Flinte

Eine Flinte ist eine Handfeuerwaffe. Sie ist definiert als Langwaffe mit glattem Lauf.
Begriffsklärung
Der Name ist vom Steinschloss abgeleitet, dass auch als Flintschloss bezeichnet wurde, da es ein Stück Flint (Feuerstein) zur Zündung enthielt. Ursprünglich wurden alle Flintschlossgewehre als Flinte bezeichnet[1]. Im modernen Sprachgebrauch hat sich der Begriff aber auf Langwaffen mit zugloser Laufbohrung eingeengt. Da nur gezogene Läufe von Büchsen einen Präzisionsschuss auf größere Entfernung ermöglichen, werden moderne Flinten bei Jagd, Sport und Miliär fast ausschließlich für das Verschießen von Schrot verwendet. Deswegen ist die Bezeichnung Schrotgewehr praktisch ein Synonym.
Für den jagdlichen Bereich wurden Flintenlaufgeschosse entwickelt, obwohl Einzelgeschosse nur mit geringer Präzision aus glatten Läufen verschossen werden können. Um die Präzision zu erhöhen, kommen mitunter auch auf voller Länge gezogene Flintenläufe zum Einsatz. Mit solchen Läufen versehene Waffen gelten technisch als Flinten, auch wenn sie wegen des gezogenen Laufes Merkmale einer Büchse besitzen.
Bauformen

Häufige Bauformen von Flinten als Kipplaufwaffe sind:
- einläufige Flinte
- Doppelflinte als
- Doppelflinte oder Querflinte mit nebeneinanderliegenden Läufen oder als
- Bockflinte mit übereinanderliegenden Läufen
- In Kombination mit einem oder mehreren Kugelläufen als kombinierte Waffe
- Büchsflinte (Kugel- und Schrotlauf nebeneinander)
- Bockbüchsflinte (Kugel- und Schrotlauf übereinander)
- Drilling oder Vierling mit verschiedenen Laufkombinationen
oder als einläufige Repetierflinten:
- Repetierflinte, zum Repetieren mittels Kammerstängel
- Vorderschaftrepetierflinte (umgangssprachlich „Pumpgun“) oder Unterhebelrepetierer
oder als halbautomatische Flinte (Selbstladeflinte):
Die üblichen Kaliber sind 12, 16 und 20, wobei diese Angaben einem traditionellen alten englischen Maß entsprechen.
Die Länge der Läufe hat kaum eine Auswirkung auf die Streuung der Schrotgarbe. Die Darstellungen in manchen Actionfilmen und -serien, in denen Flinten mit abgesägten Läufen auf Kurzdistanz eine enorme Zielwirkung auf einer großen Fläche aufweisen, sind reine Fiktion. Durch die Kürzung des Laufes wird lediglich eine eventuell vorhandene Choke-Bohrung entfernt, wodurch man eine Flinte mit einem Zylinder-Lauf (Cylinder-Choke) erhält, was die Streuung etwas vergrößert. Durch den kürzeren Lauf wird zudem die Energie der Treibladung schlechter ausgenutzt.
Choke-Bohrung

Um die Streuung der Schrote an den jeweiligen jagdlichen oder sportlichen Einsatzzweck anzupassen, kommen verschiedene Formen von Chokes zur Anwendung. Chokes (Würgebohrungen) sind Abweichungen von der Zylinderform in der Nähe der Laufmündung. Bei nahen Zielen kann eine große Streuung wünschenswert sein, da trotz der Aufweitung der Garbe noch eine ausreichende Abdeckung des Ziels mit Schroten erreicht werden kann. Auf größere Distanzen muss die Garbe enger zusammengehalten werden, um auf einer vorgegebenen Fläche noch eine wirksame Zahl von Treffern zu erzielen. Das wird durch eine Verengung des Querschnitts an der Laufmündung erreicht. Die Verengung liegt je nach Auslegung im Bereich von etwa einem Zehntel Millimeter bis um einen Millimeter. Für bestimmte Zwecke kann die Streuung durch eine Aufweitung oder eine Verengung mit folgender Aufweitung an der Laufmündung erhöht werden. Das ist beim Schießen auf nahe, schnelle Ziele wie etwa beim Skeet sinnvoll. Doppelflinten für das jagdliche Schießen besitzen in der Regel Läufe mit unterschiedlichen Würgebohrungen, wie etwa einen Lauf mit ¼-Choke mit größerer Streuung und einen mit Vollchoke und geringerer Streuung. Der erste Schuss wird meist aus dem Lauf mit der größeren Streuung abgefeuert, da auf kurze Entfernung bis ca. 25 m ausreichend viele Schrote das Ziel treffen. Ist bei fliehendem Wild ein weiterer Schuss notwendig, wird dann wegen der größeren Distanz eine bessere Flächenabdeckung bei geringerer Streuung benötigt. Viele moderne Flintenmodelle besitzen in die Läufe eingeschraubte Wechsel-Chokes oder Vario-Chokes, so dass diese Waffen an verschiedene Einsatzsituationen angepasst werden können. Ähnlich wirken verstellbare Lamellen-Chokes. Diese verstellbaren Chokes sind auf dem europäischen Kontinent noch nicht weit verbreitet.
Es gibt zahlreiche Formen von Chokes (siehe Abbildung) mit deutlich verschiedenen Maßen für Verengung oder Aufweitung des Querschnitts. So wird der Normalchoke in verschiedenen Ausprägungen als:
- ¼-Choke: Verengung gegenüber der Laufbohrung rd. 0,25 mm
- ½-Choke: Verengung gegenüber der Laufbohrung rd. 0,45 mm
- ¾-Choke: Verengung gegenüber der Laufbohrung rd. 0,76 mm
- Voll-Choke: Verengung gegenüber der Laufbohrung rd. 0,88 mm
gefertigt. Die Standard Chokeformen sind:
- A: kein Choke, Zylinderbohrung
- B: verbesserte Zylinderbohrung
- C: Glocken-Choke
- D: Skeet-Choke
- E: Normal-Choke
- F: Spitzbogen-Choke
- G: Rezess-Choke, Nischen-Choke, Jug-Choke
- H: Paradox-Bohrung für Flintenlaufgeschosse
Einsatzgebiete
Jagd
Als Jagdwaffe dient die Flinte heute überwiegend dem Schrotschuss auf Niederwild bzw. Flugwild.
Behelfsmäßig können auch Flintenlaufgeschosse als Munition für den Fangschuss oder für die Drückjagd auf kurze Entfernung verwendet werden. Das FLG hat eine sehr träge Ballistik. Es ist schwer (ca. 28 g je nach Kaliber und Laborierung), hat einen hohen Luftwiderstand und eine niedrige Mündungsgeschwindigkeit (weil Hartblei nicht auf mehr als ca. 400 m/s beschleunigt werden kann, dazu ist es zu weich – nicht umsonst sind Büchsenpatronen ummantelt). Durch die niedrige Mündungsgeschwindigkeit von unter 400 m/s ist der Schuss auf flüchtiges Wild (z. B. bei der Drückjagd) nur auf kurze Entfernung sicher anzubringen. Das Vorhaltemaß erhöht sich im Vergleich zum Schuss mit der Büchse enorm. Auch fällt das Geschoss (FLG) sehr schnell stark ab wodurch es auf über 50 m kaum möglich ist einen sicheren Schuss anzubringen. Auch darunter ist es sehr ungenau und somit, wenn eine Büchse verfügbar ist, nicht waidgerecht. Die Verwendung von FLG, außer als Notbehelf, ist also für die Schalenwildbejagung nicht sinnvoll.
Mit aktuell verfügbaren modernen Flintenlaufgeschossen und entsprechend modernen Flinten können Streukreise von 10 cm oder weniger auf 50 Meter Schussentfernung bei 5 abgegebenen Schüssen (10 cm entsprechen der sog. Langenhagener Norm) erzielt werden.
Die Ballistik von FLG auf Flinten mit gezogenem Lauf fällt etwas besser aus aber ist keine zufriedenstellende Lösung. Es soll möglich sein, so auf maximal 100 m relativ sicher zu treffen. Darüber allerdings stößt das Geschoss an seine Grenze. Wie oben definiert, ist eine Flinte eine Langwaffe mit glattem Lauf. Eine Büchse ist dagegen eine Langwaffe mit gezogenem Lauf. Eine Flinte mit gezogenem Lauf ist danach eine schlechte Büchse, da diese Flinte versucht, beide Eigenschaften zu kombinieren ohne jedoch einen zufriedenstellenden Kompromiss zu erreichen. Der Schrotschuss aus derartigen Waffen ist nicht sinnvoll, weil sich durch das Blei die Züge zusetzen – daraus resultiert dann ein Präzisionsproblem für die FLG. In einigen Staaten der USA darf nur mit FLG gejagt werden, nicht mit der Büchse. Dort macht der gezogene Lauf Sinn – allerdings ist die Reichweite für den Schuss zu beschränken um den Anforderungen der Waidgerechtigkeit genüge zu tun. In Deutschland finden gezogene Flintenläufe vor allem als Wechselläufe für halbautomatische Flinten Verwendung.
Krieg

Im ersten Weltkrieg wurden Flinten im Grabenkrieg auf amerikanischer Seite eingesetzt, aber auch von englischer Seite zur Bekämpfung von Ballonen und Zeppelinen.
Im zweiten Weltkrieg wurden Flinten – ebenfalls überwiegend auf amerikanischer Seite – im Grabenkrieg, im Orts- und Häuserkampf, in Dschungelgebieten und bei der Militärpolizei eingesetzt.
Nach dem zweiten Weltkrieg fanden die Pump Guns (Vorderschaftrepetierflinten) z. B. auf den Schlachtfeldern in Korea und Vietnam ihre Anwendung und weiterhin auch bei der Militärpolizei.
Auch heute setzen die US-Amerikaner im Krieg (z. B. im Irak) Flinten ein.
Die aktuelle Standard-Flinte (Stand 01/2006) der amerikanischen Streitkräfte einschließlich der US Coast Guard und des Special Operations Command ist eine Gasdrucklader-Selbstladeflinte im Kaliber 12/76; die militärische Typenbezeichnung lautet M1014. Der Hersteller dieser Waffe ist die Firma Benelli.
Sport
Sportliches Flintenschießen gibt es in den Kategorien Skeet, Trap und Doppeltrap als olympische Disziplinen sowie in den außerolympischen Disziplinen Compak-Sporting, Jagdparcours sowie Praktische Flinte (BDMP), IPSC-Flinte (BDS) und viele andere Disziplinen.
Spezialeinheiten

Zusätzlich findet die Flinte unter anderem bei speziellen Einsätzen von Polizei- und Militäreinheiten Verwendung, insbesondere beim Erstürmen von Gebäuden (Aufschießen von Türschlössern oder -angeln) ferner bei der Militärpolizei. Ein Beispiel hierfür ist die SPAS 12.
Üblicherweise handelt es sich hierbei um Vorderschaftrepetierer sowie halbautomatische oder vereinzelt vollautomatische Varianten mit gegenüber Jagdflinten kürzeren Läufen, aus denen Schrotmunition oder Flintenlaufgeschosse verschossen werden.
Das deutsche KSK setzt Flinten unter anderem auch zum Ausschalten von angreifenden Hunden ein.
In Einzelfällen, z. B. bei den US Navy Seals in Vietnam, wurde so genannte Flechette-Munition verwendet. Diese Munition war dazu geeignet, auf mehrere hundert Meter kugelsichere Westen zu durchschlagen. Eine Patrone enthielt 14–40 Flechettes – Dünne Metallnägel mit Leitwerk. Aufgrund der ungenügenden Wirkung im Ziel konnte sich diese Munition aber nicht durchsetzen.
Literatur
- Henning Hoffmann: Die Flinte – Waffe, Werkzeug, Sportgerät, DWJ Verlag, 2005, ISBN 3-936632-51-0
- Leroy Thompson: Einsatzflinten (Waffen und Gerät Band 11), Motorbuch Verlag, 2004, ISBN 3-613-02381-4
Quellen
- ↑ Martini, Das Waffensachkundebuch, DWJ Verlags GmbH 2004, S. 84, ISBN 3-936632-02-2
Weblinks
- Wiktionary: Flinte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Flinte beim Wiki von Waffen-Online
- How Shotguns Work