Das Fräulein von Scuderi
Das Fräulein von Scuderi von E.T.A. Hoffmann erschien 1819/21. Das Werk gilt als erste deutsche Kriminalnovelle.
Inhalt
Die Novelle spielt in Paris im Jahr 1680. Fräulein von Scuderi ist angesehene Schriftstellerin und kennt König Ludwig XIV.
Es geschehen viele Morde – alle haben eines gemeinsam: Die Ermordeten (meist Liebhaber) tragen ein Schmuckstück bei sich (für die Angebetete) und werden mit einem Dolchstoß ins Herz umgebracht. Das Schmuckstück wird gestohlen.
Die Liebhaber fordern den König auf etwas gegen die Morde zu unternehmen, Scuderi, die jedoch während dieser Bitte anwesend ist entgegnet: „Ein Liebender, der Diebe fürchtet, ist der Liebe nicht würdig.“. Diese Worte gefallen dem König, deshalb gibt es keine verschärften Ermittlungen.
Ein Mann bringt nachts Schmuck in einer Schatulle mit einem Brief zum Fräulein von Scuderi. In diesem Brief bedankt sich die Mörderbande für die Worte, die die Scuderi gesagt hat. Das Fräulein ist verängstigt und bittet die Maitresse des Königs um Hilfe. Sie finden heraus, dass der Schmuck von Rene Cardillac, einem angesehenen Pariser Goldschmied, stammt. Auf einem Zettel von dem Mann, der die Schmuckschatulle brachte, steht, sie müsse den Schmuck binnen zwei Tagen zu Cardillac zu bringen; sonst sei ein Leben gefährdet.
Das Fräulein von Scuderi geht aber erst nach drei Tagen zu Cardillac und sieht gerade noch, wie seine Leiche weggebracht wird. Cardillac ist durch einen Dolchstich mitten ins Herz ermordet worden. Cardillacs Lehrling Olivier Brussons, dessen Freundin Madelon die Tochter Cardillacs ist, wird verhaftet.
Das Fräulein kümmert sich um Madelon, und nach einigen Gesprächen mit ihr glaubt sie, dass Olivier unschuldig ist. Olivier ist der, der Zettel und Schmuck zuvor überbracht hat. Olivier macht Aussage in Gegenwart der Scuderi, dass Cardillac der Mörder sei. Er habe ihn einmal bei einem Mord beobachtet; habe aber der Polizei nichts gesagt, weil er Angst gehabt habe, Madelon so zu verlieren. Bei einem weiteren Mordversuch sei Cardillac von einem Offizier getötet worden. Dieser Offizier sei geflohen, weil er nicht in die Morde verwickelt werden wollte. Er selbst habe die Leiche ins Haus gebracht und sei so des Mordes verdächtig geworden.
Jener Offizier meldet sich bei Scuderi, die daraufhin beim König interveniert und ihn über die wahren Hintergründe des Mordes aufklärt.Daraufhin spricht der König Olivier frei, mit der Bedingung Paris verlassen zu müssen.
Personenkonstellation
Magdaleine von Scuderi und Rene Cardillac bilden zusammen die beiden Hauptfiguren der Novelle. Es sind beides für die Romantik typische Charaktere. Beide sind Künstler, allerdings unterschiedliche Arten der Kunst mit einem unterschiedlichen Publikum.
Die Künstlerfigur (Rene Cardillac)
- gesellschaftsabgekehrt und in tiefer Seelennot
- schafft auf sich selbst fixierte, geniale Kunst (Genialität zeigt sich in der Einheit von Meister und Werk wie auch in der krankhaft engen Bindung Cardillacs an seine Werk).
- Krankhaft Ich-Bezogen (sogar Madelon gegenüber)
- Gefangen in der Welt seiner Edelsteine, hat Cardillac die Fähigkeit zur Kommunikation verloren.
- Wird durch seine Kunst "versklavt"
Die Künstlerfigur (Magdaleine von Scuderi)
- Stellt den Typus der gesellschaftszugewandten, in der Gesellschaft verkehrenden Künstler dar.
- Ihre Arbeit verschafft ihr Zugang am Hofe und hohes Ansehen, Beliebtheit beim Volk.
- Verfasst gesellschaftskonforme Kunst
Verhältnis Scuderi <-> Cardillac
- Verknüpfung von gesellschaftlich legitimem Künstlertum und genialem Künstlertum ist nicht möglich.
- Cardillac sieht in der Scuderi eine mögliche Heilsbringerin (aufgrund ihrer Unschuld und Reinheit), sie hingegen befasst sich nicht mit seiner Situation.
Olivier Brussons
- Olivier ist ebenfalls ein hochbegabter Goldschmied
- Ebenfalls Vertreter der Romantik (unruhige und leidvolle Jugend)
- Kann nur noch von Cardillac (der als Großmeister in diesem Fach gilt) etwas lernen.
- Olivier ist gesellschaftlich zwar nicht integriert, aber er zieht sich auch nicht zurück.
- Olivier vereint quasi das Genietum Cardillacs mit der Gesellschaftskonformität Scuderis
- Olivier bildet somit einen Mittelwert der Kunst zwischen der Scuderi und Cardillac (wobei die Genialität dabei verloren geht)