutig als Eisenbahnstrecken konzessionierten Bahnstrecken Fünfstetten-Monheim und Berchtesgaden–Staatsgrenze bei Schellenberg veröffentlicht.
Technisch gesehen ist die Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting dabei in gewisser Weise mit der noch existierenden (und ebenfalls bayerischen) Chiemsee-Bahn vergleichbar. Sie stammt aus der gleichen Epoche wie die hier behandelte Strecke, wird bis heute mit den Originalfahrzeugen betrieben und gilt als älteste ununterbrochen in Betrieb stehende Dampfstraßenbahn der Welt. Im Vergleich zur Dampfstraßenbahn Altötting–Neuötting wird die Chiemsee-Bahn jedoch mit klassischen Dampftramwayfahrzeugen betrieben (symmetrische Lokomotiven mit Rundumverkleidung sowie kurze zweiachsige Wagen), verkehrt jedoch im Gegensatz zur hier behandelten Bahn auf ihrem gesamten Laufweg auf einer straßenunabhängigen Trasse und ist deshalb konsequenterweise seit Beginn an als Eisenbahn konzessioniert.
Streckenbeschreibung
Am Bahnhof Neuötting startete die Bahn zunächst vom Bahnhofsvorplatz aus in östliche Richtung (parallel zur Staatsbahn) um sich dann nach wenigen Metern (etwa auf Höhe des Stationsgebäudes) in südliche Richtung zu wenden, um der damaligen Staatsstraße (heute in diesem Bereich nur noch Gemeindestraße) Eggenfelden–Trostberg zu folgen. Beim Streckenkilometer 1,244 erreichte sie das Ufer des Inns wo sich auch die erste Haltstelle Straßenkreuzung befand (gemeint ist die heute noch bestehende Einmündung der aus Richtung Bahnhof Neuötting kommenden Gemeindestraße in die Bundesstraße 588), dieser erste Abschnitt war gleichzeitig auch der längste Stationsabstand der Bahn. Anschließend folgte die Strecke ein kurzes Stück dem Inn flußaufwärts, um dann wiederum nach links auf die gemeinsam mit dem Straßenverkehr genutzte Innbrücke Richtung Neuötting einzuschwenken (zuvor wurde allerdings noch der in diesem Bereich parallel zum Inn verlaufende Vorflutkanal der Isen auf einer kleineren Brücke überquert). Erste Haltestelle auf Neuöttinger Stadtgebiet war die am südlichen Ufer des Flusses gelegene Haltestelle Innbrücke (die bis heute als Bushaltestelle unter gleichem Namen existiert). Nach der nächsten Haltestelle Spital (wo sich die erste Ausweichmöglichkeit befand) bogen die Bahnen im 90-Grad-Winkel nach links in die Straße Landshuter Tor ein um dann nach wenigen Metern (und der Passage einer weiteren 90-Grad-Kurve bei der Pfarrkirche St. Nikolaus) den lang gestreckten Neuöttinger Stadtplatz zu erreichen. Auf diesem befanden sich insgesamt drei dicht aufeinander folgende Haltestellen: Pfarrkirche, Marktplatz (mit der zweiten Begegnungsmöglichkeit) und Burghauser Tor. Der Abschnitt Pfarrkirche–Marktplatz war dabei mit nur 205 Metern Länge der kürzeste Haltestellenabstand der gesamten Linie. Anschließend passierte die Dampfstraßenbahn das markante Burghauser Tor, direkt danach folgte bei der sogenannten Müllerbräukreuzung eine weitere scharfe Rechtskurve, sie stellte die engste Kurve der Bahn dar (Krümmungshalbmesser 20,0 Meter). Es folgte die Haltestelle Krankenhaus bevor die Züge kurz vor der Stadtgrenze zur Nachbarstadt Altötting ihre Betriebsstation (Lokomotivremise und Wagenhalle) erreichten, wo sich auch eine gleichnamige Haltestelle sowie die dritte und letzte Ausweichmöglichkeit befand. Erste von insgesamt zwei Haltestellen auf Altöttinger Stadtgebiet war die Station Franziskushaus, zweite Haltestelle und gleichzeitig Endpunkt der Strecke war die zentral gelegene Endhaltestelle Kapellplatz (benannt nach der bekannten Altöttinger Gnadenkapelle). Ein direkter Lückenschluss zur Staatsbahn existierte in Altötting nicht, zwischen der Endstation Kapellplatz und dem südlich davon gelegenen Bahnhof Altötting war ein Fußweg von ca. 600 Meter zurückzulegen.
Betrieb und Fahrplan
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Zahl der Fahrgäste spürbar ab. Konnten früher noch täglich elf Zugpaare zwischen 6 und 24 Uhr eingesetzt werden, so waren es in den 1920er Jahren nur noch sechs Zugpaare zwischen 6 und 20 Uhr. Außer der Postbeförderung gab es keinen Güterverkehr. Mit Ausnahme der zentral gelegenen Haltestelle Neuötting Marktplatz waren alle Zwischenstationen Bedarfshalte.
Fahrzeuge
Kurzbeschreibung
Als Zugmaschinen fanden ausschließlich Lokomotiven der Bayerischen Baureihe Pts 3/4 (ab 1925 Reichsbahn-Baureihe 99.13) Verwendung. An sonstigem Fahrzeugmaterial standen insgesamt neun Wagen zur Verfügung, darunter sieben vierachsige Personenwagen der 3. Klasse (Länge über Kupplung: 10,85 Metern – Länge des Wagenkastens: 10,25 m – Achsstand: 6,50 m – Drehzapfenabstand: fünf Meter – Gewicht: 10,65 t) sowie zwei zweiachsige Dienstwagen mit Postabteil (Gattungsbezeichnung zunächst PL – später PwL).
Tabelle Loks
Nr. alt | Nr. neu | Typ | BR alt | BR neu | Bauj. | Herst. | Fabriknr. | Achsfolge | Einsatz bis | Bemerkungen |
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1101 | 99 131 | 1'C h2t | Pts 3/4 | 99.13 | 1906 | Krauss | 5510 | 1Cn2 | 1930 | |
1102 | x | 1'C h2t | Pts 3/4 | 99.13 | 1906 | Krauss | 5511 | 1Cn2 | ? | verschollen im Ersten Weltkrieg |
1103 | 99 132 | 1'C h2t | Pts 3/4 | 99.13 | 1906 | Krauss | 5512 | 1Cn2 | 1930 | |
1104 | 99 133 | 1'C h2t | Pts 3/4 | 99.13 | 1922 | Krauss | 7986 | 1Cn2 | 1930 | Nachlieferung – Ersatz für 1102 |
Tabelle Wagen
Nummer | Gattung | Baujahr | Hersteller | Fabriknummer | Sitzplätze | Achsfolge | Einsatz bis | Bemerkungen |
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22901 | CCL | 1906 | MAN | ? | 30 | 4-achsig | 1930 | 3. Klasse |
22902 | CCL | 1906 | MAN | ? | 30 | 4-achsig | 1930 | 3. Klasse |
22903 | CCL | 1906 | MAN | ? | 30 | 4-achsig | 1930 | 3. Klasse |
22904 | CCL | 1906 | MAN | ? | 30 | 4-achsig | 1930 | 3. Klasse |
22905 | CCL | 1906 | MAN | ? | 30 | 4-achsig | 1930 | 3. Klasse |
22906 | CCL | 1906 | MAN | ? | 30 | 4-achsig | 1930 | 3. Klasse |
22907 | CCL | 1906 | MAN | ? | 30 | 4-achsig | 1930 | 3. Klasse |
29981 | PL (später PwL) | 1906 | MAN | ? | keine | 2-achsig | 1930 | Dienstwagen mit Postabteil |
29982 | PL (später PwL) | 1906 | MAN | ? | keine | 2-achsig | 1930 | Dienstwagen mit Postabteil |
Zugbildung
Mit dem vorhandenen Fahrzeugmaterial wurden zusammen zwei Züge gebildet, jeweils bestehend aus einer Lok, drei Personenwagen (mit zusammen 90 Sitzplätzen) und dem Dienstwagen mit Postabteil. Die dritte Lokomotive sowie der siebte Personenwagen dienten dabei jeweils als Reserve (zwischen dem Verlust der Lokomotive 1102 im Ersten Weltkrieg und der Nachlieferung der Lokomotive 1104 im Jahr 1922 stand jedoch keine Ersatzlokomotive zur Verfügung). Die beiden Züge waren planmäßig wie folgt gereiht, die Front (Rauchkammertür) der Lokomotiven zeigte dabei stets in Richtung Bahnhof Neuötting, das Heck in Richtung Altötting Kapellplatz (eine Möglichkeit die Lokomotiven zu drehen bestand nicht):
PL | CCL | CCL | CCL | Lok | Richtung Bahnhof Neuötting >>> | ||
<<< Richtung Altötting Kapellplatz | Lok | PL | CCL | CCL | CCL |
Verbleib
Die Lokomotive 1102 mußte bereits im Ersten Weltkrieg an die Heeresfeldbahn abgegeben werden, ihr weiterer Verbleib ist nicht bekannt. Nach der Betriebseinstellung am 1. April 1930 standen die drei Lokomotiven der Dampfstraßenbahn zunächst eine Weile arbeitslos herum, bis 1932 schließlich wenigstens die jüngste der drei Lokomotiven – die erst 1922 nachgelieferte 99 133 (ex 1104), die zur Betriebseinstellung gerade einmal acht Jahre alt war – verkauft werden konnte. Sie kam damals zur lediglich im Güterverkehr betriebenen Kleinbahn Wallersdorf–Münchshöfen wo sie noch bis zur Betriebseinstellung Ende 1949 im Einsatz stand (und danach in Straubing verschrottet wurde). Die anderen beiden Lokomotiven (aus dem Eröffnungsjahr der Dampfstraßenbahn) wurden hingegen ohne weiteren Einsatz Anfang der 1930er-Jahre verschrottet.
Von den insgesamt neun Personenwagen wurden fünf weiterverwendet. Einer der beiden Postwagen (der PwL 29982) kam zur Reichsbahndirektion Erfurt wo er für den Feldbahn-Einsatz unter der Nummer 206 in den Bestand eingereiht wurde. Vier der insgesamt sieben Personenwagen wurden an die Schweizer Bremgarten-Dietikon-Bahn (BD) verkauft (für 21.415,55 Schweizer Franken je Wagen), wo sie unter den Nummern C 26, C 27, C 28 und C 29 in den Wagenpark integriert wurden (nach der Klassenreform von 1956 dann als B 26, B 27, B 28 und B 29). Wagen B 27 wurde 1961 in einen Güterwagen umgebaut (und war unter der neuen Nummer DZ 101 noch bis mindestens Anfang der 1990er-Jahre in Betrieb), die anderen drei Wagen wurden 1971 ausrangiert. Wagen B 26 wurde noch 1971 verschrottet, die beiden Wagen B 28 und B 29 wurden einige Jahre später an ein italienisches Restaurant beim Bahnhof Berikon-Widen verkauft wo sie heute noch existieren.
Einstellung und Ersatz durch Omnibusverkehr
Am 1. April 1930 (letzter Betriebstag) wurde der Betrieb der Dampfstraßenbahn von der inzwischen zuständigen Deutschen Reichsbahn eingestellt (welche den Betrieb 1920 von der damals aufgelösten Königlich Bayerischen Staatsbahn übernahm), die Bahnanlagen wurden anschließend abgebaut. Als Ersatz verkehren seitdem Omnibusse, jahrzehntelang handelte es sich dabei um Fahrten der Kraftpost, später verkehrten Bahnbusse der Deutschen Bundesbahn. Seit 1989 liegt die Linienkonzession bei der damals gegründeten Regionalbus Ostbayern GmbH (RBO) (einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn AG), welche sie als Linie 6223 bezeichnet. Die Linienkonzession für die frühere Straßenbahnstrecke befindet sich somit nach wie vor in Staatsbesitz.
Die Linie 6223 bedient die Strecke der ehemaligen Straßenbahn heute acht mal täglich in beide Richtungen (jedoch nur Montags bis Freitags – am Wochenende werden im betreffenden Abschnitt keine Fahrten durchgeführt), sie bedient dabei im Süden zusätzlich auch noch den Bahnhof von Altötting und fährt im Norden über den Bahnhof Neuötting hinaus bis nach Eggenfelden (einzelne Fahrten bedienen außerdem zusätzlich das Neuöttinger Wohngebiet Michaelifeld).
Im Kernbereich der beiden Nachbarstädte wird die ehemalige Straßenbahn heute durch die Linie 11 des privaten Verkehrsunternehmens ELITE-Reisen Vorderobermeier GmbH ersetzt, diese Linie verkehrt wochentags im Stundentakt (am Wochende hingegen nur sporadisch) und ist eine von zwei Linien des Öttinger Stadtbus. Die Linie 11 bedient in Altötting darüberhinaus außerdem noch das Wohngebiet südlich der Bahnstrecke Mühldorf–Burghausen, den Bahnhof sowie den westlichen Stadtbereich. In Neuötting bedient sie zusätzlich das Wohngebiet Michaelifeld und das Gewerbegebiet Inncenter.
Abgesehen von den oben genannten Streckenerweiterungen folgen sowohl die Stadtbuslinie 11 als auch die Überlandlinie 6223 dabei im Wesentlichen der Streckenführung der früheren Straßenbahn, auch zahlreiche Bushaltestellen entsprechen in ihrer Lage exakt den früheren Straßenbahnhaltestellen (die Haltestelle Neuötting Innbrücke trägt darüberhinaus als einzige sogar noch ihre alte Bezeichnung):
Frühere Bezeichnung | Heutige Bezeichnung | Bemerkung | Buslinien |
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Bahnhof Neuötting | Neuötting, Bahnhof Eisenfelden | 6223 | |
Straßenkreuzung | x | Haltestelle aufgelassen | |
Neuötting Innbrücke | Neuötting Innbrücke | 11 und 6223 | |
Neuötting Spital | Neuötting Kruse | 11 und 6223 | |
Neuötting Pfarrkirche | x | Haltestelle aufgelassen | |
Neuötting Marktplatz | Neuötting Stadtplatz | 11 und 6223 | |
Neuötting Burghauser Tor | x | Haltestelle aufgelassen | |
Neuötting Krankenhaus | Neuötting Friedhof | 6223 [1] | |
Neuötting Betriebsstation | x | Haltestelle aufgelassen | |
Altötting Franziskushaus | Altötting Berufsschule | 11 und 6223 | |
x | Altötting Michaelifriedhof | Haltestelle neu eingerichtet | 11 und 6223 |
Altötting Kapellplatz | x | Haltestelle aufgelassen |
[1] = Der Bereich der Haltestelle Neuötting Friedhof wird von der Linie 11 weiträumig umfahren welche stattdessen zusätzlich das Wohngebiet Michaelifeld und das Gewerbegebiet Inncenter bedient. Darüberhinaus verkehren jedoch auch einzelne Fahrten der Linie 6223 über Michaelifeld (welche in diesem Fall die Haltestelle Friedhof ebenfalls weiträumig umfahren).
Einzelnachweise
- ↑ Vorwort zum Fachbuch Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland 10: Bayern
- ↑ www.meyer-strassenbahn.de – Die BOStrab im Wandel der Zeiten
- ↑ www.spurensuche-eisenbahn.de – Die Geschichte der Dampftrambahn Altötting – Neuötting
- ↑ Reichskursbuch 1944 - Fahrplantabellen 316f–n
- ↑ www.spurensuche-eisenbahn.de – Die Geschichte der Dampftrambahn Altötting – Neuötting
- ↑ Jahresbericht der Königlich Bayerischen Staatseisenbahn = Verwaltung für das Betriebsjahr 1906
- ↑ www.neuoetting.de - Stadtgeschichte
Literatur
- Konrad Hierl: Die Dampfstraßenbahn Neuötting – Altötting in der Zeitschrift „Straßenbahn-Magazin“ Heft 79 vom Februar 1991.
Links
- www.spurensuche-eisenbahn.de – Die Geschichte der Dampftrambahn Altötting–Neuötting
- www.neuoetting.de – Dampfstraßenbahn – das Neuöttinger Bockerl
- www.bahnen.de – Dampfbahn Neuötting-Altötting
- Jahresbericht der Königlich Bayerischen Staatseisenbahn = Verwaltung – Beschreibung der Bahnlinie Neuötting–Altötting
- Landratsamt Altötting – Der lange Weg zur motorisierten Städteverbindung Alt-Neuötting ab 1906 (Band 27)
- Aufnahme eines Richtung Bahnhof Neuötting fahrenden Dampfstraßenbahnzuges im Bereich der Ausweiche Neuötting Marktplatz (1906)
- Aufnahme der ehemaligen Trasse beim Burghauser Tor (1946)
- Bildergalerie der Bremgarten-Dietikon-Bahn – unter anderem mit den beiden ehemaligen Reichsbahn-Wagen B 28 und DZ 101
- Bahnhof Berikon-Widen: Bild der beiden verbliebenen Wagen B 28 und B 29 die heute als Restaurant genutzt werden
- Foto eines Zuges auf der Innbrücke bei Neuötting; in: BahnExtra 3/2008, Seite 14; GeraMond-Verlag, München